23.03.2016 Aufrufe

HEINZ Magazin Essen 04-2016

HEINZ Magazin April 2016, Ausgabe für Essen

HEINZ Magazin April 2016, Ausgabe für Essen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

AUSSTELLUNGEN<br />

ÜBERSICHT<br />

<strong>HEINZ</strong>-AUTORIN<br />

LYNN HERSHMAN LEESON, SLG. FALCKENBERG<br />

IDENTITÄTEN IM 21. JAHRHUNDERT<br />

Liquid Identities<br />

■ Roberta Breitmore machte den Führerschein,<br />

mietete eine Wohnung, eröffnete ein<br />

eigenes Bankkonto und ging zum Psychiater.<br />

Sie schrieb Tagebuch und Briefe, machte<br />

Fotos, schminkte und kleidete sich sorgfältig.<br />

Die Frau lebte und bewegte sich in der<br />

wirklichen Welt, tatsächlich aber existierte<br />

sie lediglich als Performance, als simulierte<br />

Identität. Die Kunstfigur Roberta Breitmore<br />

(1973-1978) ist die bekannteste Werkreihe der<br />

Künstlerin Lynn Hershman Leeson (* 1941),<br />

der das Duisburger Lehmbruck Museum eine<br />

konzentrierte Werkschau widmet. Breitmore<br />

allerdings ist nicht der einzige Klon, der hier<br />

auftaucht, denn die Konstruktion von Identität,<br />

das Schwinden der Privatsphäre und die<br />

Überwachung unseres Lebens sind immer<br />

wiederkehrende Themen im Werk der einflussreichen<br />

amerikanischen Medien-, Film-,<br />

und Installationskünstlerin.<br />

kb<br />

❚ LYNN HERSHMAN LEESON. Liquid Identities Lehmbruck<br />

Museum, Duisburg; Dauer: bis 5.6., Di-Fr 12-17 Uhr,<br />

Sa, So 11-17 Uhr; www.lehmbruckmuseum.de<br />

JULIA STOSCHEK COLLECTION<br />

Hello Boys<br />

■ 1968 hatte die Künstlerin Valie Export mit<br />

ihrem „Tapp- und Tastkino“ für öffentliches<br />

Aufsehen gesorgt, einer Pappbox, durch die<br />

hindurch Passanten auf der Straße in Wien<br />

ihre blanken Brüste befühlen konnten. Der<br />

Videofilm dieser Aktion, der neben anderen<br />

Filmen feministischer Avantgardekünstlerinnen<br />

in der Julia Stoschek Collection gezeigt<br />

wird, ist ein Dokument der frechen kritischen<br />

Reflexionen zur Präsentation weiblicher<br />

Nacktheit, war aber auch gedacht als Zeichen<br />

„gegen den Betrug des Voyeurismus“. In den<br />

1970er Jahren hatten immer mehr Künstlerinnen<br />

begonnen, mit den Medien Fotografie<br />

und Videokunst zu experimentieren, hatten<br />

überkommene Darstellungskonventionen<br />

und -strategien zur Disposition gestellt, den<br />

eigenen Körper zum Gegenstand der Kunst<br />

gemacht oder die Rolle der Künstlerin in Institutionen<br />

und Kunstbetrieb befragt. kb<br />

❚ NUMBER TWELVE. HELLO BOYS Julia Stoschek Collection,<br />

Düsseldorf; Dauer: bis 31.7., Sa, So 11-18 Uhr;<br />

www.julia-stoschek-collection.net<br />

GWENN THOMAS<br />

CLAUDIA HEINRICH<br />

Museum Morsbroich<br />

in Gefahr<br />

Geplant war, an dieser<br />

Stelle die Eröffnung eines<br />

neuen Museums in Recklinghausen<br />

zu begrüßen.<br />

Doch eine empörende<br />

Meldung grätschte dazwischen:<br />

Ein bestehendes<br />

erstklassiges Haus ist in<br />

Not: Museum Morsboich.<br />

Die KPMG-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

empfiehlt<br />

der Stadt Leverkusen die<br />

Schließung. „Optimierung<br />

des Museumsbetriebs“<br />

nennt sie das. Gut, es ist<br />

erst mal nur ein Vorschlag,<br />

vermutlich von Beratern,<br />

die noch nie ein Museum<br />

von innen gesehen haben.<br />

Pikant ist dagegen, dass<br />

die KPMG sich andernorts,<br />

z.B. in Düsseldorf und Köln,<br />

selbst als Kunstmäzenin<br />

positioniert. Dieser Ruf ist<br />

jetzt verspielt. Zum Glück<br />

braust dem KPMG-Bericht<br />

ein Entrüstungssturm<br />

entgegen – heftige Proteste<br />

aus der Kunstwelt, u.a. von<br />

Gerhard Richter, und aus<br />

der Öffentlichkeit, vereint<br />

gegen den drohenden<br />

kulturellen Kahlschlag. Eine<br />

offene Petition gegen die<br />

Schließung des „Museums<br />

des Jahres 2009“ steht<br />

unter www.openpetition.de,<br />

