MOTORRAD Classic 06/2016
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6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Seit 40 Jahren Kult<br />
YAMAHA<br />
XT 500<br />
Service<br />
Trommelbremsen<br />
Teil 1:<br />
Wartungsarbeiten<br />
Schritt für<br />
Schritt<br />
Die Entwicklung<br />
LAVERDA-<br />
ZWEIZYLINDER<br />
650/750<br />
Im Studio<br />
KAWASAKI<br />
Z1-R<br />
Die Hundertjährigen<br />
HARLEY-<br />
DAVIDSON<br />
& INDIAN<br />
GP-Eigenbau<br />
DRIXTON-<br />
HONDA 500<br />
Nachgedruckt: Erster Test der<br />
Suzuki RG 250 Gamma von 1984<br />
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VORSTART I<br />
40 Jahre Yamaha XT 500<br />
Einfach so, aus Spaß an der Freude: <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Redakteur Ludwig Braun 1976 beim „Hochstart“<br />
mit der ersten XT 500-Testmaschine<br />
Foto: Schwab<br />
Erfolgreich gegen<br />
den Trend<br />
Als man zu Wheelies noch Hochstart sagte, stellte Yamaha<br />
mit der XT 500 ein Motorrad in die Schauräume der<br />
Händler, dessen überwältigender Erfolg beim Debüt<br />
1976 selbst für echte Szenekenner nicht absehbar war.<br />
Denn mit ihrer simplen, aufs Notwendigste reduzierten Technik<br />
war die Einzylinder-Enduro so ziemlich das Gegenteil dessen,<br />
was damals in der nach immer mehr Zylindern und Leistung<br />
lechzenden Motorradszene angesagt war. Glaubten nicht wenige,<br />
selbst bei Mitsui, dem deutschen Yamaha-Importeur.<br />
Umso größer war die Überraschung, als immer mehr die XT<br />
entdeckten, um mit ihr dem allgegenwärtigen „Schneller, höher,<br />
weiter“ ganz entspannt davonzufahren. Wenn es sein musste,<br />
sogar bis in entlegenste Wüstenregionen. Weil der einfach zu<br />
wartende Halbliter-Single die Weltenbummler meist zuverlässig<br />
wieder nach Hause trug, setzte die XT 500 alsbald einen neuen<br />
Trend. Welcher Anfang der 1980er-Jahre zu einer Enduro-Welle<br />
anschwoll, die nahezu alle Motorradhersteller mitgerissen hat.<br />
Der Rest ist Geschichte. Mehr dazu ab Seite 6.<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 3
INHALT I<br />
6/<strong>2016</strong><br />
68<br />
Beide sind über 100 Jahre<br />
alt und waren schon damals<br />
Konkurrenten: die Harley-<br />
Davidson Model 11F und<br />
die Indian Twin Model F<br />
36<br />
1<strong>06</strong><br />
Boxermotor und Kardanantrieb, und dennoch keine BMW? Als<br />
IFA, später MZ lief die BK 350 in der damaligen DDR vom Band<br />
MOTORRÄDER IN<br />
DIESER AUSGABE:<br />
BMW-Eigenbau mit HPN-Chassis 78<br />
Drixton-Honda 500 1<strong>06</strong><br />
Harley-Davidson Model 11F 68<br />
IFA/MZ BK 350 36<br />
Indian Twin Model F 68<br />
Kawasaki Z1-R 18<br />
Laverda 650/750 GT 82<br />
Suzuki RG 250 Gamma 92<br />
Yamaha XT 500 6<br />
18<br />
Die kantige Z1-R trat<br />
1978 als Sportversion<br />
der Kawasaki-1000er<br />
an, war aber hierzulande<br />
anfangs<br />
kein Erfolg –<br />
das Design-<br />
Glanzstück<br />
im<br />
Studio<br />
Die Drixton-Honda 500<br />
galt als konkurrenzfähiger<br />
Renner für Privatfahrer<br />
Titelfotos: Bilski, Krieger, Motociclismo d‘Epoca, Nakamura, Siemer;<br />
Fotos: Bilski, Koch, Krieger, Menz, Motociclismo d‘Epoca, Nakamura, Rönicke,<br />
Schoch, Siemer (2)<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
VORSTART<br />
3 40 Jahre Yamaha XT 500<br />
6<br />
AUF ACHSE<br />
6 Yamaha XT 500<br />
Der Kult-Eintopf mit dem rauen Charme,<br />
der Enduro-Geschichte schrieb<br />
28<br />
78<br />
42<br />
82<br />
IM STUDIO<br />
18 Kawasaki Z1-R<br />
Mit kantigem Design und Lampenmaske<br />
sorgte die 1000er 1978 für Aufsehen<br />
SZENE<br />
28 Werner werkelt<br />
Minis Honda VF 1000 F2: Der Motor<br />
34 Vorschau ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
36 IFA/MZ BK 350<br />
Ein Boxer-Bike mit Kardan aus Zschopau<br />
42 Porträt Wolfhart Krischke<br />
Der Rennmaschinen-Sammler<br />
46 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
68 Ü100-Treffen zweier US-Bikes<br />
Harley-Davidson Model 11F<br />
und Indian Twin Model F<br />
78 Leser bauen selbst<br />
Wie aus einer Unfall-BMW ein Sportboxer<br />
mit HPN-Motor und -Fahrwerk wird<br />
82 Entwicklung der Laverda 650/750 GT<br />
NACHGEDRUCKT<br />
92 Test der Suzuki RG 250 Gamma<br />
SERVICE<br />
98 Trommelbremsen warten – Teil 1<br />
Wie die alten Stopper wirksam bleiben<br />
MARKT<br />
60 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 500 Klassiker unter der Lupe<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
26 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 11/1975<br />
Sanglas 400 E<br />
SPORT<br />
104 DHM-Nachrichten<br />
1<strong>06</strong> Drixton-Honda 500<br />
Starker, später oft kopierter Renner,<br />
der in den 60ern die WM aufmischte<br />
RUBRIKEN<br />
50 Kleinanzeigen-Markt<br />
66 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
EDIT0RIAL<br />
Yamaha<br />
XT 500:<br />
ein Denkmal<br />
Ist es wirklich schon 40 Jahre her? Sind<br />
tatsächlich bereits vier Jahrzehnte vergangen,<br />
ein halbes Männerleben also, als<br />
Yamaha das Männermotorrad schlechthin<br />
auf die dürren Speichenräder stellte? Tatsächlich:<br />
1976 kam dieses Viertakt-Einzylinder-Urgestein<br />
nach Deutschland, das<br />
vielen nicht nur den Kopf verdrehte, sondern<br />
auch die Schien- und Wadenbeine<br />
malträtierte. Oder schlicht nicht ansprang.<br />
Meine erste Begegnung mit der XT 500<br />
war an der Ampel. Das frisch getunte<br />
Mofa frech in die erste Reihe geschmuggelt,<br />
erstaunt auf das hochbeinige Gefährt<br />
mit dem zitternden Vorderrad geschielt,<br />
und dann – brutal! Mit mindestens 20<br />
Zenti metern über dem Boden schwebenden<br />
Stollenreifen hämmerte der Bolide<br />
davon. Was für eine Urgewalt musste in<br />
diesem dicken Zylinder hausen, das war<br />
ganz klar nur für Erwachsene.<br />
Später sah man das Ganze mit Ernüchterung.<br />
Jede RD 250 war schneller,<br />
jede Maico im Gelände besser. Also was<br />
soll´s? An den Lagerfeuern diskutierten<br />
wir uns die Köpfe heiß. Die Antwort<br />
brachte die Zeit. Und die Paris-Dakar. Auf<br />
der XT wirst du zum Helden. Erst recht,<br />
wenn du sie ankicken kannst.<br />
40 Jahre Motorradentwicklung zogen<br />
seither ins Land. Nicht eine Maschine war<br />
dabei simpler, klarer, konsequenter aufgebaut.<br />
Yamaha setzte sich so ein Denkmal.<br />
Motorradbauer: mal nachdenken!<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
98<br />
Michael Pfeiffer<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
Der Kick<br />
des Lebens<br />
Eigentlich ist sie gar kein Motorrad, sondern ein philosophisches<br />
Lehrstück, und wer das begreift, kommt echt<br />
besser drauf. 40 Jahre schon zeigt Yamahas XT 500 ihren<br />
Fahrern den Weg. Zur Sonne. Zur Freiheit.<br />
Text: Fred Siemer; Fotos: Sven Krieger<br />
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AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
Heute lässt sich nur noch schwer<br />
einschätzen, welches Ereignis<br />
in jugendbewegten Kreisen des<br />
Jahres 1976 mehr Unruhe entfachte, Mao<br />
Zedongs Ableben oder die erste Folge<br />
von Biene Maja. Der Beginn des Soweto-<br />
Aufstands in Südafrika, Borussia Mönchengladbachs<br />
vierter Titel oder das Abschiedskonzert<br />
von The Band dürften<br />
eben falls rauchige Diskussionsabende eingeleitet<br />
haben, von brennendem Beziehungskram<br />
ganz zu schweigen. Fragen,<br />
nichts als Fragen, doch zum Glück gab es<br />
jenseits von Politik, Kultur und freier<br />
Liebe wenigstens für die Besten und<br />
Kühnsten endlich auch eine Gewissheit:<br />
Das in Ferienjobs heldenhaft erschuftete<br />
oder bei Omas Geburtstag hemmungslos<br />
erbettelte Geld würde zum Yamaha-Händler<br />
getragen und dortselbst gegen eine XT<br />
