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Leseprobe_EssenceOfSport

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Uwe Andreas Kalbermatter<br />

ESSENCE<br />

OF<br />

SPORT<br />

Wie Sport gelingen kann


Uwe Andreas Kalbermatter<br />

ESSENCE<br />

OF<br />

SPORT<br />

Wie Sport gelingen kann


Inhalt<br />

Vorwort 8<br />

Einführung 12<br />

Kohärenz – Gehirn 16<br />

Verbundenheit 17<br />

Freiheit 18<br />

Wachstum 18<br />

Stresskonzept 26<br />

Strategien 28<br />

Therapie zur Kohärenz 29<br />

Techniken zur Kohärenzförderung 34<br />

Praxisteil 39<br />

Sportkonzept 40<br />

Trainingslehre – Leistungsphysiologie –<br />

Trainingsplanung 42<br />

Trainingskurve 42<br />

Trainingspyramide 44<br />

Subjektive Gradmesser 48<br />

Erholungzustand 48<br />

Praxisbeispiel Trainingsplanung 50<br />

Erholungswoche 52<br />

Übertraining 52<br />

Krafttraining 54<br />

Statisches und dynamisches Stabilitätsund<br />

Krafttraining 55<br />

Beweglichkeit 57<br />

Koordination 58<br />

Regeneration 60<br />

Trainingstagebuch 69<br />

Ernährung und selbständiges Kochen 70<br />

Nahrungsergänzung im Sport 76<br />

Atmung 80<br />

Praktische Übung der Grundatmung 81<br />

Mentaltraining 82<br />

Mentaltraining und Botenstoffe 84<br />

Alternative Trainingsmethoden 86<br />

Betreuung 87<br />

Schlusswort 91<br />

Der Autor 92<br />

Impressum 93


8<br />

9<br />

Vorwort<br />

Sport ist wie ein Puzzle. Das ganze Bild erschliesst<br />

sich einem erst, wenn mehrere Teile<br />

zusammengesetzt sind. Komplett ist es, sobald<br />

jedes Teil an seinem richtigen Ort sitzt.<br />

Auch der Sport besteht aus vielen Einzelteilen,<br />

die alle überaus wichtig sind. Darunter<br />

gehören unter anderem die physischen Voraussetzungen,<br />

das technische Können, die<br />

mentale Stärke, die passende Ernährung und<br />

das Umfeld. Diese «Eckteile» sind bei jedem<br />

Sportler vorhanden. Da aber jeder Athlet – jeder<br />

Mensch – individuell ist, variiert jedoch die<br />

Wichtigkeit dieser «Eckteile». Keines dieser<br />

Teile darf im Training und in der Ausbildung<br />

des Sportlers vergessen werden. Deshalb ist<br />

es wichtig die Situation der Sportler einzeln zu<br />

betrachten und ihr eigenes, komplettes Puzzle<br />

ihres Athletendaseins zusammen zu setzen.<br />

Uwe Kalbermatter macht genau das und hat<br />

durch seine jahrelange Erfahrung viel Wissen<br />

angesammelt. Er setzt auf eine ganzheitliche<br />

Betreuung seiner Klienten und auch wenn er<br />

auf Details eingeht, verliert Uwe Kalbermatter<br />

nie das «Grosse Ganze» aus dem Blick.<br />

Das vorliegende Buch basiert auf den Erfahrungen<br />

die Uwe Kalbermatter in den letzten<br />

Jahren gemacht hat. Er hat erkannt, dass bei<br />

vielen Sportlern das Problem besteht, dass<br />

sie keine Ahnung haben, wieso sie etwas trai-<br />

nieren. Sie machen es einfach, weil es ihnen<br />

jemand sagt ohne jegliche Erläuterungen. Viele<br />

Sportlerinnen und Sportler machen bereits<br />

früh in ihrem Sportlerleben kleine Fehler, die<br />

ihr Erfolgspuzzle Jahre später unvollständig<br />

erscheinen lässt.<br />

Mit dem Buch «Essence of Sport» versucht<br />

der Autor, Sportlerinnen und Sportlern sowie<br />

deren Umfeld Wissen zu vermitteln, sich ihrem<br />

Tun und Denken bewusst zu werden. Uwe<br />

Kalbermatter spricht die Themen an, die richtig<br />

umgesetzt, auch zum Erfolg führen und vermittelt<br />

den Athleten ein unbezahlbares Wissen,<br />

das zur Selbstständigkeit führt. Dadurch<br />

können Athleten auch ihre Trainer auf einzelne<br />

Trainingsmethoden ansprechen, mitdiskutieren<br />

und eigene neue Inputs einbringen.<br />

Bei mir persönlich war es ganz klar der Fall,<br />

dass sich der Erfolg – und zwar der konstante<br />

Erfolg – eingestellt hat, sobald ich für mich<br />

und meine Karriere die Verantwortung übernommen<br />

und mit der Beratung meiner Trainer<br />

selbstständig Entscheidungen getroffen habe.<br />

In diesem Sinne wünsche ich allen viel Spass<br />

und viele Erkenntnisse beim Lesen. Speziell<br />

allen Athleten wünsche ich Mut zur Selbstständigkeit<br />

und viel Glück in ihrer Karriere.<br />

Patrizia Kummer<br />

Patrizia Kummer<br />

– Mehrfache Weltcupsiegerin<br />

– Mehrfache Gesamtweltcupsiegerin<br />

– Olympiasiegerin PGS<br />

in Sochi Russland 2014<br />

– Vizeweltmeisterin PSL 2013<br />

in Stoneham Kanada<br />

– Bonzemedaille PGS 2009<br />

