30.03.2016 Aufrufe

Neue Szene Augsburg 2016-04

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

36 Zoom<br />

Mit dem FC <strong>Augsburg</strong> auf Europapokal-Reise<br />

in Liverpool<br />

<strong>Augsburg</strong>s<br />

Magical<br />

Mystery<br />

Tour<br />

Es ist kurz nach fünf an diesem frischen Februarabend, als die schwäbische Wallfahrt ihr Ziel erreicht:<br />

Anfield Road. Was dem Beatles-Fan die Penny Lane, ist dem Fußballanhänger jene mythenumrankte Liverpooler<br />

Pilgerstätte, deren bloße Erwähnung unter Eingeweihten ehrfürchtiges Raunen auslöst. Auf tragisch<br />

schöne Weise endet an dieser Stelle die magische, beinahe etwas rätselhafte erste<br />

Europa-League-Saison des FC <strong>Augsburg</strong>. <strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>-Redakteur Fabian Schreyer war mittendrin.<br />

V<br />

Von Ziel und Anlass dieser<br />

Reise hätten bis vor Kurzem<br />

die wenigsten zu<br />

träumen gewagt. Kaum<br />

einer der Altgedienten,<br />

die dem Verein seit der<br />

Bayernliga oder der Regionalliga<br />

Süd die Treue halten. Kaum ein Besucher der<br />

Rosenau, für den ein Tor erst dann zählte, wenn der<br />

Wagner Josef den neuen Spielstand mit seinen Zifferntafeln<br />

auf der analogen Anzeigewand über dem<br />

Gästeblock montiert hatte. Kaum ein Zweitligafan,<br />

der noch bis heute beim Gedanken an Nieselregenpartien<br />

das Frösteln bekommt.<br />

„Dann kam der Aufstieg, die Erlösung, das große<br />

Fußballwunder, hier am Lech“<br />

Das Traumverbot wurde gelockert. Und spätestens<br />

nach dem „Wunder von Belgrad“ sollten jene als realitätsfremd<br />

gescholtenen und milde belächelten Propheten<br />

Recht behalten, die sich ihren grenzenlosen<br />

Optimismus nie verbieten lassen wollten. Träumer,<br />

Realisten, ewige Pessimisten – sie alle stehen heute<br />

gemeinsam im Inneren dieses Fußballtempels, im sicheren<br />

Wissen, einem historischen Moment der Vereinsgeschichte<br />

beizuwohnen.<br />

Eineinhalb Stunden lang hatte sich zuvor ein rotgrün-weißer<br />

Pilgerzug friedlich durch die Geburtsstadt<br />

der Beatles gewunden. Dirigiert von berittener<br />

Polizei, ging es vom zentralen Derby Square aus entlang<br />

der St. John’s Gardens nordwärts. Vorbei an<br />

Baustellen und seelenlosen Bürokomplexen, durch<br />

das Spalier uniformer Backsteinreihenhäuschen und<br />

nur sporadisch unterbrochen von kollektiven Pinkelpausen.<br />

„Bonjour Tristesse!“, mochte man angesichts<br />

des trostlosen Ambientes beiderseits der grauen<br />

Asphalttrasse laut ausrufen. Wären da nicht die<br />

„Scousers“. Die wegen ihres Dialektes und in Anlehnung<br />

an das Seemannsgericht Labskaus so getauften<br />

Einwohner der Arbeiterstadt lüfteten verwundert ob<br />

des Menschenaufkommens ihre Vorhänge oder würdigten<br />

aus geöffneter Haustüre heraus winkend das<br />

gebotene Schauspiel. Kaum ein Bauarbeiter, der<br />

nicht dankbar für die Abwechslung seine Arbeit einstellte;<br />

kaum ein Kind, das nicht neugierig seine Nase<br />

gegen die Fensterscheibe presste, um die singende<br />

Prozession zu beobachten. Erst kurz vor der legendären<br />

Heimspielstätte der „Reds“ geriet der Fanzug<br />

ins Stocken. Eilig mit Spielschals eingedeckt, verteilten<br />

sich die Schlachtenbummler auf Schlangen und<br />

wurden nach spärlicher Leibesvisitation durch die<br />

engen Drehkreuze in den Bauch der Arena geschleust.<br />

Fish & Chips, Pubs & Pop<br />

Dort endete die Mission Liverpool, die mancher ohne<br />

Eintrittskarte geplant und auf teils abenteuerlicher<br />

Route angetreten hatte. Während einige Nachzügler<br />

den John Lennon Airport erst nach Anpfiff im Taxi<br />

Richtung Stadium verlassen, haben andere die Grafschaft<br />

Merseyside bereits am Vortag erreicht, um sich<br />

bei Fish & Chips mit Pop- und Pub-Kultur auf das<br />

Spiel des Jahres einzustimmen. Wo man in diesen<br />

Tagen hinkommt, selten ist mehr als eine Armlänge<br />

Abstand zum nächsten <strong>Augsburg</strong>er. Und frei nach Oliver<br />

Kahn ist allen klar, dass es vor allem eines<br />

braucht, um als Underdog an der Anfield Road zu be-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!