500 eingetauscht.<br />
Gegen eine eher karge Konstruktion<br />
also, die der zweitgrößte Motorradhersteller<br />
Ende 1975 amerikanischen Händlern<br />
vorgestellt hatte, damit US-Boys nicht länger<br />
auf öligen Baller-Briten oder kleinvolumigem<br />
Nippon-Nippes durch die<br />
Wüste dreschen mussten. Der halbe Liter<br />
Hubraum genügte, um die XT damals erstens<br />
an die Spitze der Stollenbewegung zu<br />
hieven und zweitens just so viel Leistung<br />
zu produzieren, dass man sich bei der<br />
Heim fahrt auf dem Highway nicht blamierte.<br />
Ansonsten verströmte das ganze<br />
Bike – seiner ja längst wohlbekannten Art<br />
entsprechend – einen eisernen Willen zur<br />
Enthaltsamkeit. Was nicht dran ist, geht<br />
nicht kapputt und wiegt nichts. Dieses<br />
Konzept passte natürlich einerseits den<br />
Geländesportlern, entsprach andererseits<br />
aber auch den Idealen einer skeptischen<br />
Jugend, die in der Yamaha eine Schwester<br />
im Geiste vermutete. Weniger ist mehr,<br />
lautete einer ihrer Schlachtrufe. Weniger<br />
Leistungsdruck, weniger Reglementierung.<br />
Mehr Fantasie, mehr Freiheit.<br />
Was fehlt, geht nicht kaputt<br />
Man braucht mindestens einen Zylinder<br />
und zwei Räder, um ohne Muskelkraft<br />
voranzukommen. Man braucht aber auch<br />
nicht mehr, und wenn diese Räder Stollenreifen<br />
tragen, kann man sich seine Wege<br />
sogar selber suchen. Das ist dann der Mehrwert,<br />
oder so, auf jeden Fall ein erster Hinweis<br />
darauf, wie hintergründig dieses<br />
Motorrad funktionierte. Der halbe Liter<br />
und die daraus entspringende Leistung<br />
versprachen größere Alltags- und Reisetugenden<br />
als bei sämtlichen anderen<br />
Enduros, gleichzeitig enthob ihre Geländetauglichkeit<br />
die XT eines direkten Vergleichs<br />
mit gängiger Straßenware. Halbnabenbremsen<br />
vorn wie hinten machen<br />
zwar auf Leichtbau und Pistenprofi, signalisieren<br />
jedoch gleichzeitig, dass die Kum-<br />
Weniger ist mehr: Eine<br />
skeptische Jugend sah in<br />
der Yamaha XT 500 ihre<br />
Schwester im Geiste<br />
8 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
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AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
pels beim Pässewetzen ruhig mal schneller<br />
sein dürfen. Dank des klassisch gezeichneten<br />
Einzylinders konnten sich XT-<br />
Besitzer auf die Traditionen bester europäischer<br />
Konstruktionen berufen, durften<br />
aber – Japans Ingenieure seien gepriesen<br />
– auf große Zuverlässigkeit und Wartungsarmut<br />
hoffen. Unterm Strich: Motorradfahrer<br />
wollten anders sein. Wer anders<br />
sein wollte als die anderen Motorradfahrer,<br />
für den gab es die XT. Die Alternative für<br />
Alternative, sozusagen.<br />
Ob Yamahas Europa-Verantwortliche<br />
diese sehr spezielle Kundschaft anvisiert<br />
haben, als sie vom US-Kontingent einige<br />
Motorräder abzwackten und auf dem alten<br />
Kontinent anboten? Wer weiß. Jedenfalls<br />
stieß die XT 500 bei <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Quer denker Peter Limmert und Co-Autor<br />
Ludwig Braun auf große Sympathie, als<br />
diese Anfang 1976 zum ersten Fahrbericht<br />
ausrücken durften. Da trug die Enduro ihren<br />
Krümmer noch tief unten am Gehäuse<br />
entlang, offerierte die für Amerika vorgesehene<br />
Leistung von 33 PS. Die bot sie mit<br />
nennenswerter Drehfreude dar, viel mehr<br />
beeindruckte die Tester jedoch, dass der<br />
Motor trotzdem, anders als damals üblich<br />
in dieser Leistungsklasse, hohe Drehzahlen<br />
nicht unbedingt brauchte. Ihr Text schließt<br />
mit den Worten: „Der Trend nach gesunder<br />
Leistung aus viel Hubraum ist damit eingeleitet.<br />
Mal sehen, was noch folgt. Die<br />
Dampfh ämmer kommen wieder. Der zweitgrößte<br />
japanische Hersteller hat den Reigen<br />
eröffnet. Viel Spaß.“<br />
Also gut, Peter, dann schauen wir mal,<br />
was von diesem Spaß 40 Jahre später noch<br />
übrig ist. Ein bestens restauriertes 78er-<br />
Exemplar steht beim XT-Guru Meinold<br />
Müller vor der Werkstatt, Sprit ist drin,<br />
der Meister selbst hat am frühen Morgen<br />
schnell noch eine Proberunde gedreht.<br />
Gegenüber dem Premierenmodell haben<br />
sich viele Kleinigkeiten bereits geändert,<br />
am augenfälligsten die neue und viel sinnigere<br />
Auspuffführung, dann die gummigelagerten<br />
Blinker, der vergrößerte Motorschutz<br />
und die längeren Federbeine. Aber<br />
weg jetzt mit Prospektdaten. Wie war das<br />
noch mit dem Ankicken? Kalt kein Problem,<br />
meldet das Langzeitgedächtnis – und<br />
behält recht. Chokehebel am 34er-Mikuni-<br />
Rundschiebervergaser nach unten, mit<br />
dem gut bedienbaren Kickstarter den OT<br />
suchen, Dekohebel an der linken Lenkerseite<br />
aktivieren und den Kolben über den<br />
Punkt lupfen, „Kickstarter ganz wieder<br />
nach oben kommen lassen“, korrigiert<br />
Meinold, und dann drauf. Läuft.<br />
Genau, läuft. Nicht stampfend und vor<br />
lauter Schwungmasse stöhnend wie alte<br />
Engländer, sondern zarter, kultivierter,<br />
VIER FRAGEN AN ...<br />
Manfred Weihe war lange<br />
Jahre Mitglied der<br />
Mitsui-Geschäftsführung<br />
... Manfred Weihe<br />
1976 sah es zunächst so aus, als sei<br />
die XT 500 gar nicht für Deutschland<br />
vorgesehen. Stimmt das?<br />
Es gab zunächst nur eine internationale<br />
Version, und damit konnte die<br />
Mitsui Maschinen GmbH als Deutschlandimporteur<br />
keine ABE beantragen.<br />
Deshalb bekamen wir von Yamaha<br />
Europa für 1976 nur 173 XT 500 zugeteilt.<br />
Die haben wir entsprechend<br />
modifiziert, damit der TÜV Hannover<br />
sie einzeln abnehmen konnte. Erst<br />
für das Modelljahr 1977 bekamen wir<br />
eine XT 500, mit der wir die ABE in<br />
Angriff nahmen. Diese ABE-Maschine<br />
hatte dann 27 PS und einen für<br />
Deutschland geänderten Auspuff.<br />
Sie sind ja eher als flotter Sportfahrer bekannt. Was haben Sie<br />
persönlich zu den Marktchancen der XT 500 gedacht?<br />
Als mir irgendwann in 1975 vom europäischen Kundendienstleiter<br />
Yamadasan mitgeteilt wurde, Yamaha hätte ein Modell für 1976, das<br />
es so noch nicht im Markt gäbe, hoffte ich auf eine großvolumige<br />
Straßenmaschine mit Vierzylinder-Viertakter. Umso enttäuschter muss<br />
ich dreingeblickt haben, als er mir dann von einer 500er-Einzylinder-<br />
Enduro berichtete. Damit hatte keiner von uns gerechnet.<br />
Gab es damals bei Mitsui schon Leute, die der XT eine derartige<br />
Karriere zugetraut hätten?<br />
Nein, anfangs wohl niemanden. Schon gar nicht als Reise- und Fernreisemotorrad.<br />
Auch konnten wir uns nicht vorstellen von diesem<br />
Modell in all den Jahren 25000 Stück zu verkaufen.<br />
Wie erklären Sie sich den bis heute ungebrochen hohen Kultstatus<br />
der XT 500?<br />
Um die XT 500 gab es ein ganzes Universum von Aktivitäten wie zum<br />
Beispiel Fernreisende, Reiseanbieter, technische Veränderungen und<br />
Verbesserungen, die den Kultstatus mit begründet haben. Er ist aber<br />
ganz gewiss auch ein Verdienst meines ehemaligen französischen<br />
Kollegen beim Importeur Sonauto, Jean-Claude Olivier, der die XT<br />
500 unter Cyril Neveu siegreich bei der Rallye Paris-Dakar einsetzte.<br />
... Meinold Müller<br />
Warum finden Sie denn bloß Yamahas<br />
XT 500 so toll?<br />
Ich bin schon immer im Gelände rumgebolzt,<br />
da lag ein Anfangsinteresse<br />
nahe. Deshalb habe ich schon 1979<br />
einen XT-Motor in ein Maico-Fahrwerk<br />
eingesetzt. Später, als professioneller<br />
Schrauber und Yamaha-Händler, hat<br />
mich die robuste und überschaubare<br />
Technik ebenso begeistert wie die<br />
unendlichen Möglichkeiten für stilvolle<br />
Umbauten. So hat meine Spezialisierung<br />
angefangen, jetzt arbeite<br />
