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PRIVAT<br />

BILANZ / FEBRUAR / 2016<br />

RUPERT STADLER (52),<br />

Vorstandsvorsitzender von Audi.<br />

„Wenn wir drei oder vier Prozent Wachstum hätten, dann bin ich davon<br />

überzeugt, dass wir von keiner Flüchtlingskrise sprechen würden“<br />

76<br />

B Herr Stadler, es gab ja schon mal<br />

bessere Zeiten für die Automobilindustrie<br />

und namentlich für den<br />

VW-Konzern. Viel auf Achse in<br />

Davos?<br />

(lacht) Ich bin auf dem Weg von Meeting<br />

zu Meeting. Der Automarkt ist im<br />

Moment sehr, sehr spannend. Ich beschäftige<br />

mich hier vor allem mit dem<br />

Thema Digitalisierung. Das wird die<br />

nächsten Jahre für uns ganz entscheidend<br />

werden.<br />

B<br />

Das andere große Thema hier ist<br />

die Flüchtlingskrise.<br />

Stimmt. Ich verfolge die Berichterstattung<br />

mit großer Sorge. Keiner weiß,<br />

was kommt. Leider habe ich hier nicht<br />

genug Zeit, um ein Panel zu diesem<br />

Thema zu besuchen. Wäre sicherlich<br />

spannend.<br />

4.500 Flaschen Wein,<br />

16.700 Flaschen Wasser,<br />

8.200 Flaschen Saft,<br />

1.056 Flaschen Champagner,<br />

50.000 Pralinen –<br />

im Hotel Steigenberger<br />

Belvédère fanden 300<br />

Veranstaltungen statt.<br />

JÜRGEN GROSSMANN (63),<br />

Eigentümer des Stahlkonzerns<br />

Georgsmarienhütte und früherer<br />

Vorstandschef von RWE (2007 – 2012).<br />

B Herr Großmann, Sie sind gemeinsam<br />

mit Ihrer Frau und<br />

Ihren beiden Töchtern in den Ort<br />

gekommen.<br />

Ja, die finden das hier auch spannend.<br />

Wir haben ein paar Sessions zusammen<br />

gemacht. Hauptsächlich zum Thema<br />

Digitalisierung und Cyber Security.<br />

B Auch zur Flüchtlingskrise?<br />

Klar, darüber sprechen hier ja alle. Das<br />

Ergebnis ist, dass das Problem weder<br />

lösbar noch bewältigbar ist. Ich bin<br />

in den 50er-Jahren aufgewachsen. Da<br />

waren Flüchtlinge normal. Es gab auch<br />

keinen Besitzstand, den man hätte<br />

wahren können. Heute haben wir aber<br />

einen Besitzstand, und um den haben<br />

die Menschen Angst. Die Flüchtlinge,<br />

die wir heute haben, stammen zudem<br />

aus einem anderen Kulturkreis, die haben<br />

einen ganz anderen Background.<br />

Die zu integrieren wird schwer möglich<br />

sein. 80 Prozent der Flüchtlinge<br />

sind Männer. Damit haben wir uns das<br />

Problem ins Land geholt: Es fehlen die<br />

Frauen und Kinder.<br />

B Herr Ersek, Sie haben hier beim<br />

WEF als Sprecher an einer Veranstaltung<br />

zur Flüchtlingskrise<br />

teilgenommen. Wie würden Sie<br />

das Problem lösen?<br />

Deutschland und die Welt haben andere<br />

Probleme als die Flüchtlingskrise.<br />

Alle sprechen plötzlich von einer<br />

„Flüchtlingskrise“, weil wir kein<br />

Wachstum haben. Wir haben eine<br />

Wirtschafts-, keine Flüchtlingskrise.<br />

Die Schwachen müssen jetzt für alles<br />

herhalten – und das sind im Moment<br />

eben die Flüchtlinge. Ich glaube, dass<br />

ein Land wie Deutschland über eine<br />

gewisse Zeit locker eine oder zwei<br />

Millionen Menschen aufnehmen kann.<br />

B Mit der Aufnahme ist es nicht<br />

getan. Die Menschen müssen<br />

verpflegt, in die Gesellschaft und<br />

in den Arbeitsmarkt integriert<br />

werden.<br />

Wir sind so besorgt über unsere Wirtschaft<br />

und darüber, dass wir keine Lösungen<br />

parat haben. China steht vor<br />

großen Herausforderungen, wir leiden<br />

unter einer schwierigen Zinspolitik,<br />

wir wissen nicht, was als Nächstes<br />

kommt – alles sieht so düster aus.<br />

Selbst in normalen Haushalten bereitet<br />