in Gangwon Südkorea<br />

– Mehrfache Disziplinenweltcupsiegerin


1Einführung


«Vom Gehirnbesitzer zum<br />

bewussten und begeisterten<br />

Gehirnbenutzer.»<br />

12<br />

13<br />

Einführung<br />

Viele Sportler sind auf der Suche nach einer<br />

Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit. Manche<br />

sind so verbissen ihre Leistung zu verbessern,<br />

dass sie bereit sind, gesundheitsschädigende<br />

und unerlaubte Substanzen ein zunehmen.<br />

Eine ganze Industrie beschäftigt sich inzwischen<br />

damit, Produkte, Präparate und Verfahren<br />

zu entwickeln und zu vermarkten, welche<br />

die Sportler leistungsfähiger machen sollen.<br />

In diesem Buch geht es darum, den Sportlern<br />

dabei zu helfen, ihre Potenziale auf verschiedenen<br />

Ebenen zu entfalten.<br />

Die häufigste Form, welche im Sport genutzt<br />

wird, um Verbesserungen zu erzielen, ist die<br />

so genannte «Ressourcenausnützung». Die<br />

Sportler werden von Trainern, Institutionen<br />

und Betreuern von Kindheit an zu perfekten<br />

«Pflichterfüllern» erzogen und man konzentriert<br />

sich darauf, mit welchen Methoden noch<br />

etwas mehr Leistung aus den Sportlern herauszuholen<br />

ist. Die besten «Pflichterfüller» sind<br />

oft Sportler, die es in ihrer Sportart durch Fleiss<br />

sehr weit bringen und durchaus auch erfolgreich<br />

sind. Diese Ressourcenausnützungskultur<br />

im Sport erzeugt einen sehr grossen Versagensdruck<br />

auf die Sportler, welcher meist nur<br />

mit sportpsychologischer Unterstützung und<br />

mit Mentaltraining zu meistern ist. Die Sportler<br />

können ohne Trainer, Betreuer und Institutionen<br />

nicht mehr selbständig handeln.<br />

Das Zauberwort heisst Potenzialentfaltung.<br />

Sportler, welche mit dem Hintergrund der<br />

Potenzialentfaltung begleitet werden, sind in<br />

der Lage, selber Trainingspläne und Analysen<br />

zu machen. «Potenzialentfalter» kennen<br />

ihren Körper auf allen Ebenen, sind selbstbewusst,<br />

fühlen sich verbunden in einem<br />

Netzwerk, sind kreativ und sehen schwierige<br />

Situationen als Entwicklungschancen. «Potenzialentfaltern»<br />

gelingt es immer wieder mit<br />

Begeisterung und Lebensfreude ihren Alltag<br />

so zu meistern, dass die Freude über die eigene<br />

Sportart auf das Publikum übergeht. Es<br />

ist Zeit, dass ein Erwachen stattfindet und wir<br />

von Hirnbesitzern zu Hirnbenutzern werden.<br />

Sportler, welche mit Potenzialentfaltungskultur<br />

an sich und ihre Sportart heran gehen, fühlen<br />

sich frei, emotional ausgeglichen, locker<br />

und fröhlich. Was für Potenzial schlussendlich<br />

zur Entfaltung kommt, hängt davon ab, was individuell<br />

bedeutsam ist und was mit Begeisterung<br />

gemacht wird.<br />

Je mehr man sich mit bestimmten Vorstellungen<br />

beschäftigt, desto weniger Entwicklung<br />

(auch motorisch) kann stattfinden. Wenn den<br />

Sportlern von aussen her gesagt wird, was<br />

bedeutsam ist und wie etwas zu sein hat, findet<br />

nicht wirklich eine Entwicklung statt. Der<br />

Sportler muss mit seiner natürlichen Offenheit,<br />

Gestaltungslust und Entdeckerfreude selber<br />

herausfinden, was bedeutsam ist. Nur so kann<br />

sich ein Sportler begeistern und nur so kann<br />

schlussendlich wahre Entwicklung stattfinden.<br />

Belohnungen, Belehrungen, Bestrafungen<br />

und Liebkosungen sind die herkömmlichen<br />

Mittel, welche von Trainern, Institutionen, Eltern<br />

und Betreuern im Sport eingesetzt werden.<br />

Diese Massnahmen funktionieren nur<br />

kurzfristig. Langfristig kann eine Sportkarriere<br />

nur gelingen, wenn die Sportler selber wissen,<br />

was für sie bedeutsam ist und ihre natürliche,<br />

individuelle Begeisterung ausleben können.<br />

Das Ziel von «Essence of sport» ist es, einen<br />

Kulturwandel im Sport zu ermöglichen.<br />

«Essence of Sport» will Wege aufzeigen, wie<br />

man vom «Zitronenauspressen» weg kommt<br />

und lernt, Zitronenbäume zu pflanzen.<br />

Trainer, Institutionen, Eltern und Betreuer können<br />

lediglich Bedingungen schaffen, welche<br />

dem Sportler die Möglichkeit bieten sich zu<br />

entfalten. Stress, Angst, Erfolgs- und Zeitdruck<br />

stehlen uns die Möglichkeit zu spüren,<br />

was für uns wirklich von Bedeutung ist. Gelassenheit,<br />

Ruhe, ein Gefühl von Verbundenheit<br />

mit anderen Menschen und innere Freiheit<br />

nähren unsere Entwicklung und steigern unsere<br />

wahren Potenziale.