Meinold Müller schraubt ich fast nur noch rund um die XT.<br />
mit Akribie und Leidenschaft<br />
an der XT 500<br />
Und warum finden andere Leute die<br />
XT noch immer so toll?<br />
Erstens natürlich, weil sie einfach toll ist, mit all ihrem praktischen<br />
Minimalismus. Zweitens, weil sehr viele Leute mit diesem Motorrad<br />
einzigartige Erinnerungen verbinden. Und drittens, weil es Motorräder<br />
wie die XT leider nicht mehr gibt. Alle heutigen Enduros sind<br />
bunt oder schwer oder beides. Die stilsichere und originelle Yamaha<br />
spricht Menschen aus den unterschiedlichsten Kreisen an, vom zupackenden<br />
Handwerker bis zum prima verdienenden Manager.<br />
Was macht eine XT 500 richtig fit?<br />
Ich bringe das Triebwerk, sofern nicht anders gewünscht, möglichst<br />
immer auf den letzten von Yamaha gesetzten Stand. Also mit 12-Volt-<br />
Elektrik, den sogenannten Hartblock-Kipphebeln, neuester Ölversorgung<br />
etc. Das ist die Basis. Fast immer verbaue ich den „offenen“ Ansauggummi,<br />
der macht lebendig, und gerne einen 535-cm³-Satz, der<br />
gibt mehr Drehmoment. Dann reden wir von gut 32 PS und 39,2 Nm.<br />
Wie geht das weiter mit dem XT-Kult?<br />
Ich bin ziemlich sicher, dass die 500er noch viele Jahre schwer angesagt<br />
bleibt. Weil sie so einzigartig ist, ein echter Klassiker eben. Eine<br />
ähnliche, wenngleich verhaltenere Entwicklung könnte ich mir bei<br />
der SR vorstellen, obwohl deren Besitzer sich noch an das heutige<br />
Preisniveau für Teile und Arbeit gewöhnen müssen. Ähnlich sieht es<br />
bei der XT 600 aus, allerdings ziehen dort die Preise für ordentliche<br />
Ténéré schon merklich an. Ich bereite mich jedenfalls vor.<br />
10 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Mehr braucht man nicht, denn den Fahrmodus<br />
bestimmt kein Computer, sondern die Gashand<br />
Tipptopp restaurierte Instrumente liefert XT-Fan Jochen Germann, mit Kilometerstand<br />
nach Wunsch. Die Foto-Yamaha ist übrigens käuflich, Anfragen erwünscht<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 11
AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
Die kleine Vorderbremse<br />
zwingt zu vorausschauendem<br />
Fahren und<br />
dankt dem Motor für<br />
unterstützende Wirkung<br />
kaum von hubraumkleineren Viertakt-<br />
Japanern dieser Zeit zu unterscheiden.<br />
Dennoch stark. Beruhigend. Brabbelt<br />
nicht wie die Fours oder meckert wie die<br />
Zweitakter. Schüttelt, schlürft, will jetzt<br />
los. Leichtgängig trennt die Kupplung, auf<br />
kurzem Weg rastet lautlos der erste Gang<br />
ein, schön berechenbar und sanft öffnet<br />
der Gasschieber. Zweiter Gang, dritter,<br />
jetzt erst mal einrichten auf der kurzen<br />
Bank. Stimmt ja, Langbeinige sitzten eigentlich<br />
immer auf dem Sozius-Halte riemen.<br />
Macht nichts. Schon wieder schalten, kein<br />
schlechter Antritt, und dann noch mal und<br />
mit rund 3500 Touren im Fünften sinnig<br />
warmlaufen lassen. Vibrationen? Hier irrt<br />
das Langzeitgedächtnis, so schlimm sind<br />
die nicht. Eher nett, zumal die munteren<br />
Straßen des Weserberglands keine konstanten<br />
Drehzahlen zulassen. Locker<br />
wechselnd zwischen viertem und fünftem<br />
Gang zieht die XT dahin. Die Buchenknospen<br />
leuchten gelbbraun im Gegenlicht,<br />
über einem kleinen Dorf – auch da<br />
reicht der Vierte – grüßen drei, vier frühe<br />
Schwalben, eine Kindergartentruppe steht<br />
winkend hinterm Spielplatzzaun und auf<br />
der übernächsten Wiese toben die Lämmer.<br />
Willkommen im XT-Land, Heimat<br />
frohen Motorradwanderns und tiefer Sinneseindrücke.<br />
Natürlich konnte dieses Aussteigen auf<br />
Rädern vor 40 Jahren auch mit anderen<br />
Motorrädern klappen. Aber bei keinem<br />
lag es so nahe wie bei der XT. Mit ihrem<br />
breiten Lenker und der aufrechten, sehr<br />
komfortablen Sitzposition. Mit einer damals<br />
fast einzigartig lässigen Motorcharakteristik.<br />
Eine sensible Gashand kitzelt<br />
ab 2000 Umdrehungen verwertbare Leistung<br />
aus dem braven Zweiventiler, 1000<br />
Touren später geht es voran, weitere 500<br />
Auch hinten bremst nicht wirklich viel,<br />
aber das, was bremst, sieht gut aus<br />
12 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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IM DETAIL: YAMAHA XT 500<br />
(1976 – 1989)<br />
Preis 1978: 5098 Mark<br />
Technik<br />
Wie es so ihre Art ist, imitierten Japans<br />
Ingenieure den klassischen Viertakt-<br />
Einzylinder europäischer Prägung nicht<br />
einfach, sondern modernisierten ihn<br />
ziel gerichtet. Statt Lang- setzten sie auf<br />
moderaten Kurzhub, zudem verordneten<br />
sie weniger Schwungmasse als bis dato<br />
üblich. Diese brachten sie in zwar recht<br />
breiten, aber dafür im Durchmesser<br />
kleinen Schwungscheiben unter, und dadurch<br />
wiederum war ein kurzes Pleuel<br />
möglich. Ergebnis: auffallend geringe<br />
Bauhöhe. Länge wiederum sparte Yamaha<br />
durch das schön kompakt gehaltene<br />
Getriebe und den Zahnrad-Primärtrieb.<br />
Jetzt noch den Zylinder leicht nach vorn<br />
geneigt – schon passt das alles wunderbar<br />
in ein simples und halbwegs hochbeiniges<br />
Enduro-Fahrwerk.<br />
Im Prinzip kam die XT 500 ziemlich gesund<br />
auf die Welt, ernstere Schäden<br />
konnten anfangs durch Undichtigkeiten<br />
des Ölpumpen-Gehäusedeckels entstehen,<br />
der seit 1979 mit fünf statt drei<br />
Schrauben befestigt wird. Schon im Jahr<br />
zuvor vebesserten breitere Kühlrippen<br />
den Wärmehaushalt. Erst gegen Ende<br />
ihrer Bauzeit gab‘s 1984 Kipphebel mit<br />
besser gehärteten Laufflächen (Hartblock)<br />
und eine gegen Verdrehen besser<br />
gesicherte Kipphebelachse, außerdem<br />
mündet die Ölsteigleitung nun beim<br />
thermisch heikleren Auslass- und nicht<br />
mehr beim Einlassventil.<br />
Ganz wichtig: Ab 1979 trug der Mikuni-<br />
Vergaser einen sogenannten Warmstartknopf.<br />
Oder doch nicht wichtig? Auf jeden<br />
Fall wird damit das Standgas etwas<br />
angehoben, und das kann bei warmem/<br />
heißem Motor nicht schaden. Viel wichtiger<br />
jedoch ist, den Kickstarter mit<br />
gezogenem Dekompressionshebel zwei-,<br />
dreimal durchzutreten und so den Motor<br />
ordentlich durchzulüften. Fest steht,<br />
dass Leute, die eine ordentlich gewartete<br />
XT länger als zwei Tage kennen, mit<br />
dem Ankicken eigentlich keine Probleme<br />
mehr haben.<br />
Jetzt noch kurz zum Fahrwerk. Hier<br />
muss die seit 1980 verlängerte Gabel –<br />
nun mit Achsaufnahmen vor den Tauchrohren<br />
– erwähnt werden, im selben<br />
Jahr spendierte Yamaha außerdem stabilere<br />
Gabelbrücken und einen Tank aus<br />
Alu- statt Stahlblech sowie eine etwas<br />
längere Sitzbank. Und die Elektrik? Bis<br />
1986 ließ man sich Zeit, um endlich von<br />
6 auf 12 Volt umzustellen.<br />
Markt<br />
Mit rund 25 000 Zulassungen allein in<br />
Deutschland zählt die XT wirklich nicht<br />
zu den Exoten. Aber einerseits wurden<br />
etliche kaputtgeritten, zweitens hängen<br />
zu viele tolle Erinnerungen an ihr und<br />
drittens sorgt sie noch heute für ganz<br />
besondere Fahrerlebnisse. Kurzum: Die<br />
Nachfrage nach guten XT ist hoch, der<br />
Yamaha-Klassiker dementsprechend<br />
teuer geworden. Brauchbare Angebote<br />
beginnen frühestens bei 2500 Euro,<br />
das ist mal eine Ansage. Doch auch wer<br />
4000 hinlegt, kommt meist über kurz<br />
oder lang nicht um eine Motorrevision<br />
herum: XT wurden selten geschont,<br />
selbst die jüngsten haben mittlerweile<br />
über 25 Jahre auf dem Buckel. Den<br />
Motor zu machen ist dank der vielen<br />
Wälzlager zwar kein Hexenwerk, geht<br />
aber trotzdem ins Geld. Ganz zu schweigen<br />
von den Kosten, wenn die XT wieder<br />
wie neu dastehen soll. Dann stehen<br />
am Ende nicht selten 9000 bis 11 000<br />
Euro unterm Strich, je nach Aufwand.<br />
