HEINZ Magazin Essen 04-2016
HEINZ Magazin April 2016, Ausgabe für Essen
HEINZ Magazin April 2016, Ausgabe für Essen
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Zukunft<br />
des Klimas<br />
Weniger Kohlenstoff im Exkohlenpott Dort, wo früher<br />
Schlote und Fördertürme in den grauen Himmel<br />
ragten, stehen heute Windräder. Jetzt schickt sich die<br />
Metropole Ruhr an, Modellregion für die Klimarettung<br />
zu werden. Mit der klimametropole RUHR 2022, regionaler<br />
Partner der KlimaExpo.NRW, soll auf die vielen<br />
Projekte zwischen Moers und Kamen hingewiesen<br />
werden. Vorboten bilden die KLIMAWOCHEN RUHR<br />
mit 250 Events in 53 Kommunen und Kreisen.<br />
A<br />
1 Das neue Biomasse-Heizwerk in Voerde (Foto: Fernwärme Niederrhein GmbH); 2 Liefert Strom für tausend<br />
Haushalte: Der Solarpark in Neukirchen-Vluyn (Foto: ENNI Energie & Umwelt GmbH);<br />
3 Schnittiges SolarCar aus der Sonnenwagen-Manufaktur der Hochschule Bochum (Foto: Stefan Spychalski)<br />
uf den ersten Blick erscheint es lustig, wenn auf dem Weihnachtsmarkt<br />
die Passanten kurze Hosen tragen, weil das Wetter<br />
mal wieder verrücktspielt. Weniger amüsant sind die Stürme<br />
und Starkregen, die in den letzten Jahren unsere Region heimsuchten<br />
und doch erst einen Vorgeschmack dafür boten, was uns und Menschen<br />
in anderen Ländern in den nächsten Jahrzehnten erwartet. Der Anstieg<br />
des Meeresspiegels und die Ausdehnung der Wüsten werden zu weiteren<br />
globalen Krisen führen. Doch noch ist es nicht zu spät, die unheilvolle<br />
Entwicklung zu stoppen. Gerade im Ruhrgebiet gibt es vielfältige Initiativen<br />
und Projekte, die den CO2-Ausstoß verringern und das Klima schützen<br />
wollen. Diese werden in den kommenden zehn Wochen im Rahmen<br />
von 250 Veranstaltungen in 53 Kommunen und Kreisen der Öffentlichkeit<br />
präsentiert. Vom 2.4.-19.6. stellen sich jede Woche mindestens zwei<br />
Kommunen oder Kreise mit ihren Akteuren und Klimaschutzaktivitäten<br />
vor. Startschuss ist im Kreis Wesel.<br />
Zunächst einmal verbindet man mit Klimaschutz Windräder und Sonnendächer.<br />
Tatsächlich sind gerade diese Anlagen in jeder Stadt während<br />
der Klimawochen zu besichtigen. Und das ist spannend. Wenige Menschen<br />
haben bislang einen Spargel von innen gesehen. Auf der Halde<br />
Oberscholven in Gelsenkirchen stehen zwei dieser riesigen Windkraftanlagen,<br />
die im Rahmen einer Bustour gezeigt werden. Auch der Anblick<br />
großer Photovoltaikanlagen wie auf den Westfalenhallen in Dortmund<br />
sind imposant und können manchen Hausbesitzer ermutigen, sich selbst<br />
diese dunkelblauen Platten aufs Dach legen zu lassen.<br />
Neben Sonne und Wind spielt zunehmend auch die Biomasse eine<br />
wichtige Rolle bei der Nutzung umweltverträglicher Energieformen.<br />
Obwohl das Ruhrgebiet nicht gerade ein Agrarland ist, gibt es doch viele<br />
Möglichkeiten, aus nachwachsenden Rohstoffen Strom und Wärme zu<br />
erzeugen. In vielen Städten werden Biogasanlagen gezeigt. Auch alte<br />
Mülldeponien wie zum Beispiel die im Emscherbruch in Gelsenkirchen<br />
liefern inzwischen verwertbare Faulgase, die zuvor nur klimaschädigend<br />
in die Atmosphäre gelangten. Besonders eindrucksvoll ist die Kläranlage<br />
in Bottrop, eine der größten in Europa, die bald Energie für Tausende<br />
von Haushalten erzeugt. Hier macht der Ruhrgebietler aus Stoffwechselprodukten<br />
Gold.<br />
Aber Klimaschutz beschränkt sich nicht nur auf die Nutzung regenerativer<br />
Energien. Diese sind nämlich nicht immer verfügbar. Was ist, wenn<br />
die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Die RAG prüft gerade<br />
in ihrem Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop, ob die mehrere hundert<br />
Meter tiefen Schächte geeignet sind, als Energiespeicher genutzt zu<br />
werden. In Zeiten, in denen viel Strom zur Verfügung steht, soll Wasser<br />
emporgepumpt werden. In Zeiten, in denen viel Strom gebraucht wird,<br />
soll es wieder herabgelassen werden, um Turbinen anzutreiben. Auf der<br />
Tour durch das Bergwerk fährt der Besucher mit Geländewagen „unter<br />
Tage“. Eine andere Methode, Strom zu speichern, wird auf dem ehemaligen<br />
Zechengelände Ewald in Herten praktiziert. Aus elektrischer Energie<br />
wird dort Wasserstoff produziert, der später wieder in Strom gewandelt<br />
wird. H steht also nicht nur für Wasserstoff, sondern auch für Herten.<br />
Wichtig für die Reduktion der Treibhausgase ist auch eine umweltfreundliche<br />
Mobilität. Die ehemalige Opelstadt Bochum zeigt den automobilen<br />
Individualverkehr von morgen. Besonders beeindruckend sieht<br />
der Sonnenwagen der SolarCar-Werkstatt der Ruhruniversität aus. Jener<br />
flache silberne Pfeil, der schon ohne Nachtanken Australien durchquerte.<br />
Vielleicht haben sich die Autobauer aus Detroit doch zu voreilig aus<br />
Bochum zurückgezogen. Die Zukunft, so zeigen die Klimawochen Ruhr<br />
<strong>2016</strong> eindrucksvoll, hat im einstigen Revier bereits begonnen. L. Debus<br />
❚ KLIMAWOCHEN RUHR 250 Events in 53 Kommunen/Kreisen; Termine: 2.4.-19.6.; www.ruhr2022.de<br />
14 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>04</strong>.<strong>2016</strong>