2Kohärenz – Gehirn


16<br />

17<br />

Kohärenz – Gerhirn<br />

Kohärenz bewirkt einen Optimalzustand in<br />

unserem Gehirn, in welchem wir uns einfach<br />

nur glücklich, zufrieden, leistungsfähig und<br />

ausgeglichen fühlen. Wir sind innerlich kraftvoll,<br />

klar, äusserlich gelassen und ruhig. Den<br />

Zustand von Kohärenz erkennen wir an verschiedenen<br />

äusseren Merkmalen im Alltag.<br />

Wir sind konzentriert und merkfähig. Wir können<br />

gut planen und vernetzen (auch auf die<br />

Motorik und Bewegung bezogen). Man ist kreativ<br />

und phantasievoll (auch auf die Motorik<br />

und Bewegung bezogen). Wir sind lern- und<br />

merkfähig. Emotionale Zustände und Impulse<br />

wie Wut, Ärger, Frustration, Traurigkeit, aber<br />

auch Freude, Enthusiasmus und Begeisterung<br />

werden wahrgenommen. Man ist mit sich und<br />

seiner Gefühlswelt in Verbindung. Im Zustand<br />

der Kohärenz ist man handlungsfähig und<br />

weiss dementsprechend auch, wie man mit<br />

diesen Gefühlszuständen umgeht, so dass sie<br />

zur eigenen Unterstützung und Entwicklung<br />

beitragen und wir nicht von unseren Emotionen<br />

negativ beeinflusst werden.<br />

– Der Zustand von Kohärenz ist die Grundvoraussetzung,<br />

dass Entwicklung im<br />

Gehirn stattfinden kann. Idealerweise geht<br />

diese Entwicklung immer weiter!<br />

– Entwicklung meint nicht nur motorische<br />

Entwicklung, sondern auch Persönlichkeitsentwicklung.<br />

– Unser Gehirn ist lebenslang entwicklungsfähig!<br />

– Unser Gehirn entwickelt sich, wenn für uns<br />

etwas von Bedeutung ist und wir uns für<br />

etwas richtig von innen heraus begeistern<br />

können!<br />

Kohärenz ist von drei emotionalen Grundeigenschaften<br />

abhängig, welche den Schlüssel<br />

zum Glücklichsein bilden:<br />

– Verbundenheit<br />

– Freiheit<br />

– Wachstum<br />

Es ist sehr wichtig, diese drei emotionalen<br />

Grundbedürfnisse richtig zu verstehen. Deshalb<br />

werden sie im Einzelnen besprochen.<br />

Das emotionale Fundament aus Verbundenheit,<br />

Freiheit und Wachstum wird bereits embryonal<br />

im Mutterleib geprägt. Ein Baby weiss<br />

bereits was sich gut anfühlt und was nicht.<br />

Verbundenheit<br />

Verbundenheit meint ein sehr tiefes, inniges<br />

Gefühl des Zusammengehörens mit anderen<br />

Menschen oder auch Tieren. Dieses Gefühl<br />

baut sich bereits im Mutterleib in unserem Gehirn<br />

auf. Durch das Stillen und den Augenkontakt<br />

zur Mutter während der Stillzeit wird es<br />

weiter ausgebaut und vertieft. Dieses Gefühl<br />

von Verbundenheit ist bei jedem Säugetier in<br />

den tiefsten Hirnwindungen gespeichert. Das<br />

Geniale daran ist, dass wir uns das ganze Leben<br />

lang daran erinnern können, sogar wenn<br />

wir bei schwierigen äusseren Umständen<br />

meinen, dass alles gegen uns im Leben läuft.<br />

Jeder von uns weiss, wie sich etwas wirklich<br />

gut anfühlt! Dieses Gefühl von Verbundenheit<br />

kann verschüttet sein durch negative<br />

Erlebnisse und Ereignisse, aber wir können<br />

uns ein Leben lang an dieses wunderbare<br />

Gefühl erinnern. Gerade für Menschen, welche<br />

mit schweren Schicksalsschlägen im Leben<br />

konfrontiert werden, ist diese Erkenntnis<br />

aus der Hirnforschung sehr wichtig. Man kann<br />

im Leben vieles oder sogar alles verlieren, ausser<br />

dieses tiefe, innige Gefühl, wie sich etwas<br />

wirklich richtig, schön und gut anfühlt. Es geht<br />

um Liebe und darum, bedingungslos geliebt<br />

zu werden.<br />

Um an dieses Gefühl heranzukommen, brauchen<br />

wir ein ruhiges und entspanntes Gehirn.<br />

Ruhe meint wirkliche Ruhe, wie wir sie in einer<br />

Meditation oder bei Entspannungsübungen<br />

finden. Zeitung lesen, Fernsehen, Musik hören<br />

und Games können nicht als Ruhe angesehen<br />

werden. Wenn wir in der Ruhe Unruhe und<br />

Nervosität vorfinden, ist es an der Zeit, an diesem<br />

Gefühl therapeutisch zu arbeiten.<br />

Die Hirnforschung hat bezüglich dem Gefühl<br />

der Verbundenheit sehr interessante Untersuchungen<br />

gemacht. Man hat z.B. bei Affenfamilien<br />

diese Verbundenheit aktiv gestört,<br />

indem man einzelne Affen aus der Gruppe<br />

ausgeschlossen und geschaut hat, was mit ihnen<br />

geschieht. Einerseits sieht man, dass die<br />

Affen durch diesen Ausschluss sehr grossen<br />

Stress (Hormonell – Nebenniere) erfahren,<br />

andererseits zeigt sich im Gehirn vor allem<br />

das Hirnareal gestresst, welches auch für die<br />

Wahrnehmung von körperlichen Schmerzen<br />

verantwortlich ist.<br />

Ob wir körperliche Schmerzen wahrnehmen<br />

oder aus dem Gefühl der Verbundenheit herausgerissen<br />

werden, zeigt sich im Gehirn im<br />

gleichen Areal!<br />

Dieser Aspekt ist sehr wichtig und interessant,<br />

wenn es um die neuropsychologischen Zusammenhänge<br />

von Schmerzen, Verletzungen<br />

und Rehabilitation geht.