Die Ersatzteillage ist vergleichsweise<br />
entspannt, zumal viele Sachen – etwa<br />
die rostanfällige Auspuffanlage – in guter<br />
oder gar verbesserter Qualität nachgefertigt<br />
werden. Schwer zu bekommen<br />
sind Original-Tanks sowie sämtliche<br />
spezifischen Teile der sehr begehrten<br />
76er-Erstausgabe. Auch einige Getrieberäder<br />
machen sich langsam rar.<br />
Spezialisten<br />
Restaurierung, Service, Motorüberholung:<br />
Motorrad Müller<br />
Kasseler Str. 11,<br />
37688 Beverungen-Blankenau,<br />
Telefon 0 52 73/3 56 70,<br />
www.motorrad-mueller.net<br />
Nachfertigungsteile, Zubehör:<br />
Kedo Performance Products<br />
Telefon 0 40/40 17 02 00,<br />
www.kedo.de<br />
Clubs und<br />
Foren<br />
Deutsches Forum<br />
Die hiesige Szene bündelt sich unter:<br />
www.xt500.org. Dort werden auch die<br />
Termine der diversen deutschen<br />
Stammtische bekanntgegeben.<br />
Websites<br />
Sehr schön gemacht und informativ ist<br />
die private Schweizer Seite www.xt500.<br />
ch. Dort gibt‘s auch eine lückenlose<br />
Modellgeschichte.<br />
Ebenfalls sehr sehenswwert die Seite<br />
des Hamburger XT-Stammtischs www.<br />
xt-500.de. mit vielen technischen Infos.<br />
Klassik-Treffen<br />
Die volle Ladung XT 500 gibt es beim<br />
Klassik-Treffen in Blankenau bei Motorrad<br />
Müller am Sonntag, 29. Mai.<br />
Daten (Jahrgang 1978)<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-<br />
Viertaktmotor, eine obenliegende<br />
Nockenwelle, zwei Ventile, über<br />
Kipphebel betätigt, B x H: 87 x 84<br />
mm, Hubraum 499 cm³, Leistung<br />
20 kW (27 PS) bei 5900/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Einschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr mit gegabeltem<br />
Unterzug, Telegabel vorn, Ø 36<br />
mm, Zweiarmschwinge aus Stahlrohr,<br />
zwei Federbeine, Drahtspeichenräder,<br />
Reifen 3.25 x 21<br />
vorn, 4.00 x 18 hinten, Simplex-<br />
Trommelbremse vorn, Ø 160 mm,<br />
Simplex-Trommelbremse hinten,<br />
Ø 150 mm<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1420 mm, Gewicht vollgetankt<br />
155 kg<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit<br />
125 km/h<br />
Historie<br />
1976:In limitierter Zahl kommt<br />
die XT offiziell nach Deutschland,<br />
aber auch Grauimporteure bieten<br />
sie bereits an. Kennzeichen: der<br />
unten verlaufende Krümmer.<br />
Preis: 4995 Mark<br />
Hier folgt die Form wirklich<br />
der Funktion, nur der Krümmer<br />
ging offroad zu oft platt und<br />
wurde 1977 ja auch geändert<br />
1981:In den USA feierte die<br />
leicht gestrippte und bis 1981<br />
gebaute TT-Version Erfolge, aber<br />
auch in Japan kam die XT gut an.<br />
Zum Beispiel in der wunderbaren<br />
bordeauxroten Lackierung.<br />
1989:Mit viel Chrom behängt<br />
geht die XT 1988 in ihre letzte<br />
Runde, nur noch Frankreich und<br />
Deutschland werden mit diesem<br />
Sondermodell beliefert, 1989 ist<br />
Schluss. Preis: 6640 Mark
AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
drauf wird es in den unteren Gängen fast<br />
verschärft, und irgendwo bei 6500/min<br />
verebbt das wackere Temperament. Okay,<br />
nur wenn wie im vorliegenden Fall der<br />
größere, „offene“ Ansaugkanal verlegt wurde,<br />
denn der steigert die Drehfreude oberhalb<br />
von 5000/min enorm. Dann liegen<br />
am Ende 32 PS statt der für Deutschland<br />
verordneten, versicherungsgünstigen 27 an.<br />
Die haben es vollgetankt mit 155 Kilogramm<br />
zu tun, und jetzt mal alle die alten<br />
Testwerte rauskramen: Was wog einer der<br />
damals üblichen Zweizylinder-Viertakter<br />
dieser Leistungsklasse? Genau, locker 30,<br />
wenn nicht 40 Kilogramm mehr. Länger<br />
übersetzt war der zudem, also mit Korken<br />
drin garantiert deutlich lahmer.<br />
Wir nähern uns, alle haben’s gemerkt,<br />
der sportlichen Seite der XT. Davon gibt es<br />
zwei, und die erste ist schnell vorgelesen:<br />
Auf kleinen Straßen macht ihr Motor<br />
wirklich Laune, die Stabilität geht so, das<br />
Handling ist schlicht überragend. Kannte<br />
man Mitte der 70er in dieser Form kaum<br />
noch, Opas Bauernmotorrad war doch<br />
längst tot. Für echte Eildienste taugt das<br />
Fahrwerk nur begrenzt, pendelt halt ab<br />
Tacho 110 in schnellen Kurven (nicht<br />
schlimm) oder ab 120 auf der Bahn (etwas<br />
schlimmer). Die Verwindungsneigung der<br />
Gabel soll sogar beim flotten Geländeeinsatz<br />
stören, aber das lassen wir heute mal.<br />
Sondern schlagen die zweite Seite auf,<br />
da trägt sie nämlich äußerst hochwertige<br />
Federelemente und ist auch sonst kaum<br />
wiederzuerkennen. Der schmale Neun-<br />
Liter-Tank von einem riesigen, blassblauen<br />
Benzinfass verdrängt, die Schwinge<br />
verlängert, der Rahmen allenthalben verstärkt,<br />
so empfing sie im markanten Sonauto-Trimm<br />
den französischen Recken<br />
Cyril Neveu und trug ihn 1979 sowie 1980<br />
auf hochgepolstertem Solositz zu glanzvollen<br />
Siegen bei der Rallye Paris-Dakar.<br />
Was niemanden überraschte, denn man<br />
hatte längst geahnt, dass in diesem Wandervogel<br />
ein echtes Wüstenschiff schlummerte.<br />
Stark und unzerstörbar, mit ganz<br />
einzigartigen Talenten. Eine Heldin aus den<br />
modernen Erzählungen von Tausendundeiner<br />
Nacht. Die Beatniks um die Schriftsteller<br />
William S. Burroughs und Jack<br />
Kerouac hatten Marrakesch und Marokko<br />
entdeckt, jetzt ging die Reise weiter, in die<br />
Wüste rein nach In Salah, Tamanrasset<br />
oder, verwegener noch, hindurch nach<br />
Schwarzafrika. In die Karawane aus VW-<br />
Bussen und alten Peugeots reihte sich<br />
auch <strong>MOTORRAD</strong> ein, zählte gar zur Spitze<br />
der Zweirad-Bewegung. Während Grafiker<br />
Rolf Seufferle und ein Freund Anfang<br />
1977 noch Yamaha-Zweitakt-Enduros vertrauten,<br />
setzte Mitarbeiter Peter Falb im<br />
Sommer (!) desselben Jahres auf die XT 500.<br />
Er fuhr allein, er fuhr bei Temperaturen<br />
von bis zu 50 Grad Celsius, und er fuhr per<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
Chefentwickler Shiro Nakamura hat<br />
viel mehr Hirnschmalz in diesen einfachen<br />
Single gesteckt als mancher<br />
glaubt. Kompliziert kann nämlich jeder
AUF ACHSE I<br />
Yamaha XT 500<br />
Deko-Hebel und Indikator (Schauglas) am<br />
Zylinderkopf helfen zum richtigen Punkt,<br />
dann hilft nur noch treten. Unterwegs<br />
sehr hilfreich und besser als die irreparablen<br />
Originale sind Bilstein-Federbeine
Die Franzosen, na klar, verstehen was<br />
von Heldenverehrung und machten die<br />
76er-XT zur Marke<br />
Achse wieder zurück. 16 000 Wü s ten kilometer<br />
plus noch mal 4000 für europäische<br />
An- und Abreise sowie 5000 für Alltagskram,<br />
dann wurde der Eintopf zerlegt. Ergebnis:<br />
Zwei leicht angefressene Getrieberäder<br />
und die Kupplungsbeläge forderten<br />
Ersatz, das Istmaß der Zylinderbohrung<br />
lag trotz der enormen Strapazen noch<br />
deutlich unter der Verschleißgrenze.<br />
Das war der Ritterschlag, und unzählige<br />
sollten folgen. Jeder aus der Wüste<br />
heimgekehrte XT-Fahrer brachte mehr<br />
Imagegewinn als die schlaueste Kampagne:<br />
Noch lange antwortete Peter Falb auf<br />
die Frage, ob er seinen gewagten Afrikatrip<br />
wiederholen würde, mit einem lässigen:<br />
„Na klar, aber nur mit einer XT 500.“<br />
Die kontaktgesteuerte Schwunglichtmagnetzündung<br />
versprach Autonomie, den<br />
Zündpunkt hatte er auf spät gestellt, so<br />
vertrug der 9:1 verdichtete Motor selbst<br />
miesen Sprit, und weil Peter sorgsam aufpasste,<br />
dass immer 2,5 Liter Öl in Umlauf<br />
waren, blieb auch dessen Temperatur stets<br />
im Rahmen. Völlig zu Recht erlangte die<br />
XT den Ruf, ihren Fahrer niemals hängen<br />
zu lassen.<br />
Darüber sollte man mal in Ruhe nachdenken.<br />