das Nicht-Wachstum den Leuten<br />

Sorgen. Die Menschen haben Angst<br />

um ihren Job, um ihr nächstes Gehalt.<br />

Und was machen sie? Sie schieben das<br />

Problem auf die Flüchtlinge. Wenn es<br />

Wachstum gäbe auf der Welt, wenn<br />

wir drei oder vier Prozent Wachstum<br />

hätten, dann bin ich davon überzeugt,<br />

dass wir von keiner Flüchtlingskrise<br />

sprechen würden.<br />

B<br />

Nun, die Sorgen über den ungeordneten<br />

Flüchtlingszustrom<br />

sind durchaus nicht unbe gründet.<br />

Ich habe Angst, dass Deutschland die<br />

Krise intern nicht bewältigen kann.<br />

Der Rechtsruck wird immer größer, die<br />

Angst vor dem Nicht-Wachstum auch.<br />

Die Flüchtlinge werden jetzt zum<br />

Sündenbock für etwas gemacht, woran<br />

sie gar keine Schuld tragen. Es sind<br />

HIKMET ERSEK (55)<br />

ist als Einwandererkind in Österreich<br />

aufgewachsen. Er war Profi-Basketballer<br />

in Wien und leitet heute den<br />

US-Finanzdienstleister Western Union.<br />

ja Flüchtlinge. Die sind von zu Hause<br />

weggegangen, weil es da unerträglich<br />

ist. Sie sind Verfolgte. Niemand geht<br />

freiwillig von zu Hause weg. Wenn<br />

wir alle Migranten zusammenzählten,<br />

wären sie die fünftgrößte Nation<br />

der Welt. Sie haben aber keine Flagge,<br />

sie haben keine Vertreter, sie haben<br />

keine politische Institution, sie<br />

haben kein Land. Und das erzeugt<br />

Emotionen.<br />

B<br />

Wie bewerten Sie das Krisenmanagement<br />

der Bundesregierung?<br />

Angela Merkel hat eine Vision. Das<br />

sehe ich so, und das sehen viele andere<br />

Global Leaders auch. Sie hat nur<br />

keine kurzfristige Lösung, und wie die<br />

Long Term-Lösung aussehen könnte,<br />

muss sie den Wählern erklären! Der<br />

Schlüssel ist Integration. Wir sollten<br />

uns ein Beispiel an den USA nehmen.<br />

Wer fünf Jahre eine Greencard hat,<br />

bekommt die Staatsbürgerschaft und<br />

kann ein Jahr später wählen. Das ist<br />

doch toll. Und das ist fair. Das gibt’s<br />

in Europa nicht.<br />

B<br />

Sie sind in der Türkei aufgewachsen<br />

und als Kind nach Österreich<br />

gekommen. Sprechen Sie aus eigener<br />

Erfahrung so optimistisch<br />

über Integration?<br />

Sicherlich! Obwohl ich doppelsprachig<br />

aufgewachsen bin, war ich, als<br />

ich nach Österreich gekommen bin,<br />

immer „Der Türk“. Und das, obwohl<br />

ich sogar wienerisch gesprochen habe.<br />

Aber es hat geklappt. Heute leite ich<br />

eine „Fortune 500“-Company und<br />

bin auch Honorarkonsul von Österreich<br />

in Denver.<br />

B<br />

Wie müssen wir die Integration<br />

also angehen?<br />

Die Sprache ist die größte Barriere.<br />

Die Flüchtlinge müssen ganz, ganz<br />

schnell Deutsch lernen. Nur so kann<br />

der erste Schritt zur Integration gelingen.<br />

Integration heißt aber auch, dass<br />

die Flüchtlinge sich integrieren wollen<br />

und sollen. Wer kriminell ist, muss<br />

auch mit Konsequenzen rechnen. Die<br />

Flüchtlinge müssen unser Wertesystem<br />

anerkennen.<br />

B<br />

Das klingt nach harter Integrationsarbeit<br />

…<br />

… die Deutschland aber schaffen kann,<br />

wenn es jetzt sofort die richtigen Maßnahmen<br />

ergreift. Integriert die Kinder<br />

der Zuwanderer! Das ist der Schlüssel.<br />

Wer jetzt schon 30 Jahre alt ist, wird<br />

sich nur noch schwer anpassen lassen.<br />

Aber die Kinder, die werden stolze<br />

Deutsche sein! Die werden in der<br />

Fußball-Nationalmannschaft spielen,<br />

die werden zur Bundeswehr gehen,<br />

die werden die deutsche Hymne<br />

singen.<br />

77<br />

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