18<br />

19<br />

Freiheit<br />

Das emotionale Netzwerk von «Freiheit»<br />

wird ebenfalls schon im Mutterleib im Gehirn<br />

der Embryos gebildet. Es handelt sich hierbei<br />

ebenfalls um ein tiefes Gefühl. Die Embryos<br />

können sich frei bewegen und einfach<br />

so sein, wie sie das gerne möchten. Niemand<br />

schreibt ihnen vor, dass sie still sitzen, richtig<br />

essen oder ruhig sein sollen. Es geht dabei<br />

nicht darum, dass wir einfach rücksichtslos<br />

tun und lassen können, was wir wollen. Es<br />

geht darum, dass wir in einem vorgegebenen<br />

Rahmen (Gebärmutter) uns frei fühlen dürfen.<br />

Wir bringen eine natürliche Entdeckerfreude<br />

und Gestaltungslust mit auf die Welt! Wenn<br />

wir in diesem Grundgefühl gelassen werden,<br />

lernt und entwickelt sich das Gehirn am besten.<br />

Wenn uns allerdings von aussen gesagt<br />

wird, was wichtig für uns sein soll, können<br />

wir keine natürliche Begeisterung aufbauen<br />

und somit ist das Gehirn in seiner natürlichen<br />

Entwicklung irritiert. Das positive Gefühl<br />

von Freiheit erleben wir immer dann, wenn<br />

wir unsere tiefen Bedürfnisse, Wünsche und<br />

Träume auch leben dürfen. Oft könnte man<br />

meinen, dass Sportler dieses Gefühl leben<br />

dürfen. In der Praxis erlebe ich im Sport und<br />

in der Sportausbildung genau das Gegenteil!<br />

Den Sportlern wird von klein auf gesagt, für<br />

was sie sich zu begeistern haben und werden<br />

zu perfekten «Pflichterfüllern». Die Sportler,<br />

welche ihren Sport aus sich selber heraus auf<br />

eine natürliche Art und Weise erfühlen, entwickeln,<br />

erleben und entdecken, können ihre<br />

Potenziale frei entfalten! Trainer und Verantwortliche<br />

wären lediglich dafür verantwortlich,<br />

den Sportlern das Umfeld (Gebärmutter) zu<br />

bieten. In der westlichen Welt haben wir immer<br />

das Gefühl, dass wir Kinder, Jugendliche<br />

oder sogar Erwachsene belehren müssten.<br />

Aus der Hirnforschung wissen wir, dass es lediglich<br />

wichtig ist, dass wir ein Umfeld schaffen,<br />

in welchem die Kinder ihre natürliche<br />

Begeisterung und Entdeckerfreude nicht verlieren.<br />

Dieses Wissen aus der Hirnforschung<br />

stellt unsere gesamten Ausbildungskonzepte<br />

in Frage! Vor allem im Sport erlebe ich ständig,<br />

dass Trainer, Eltern und Verantwortliche die<br />

Sportler dirigieren und es so aussehen lassen,<br />

als würde man die Sportler fördern und unterstützen.<br />

Fallbeispiel «Pflichterfüller»<br />

Ein Trainer eines Eishockeyteams hat sich einen<br />

neuen Spielzug für seine Stürmer ausgedacht.<br />

Im Training erklärt er diesen auf einer<br />

Tafel den Spielern und lässt sie diesen üben.<br />

Der Trainer ist dann oft erstaunt, dass die Spieler<br />

diesen Spielzug beim nächsten Pflichtspiel<br />

nicht in die Tat umsetzen.<br />

Fallbeispiel «Potenzialentfalter»<br />

Der Trainer schickt seine drei Stürmer mit ein<br />

paar Blättern Papier und Stiften an einen ruhigen<br />

Ort. Die Spieler sollen sich selber einen<br />

neuen Spielzug ausdenken. Die drei Spieler<br />

sind in diesem Moment aktiv und die Überlegungen<br />

für den neuen Spielzug entstehen aus<br />

ihnen selber heraus. Die drei Spieler versuchen<br />