Auf der Bank da mit Weserblick<br />
zum Beispiel, und deshalb geben die Halbnabenbremsen<br />
jetzt alles. Zehn Jahre nach<br />
Peter Falb hat sich nämlich wieder ein<br />
<strong>MOTORRAD</strong>ler auf den Weg in die Wüste<br />
gemacht. Der hieß Fred Siemer und hatte<br />
Glück: Die Kopfdichtung seiner offenbar<br />
noch nicht ganz durchentwickelten<br />
Vierventil-Enduro verglühte<br />
nicht in der Sahara-Sonne, sondern<br />
erst kurz vor der Heimat im Schatten<br />
der Alpen. Weniger wäre wohl mehr<br />
gewesen, und als diese Erkenntnis so<br />
recht gereift ist, könnte es weitergehen.<br />
Nur: Wie war das noch mit dem<br />
Starten einer warmen XT 500? ◻<br />
MEINUNG<br />
Fred Siemer<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Mitarbeiter<br />
Als mir so um 1980 die erste XT 500 unterkam, war<br />
ich schon verloren: Mein Krad hatte 50 PS. Als ich ab<br />
1985 bei <strong>MOTORRAD</strong> Enduros lieben lernte, fuhren<br />
die aktuellen Geräte schon über 40 PS auf, viel bessere<br />
Fahrwerke und noch viel bessere Bremsen. Aber<br />
Wandern konnte man längst nicht mehr mit allen.<br />
Dabei ist das, finde ich heute, eine der schönsten<br />
Arten Motorrad zu fahren. Deshalb verstehe ich jeden,<br />
der eine XT hegt, und deshalb halte ich sie auch<br />
für einen der allerwichtigsten 70er-Jahre-Klassiker.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 17
IM STUDIO I<br />
Kawasaki Z1-R<br />
Volle Kante<br />
Schluss mit rundlich: Um der drohenden Aufrüstung der Konkurrenz im 1000er-<br />
Sektor zuvorzukommen, schiebt Kawasaki 1977 ein erstarktes, vor allem aber<br />
designerisch auftrumpfendes neues Big Bike an den Start. Die kantige Z1-R<br />
eckte anfangs an, hat sich aber im Laufe der Jahre eine Fangemeinde erobert.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Jacek Bilski<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 19
IM STUDIO I<br />
Kawasaki Z1-R<br />
Das luxuriös anmutende Cockpit wartet mit klaren<br />
Anzeigen, wenn auch kleinen Skalen auf und bietet<br />
zudem noch eine Tankuhr und ein Amperemeter<br />
Die 28er-Mikuni-Vergaser tragen zu den fünf PS Mehrleistung<br />
bei und stammen aus dem Kawasaki-Fundus<br />
Die guten alten, sehr erfolgreichen Vorgängerinnen<br />
Z1, Z 900 und Z 1000 durften mit ihrem<br />
wunderschönen rundlichen und tropfenförmigen<br />
Design lange genug das Kawasaki-Klientel erfreuen,<br />
doch nun war es Zeit, klare Kante zu zeigen. So dachten<br />
wohl die Strategen in der Kawasaki-Zentrale, als sie 1977<br />
parallel zur weiterhin als „Tourenmodell“ angebotenen<br />
Z 1000 die kantige Z1-R mit markanter Lampenverkleidung<br />
als Sportmotorrad offerierten. Einfarbig, in Metallic<br />
Stardust Silver und mit nur dezenten Zierlinien versehen,<br />
welche die Form der Lackteile unterstreichen sollten, stellte<br />
sich die Neue der Käufergunst. Eine serienmäßige Vierin-eins-Anlage<br />
sollte nicht nur den sportlichen Anspruch<br />
verdeutlichen, sondern war auch Teil der Leistungskur, die<br />
man dem bekannten, nun sportlich-schwarz lackierten,<br />
luftgekühlten dohc-Vierzylinder angedeihen ließ. Zusammen<br />
mit den aus der 900er bekannten, im Durch messer<br />
um zwei Millimeter größeren 28er-Mikuni-Vergasern soll<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Aus dem perfekt in<br />
die Lampenmaske<br />
integrierten Rundscheinwerfer<br />
strahlt<br />
helles H4-Licht<br />
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IM STUDIO I<br />
Kawasaki Z1-R<br />
22 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Kawasaki Z1-R<br />
MOTOR: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei Ventile pro<br />
Zylinder, Tassenstößel, Bohrung 70 mm, Hub 66 mm, 1015 cm³, Verdichtung<br />
8,7:1, 90 PS bei 8000/min, 81,4 Nm bei 7000/min, vier 28er-Mikuni-Rundschiebervergaser,<br />
Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kette<br />
FAHRWERK: Doppelrohrrahmen aus Stahl, Telegabel vorn, Ø 36 mm, Zweiarmschwinge<br />
hinten, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 250 mm, Einzelscheibe<br />
hinten, Ø 250 mm, Radstand 1505 mm, Reifen vorn 3.50 V 18, hinten 4.00 V<br />
18, Gewicht vollgetankt 260/270 kg, Tankinhalt 13/22 Liter<br />
HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT: 215 km/h<br />
PREIS 1978: 9968 Mark<br />
Auf dem Seitenständer gut aufgehoben: Wegen<br />
des modifizierten Hebels lässt sich die Z1-R nur<br />
sehr schwer auf den Hauptständer wuchten<br />
die Leistung von den 85 PS der Z 1000 auf nunmehr 90 PS<br />
gestiegen sein. Die ersten Tests entlarvten jedoch auch<br />
schnell den Preis für die sportlichere Abstimmung: Die<br />
Leistungscharakteristik wurde spitzer, unter 6000/min erwies<br />
sich der neue Motor als durchzugsschwächer, erst im<br />
oberen Bereich ging’s richtig zur Sache. Um dem sportlichen<br />
Anspruch gerecht zu werden genügt eine einfache<br />
Leistungsspritze natürlich nicht. So setzte man beim Fahrwerk<br />
zwar auf den bekannten und bewährten Doppelschleifenrahmen<br />
der Z 1000, verstärkte diesen jedoch im<br />
Lenkkopfbereich. Zudem sollten vier statt der bisherigen<br />
zwei Nadellager in der Schwingenaufnahme auch am<br />
Heck für mehr Stabilität sorgen.<br />
Mehr Stabilität und einen moderneren Auftritt versprach<br />
man sich auch von den Enkei-Leichtmetall-Gussrädern,<br />
zumindest im Vergleich zu den Speichenrädern<br />
der Vorgängerinnen. Das Vorderrad misst nun zugunsten<br />
gesteigerter Handlichkeit nur 18 statt 19 Zoll, der um fünf<br />
Schmaler Motor, dicke Backen: Die deutlich herausragenden<br />
Gehäusedeckel prägen die Silhouette<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 23
IM STUDIO I<br />
Kawasaki Z1-R<br />
Der nicht zu ausladende<br />
Lenker ermöglicht eine<br />
entspannte Sitzhaltung<br />
Chromt gut: Auch Kleinigkeiten wie die Halterung des Sitzbankriemens<br />
oder der Aufbockbügel erfreuen das Auge<br />
Konsequent: Auch der versenkte, abschließbare Tankverschluss<br />
verweigert sich der runden Form<br />
Die gelochten Scheiben sparen auch Gewicht, sollen aber<br />
vor allem das Ansprechverhalten bei Nässe verbessern<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
auf nun 85 Millimeter verringerte Nachlauf setzt bei den<br />
Bikes dieser Kategorie einen neuen Rekordwert. So wird<br />
zwar frappierende Handlichkeit geboten, doch das<br />
deutliche Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage<br />
erntet Kritik, ebenso die Neigung zum Pendeln bei<br />
hohen Geschwindigkeiten, verursacht auch durch das<br />
Zusammenspiel des kurzen Nachlaufs mit dem aerodynamischen<br />
Einfluss der Lenkerverkleidung, die für<br />
Auftrieb und Entlastung des Vorderrads sorgt. Mit den<br />
Z1-R-Modellen für 1979 und 1980 kehrte Kawasaki<br />
dann auch zum 19-Zoll-Vorderrad zurück.<br />
Rassiger Look statt Reichweite<br />
Allzu sehr auf zierlichen Auftritt und stimmige Linien<br />
hat man anfangs auch bei der Gestaltung des Tanks geachtet.<br />
Zwar bürgt dieser tatsächlich für stimmige Linienführung<br />
und den filigranen Eindruck des vollgetankt<br />
immerhin stolze 260 Kilogramm schweren Brockens,<br />
doch erwies sich das dürftige Fassungsvermögen von<br />
nur 13 Litern in der Praxis schnell als Ärgernis. Kawasaki<br />
reagierte prompt und bot noch 1978 eine 22 Liter<br />
fassende Alternative zur Wahl, die in den folgenden<br />
Modelljahren ab Werk verbaut wurde. Auch unser Fotomodell,<br />
eine freundliche Leihgabe aus dem reichlichen<br />
Angebot an Klassikern und Youngtimern des Motorradhandel-Giganten<br />
Limbächer & Limbächer in Filderstadt<br />
(www.limbaecher.de), trägt den üppigeren Spritbehälter.<br />
Das gut erhaltene Exemplar mit moderater Laufleistung<br />
von rund 40 000 Kilometern präsentiert sich fast im ursprünglichen<br />
