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StattBlatt Verlag, sb092, Mai 2013

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<strong>StattBlatt</strong> | <strong>Mai</strong> <strong>2013</strong> | Ausgabe 92 | 9<br />

errichtet. Die Fabrik, die der Rheinischen Pappenfabrik AG angehörte,<br />

stellte Pappe und Kartonage her, was allerdings mit einer<br />

extremen Geruchsbelästigung einherging. Die Zellstofffabrik wurde<br />

1941 bei einem Bombenangriff zerstört und nicht wieder aufgebaut.<br />

Ein Jahr später, 1942, siedelte sich die „Grönland GmbH“ – eine Tochtergesellschaft<br />

der Firma „Industriegas, Köln“ (IGA) – auf dem ehemaligen<br />

Gelände der Zuckerrübenfabrik an, da das ursprüngliche<br />

Gelände in Düsseldorf, einschließlich Maschinen, Fahrzeugen etc.,<br />

ebenfalls einem Luftangriff zum Opfer gefallen war. Man hatte sich<br />

u.a. deswegen für diesen Standort entschieden, weil das Gelände<br />

recht zentral in einem Agrargebiet lag. Außerdem profitierte man<br />

von dem firmeneigenen Gleisanschluss zum nahe gelegenen Grevenbroicher<br />

Bahnhof. Nach dem Neuanfang in Elsen entwickelte sich<br />

das Eiscreme, Gemüse- und Obstkonserven Unternehmen rasch<br />

weiter, obwohl es besonders für die Nahrungsmittelindustrie nach<br />

dem Krieg nicht einfach war. Die meisten Maschinen waren verloren<br />

gegangen, also musste die vorhandene Rohware weitestgehend manuell<br />

verarbeitet werden. Es waren trotz geringfügiger Produktion<br />

unverhältnismäßig viele Arbeitskräfte nötig, die man in der Stadt<br />

jedoch nicht fand: Die meisten Menschen arbeiteten bevorzugt bei<br />

Bauern, da sie von diesen Naturalien erhielten, die sie dringend benötigten<br />

und die kurz nach dem Krieg knapp waren.<br />

Dennoch gelang es der Grönland GmbH, sich mit qualitativ hochwertigen<br />

Produktionserzeugnissen einen guten Ruf und einen treuen<br />

Kundenstamm zu sichern und sich somit im Laufe der Jahre weiter<br />

zu entwickeln. Dies lag nicht zuletzt an der Verwertung einwandfreier<br />

Rohware, die durch Vertragsanbau gesichert wurde. Die Grönland<br />

GmbH profitierte demnach von hochwertigen Fertigprodukten<br />

und die Vertragsbauern von den vertraglich festgelegten Preisen für<br />

ihre Rohware. Darüber hinaus wurde gutes Gemüse und Obst aus<br />

Ländern wie z.B. Holland, Belgien, Frankreich und der Schweiz importiert.<br />

Die frische Ware musste möglichst rasch mit Hilfe des modernen<br />

Maschinenparks verarbeitet werden, folglich wurde gerade<br />

auf die Modernisierung und Erweiterung<br />

der Tiefkühlanlagen<br />

und der Tiefkühlproduktion besonders<br />

großen Wert gelegt.<br />

Die tiefgekühlten Produkte der<br />

mal 200 bis 250 Tonnen Gemüse bzw. Obst weiterverarbeitet.<br />

Josef Gazon, der damalige Generaldirektor<br />

der Grönland, hatte sogar das Amt<br />

des Schatzmeisters der Industrievereinigung<br />

übernommen.<br />

Ab 1970 begann für die Grönland und deren Mitarbeiter<br />

eine Zeit des ständigen Wandels: Zunächst<br />

wurde die Grönland GmbH von der International<br />

Telephone and Telegraph Corporation<br />

(kurz: ITT) übernommen. Zu dieser gehörten<br />

auch Firmen wie Baustert (Kekse und Snacks),<br />

Schächter (Schinken) und Eugen Lacroix (Feinkost).<br />

1972 erfolgte die erste Umbenennung in<br />

„Grönland Zweigniederlassung der Greviga Feinkost und Konserven<br />

GmbH“. Daraufhin wurde der Markenname Grönland nur noch für<br />

Nasskonserven verwendet und nicht mehr für Tiefkühlprodukte.<br />

Bereits 1973 erfolgte die zweite Umbenennung in „Greviga Zweigniederlassung<br />

der Conservenfabrik Eugen Lacroix“. Zwei Jahre später,<br />

1975, erfolgte die dritte und letzte Umbenennung in „Greviga<br />

Zweigniederlassung der Reiss International GmbH“.<br />

Am 30. September 1977 war das Schicksal der Firma dann endgültig<br />

besiegelt: An diesem Tag wurde den Mitarbeitern das Produktionsende<br />

für Dezember 1977 mit anschließender Betriebsschließung<br />

zum 30. Juni 1978 verkündet – die Muttergesellschaft ITT gab die<br />

Tiefkühlkostproduktion auf. Diese Entscheidung hatte weit reichende<br />

Folgen: Zum einen verloren die zum Teil langjährigen Mitarbeiter<br />

des Unternehmens ihren Arbeitsplatz, zum anderen verloren die<br />

Landwirte, die durch Anbauverträge an das Unternehmen gebunden<br />

waren, eine wichtige Einkommensquelle.<br />

Die ITT zog sich schließlich vollständig aus dem Food-Bereich zurück.<br />

Die Firma Reiss International firmiert heute unter Reiss<br />

Lighting und gehört zur Zumtobel-Gruppe (Leuchtenhersteller). Die<br />

noch verbliebenen, ehemaligen Mitarbeiter der Grönland erhalten<br />

von hier aus bis heute ihre kleinen Betriebsrenten.<br />

ÜBRIGENS ...<br />

Zwiebelsuppe Grönland (Spardose)<br />

© Werner Schneider<br />

1952 dehnte die 1949 in Orken entstandene Sauerkrautfabrik<br />

Erftland GmbH ihre Produktion auf Sauerkonserven aus. Neben Sauerkraut<br />

in Halb- und Vollkonserven wurden nun auch Gurken und<br />

rote Bete in Dosen sowie Gläsern hergestellt. Einzugsgebiet von<br />

Weißkohl und rote Bete waren in erster Linie Neuss und der Raum<br />

Jackerath. Gurken wurden zunächst aus Italien importiert, später<br />

aus Holland, der Pfalz und Hessen.<br />

Dosen-Etikett der Grönland<br />

© Werner Schneider<br />

Grönland erfreuten<br />

sich größter Be-<br />

liebtheit und lockten zahlreiche<br />

Interessenten von nah und fern an, die sich aus Elsen beliefern ließen.<br />

Nach Kriegsende war die Grönland GmbH der landesweit erste Tiefkühlkostproduzent.<br />

Sie hatte sich quasi aus dem Nichts zu einer der<br />

führenden Konservenfabriken entwickelt, war Mitglied der Industrievereinigung<br />

und beschäftigte zeitweise rund 500 Mitarbeiter, vorwiegend<br />

Frauen. Zahlreiche Saisonarbeiter(innen) reisten extra aus<br />

Nord- und Süddeutschland wie aus dem Ausland an, so z.B. aus<br />

Spanien und Irland. Für diese wurden moderne Unterkünfte und eine<br />

Werkküche geschaffen. Je nach Schicht und Saison wurden schon<br />

Konservenetikett Grönland GmbH © Werner Schneider<br />

Ehemalige rosenkohl Papiertüte (um 60er)<br />

© Werner Schneider

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