«Pflichterfüller»<br />

Orientierung am Wünschbaren<br />

«Potenzialentfalter»<br />

Orientierung am Machbaren<br />

«Sollte-Energie» – «Sollte-Energie» –<br />

erzeugt Leistungsdruck und Stress<br />

erzeugt Kohärenz<br />

Beruf<br />

Angestellt<br />

gemeinsam (Verbundenheit) eine gute und<br />

phantasievolle Strategie zu entwickeln (Freiheit).<br />

Weil die Überlegungen ihnen selber<br />

entstammen, werden sie automatisch gelernt.<br />

Der nächste Schritt wäre dann die Umsetzung<br />

des Spielzuges auf dem Eis. Der Trainer tritt<br />

nun in beratender Funktion wieder in Erscheinung.<br />

Der Lern- und Denkprozess wurde aber<br />

von den Spielern selber gemacht. Das scheint<br />

auf den ersten Blick viel aufwendiger, ist es<br />

aber in Wirklichkeit nicht. Sportler, welche<br />

sehr früh schon in dieser Eigeninitiative und<br />

Entdeckerfreude gefördert werden, können in<br />

allen Lebenslagen mehr Potenzial abrufen, als<br />

Sportler, welche als «Befehlsausüber» erzogen<br />

werden.<br />

Berufung<br />

Selbständig<br />

Orientierung im Aussen<br />

Ressourcenausnützung<br />

Orientierung im Inneren<br />

«Gelingen»<br />

Diese Tabelle soll diese beiden Herangehensweisen veranschaulichen.


20<br />

21<br />

Wachstum<br />

Wachstum meint, dass es natürlich ist, dass<br />

wir uns stetig weiterentwickeln. Dieser Wachstumsprozess<br />

wird ebenfalls bereits in der Gebärmutter<br />

in unserem Gehirn verankert. Wenn<br />

ein Wachstums- oder Entwicklungsprozess<br />

stattgefunden hat, ist eine Rückkehr zum vorherigen<br />

Entwicklungszustand zwar möglich,<br />

aber nicht natürlich! Jeder Entwicklungs- und<br />

Wachstumsprozess gibt uns ein gutes Gefühl!<br />

Das können wir am besten in der Entwicklung<br />

bei Kindern sehen. Ein Kind, welches<br />

vom «Vierfüsslergehen» die Entwicklung ins<br />

aufrechte Gehen gemacht hat und sich dabei<br />

gut fühlt, geht nicht mehr im «Vierfüssler»<br />

durch die Weltgeschichte. Das Kind geht mit<br />

dem aufrechten Gang. Der aufrechte Gang<br />

hat folgende Vorteile: Ich muss den Kopf<br />

nicht mehr so angestrengt halten; die Knie tun<br />

nicht mehr weh; ich bin viel schneller; ich kann<br />

durch die höhere Kopfposition viel mehr von<br />

der Umgebung sehen etc.<br />

Jeder Entwicklungsprozess oder jedes Mal,<br />

wenn uns etwas zum ersten Mal gelingt, löst<br />

in unserem Gehirn einen Begeisterungssturm<br />

aus, welcher eine Vielzahl von Glückhormonen<br />

freisetzt!<br />

In der Kindheit sind diese Entwicklungen auf<br />

allen Ebenen am intensivsten. Wir wissen,<br />

dass unser Gehirn lebenslang entwicklungsfähig<br />

ist. Unsere Gehirnentwicklung geht<br />

immer dann weiter, wenn wir uns für etwas<br />

Neues von innen heraus begeistern können.<br />

Wenn wir im Erwachsenenalter mit diesen<br />

Entwicklungsprozessen aufhören und denken,<br />

dass die Welt nun halt so ist wie sie ist, stellen<br />

sich irgendwann Unzufriedenheit, oder gar<br />

depressive Zustände ein.<br />

Kohärenz<br />

Die Kohärenz ist also für die Gesundheit unseres Gehirns, unsere Gefühle und unser Dasein essentiell.<br />

In der untenstehenden Tabelle wird übersichtlich dargestellt, was sich fördernd und hemmend<br />