Zustand: Originalitäts-Verfechter mögen<br />
die Nase rümpfen, der radikal demontierte Spritzschutz<br />
hinten galt und gilt für viele Biker als probates Mittel, für<br />
eine sportlichere Heckansicht zu sorgen. Der einschneidendere,<br />
für regelmäßig bewegte Z1-R jedoch hilfreiche<br />
Umbau findet sich an der Vorderbremse: Die serienmäßige<br />
Anlage, eine Kombination aus seilzugbetätigtem<br />
Bremszylinder, welcher am linken Gabelholm hinter der<br />
Frontmaske befestigt ist, wurde hier auf eine Kombination<br />
aus Bremszylinder am Lenker samt Stahlflexleitungen<br />
(Letztere auch hinten) umgerüstet, was der Wirkung<br />
und vor allem der Dosierbarkeit der einst kritisierten<br />
Vorderbremse zugutekommt.<br />
Kritik hin, tolles Design her – die Z1-R kam in<br />
Deutschland nicht sonderlich gut an, die Verkaufszahlen<br />
blieben mau. In den USA, wo die Neue schon bald als<br />
Tuningobjekt entdeckt und bei Beschleunigungsrennen<br />
eingesetzt wurde, sah dies völlig anders aus. Speziell auf<br />
dem deutschen Markt gab es daher für 1979 eine Version<br />
namens Z 1000 S, mit dem größeren Tank und vor<br />
allem mit der Vier-in-vier-Auspuffanlage der Z 900 –<br />
heute eine echte Rarität. Hierzulande sind auch „normale“<br />
Z1-R inzwischen sehr selten zu finden – die meisten<br />
befinden sich längst in Liebhaber- und Sammlerhänden.<br />
Unser Fotomodell mit Erstzulassung 1979 stammt aus<br />
der 1978er-Produktion – wie die Fahrgestellnummer<br />
010224 beweist. Ab 017501 werden die 1979er-Modelle<br />
gekennzeichnet (mit 19-Zoll-Vorderrad und dem 94-PS-<br />
Motor der Z 1000 MK II nebst Vier-in-zwei-Auspuffanlage),<br />
ab 017801 die 1980er. Wie effizient die kleine<br />
Lampenmaske auch sein mag (siehe Kasten rechts), wie<br />
kritisch ihr Einfluss aufs Fahrverhalten bei hohem Tempo<br />
– im Design lag die Z1-R letztlich nicht so ganz daneben.<br />
Wie die ähnlich kantig gestylten Nachfolgemodelle<br />
GPZ 1100, Z 1000 R oder viel später die ZRX 1100 beweisen,<br />
die ihre Designelemente aufgreifen. Kante zu<br />
zeigen zahlt sich also auf lange Sicht doch aus. ◻<br />
Schon 1977<br />
eine kleine<br />
Sensa tion:<br />
kaum vorgestellt,<br />
schon<br />
Motorrad<br />
des Jahres<br />
Z1-R in <strong>MOTORRAD</strong><br />
Schneller<br />
Ruhm<br />
Nicht nur DSDS-Kandidaten wissen:<br />
schneller Ruhm ist vergänglich. Die bereits<br />
Ende 1977 präsentierte Kawasaki Z1-R schlug<br />
bei der <strong>MOTORRAD</strong>-Leserwahl 1978 voll ein:<br />
Fast alle mochten sie auf Anhieb, viele wählten<br />
sie, und so belegte die Z1-R als Neuling sofort<br />
den ersten Platz, deutlich vor ihren Konkurrentinnen<br />
BMW R 100 RS (Platz 2) und Yamaha XS<br />
1100 (Platz 3). Doch weitere Erfolge blieben aus<br />
– sowohl in den Vergleichstests, wo sie Federn<br />
lassen musste und Letzte wurde, als auch bei<br />
den Verkaufszahlen. Zumindest in Deutschland.<br />
Doch manchmal braucht es einen langen Atem,<br />
um die verdiente Anerkennung zu erlangen: Die<br />
kantige Kawa genießt ihren späten Ruhm und<br />
ist heute eine gesuchte Rarität. In Deutschland,<br />
ja, in ganz Europa.<br />
Einen prominenten Auftritt hatte die Z1-R<br />
auch im Rahmen eines Windkanaltests der sich<br />
immer mehr durchsetzenden Verkleidungen an<br />
Serienmotorrädern. In Ausgabe 20/1978 musste<br />
sie zum Vergleich antreten und die kleine<br />
Lampenverkleidung ihre Qualitäten beweisen.<br />
In Sachen Windschlüpfigkeit (Cw-Wert) konnte<br />
die Kawa mit 0,564 sogar fast an die Ducati 900<br />
SS heranreichen und die BMW R 100 S klar<br />
übertrumpfen. Allein die große Projektionsfläche<br />
(mit Fahrer) gereicht ihr zum Nachteil. Und die<br />
im Vergleich relativ hohe Auftriebskraft vorn<br />
macht klar, warum die passabel vor Wind<br />
schützende Z1-R bei hohem Tempo nicht so<br />
stabil liegt wie die Ducati 900 SS.<br />
Schattenspiele: Im Windkanal belegen<br />
Messwerte die Verkleidungs-Qualitäten
<strong>MOTORRAD</strong> 11/1975<br />
Die Sanglas 400 E weckt mit ihrem Äußeren und<br />
ihrem stampfenden Einzylinder Erinnerungen<br />
an die Bikes der 1950er, obwohl sie 1975<br />
als neues Motorrad getestet wird. Herrlich<br />
tradi tionell oder erschreckend altbacken?<br />
Fotos: mps-Fotostudio<br />
Schon in der Überschrift lässt der Test der Sanglas 400 E in<br />
<strong>MOTORRAD</strong> 11/1975 die Horex Regina hochleben<br />
Alter Spanier<br />
Die meisten Tester ziehen damals, 1975, nach den ersten<br />
Kilometern ein ähnliches Resümee: Von der wiederauferstandenen<br />
Horex ist die Rede, sie fahre und vor allem klinge wie eine<br />
Regina oder Resident. Nun, das ist an sich kein schlechtes Urteil,<br />
auch wenn der erste Test der Sanglas 400 E im Jahre 1975 stattfindet,<br />
diese also irgendwie RUND ZWANZIG JAHRE ZU SPÄT<br />
DRAN ZU SEIN SCHEINT. Doch allen Vorzügen wie auch Nachteilen<br />
der urigen Spanierin wird im Test genau auf den Zahn gefühlt. Und<br />
neben etwas Schatten ist doch auch viel Licht am Ende des Test-<br />
Tunnels. Wäre ja auch gelacht – schließlich besteht die älteste<br />
spanische Motorradfabrik bereits seit 1946 und rüstete über viele<br />
Jahre den Fuhrpark der spanischen Polizei mit den Singles aus. Allzu<br />
eilige Fluchtfahrzeuge ließen sich mit der Sanglas allerdings nicht<br />
verfolgen, und selbst die sportliche Ausrichtung der Werbung in den<br />
USA, wo von 30 SAE-PS die Rede war, änderte daran nichts. Die<br />
ersten Fahreindrücke im Test berichten denn auch von einem Motor,<br />
dem es an Dampf fehle, das Fahrwerk jedoch sei ganz ordentlich.<br />
25 PS aus dem 423 cm³ großen Eintopf klingen tatsächlich etwas<br />
dürftig, auch die Art der Leistungsentfaltung scheint weit von der<br />
eines modernen Motors entfernt. Zwischen 2000 und 3500/min<br />
liefert er seine Power, ab 5500 Touren wird er schon wieder<br />
schwächlich. Neben dem Stampfen des Viertakters lässt auch der<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1975 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
1. Januar <br />
In Baden-Württemberg werden die ersten<br />
1000 Polizeibeamten mit der sogenannten<br />
Chemischen Keule ausgestattet.<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
11. Februar<br />
In England wird mit Margaret Thatcher,<br />
Mitglied der Konservativen Partei, erstmals<br />
eine Frau zur Parteivorsitzenden<br />
gewählt.<br />
15. März<br />
In der Bundesrepublik Deutschland wird<br />
ein Verbot für Spikes-Reifen wirksam.<br />
Ausnahmen sind Rettungswagen, Feuerwehr-<br />
und Polizeifahrzeuge.<br />
25. Mai<br />
Der letzte Fall von Pocken wird in Somalia<br />
registriert, die WHO kann diese<br />
schließlich 1980 für ausgerottet erklären.<br />
30. Mai<br />
Die Europäische Weltraumorganisation<br />
(ESA) wird gegründet.<br />
www.motorrad-classic.de
Sound des Singles eher auf einen Langhuber<br />
tippen. Doch mit 82,5 mm Bohrung und 79 mm<br />
Hub gehört der Spanier klar zu den Kurzhubern.<br />
Die gemäßigte Kolbengeschwindigkeit von<br />
15,8 m/sec bei Nenndrehzahl 6000/min LÄSST<br />
DABEI IMMERHIN AUF EINEN LANG<br />
LEBIGEN, ZUVERLÄSSIGEN MOTOR HOFFEN.<br />
So manches konstruktive Detail verrät aber<br />
auch, dass der 400er ein moderner Vertreter<br />
seiner Zunft ist. Dazu gehört der Leichtmetallzylinder<br />
mit eingezogener Graugussbuchse –<br />
der Single scheint trotz unsymmetrischer<br />
Gestaltung thermisch kerngesund zu sein. Auch<br />
der Zylinderkopf besteht aus Leichtmetall. Zur<br />
Erleichterung des Starts steht ein Ventilausheber<br />
zur Verfügung, der die Batterie beim Start<br />
schont, wenn der 0,4 PS starke Anlasser gegen<br />
die Kompression ankämpft. Die Kette des<br />
Primärtriebs bringt gleichzeitig auch die Lichtmaschine<br />
in Schwung, der Nockenwellenantrieb<br />
erfolgt per Stirnzahnräder. Apropos Antrieb:<br />
