Guru Yoga - Manjughosha Edition
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wächst das Vertrauen, und die Möglichkeit schwindet, dass geringes Selbstwertgefühl auftritt.<br />
Habt also keine Angst, Bodhicitta immer wieder anzuwenden.<br />
Wenn ihr während der eigentlichen Praxis zum Ende der Sitzung kommt, vermischt ihr euren<br />
Geist mit dem des <strong>Guru</strong>. Betrachte diesen Moment genau. Wenn Gedanken kommen,<br />
beobachte einfach die Gedanken. Wenn du abgelenkt wirst, dann solltest du, wenn du<br />
Anfänger bist, sofort wieder den <strong>Guru</strong> dort oben visualisieren und mit ihm verschmelzen.<br />
Diese Untrennbarkeit schaust wieder und wieder an. Wenn ich hier „beobachten“ oder<br />
„anschauen“ sage, meine ich nicht, sich an den Vergangenes im Geiste zu erinnern oder<br />
Zukunft im Geiste zu planen. Ich spreche darüber, den Geist in genau diesem Moment zu<br />
betrachten. Aber das Wichtigste, um das tun zu können, ist, zuerst den <strong>Guru</strong> in sich selbst<br />
aufzulösen und dann einfach diesen Moment anzuschauen.<br />
Einfach machen und das Wesentliche mitkriegen<br />
Schüler: Was ich jetzt sage, betrifft wahrscheinlich nicht alle, aber ich habe immer noch echte<br />
Probleme, Gottheiten und <strong>Guru</strong>s in mich hineinkommen zu lassen. So wie ich es verstehe, ist<br />
das, was wir visualisieren unser eigenes Potential, unsere eigene Kraft. Gibt es irgendwelche<br />
Tipps?<br />
Rinpoche: Ja, mein Tipp ist: Mach es einfach! Du musst es einfach nur machen und nach<br />
einer Weile wirst du das Wesentliche mitkriegen. Manchmal sind Kernanweisungen genau so:<br />
„Mach es einfach!“ Wir können immer wieder über die Bremsen, Gänge, Steuer und<br />
Kupplung reden. Aber irgendwie, irgendwann musst du einfach losfahren, oder? Du zündest<br />
einfach den Wagen, drückst das Gaspedal und los geht es. Du musst es einfach machen. Das<br />
ist die Kernanweisung. Es klingt vielleicht so, als wenn es nicht gleich funktionieren würde.<br />
Ein, zwei Jahre kann vielleicht sogar eine Phase andauern, in der das Auflösen des <strong>Guru</strong>s<br />
mehr so ist, als wenn man einen Apfel in eine Tasche steckt. Aber das ist der einzige Weg.<br />
Nach einer Weile wird es mehr wie wenn man ein Glas Wasser in die Tasche steckt. Es macht<br />
ein paar Flecken und man versteht die Tasche auch besser. Damit wirst du das Wesentliche<br />
schon empfangen haben. Nach einer gewissen Zeit erkennst du, dass es wie das Zerbrechen<br />
eines Glasgefäßes ist, aber du wirst dann immer noch nach den zwei verschiedenen Räumen<br />
suchen. Das ist momentan der einzige, praktische und funktionierende Tipp, denn derzeit<br />
können wir noch nicht anders, als den <strong>Guru</strong> oder den Buddha als eine von uns unabhängige,<br />
getrennte Entität sehen. Nur auf intellektueller Ebene wissen wir: „Das ist nur meine<br />
Wahrnehmung.“<br />
Schüler: Aber es geht doch darum zu erkennen, dass wir selbst diese Energie sind?<br />
Rinpoche: Ja, aber wenn du das so sagst, ist das ja immer noch eine Art Interpretation, oder?<br />
Imagination ist Visualisation<br />
Alles ist eine Interpretation. Das ist nicht nur die Grundlage der buddhistischen Philosophie,<br />
sondern auch genau die Begründung dafür, warum Visualisation funktioniert. Wenn jemand<br />
sich selbst als „Luise“ bezeichnet, ist das Visualisation, auch wenn man das wohl nicht so<br />
bezeichnet. Siehst du deine Freundin, zum Beispiel Lucinda, an, ist das eine Visualisation.<br />
Alles was du siehst, stammt aus deiner eigenen Imagination. Deine Lucinda und meine<br />
Lucinda sind verschieden. Auf genau dieser Basis funktioniert Visualisation. Das ist eine<br />
wunderbare Methode.<br />
Viele halten Visualisation für eine tibetische Sache. Da sich nur wenige Lehrer bemüht haben,<br />
die Theorie, die dahinter steckt, zu erklären, ist das verständlich. Das ist genauso wie die<br />
Annahme, dass Visualisation eine sehr kulturelle und theistische Methode ist - sie ist es nicht!<br />
Es ist nur so, dass die Methode immer wieder betont wird, indem uns gesagt wird<br />
„Visualisiere dieses, visualisiere jenes, visualisiere ihn als <strong>Guru</strong> Rinpoche.“ Warum das<br />
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