auf diesen Zustand der Kohärenz auswirkt.<br />

Fördernd<br />

Glücklich sein: Verbundenheit, Freiheit,<br />

Wachstum<br />

Gute, ruhige Atmung<br />

Achtsamkeit, Ruhe, Meditation, Qi Gong,<br />

Yoga, Entspannungsübungen, Visualisierungen,<br />

Mentaltraining<br />

Regelmässiger, guter und tiefer Schlaf<br />

Begeisterung für Neues<br />

«Flow-Zustand»: Spazieren, Singen,<br />

Tanzen, Spielen – spielerisch<br />

Sinnhaftigkeit erkennen<br />

Gesunde Ernährung: Viel reines,<br />

biologisches Gemüse, Früchte, Nüsse,<br />

Samen, gutes Wasser<br />

Hemmend<br />

Stress, Angst, Druck, Schmerzen, Sorgen,<br />

Traumata, Konflikte, Schocks, Wut, Frust<br />

«Hyperventilation»<br />

Stress, Hektik, Reizüberflutung<br />

Schlafmangel, Schlaflosigkeit<br />

Lethargie<br />

Alkohol, Nikotin, Drogen<br />

Virtuelle Welten: Fernsehen, PC,<br />

Smartphones<br />

Zucker und künstliche Süssstoffe,<br />

Fertignahrung, «Fast Food»,<br />

Transfettsäuren<br />

Bewegung<br />

Bewegungsmangel


Zusammenfassung<br />

Die drei Gefühle Verbundenheit, Freiheit und<br />

Wachstum sind also die Grundlage für unsere<br />

Orientierung im Leben, was sich gut für<br />

uns anfühlt und was nicht. Da diese Gefühle<br />

embryonal geprägt sind, können wir uns ein<br />

Leben lang daran erinnern. Diese drei Grundgefühle<br />

sind zugleich auch unsere Grundbedürfnisse<br />

zum glücklich sein. Im Verlauf des<br />

Lebens wird durch äussere Umstände wie<br />

Konflikte, Druck, Trennungen, Missverständnisse,<br />

Traumata, Schmerzen etc. unser «heiliges»<br />

Gefühl aus der Balance gebracht. Wir<br />

suchen dann intuitiv nach Strategien, welche<br />

uns helfen, wieder an das ursprünglich gute<br />

Gefühl heranzukommen. Dabei gibt es günstige,<br />

aber auch ungünstige Strategien.<br />

Wenn wir es in einer Beziehung zu anderen<br />

(auch Paarbeziehung) schaffen, dass diese<br />

drei Grundgefühle oder auch Grundbedürfnisse<br />

dominieren, dann sprechen wir von Liebe.<br />

Diese Liebe können wir am intensivsten in<br />

einer sexuellen Beziehung erleben. Dabei ist<br />

nicht von Geschlechtsverkehr die Rede, sondern<br />

von sinnlicher und herzoffener Begegnung<br />

zwischen zwei Liebenden. Dabei darf<br />

es natürlich auch Geschlechtsverkehr geben.<br />

Das ist der Grund, weshalb wir uns alle so sehr<br />

nach Liebe sehnen. Wenn wir diese Liebe erleben,<br />

können wir diese Liebe auch auf die<br />

anderen Dinge im Leben übertragen, wie die<br />

Arbeit oder Berufung, die Begleitung von Kindern,<br />

in Mitmenschen, zur Natur, in sich selbst.<br />

Das höchste Bedürfnis ist ein Leben in Liebe.<br />

Die Grundvoraussetzung für die Entwicklung<br />

dieser Liebe in uns selber, ist die Bereitschaft<br />

zur Selbsterkenntnis, das Eingeständnis von<br />

sogenannten Schwächen und die Vergebung.<br />

Aus diesen Eingeständnissen heraus, können<br />

wir uns neue Perspektiven und Bedeutsamkeiten<br />

gegeben, welche uns innerlich ruhiger,<br />

gelassener und bewusster machen. Vielleicht<br />

ist das ein Grund, weshalb weise, ältere Menschen<br />

so ruhig sind?<br />

Günstige Strategien Ungünstige Strategien /<br />

Ersatzbefriedigungen<br />

Gefühle über den Körper zum Ausdruck<br />

bringen:<br />

Über intensive Gespräche und<br />

Begegnungen mit anderen Menschen,<br />

über gute Bewegung<br />

und gesunden Sport, über Malen, Tanzen,<br />

Singen über Tränen, Sexualität, Achtsamkeit,<br />

Sinnlichkeit, Lachen, Berührung,<br />

motorisches Spielen und verspielt sein<br />

Alkohol, Nikotin, Drogen, Spielsucht,<br />

Kaufsucht, virtuelle Welten<br />

(Fernsehen, PC, Smartphones, etc.)<br />

Gier<br />

Alles, was ins Extreme geht: Extremsport,<br />

Esoterik, schnell Autofahren, Workoholic<br />

Sekten und andere extreme Gruppierungen,<br />

welche sich vom Rest der Menschen<br />

isolieren<br />

Esssucht: Süsses, Salziges, Fettes<br />

Lügen, Notlügen, Verleugnen,<br />

Abwehrhaltung<br />

Andere Menschen fertig machen oder<br />

beleidigen,<br />

Macht ausüben


3Stresskonzept


Der Zustand der Kohärenz ist die Idealvorstellung,<br />

um zu lernen, zu trainieren, Wettkämpfe zu bestreiten<br />

und wirklich leistungsfähig zu sein!<br />

26<br />

27<br />

Stresskonzept<br />

Der Alltag wird nun geprägt von äusseren<br />

die richtig dramatischen Ereignisse wie Trau-<br />

Stresskonzept und Neurologie<br />

Stressfaktoren, welche auf uns einwirken. Je<br />

mata, Schocks und Konfliktsituationen, welche<br />

4. Stock<br />

Selbsterkenntnis: Kontakt zu sich und zu<br />