Zum Getriebe werden im Test nicht viele Worte<br />
verloren – ein gutes Zeichen. Vier Gänge, gut<br />
gestuft, exakt schaltbar – das passt.<br />
Lob erntet auch die dicke Telegabel, die für<br />
„Spurtreue und Fahrkomfort“ sorgt. Ein ähnlich<br />
gutes Zeugnis wird auch den fünffach verstellbaren<br />
Federbeinen hinten ausgestellt, von<br />
vorbildlich ist gar die Rede. Erinnerungen an die<br />
englischen Bikes der 50er-Jahre werden beim<br />
einen oder anderen wach, wenn es um die<br />
Beurteilung der Sitzhaltung und des Fahrgefühls<br />
geht. Das Dreieck aus Lenker, Sitzbank und<br />
Fußrasten bietet hier ein angenehmes Arrangement.<br />
Ebenfalls aus dieser Zeit könnten die<br />
Simplex-Trommelbremsen vorn und hinten<br />
stammen, die jedoch überraschend ordentlich<br />
zur Sache gehen. Angesichts der nur rund 130<br />
Sachen Spitze hat man diese wohl als ausreichend<br />
erachtet. Hingegen haben die Spanier<br />
bei der Qualität des Schweinwerfers großen<br />
Wert auf gute Sicht bei Nacht gelegt – der<br />
große 180-Millimeter-Scheinwerfer strahlt mit<br />
H4-Licht durchs Dunkel. Erfreulich fürs Auge<br />
erweisen sich auch die „spanischen VDO-In s<br />
trumente“ – gut ablesbar, große Skalen, gut<br />
gedämpfte Zeiger, große Kontrollleuchten, so<br />
gefällt dies den Testern.<br />
Es bleibt bei allem Lob über Fahrwerk und Details das generelle<br />
Bedauern, dass der Einzylinder nicht mehr Leistung bietet und stets<br />
ein bisschen gemütlicher zu Werke geht als gewünscht. So tröstet<br />
man sich, quasi als Fazit des Tests, damit, dass man eben nicht alles<br />
haben kann: „Die Freuden des billigen Einzylindermotors sind nicht<br />
Reklame<br />
Die Zielgruppe der Zündapp-Werbung scheint klar: Ein Vollblut-Motorrad<br />
für echte Kerle, die Lagerfeuer am Kiesstrand<br />
machen, umgeben von rassigen Schönheiten. Funktioniert.<br />
zu kombinieren mit der Leistung moderner Mehrzylinderaggregate<br />
und die stolze, fast englische Sitzposition nicht mit der Höchstgeschwindigkeit<br />
von Sportmaschinen.“ Immerhin, so hallten wohl<br />
bereits damals Gerüchte durch die Welt, laufe bei Sanglas bereits<br />
ein 500er-Einzylinder im Versuch. Die Hoffnung auf diesen Motor,<br />
so wissen wir heute, sollte dann ja auch erfüllt werden. ◻<br />
Foto: mps-Fotostudio<br />
1. August<br />
In der Schlussakte von Helsinki<br />
unterzeichnen zum Abschluss der<br />
Konferenz über Sicherheit und<br />
Zusammenarbeit in Europa (KSZE)<br />
die Staats- und Regierungschefs von<br />
35 Ländern die in den Verhandlungen<br />
erzielten Vereinbarungen.<br />
2. August<br />
Im Training für den Großen Preis<br />
84<br />
82 80 68<br />
von Deutschland auf dem Nürburg-<br />
82<br />
ring unterbietet der österreichische<br />
Formel 1-Pilot Niki Lauda mit 6.58,6<br />
Minuten als Erster die „7-Minuten-<br />
Schallmauer“ für eine Runde auf der<br />
Nordschleife.<br />
8. August<br />
Zum „Fußballer des Jahres“ wird in<br />
der BRD der Torwart von Bayern<br />
München, Sepp Maier, gewählt.<br />
Auto<br />
Der Citroën CX wird zum Auto<br />
des Jahres gekürt.<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 27
SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Innen-<br />
Ansichten<br />
Bei mehr als 80 000 Kilometern auf dem Buckel macht man<br />
sich schon Sorgen, wie es um Hondas V4-Motor bestellt ist.<br />
Wir haben reingeschaut – und können Entwarnung geben.<br />
Von Werner Koch; Fotos: Koch, Archiv<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Zur Erinnerung: Diese Honda VF 1000 F2 wurde im Herbst 2015<br />
für 680 Euro erstanden. Die mächtige Tourenkutsche soll als nackter<br />
Café Racer mit minimalistischer Ausstattung, aber TÜV-komform<br />
die <strong>Classic</strong>-Werkstatt verlassen. Ob das Vorhaben gelingt?<br />
Das Sieb am Schnorchel filtert die groben Partikel aus dem Motor öl.<br />
Bei unserem VF 1000-Motor waren dies vor allem Dichtmittelreste.<br />
Metallischer Abrieb war kaum vorhanden, was darauf schließen<br />
lässt, dass die Motormechanik weitgehend in Ordnung ist<br />
Die Demontage<br />
der Ölwanne gibt<br />
den Blick ins Untergeschoss<br />
des Honda-Motors<br />
frei. Mit<br />
Stabtaschenlampe<br />
und kleinem Spiegel<br />
lassen sich auch<br />
die Oberflächen der<br />
Getrieberäder auf<br />
mögliche Ausbrüche<br />
kontrollieren<br />
Für 680 Euro kauft man die Katze<br />
im Sack, da beißt die Maus keinen<br />
Faden ab. Immerhin, bei der<br />
Übergabe schnurrte der Motor der Honda<br />
VF 1000 F2 tatsächlich wie ein Kätzchen.<br />
Wie es tatsächlich um die Mechanik bestellt<br />
ist, weiß man aber erst nach einem<br />
gründlichen Technik-Check. Dabei gilt<br />
grundsätzlich: Startet ein Motor sofort,<br />
läuft dann stabil und gleichmäßig im<br />
Leerlauf und nimmt spontan Gas an, kann<br />
man davon ausgehen, dass alles, was sich<br />
im Brennraum abspielt, auch funktioniert.<br />
Konkret bedeutet das: Im Großen und<br />
Ganzen dichten Ventile und Kolbenringe<br />
noch gut, die Vergaseranlage ist sauber,<br />
zieht keine Nebenluft oder weist keine<br />
eingerissenen Membranen auf. Außerdem<br />
lässt so ein Laufverhalten darauf schließen,<br />
dass Zündung und Zündkerzen zumindest<br />
in lauwarmem Zustand ordnungsgemäß<br />
funktionieren und sowohl Steuerzeiten<br />
als auch das Ventilspiel korrekt<br />
eingestellt sind. Ein weiteres Indiz für<br />
eine grundsätzlich gesunde Mechanik des<br />
dohc-Vierzylinders war für mich weiterhin<br />
das unauffällige Klangbild des Motors.<br />
Demnach sollte zu großes Ventilspiel<br />
eben so wenig ein Thema sein wie ein<br />
über mäßiger Verschleiß an Kurbel- und<br />
Primärtrieb sowie an der Kupplung. Auch<br />
eine durchgerostete Auspuffanlage oder<br />
undichte Krümmeranschlüsse – wegen<br />
eventuell abgerissener Stehbolzen –<br />
konnte ich somit ausschließen.<br />
Obwohl an eine Probefahrt mit der<br />
verwanzten VF 1000 nicht zu denken war.<br />
Das Gabelöl hatte sich auf seinem Weg ins<br />
Freie über die Bremsscheiben und Bremswww.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 29
SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Am Boden der Ölwanne sammeln sich Verschleißpartikel<br />
und Materialausbrüche. Diese lassen sich mit einem Magneten<br />
in Stahl und Nichteisenmetalle trennen und mit etwas<br />
Erfahrung auch ihre Herkunft und der Schaden bestimmen<br />
Um die Ablagerungen in der gesamten Ölwanne gründlich zu entfernen,<br />
müssen auch die Schwallbleche demontiert werden. Ganz<br />
wichtig: sämtliche O-Ringe der Öldruckleitungen und die Dichtschnur<br />
der Ölwanne selbst erneuern und vor der Montage mit Fett fixieren<br />
zangen ergossen, das Reifenprofil vorn war<br />
abhanden gekommen, und das vorn wie<br />
hinten tief eingesackte Fahrwerk machten<br />
klar: Hier ist die Luft raus. Ich hab’s<br />
also dabei belassen und auf die Honda-<br />
Qualität vertraut, auch was Antriebsstrang<br />
und Getriebe anbelangt.<br />
Trotz der akustisch unauffälligen Mechanik<br />
sollten bei solch hohen Laufleistungen<br />
die Innereien gründlich auf Verschleiß<br />
und Schäden inspiziert werden.<br />
Das geht auch ohne komplette Demontage<br />
relativ zuverlässig, indem man sämtliche<br />
Motordeckel entfernt und die mechanischen<br />
Bauteile kontrolliert. Ganz wichtig:<br />
der Check von Ölwanne und magnetischem<br />
Ablassstopfen. Ablagerungen und<br />
Partikel im Netz des Ölansaugschnorchels<br />
genau unter die Lupe nehmen! Finden<br />
sich dabei Metallflitter oder Fremdkörper,<br />
werden diese mit einem Magneten in<br />
Stahl und Nichteisenmaterial getrennt.<br />
Stahlpartikel lassen sich mit etwas Erfahrung<br />
auf ihre Herkunft analysieren.<br />
Scharfkantige, harte Teile mit einer glatten<br />
Seite gehen meist auf das Konto von<br />
