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2015-04 Pfarrblatt

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Editorial Editorial<br />

Gott feiern – Mensch werden<br />

Josef-Anton Willa, Liturgisches Institut der deutschsprachigen Schweiz, Freiburg (www. liturgie.ch)<br />

Früher war unsere Gesellschaft vom<br />

„Sollen“ bestimmt, von Konventionen<br />

und Pflichten. Inzwischen haben<br />

wir an Tabus gerüttelt und individuelle<br />

Freiheiten errungen. Es hat<br />

eine emanzipatorische Entwicklung<br />

stattgefunden, die ich durchaus positiv<br />

verstanden wissen und keineswegs<br />

missen möchte. Doch sie hat<br />

ihre Schattenseiten. Die scheinbar<br />

unbegrenzten Möglichkeiten erzeugen<br />

neue Zwänge und Ausgrenzungen.<br />

Die heutige Gesellschaft wird vom<br />

„Können“ beherrscht. Sie behauptet:<br />

Du kannst, wenn du nur willst.<br />

Der Wert des Menschen misst sich<br />

daran, was er zu bieten hat, welchen<br />

zähl- und verwertbaren Beitrag<br />

er leistet. Wer scheinbar nichts<br />

kann, ist nichts wert, und auch noch<br />

selbst schuld daran.<br />

Arme, Arbeitslose, Asylsuchende,<br />

Betagte, Kranke und Behinderte,<br />

unangepasste, gescheiterte oder<br />

straffällig gewordene Mitmenschen<br />

geraten unter Rechtfertigungsdruck.<br />

Sie stehen im Verdacht,<br />

Schmarotzer zu sein und der Gesellschaft<br />

zur Last zu fallen.<br />

Aber auch wer „funktionstüchtig“<br />

und „effizient“ ist, sieht sich vom<br />

Damoklesschwert eines erbarmungslos<br />

konsequenten Leistungsnachweises<br />

bedroht. Er muss permanent<br />

sein Können unter Beweis<br />

stellen, zeigen, wie gut er ist, mehr<br />

noch: dass er der Bessere, der Beste<br />

ist. Er entwickelt sich zum Perfektionisten<br />

oder zum Angeber, am Arbeitsmarkt<br />

wie an der Partnerbörse.<br />

Sogar das Eingestehen von Fehlern<br />

lässt sich als Kompetenzgewinn auf<br />

der positiven Seite verbuchen. Wer<br />

aber scheitert, wird fallen gelassen<br />

und ausgetauscht, die Selektion ist<br />

unerbittlich. Der Zwang zum Kön-<br />

nen belastet viele, die Zeitkrankheiten<br />

Depression und Burnout sind<br />

Symptome dafür.<br />

Umso nötiger erweisen sich Freiräume,<br />

die uns erlauben, uns von<br />

auferlegten Rollen und dem entsprechenden<br />

Erwartungsdruck zu<br />

lösen, Orte und Zeiten, in denen wir<br />

uns bedingungslos akzeptiert fühlen,<br />

was auch immer wir tun.<br />

Die Kirche bietet solche Freiräume<br />

an, besonders im Gottesdienst. Hier<br />

stehen wir als Gemeinschaft dem<br />

Gott gegenüber, der sich als „Ichbin-da“<br />

zu erkennen gegeben hat<br />

(Ex 3,14). Er ist uns näher und kennt<br />

uns besser als wir uns selbst, ihm<br />

können wir nichts vormachen. Vor<br />

ihm sind wir alle gleich: gleichermassen<br />

wertvoll und gleichermassen<br />

bedürftig. Niemand hat dem<br />

anderen etwas voraus, niemand<br />

muss sich beweisen oder sich profilieren.<br />

Vor dem barmherzigen<br />

Gott brauchen wir uns nicht zu verstecken,<br />

haben wir nichts zu verlieren<br />

und darum alles zu gewinnen.<br />

Der „Ich-bin-da“ formt uns im Gottesdienst<br />

zu Ich-bin-da-Menschen,<br />

die im Hier und Jetzt leben und<br />

angstfrei zu sich und zu einander<br />

stehen.<br />

Der Religionsphilosoph und Theologe<br />

Romano Guardini (1885-1968)<br />

hat die Liturgie als „Heiliges Spiel“<br />

bezeichnet, als ein zweckfreies, aber<br />

sinnvolles Tun. „Vor Gott ein Spiel<br />

treiben, ein Werk der Kunst – nicht zu<br />

schaffen, sondern zu sein, das ist das<br />

innerste Wesen der Liturgie.“ Ich bin<br />

überzeugt, dass der Gottesdienst ein<br />

gesellschaftliches Korrektiv darstellt,<br />

dass er – wie ein Kunstwerk und als<br />

Kunstwerk – notwendig und heilsam<br />

ist in einer Gesellschaft, in der<br />

viele Menschen und die Menschlichkeit<br />

unter die Räder des Nützlichkeitsdenkens<br />

geraten.<br />

Wir treten in diesen Tagen in die<br />

Osterzeit ein, in eine kirchliche Festzeit.<br />

Von der Osternacht bis Pfingsten<br />

gibt es Gelegenheiten, in der Liturgie<br />

Gott und den Mitmenschen<br />

auf spielerische Weise zu begegnen<br />

und sich als freier, aufrechter<br />

Mensch zu erleben. Ich wünsche<br />

Ihnen in diesem Sinne eine reiche<br />

Ostererfahrung.<br />

Inhalt <strong>Pfarrblatt</strong> April <strong>2015</strong><br />

Kontakt | Regelmässiges | Soziales 2<br />

Editorial3<br />

Hinweise zu einigen Anlässen 4<br />

Agenda für alle 5<br />

Aus dem Pfarreileben 6<br />

Gut zu wissen 7<br />

Jugend8<br />

Regionale Agenda 10<br />

Regionalseite 11<br />

Zäme stah – vorwärts gah! 12<br />

Gottesdienste in und um Freiburg 14<br />

Unsere Gottesdienste 15<br />

Verschiedenes16<br />

April <strong>2015</strong> | Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg Stadt und Umgebung 3<br />

Bild: zvg

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