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Im Ultimatumspiel verfügt wieder nur einer der Probanden über eine Anfangsausstattung und hat die<br />
Entscheidung zu treffen, welchen Betrag er hiervon an den anderen Spieler abgeben möchte. Der<br />
Empfänger des Transfers hat nun aber die Möglichkeit, auf das Spielergebnis Einfluss zu nehmen,<br />
indem er von einer Vetooption Gebrauch machen kann. Er kann den empfangenen Betrag ablehnen<br />
oder akzeptieren. Akzeptiert er die Aufteilung, dann wird diese realisiert. Lehnt er sie hingegen ab,<br />
erhalten beide Spieler nichts. Die Vetooption fungiert für den Empfänger somit als ein Sanktionsinstrument,<br />
welches allerdings auf die Auszahlungen beider Spieler destruktiv wirkt, wenn er davon<br />
Gebrauch macht. Unter dem Eigennutz‐Paradigma sollte der Spieler in der Geberrolle den kleinstmöglichen<br />
Betrag (z.B. 1 Cent) transferieren. Der Empfänger sollte diese Aufteilung stets akzeptieren,<br />
da er bei Ablehnung nichts bekäme. Auch die experimentellen Befunde zum Ultimatumspiel zeigen<br />
ein vielfach repliziertes, deutliches Verhaltensmuster: Im Durchschnitt transferiert ein knappes Drittel<br />
der Probanden in der Geberrolle genau 50% ihrer Anfangsausstattung und diese Aufteilung wird<br />
auch regelmäßig akzeptiert. Gut zwei Drittel der Teilnehmer geben Beträge im Intervall zwischen 45%<br />
und 55%. 14 Von den Transfers, die unterhalb der 45%‐Grenze liegen, werden wiederum die meisten<br />
abgelehnt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Probanden in der Geberrolle für Transfers unterhalb<br />
einer kritischen Schwelle x, die in diesem Spiel zwischen 40% und 50% liegt, ein Veto erwarten<br />
und genau deshalb sicherheitshalber gleich die Hälfte ihrer Ausstattung abgeben. Um für diese<br />
Schwelle einen messbaren Anhaltspunkt zu haben, bezeichnen wir den kritischen Transfer x, bei dem<br />
zum ersten Mal die Ablehnungsrate unter 50% fällt, der also erstmalig von der Mehrheit der Empfänger<br />
angenommen wurde, als Akzeptanzschwelle.<br />
Genau wie im Diktatorspiel orientieren sich die Spieler somit auch im Ultimatumspiel an einer sozialen<br />
Norm zur Rücksichtnahme und Fairness. Im Unterschied zum Diktatorspiel sind die Teilnehmer<br />
hier jedoch nicht primär intrinsisch motiviert, sondern reagieren auf den Einfluss des Empfängers,<br />
der aufgrund seiner Vetomacht einen deutlich größeren Anteil für sich durchsetzen kann. Wenn die<br />
Normbefolgung in dieser Weise von außen erzwungen wird, und zwar insoweit, dass man sich ohne<br />
diesen äußeren Druck nicht (zumindest nicht in dieser Stärke) an die Norm gebunden gesehen hätte,<br />
spricht man von extrinsischer Motivation zur Normbefolgung. Der Vergleich der Ergebnisse aus dem<br />
Diktatorspiel und dem Ultimatumspiel erlaubt somit Rückschlüsse auf die relative Stärke zwischen<br />
der intrinsischen und extrinsischen Motivation der Probanden in der Geberrolle. Bei der Gebermotivation<br />
im Ultimatumspiel dürfte die extrinsische Motivation überwiegen, da der Geber hier unter<br />
Druck steht, ohnehin mehr zu geben. Sobald der Einfluss der extrinsischen Motivation hinreichend<br />
stark wird, ist damit zu rechnen, dass die intrinsische Komponente der Motivation unterdrückt bzw.<br />
verdrängt wird. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten Crowding‐Out intrinsischer<br />
Motivation durch extrinsische Motivation. 15 Ausschlaggebend für die Transferhöhe im Ultimatumspiel<br />
ist primär, wie der Geber das Anspruchslevel des Empfängers einschätzt. Mit unterschiedlichem<br />
Geberverhalten im Ultimatumspiel ist dann zu rechnen, wenn die Empfänger unterschiedlichen sozialen<br />
Gruppen angehören, bei denen zu einem gewissen Grad eigene, gruppenspezifische Normen vorherrschen.<br />
Gruppenspezifische Normen sind unter den Mitgliedern der Gruppe bekannt, d.h. es besteht<br />
keine Unsicherheit darüber, ob der andere überhaupt wissen kann, was man von ihm erwartet.<br />
So werden Angehörige eines Vereins, einer Glaubensgemeinschaft, einer Berufsgruppe, eines Unternehmens<br />
oder eines Landes bestimmte Normen teilen, die sie zwar untereinander voraussetzen können,<br />
nicht aber gegenüber einer außenstehenden, der Gruppe nicht zugehörigen Person. Derartige<br />
Normen sind häufig stark von gruppenspezifischen Regeln und Traditionen beeinflusst und insofern<br />
14 Vgl. GÜTH et al. (1982), FORSYTHE et al. (1994) und ROTH (1995), S. 297.<br />
15 So zeigte bspw. die Studie von CHARNESS/GNEEZY (2008), dass bereits die bloße Erwähnung des Namens<br />
eines ansonsten unbekannten Mitspielers zu einer Erhöhung des Transfers im Diktatorspiel führt, wohingegen<br />
dieser Effekt im Ultimatumspiel kaum zu verzeichnen war. Durch die Nennung des Namens bekam die unbekannte<br />
Person für den Geber eine Identität, was ihn zu einer stärkeren Zuwendung veranlasst.<br />
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