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HEINZ Magazin Essen 04-2016

HEINZ Magazin April 2016, Ausgabe für Essen

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SVEN SINDT<br />

Ab Mai bist du mit deinem Album „Prisma“ unterwegs. Was bedeutet<br />

es für dich, laut zu werden?<br />

Ich mag die Einstellung, laut zu sein. Es heißt vor allem, eine Meinung<br />

zu haben, andere Auffassungen anzuhören und in der Diskussion<br />

zu sein. Ich bin in einer Zeit in meinem Leben, in der ich viel Spaß habe<br />

anzugreifen. Nicht auf die aggressive Art, aber auf jeden Fall nach dem<br />

Motto „Fuck, lass uns das nun machen”. Früher habe ich mich oft gefragt,<br />

ob ich das darf. Im Moment denke ich: „Ja, tu es. Scheiß drauf.” Dabei<br />

gehe ich schon gewisse Risiken ein. Darum ist „Prisma” kein leichtes Album<br />

für mich. Es spricht nicht unbedingt die Themen an, die meine Hörer<br />

hören möchten und ist teilweise politisch. Ich mache mich angreifbar.<br />

Aber ich lebe halt, auch wenn es weh tut.<br />

Also heißt laut werden auch, die Komfortzone verlassen, sich etwas<br />

zu trauen und loszulegen?<br />

Ja, wir sollten das, was in der Welt passiert, nicht über uns als Welle<br />

ergehen lassen. Dass man wirklich das Gefühl hat, dass man lebt, das<br />

ist wichtig. Wir sind mit so vielen Scheißsachen konfrontiert, und so oft<br />

denken wir, wir können es nicht mehr hören. Und in solchen Momenten<br />

tut es gut, diese Energie zu spüren und einfach zu sagen: „Let’s Do<br />

It.– Komm los und mach!” Das ist meine Einstellung, die ich lebe. Das<br />

Rainy-Day-Konzept – also das Denken, erst loszulegen bei schönem<br />

Wetter – das können wir uns nicht mehr erlauben. Denk an das irische<br />

Wetter, da regnet es jeden Tag.<br />

Du sprichst vom Symbol der Welle, die uns nicht erwischen sollte.<br />

Kannst du mehr dazu sagen?<br />

So oft verlieren wir unsere eigene Identität, weil wir uns von dem<br />

überrollen lassen, was eine Masse als Norm festlegt. Manche Menschen<br />

schaffen einfach nicht, dieser Masse standzuhalten, sich selbst zu informieren<br />

und sich ihre eigene Meinung zu bilden. Das möchte ich aufklären.<br />

Ich kenne dieses Gefühl. Während ich das Album schrieb, habe ich<br />

natürlich teilweise auch mit mir selbst gesprochen. Vielleicht habe ich<br />

sogar zuerst mehr für mich geschrieben, weil ich mit meiner Musik versuche,<br />

viel von dem zu lösen, was in meinem Kopf unklar ist. Ich möchte<br />

kein Prediger sein. Manchmal habe ich mich als Prediger gefühlt. Damit<br />

habe ich mich nicht wohlgefühlt. Ich als Musiker schreibe einfach über<br />

das, was ich sehe, erlebe und wie ich mich fühle.<br />

Also heißt laut sein auch informiert zu sein.<br />

Ja, und es heißt, zu diskutieren und etwas zu sagen. Das, was wir im<br />

Moment erleben, ist sehr viral und sehr anonym. Natürlich ist es einfach,<br />

viral Stellung zu nehmen; da können sich alle verstecken. Damals gab<br />

es doch dieses Spiel, Sims hieß das. Das ging noch eine Ebene weiter<br />

als das Tamagotchi. Und heute denken wir, wir leben wirklich auf dieser<br />

Ebene. Wir äußern so oft nur dort unsere Gedanken und nicht jemandem<br />

gegenüber, der wirklich irgendwo sitzt. Wir liken etwas, aber darum<br />

sollte es nicht gehen. Man muss eine Diskussion führen und nicht<br />

einfach sagen, man sei auf dieser oder jener Seite. Und hier sind wir alle<br />

Opfer und Täter. Ich ebenso. Ich nutze Social-Media-Plattformen wie Facebook<br />

oder Twitter und wenn ich da agiere, dann bin ich auch nur einer,<br />

der verbreitet. Früher sagte man immer, zu viel Fernsehen mache<br />

blind. Noch schlimmer ist das bei den vielen neuen Wegen der Social<br />

Media. Distanz ist wichtig, und vorsichtiger sollten wir sein. Auch mal<br />

wieder sagen: „Fuck It, ich hole mir den Ball und gehe mit den Jungs<br />

Fußball spielen.“<br />

Was passiert ohne diese Distanz?<br />

Ohne den nötigen Abstand prasseln viel zu viele Informationen auf<br />

uns ein. Das ist gefährlich. Wir können nicht so viele Nachrichten bearbeiten<br />

und wenn diese wie Wellen kommen, dann bist du überfordert.<br />

Aber so ist eben die Welt, in der wir leben und man muss anfangen, Filter<br />

in sich einzubauen. Die Zeit, die man verbringt, alles über alles zu lesen,<br />

birgt Probleme, denn dann hast du dir nicht einmal den Tag angeschaut<br />

und nichts Gutes getan. Das Leben ist so schön, man muss nur<br />

aus der Haustür gehen und es selbst entdecken.<br />

SHAKESPEARE<br />

FESTIVAL<br />

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27. Mai bis 25. Juni <strong>2016</strong><br />

www.shakespeare-festival.de<br />

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Neuss<br />

KOMMA<br />

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www.denkmalpfad-zollverein.de<br />

<strong>04</strong>.<strong>2016</strong> | <strong>HEINZ</strong> | 21

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