nachdem wie wir einen Stressfaktor empfin-<br />

unsere weiteren Verhaltensmuster und sogar<br />

Kohärenz, Exekutive, Frontalhirnfunktionen<br />

anderen, neue Perspektiven, Vertrauen<br />

den, führt es dazu, dass wir aus dem Zustand<br />

unseren Lebensrhythmus prägen können.<br />

Aufmerksamkeitssteuerung, Planung,<br />

(Selbst-, Sozial-, und Lebens-), Achtsam-<br />

der Kohärenz («4. Stockwerk»), wie in einem<br />

Fahrstuhl, Stockwerke in unseren Hirnleistungen<br />

heruntergezogen werden.<br />

Zuerst ins «3. Stockwerk», in welchem sich<br />

ältere Handlungsmuster, Gewohnheiten bis<br />

hin zu Verhaltensmustern aus der Kindheit<br />

finden. Das erkennen wir daran, dass wir andere<br />

Menschen beleidigen oder selber beleidigt<br />

sind. Je nachdem, was für Verhaltensmuster<br />

wir verinnerlicht haben.<br />

Ist der äussere Stress heftig oder andauernd,<br />

geht unser Gehirn in Notfallprogramme («2.<br />

Stockwerk») über. Zuerst Angriff (verbal oder<br />

körperlich) und dann Flucht. Männer tendieren<br />

eher zum Angriffsverhalten, Frauen eher<br />

zu Rückzug und Flucht.<br />

Wenn uns diese Programme auch nicht mehr<br />

weiterhelfen, bleibt uns nichts mehr weiter<br />

übrig, als in eine ohnmächtige Erstarrung zu<br />

verfallen («1. Stockwerk»). Hier geschehen<br />

Fast jede Sportverletzung hat diesen Aspekt,<br />

welcher in der normalen Rehabilitation meist<br />

gar nicht berücksichtigt wird, weshalb es zu<br />

erneuten Verletzungen kommen kann.<br />

Unter Stress verstehe ich Einflüsse, welche<br />

von aussen her negativ auf uns einwirken:<br />

– strukturelle Einflüsse (Unfälle, Schmerzen,<br />

Überlastung, Verletzungen, Erschöpfung)<br />

– mentale Einflüsse (Ängste, Frustration,<br />

Wut, Ärger, zwischenmenschliche Konflikte,<br />

Leistungsdruck, Schlafmangel, Traumata,<br />

Schuldgefühle, Unsicherheit)<br />

– biochemische Einflüsse (Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten,<br />

Nährstoffmängel,<br />

Infektionskrankheiten, toxikologische<br />

Belastungen, hormonelle Störungen)<br />

Allgemein kann gesagt werden, dass es Einflüsse<br />

sind, welche uns aus dem Gleichgewicht<br />

bringen.<br />

Stress, Angst, Schmez, Erregung, Schuldgefühle etc.<br />

Motorik, Denken, Einfühlungsvermögen,<br />

kontrolliertes Handeln, Impulskontrolle,<br />

Folgenabschätzung<br />

3. Stock<br />

Ältere Handlungsmuster (stabiler, robuster)<br />

Gewohnheiten, Kindheitsmuster (Türe zuschlagen,<br />

beleidigen, schreien, abhauen)<br />

2. Stock<br />

Archaische Notfallprogramme des Hirnstammes,<br />

zuerst Angriff, dann Flucht<br />

Sympathikotone Reaktion: Herzfrequenz ,<br />

Atemfrequenz , Anspannung , Verdauung<br />

1. Stock<br />

Ohnmächtige Erstarrung, Schock, Trauma,<br />

Sympathikus und Parasympathikus arbeiten<br />

gleichzeitig (Vollgas und Vollbremsung zur<br />

gleichen Zeit), «Man weiss nicht mehr, was<br />

einem geschieht»<br />

Strategie, Therapie, Kohärenz<br />

keit, neue innere Haltung, Begeisterung<br />

Atemtherapie, Meditation, Qi Gong,<br />

Ernährung, Schlaf<br />

«Flow»: Spazieren, Singen, Tanzen,<br />

Spielen, «Slow Sex»<br />

Glücklich sein: Verbundenheit, Freiheit,<br />

Wachstum, Gestaltung, Anerkennung,<br />

Wertschätzung, Potenzialentfaltung,<br />

Sinnhaftigkeit erkennen, Dankbarkeit


Ereignisse – Situationen →> Innere Haltung →> Verhalten<br />

28<br />

29<br />

Strategien<br />

In einer akuten aber auch chronischen Stresssituation bemerken wir, dass es uns nicht gut geht. Intuitiv<br />

wollen wir wieder, dass es uns gut geht und suchen wieder nach dem Zustand der Kohärenz.<br />

Jeder Mensch wählt unterschiedliche Strategien, wie er möglichst wieder zu Kohärenz kommt. Wir<br />

können zwischen günstigen und ungünstigen Strategien unterscheiden.<br />

Ungünstige Strategien<br />

Süchte und Ersatzbefriedigungen:<br />

Alkohol, Drogen, Nikotin, aber auch<br />

Spielsucht, Kaufsucht<br />

Frust- oder Belohnungsessen<br />

(Schokolade, Fast food etc.)<br />

Verleugnung (mit dem kognitiven Hirn, sein<br />

emotionales Hirn kontrollieren), auch lügen<br />

und Notlügen<br />

Virtuelle Welten (Fernsehen, PC, Games)<br />

Andere Menschen schlecht machen,<br />

«Besserwisser»<br />

Sich verschiedenen Gruppierungen<br />

zuwenden (Sekten, Fangemeinschaften)<br />

Exzessiver Sport (extremes Bodybuilding,<br />

extreme Ausdauersportler), Doping<br />

Diese Liste kann ergänzt werden und soll eine Idee vermitteln, was für Strategien häufig zur Anwendung<br />