Suchbegriff „Morsbroich“.<br />

Zur Unterschrift, bitte!<br />

Claudia Heinrich<br />

STIFTUNG DKM, FOTO: MICK VINCENZ, ESSEN<br />

MILES COOLIDGE<br />

GENERATIONSÜBERGREIFEND<br />

Polnische Kunst in Marl<br />

■ Kunst aus Polen ist zurzeit ein großes Thema<br />

der Region: in Bochum, Recklinghausen<br />

und nun Marl. Das Museum Glaskasten stellt<br />

13 polnische Künstler aus drei Generationen<br />

vor. Ausgangspunkt der Schau sind Skulpturen<br />

aus der Sammlung Jerke, u.a. von Katarzyna<br />

Kobro und Körperabgüsse von Alina<br />

Szapocznikow, die zusammen mit dem Maler<br />

und Kunsttheoretiker Wladyslaw Strzeminski<br />

die ältere (Vorkriegs-)Generation stellen.<br />

DOPPELAUSSTELLUNG IN DUISBURG<br />

Johannes Brus<br />

MUSEUM JERKE RECKLINGHAUSEN<br />

FARBE, STRUKTUR, KOHLE<br />

Miles Coolidge<br />

■ Einen überraschenden Blick auf die sich<br />

ändernde Identität des Ruhrgebiets zeigt der<br />

amerikanische Fotograf Miles Coolidge im<br />

Museum Quadrat. Die vier großen Fotografien<br />

zählt Museumsleiter Heinz Liesbrock zu einer<br />

Reihe, die „unbeabsichtigte Folgen der industriellen<br />

Revolution“ hinterfragt. Hier zeigt<br />

Coolidge, der unter anderem bei Bernd und<br />

Hilla Becher in Düsseldorf studierte, Geröll-<br />

Strukturen der Kohleflöze von Prosper-Haniel<br />

in Bottrop, dem letzten aktiven Bergwerk im<br />

Ruhrgebiet. Er erinnert an die umgreifende<br />

Veränderung, die in den 1950ern einsetzte,<br />

als die Kohle vom Öl abgelöst wurde. Symbolisch<br />

nutzt Coolidge für das Druckverfahren<br />

Ruß, industrielles Nebenprodukt der Steinkohleverbrennung.<br />

In einer weiteren Reihe,<br />

den „Chemical Pictures“, entstehen durch<br />

chemische Prozesse künstlicher Farben „Bilder,<br />

die sich selber malen“.<br />

bws<br />

❚ MILES COOLIDGE. Fotografien und Chemical<br />

Pictures Josef Albers Museum Quadrat Bottrop, Im<br />

Stadtgarten 20; Dauer: bis 8.5., Di-Sa 11-17, So 10-17 Uhr;<br />

www.quadrat-bottrop.de<br />

■ Johannes Brus ist in zwei Duisburger<br />

Museen zu Gast – eine Kooperation beider<br />

Häuser: Im Lehmbruck Museum präsentiert<br />

der <strong>Essen</strong>er Bildhauer im Rahmen der Reihe<br />

„Sculpture 21st“ erstmalig seine neueste<br />

Skulpturengruppe „Tanzen für Brancusi“, eine<br />

persönliche Hommage an den bedeutenden<br />

rumänisch-russischen Bildhauer. Brus’ Tänzerinnen<br />

umgarnen in der Glashalle eines der<br />

Hauptwerke Constantin Brâncușis, „La Négresse<br />

Blonde“, aus der Museumssammlung.<br />

Eine umfangreichere Schau zeigt das DKM<br />

Museum mit 17 Werken aus 1985-2000, arrangiert<br />

von den Sammlern und Museumsgründern<br />

Dirk Krämer, Klaus Maas. Zwei Zeichnungen<br />

und 7 Fotoarbeiten wählten sie aus.<br />

Im Zentrum stehen die plastischen Werke, 8<br />

mitunter mehrteilige Skulpturen(-Gruppen):<br />

Pferde, Bildhauer, Nashörner.<br />

ch<br />

❚ JOHANNES BRUS Museum DKM Duisburg; bis 4.9., Sa/<br />

So 12-18, jeden 1. Fr i. M. 12-18 Uhr; www.museum-dkm.<br />

de / Lehmbruck Museum Duisburg; bis 16.5., Mi-Sa 12-<br />

18, Do 12-21 Uhr, So 11-18; www.lehmbruckmuseum.de<br />

Die mittlere Generation experimentierte seit<br />

den 1960er Jahren mit Film (Ryszard Wasko,<br />

Józef Robakowski) oder Performance wie<br />

Teresa Murak, die in ihren „lebenden“ Kresse-<br />

Gewändern durch die Stadt flanierte. Ihnen<br />

gegenüber stehen sechs junge Künstler, die<br />

konzeptionelle oder konstruktive Findungen<br />

wiederaufgreifen und mit aktuellen Mitteln<br />

und Medien umsetzen. Polens Szene lebt –<br />

und ist immer für Entdeckungen gut. ch<br />

❚ POLNISCHE KUNST IN MARL Skulpturenmuseum<br />

Glaskasten, Marl; Dauer: bis 12.6., Di-So 11-17 Uhr, Do 11-<br />

20 Uhr; www.skulpturenmuseum-glaskasten-marl.de<br />

54 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>04</strong>.<strong>2016</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!