kommen.<br />

Günstige Strategien – Therapie-Techniken<br />

Situationen und Erlebnisse, die an<br />

menschliche und ethische Grundwerte<br />

gekoppelt sind: Verbundenheit, Freiheit,<br />

Wachstum<br />

Selbsterkenntnis (lernen, sich seine<br />

Schwächen einzugestehen und seine<br />

Stärken zu erkennen)<br />

Achtsamkeit, Dankbarkeit<br />

Sinnhaftigkeit, Offenheit für Neues<br />

«Flow-Zustände» wie Spazieren, Singen,<br />

Tanzen, Lachen, «Slow Sex»<br />

Atemtherapie, Entspannung, Qi Gong,<br />

Meditation, gesunder Schlaf<br />

Gesunde Ernährung, gesunder Stoffwechsel,<br />

gesundes Immunsystem, Sport<br />

Therapie zur Kohärenz<br />

Ein angestrebtes Ziel aus den Erkenntnissen<br />

von oben müsste es sein, dass wir im Alltag,<br />

ohne äussere Hilfsmittel, in Kohärenz leben.<br />

Viele Menschen und Sportler meinen, dass<br />

dies der Fall sei. Ich darf aus meiner beruflichen<br />

Erfahrung mit Sportlern und Patienten<br />

ganz klar sagen, dass dies nicht der Fall ist!<br />

Praktisch jeder Sportler bedient sich heute<br />

des Mentaltrainings oder anderer zusätzlicher<br />

Hilfsmittel, um sein Gehirn in Richtung Kohärenz<br />

zu trainieren. Das ist grundsätzlich nicht<br />

falsch, hat aber oft sehr wenig mit Selbsterkenntnis<br />

und wahrer Entwicklung zu tun.<br />

Kohärenz hat nichts damit zu tun, ob jemand<br />

viel Geld verdient und berühmt ist!<br />

Das Zentrum der Therapie ist die Selbsterkenntnis.<br />

Damit Entwicklungen, Veränderungen<br />

und Prozesse stattfinden können, braucht<br />

es Einsicht und Bereitschaft, seine Verhaltensweisen<br />

genau zu analysieren. Das kann in Eigenarbeit<br />

oder bei einem ausgebildeten Therapeuten<br />

geschehen. Gerade bei Unfällen und<br />

Verletzungen fällt es den Sportlern schwer zu<br />

verstehen, was die Ereignisse mit ihnen selber<br />

zu tun haben. Die Sportler bleiben oft dabei,<br />

die äusseren Einflüsse zu analysieren, ohne<br />

dass sie einen tiefen, inneren Kontakt zu sich<br />

selber suchen.<br />

Wenn eine Selbsterkenntnis stattgefunden<br />

hat, geht es in einer zweiten Phase darum, sich<br />

eine neue Perspektive zu geben. Idealerweise<br />

ist das eine Perspektive, die uns so richtig<br />

unter die Haut geht und uns tief emotional<br />

berührt, so dass sich eine neue innere Haltung<br />

entwickeln kann. Neue innere Haltungen<br />

tragen immer zu neuen Erkenntnissen und<br />

Entwicklungen bei. Im Gehirn entstehen dabei<br />

neue «Netzwerke», weil wir unser Gehirn auf<br />

eine neue Art und Weise benutzen.


Trainer sollten Berater und Wegbereiter<br />

anstatt Diktatoren sein.<br />

30<br />

Fallbeispiel<br />

Ein Skirennsportler hat mich aufgrund einer<br />

Schulterverletzung, welche er sich beim Training<br />

zugezogen hat, in der Praxis aufgesucht.<br />

Neben der strukturellen Verletzung, welche<br />

wir mit Physiotherapie, Akupunktur, Homöopathie<br />

und Training behandelt haben, wollten<br />

wir auch schauen, ob der Unfall ein emotionales<br />

Hintergrundthema bietet. Dieses Vorgehen<br />

haben wir deshalb gewählt, weil der Sportler<br />

den Unfall aus einer reinen Unachtsamkeit<br />

gemacht hat. Woher kam diese Unachtsamkeit?<br />

Nach einem Gespräch erzählte mir der<br />

Skirennfahrer, dass er am Tag des Unfalls<br />

Riesenslalom trainieren wollte, da die Wetterund<br />

Pistenbedingungen dafür perfekt gewesen<br />

wären. Sein Trainer hat sich jedoch gegen<br />

diesen Wunsch entschieden und hat aufgrund<br />

fadenscheiniger Argumente Slalom trainieren<br />

lassen. Der Sportler hat danach den ganzen<br />

Tag etwas trainiert, für was er sich nicht begeistert<br />

hat. Nach dem Training ist er beim<br />

freien Skifahren gestürzt und hat sich verletzt.<br />

In der Therapie haben wir zusammen einen<br />

Weg gesucht, wie er in Zukunft besser kommunizieren<br />

kann.<br />

Beispiel<br />

Sportler zum Trainer: «Wir trainieren heute<br />

Slalom, obwohl ich das Gefühl habe, dass für<br />

mich Riesenslalomtraining zielführender wäre.<br />

Das gibt mir ein Gefühl von Wut im Bauch. Ich<br />

wünsche mir für die Zukunft, dass wir bessere<br />

Absprachen bezüglich des Trainingsinhaltes<br />

treffen.»<br />

Dieser Satz hätte dem Gefühl der Wut eine<br />

äussere Form gegeben.<br />

Wie entstehen neue innere Haltungen?<br />

Unser Gehirn entwickelt sich durch Erfahrungen,<br />

welche wir bei Ereignissen oder Situationen<br />

sammeln. Aus diesen Erfahrungen entwickeln<br />

wir innere Haltungen gegenüber etwas.<br />

Aus diesen inneren Haltungen resultieren<br />

schlussendlich unsere Verhaltensweisen.

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