Ausbrüchen an den Zahnrädern, dem sogenannten<br />
Pitting. Kleine Stahlblechteile<br />
könnten dagegen von einem geborstenen<br />
Kugellagerkäfig stammen, und silbriger,<br />
klebriger Aluminium-Schlamm ist oftmals<br />
ein Hinweis auf eingelaufene Nockenwellenlager<br />
oder einen losen Kugellagersitz.<br />
Pitting am Einlassnocken.<br />
Die scharfkantigen<br />
Ausbrüche<br />
wurden geglättet,<br />
der weitere Verlauf<br />
des Schadens wird<br />
beobachtet<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Kontrolle muss sein, selbst<br />
wenn nichts klappert<br />
Mit einer kleinen Taschenlampe und einem<br />
Spiegel mit Stiel kann man bei abgebauter<br />
Ölwanne prima die Innereien anschauen.<br />
Sogar die Zahnflanken des Getriebes lassen<br />
sich, langsam durchgedreht, auf mögliche<br />
Schäden begutachten. Zum Reinigen der<br />
Ölwanne bitte stets die Schwallbleche entfernen<br />
und anschließend wieder mit Loctite<br />
verschrauben.<br />
Kristallartig aufgehäufte Stahlpartikel<br />
auf dem Magneten der Ablassschraube, die<br />
sich beim Anfassen regelrecht in eine Metallpaste<br />
verwandeln, stammen meist aus<br />
dem Getriebe, sind als normaler Abrieb<br />
aber unbedenklich. In meiner Honda fand<br />
ich zum Glück nur viele Reste von Dichtmittel,<br />
das etwas großzügig bei den Ventildeckelgummis<br />
aufgetragen worden war.<br />
Reste davon waren auch am Grund des<br />
Kupplungs deckels zu finden, hinter dem<br />
sich jedoch ein astreiner Primärantrieb<br />
mit tadelloser Ölbadkupplung zeigte.<br />
Erst ganz oben, im Zylinderkopf, wurde<br />
ich fündig. Die kleinen Oberflächenausbrüche<br />
an den Nockenwellen, ein typischer<br />
Mangel bei Hondas VF 1000-Motoren, waren<br />
im Sumpf der Ölwanne jedoch nicht<br />
nachzuweisen. Am heftigsten betroffen<br />
war der Einlassnocken des ers ten Zylinders.<br />
Dennoch bleibt die Nockenwelle<br />
vorerst drin, die scharfkantigen Ausbruchstellen<br />
habe ich mit Fächerschleifer und<br />
150er-Körnung verrundet. Diese Maßnahme<br />
verhindert, dass der Ölfilm durch die<br />
scharfen Kanten regelrecht abgeschabt<br />
wird. Eine Mangelschmierung soll das<br />
Prob lem an den V4-Motoren verstärken,<br />
weshalb jetzt der „Oiling-Kit“ vom VF<br />
1000-Spezialisten Maniac-Motors in Nürnberg<br />
verbaut ist (www.maniac motors.de,<br />
Telefon 09 11 / 969 49 83). Bei diesem Umbau<br />
wird das Öl direkt vom Ölfilter zu den<br />
Nockenwellen gepresst. Serienmäßig geht<br />
der Ölstrom einen sonderbaren Umweg<br />
über das Getriebeausgangslager und erst<br />
von dort zu den Nockenwellen. Weshalb<br />
Honda beim Ölkreislauf dem Kugellager<br />
am Getriebe den Vorrang gab, lässt sich<br />
nicht schlüssig erklären, zumal ein Wälzlager<br />
locker auch ohne Öldruck und mit<br />
geringer Spritzölmenge schadlos auskommt.<br />
Hoffen wir einfach mal, dass die<br />
direkte Ölzuleitung das Pitting an den<br />
Nocken stoppen kann. Ich werde es beobachten<br />
und berichten. Meine Diagnose<br />
nach der Untersuchung: Bis auf die Nocken<br />
macht die Honda einen gesunden<br />
Eindruck.<br />
Nach über 30 Jahren haben sich die<br />
Papierdichtungen an den Motordeckeln in<br />
ein knochentrockenes und hartnäckiges<br />
Material verdichtet. Wenn, wie hier, noch<br />
ein aushärtendes Dichtmittel im Spiel ist,<br />
Zwischen Motorblock<br />
und Ölfilter<br />
sitzt jetzt der<br />
schwarze Adapter,<br />
der das Öl direkt am<br />
Filter abzapft und<br />
über die Schlauchleitung<br />
zu den Nockenwellen<br />
transportiert.<br />
Dieser Oiling-Kit<br />
soll dem typischen<br />
VF 1000-Verschleiß<br />
an den Nocken<br />
ent gegenwirken<br />
Jahrzehnte alte<br />
Dichtungen sind<br />
oftmals so ausgehärtet,<br />
dass sie<br />
regelrecht abgespachtelt<br />
werden<br />
müssen. Besser<br />
geht’s, wenn die<br />
Dichtreste dabei<br />
mit einem Heißluftföhn<br />
etwas<br />
geschmeidiger<br />
gemacht werden<br />
Die ausgehärteten<br />
Gummiansaugstutzen<br />
werden kurz<br />
vor der Montage in<br />
einem Wasserbad<br />
gekocht. Das verbessert<br />
die Elastizität<br />
und damit die<br />
Montagefreundlichkeit<br />
der Vergaser<br />
Im Fall unserer 30<br />
Jahre alten Honda<br />
waren die alten<br />
Stutzen (rechts) gerissen<br />
und mussten<br />
erneuert werden.<br />
Wer an den nicht<br />
immer billigen<br />
Teilen spart, handelt<br />
sich Ärger<br />
mit Nebenluft ein<br />
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SZENE I<br />
Werner werkelt<br />
Mit WD-40, Wattestäbchen<br />
und Bürsten<br />
rücken wir dem<br />
Flugrost an den<br />
verchromten Motorschrauben<br />
und<br />
Bolzen zu Leibe<br />
Der Ölkühler mit<br />
doppelter Kühlfläche<br />
hängt jetzt<br />
unter dem vorderen<br />
Zylinderkopfdeckel<br />
und ist mit klassischen<br />
Goodrich-<br />
Fittings angeschlossen<br />
Die originalen Ölanschlüsse<br />
erhalten<br />
mit einem selbst<br />
gebauten „Presswerkzeug“<br />
einen<br />
Wulst, damit die<br />
Ölschläuche fest<br />
und sicher sitzen<br />
Die Einzel-Luftfilter<br />
verlangen nach<br />
einer größeren<br />
Bedüsung, die wir<br />
auf Verdacht um<br />
sechs Punkte angehoben<br />
haben. Ob’s<br />
passt zeigen das<br />
Kerzenbild und der<br />
Prüfstand<br />
wird das Ganze eine lästige Schrubberei<br />
mit Dreikantschaber und Messer. Besser<br />
geht es, wenn man die alte Dichtung mit<br />
dem Heißluftföhn geschmeidig macht.<br />
Geschmeidigkeit ist ebenfalls beim Einfädeln<br />
der Vergaserbatterie in die vier<br />
Ansauggummis gefragt. Kleiner Trick: die<br />
Gummis vorher in heißem Wasser abkochen<br />
und dann hurtig die wiedererlangte<br />
Flexibilität nutzen. In unserem Fall<br />
war nix mehr zu retten, da die Gummis bis<br />
auf das Gewebe durchgerissen waren. Bei<br />
AC-Motorradteile in Worms (www.acmotorradteile.de,<br />
Telefon 0 62 41 / 30 98 85)<br />
bestellt, lagen die Ersatzteile zwei Tage<br />
später im Briefkasten – klasse!<br />
Sprühen und bürsten – alte<br />
Schrauben in neuem Glanz<br />
Nach der Kontrolle der Innereien ging es<br />
an die Peripherie des Honda-Motors, die<br />
mir bei der ersten Besichtigung doch Sorgen<br />
bereitet hatte. Rost war nicht zu übersehen,<br />
speziell an den verchromten Motorschrauben<br />
und Bolzen. Neuteile? Zu<br />
teuer, außerdem nicht immer verfügbar.<br />
Neu beschichten? Nee, wir wollen fahren,<br />
keine Customizer-Preise abräumen. Und<br />
das geht auch mit Chromoberflächen, die<br />
winzige Pickel haben. Durch die wundersame<br />
Wirkung von Messingbürste und<br />
WD-40 bekommen sie einen passablen<br />
Glanz zurück. Also habe ich gesprüht und<br />
gebürstet, was das Zeug hält.<br />
Die Xpresso V4 soll ja ein nackter, unverbauter<br />
Café Racer werden. Fragt sich<br />
nur, wie das mit insgesamt drei Kühlern<br />
gelingen kann? Meine Lösung: Den kleinen<br />
Wasserkühler aus dem Verkleidungsbug<br />
habe ich einfach aussortiert. Dafür<br />
fließt das Motoröl durch den doppelt so<br />
großen Radiator einer Suzuki GSX 750 F.<br />
In der Hoffnung, dass der luftige Rahmen<br />
dem Motor eine deutlich bessere Wärmeabstrahlung<br />
über die Oberfläche erlaubt<br />
und der große Wasserkühler – jetzt senkrecht<br />
und frei stehend montiert – mit<br />
effizienter Durchströmung den Hitzekollaps<br />
verhindert. Etwas gewagt, aber auch<br />
hier gilt: probieren geht über studieren.<br />
Den neuen Ölkühler habe ich mit einem<br />
1,5-Millimeter-Alublech an den Ventildeckel<br />
getackert und mit neuen stahlummantelten<br />
Leitungen und klassischen<br />
Goodridge-Fittings an den Ölkreislauf<br />
angeschlossen. Den serienmäßigen Anschlussröhrchen<br />
an der Ölwanne habe ich<br />
mit einem selbst gebauten Werkzeug den<br />
nötigen Wulst eingepresst, damit der Ölschlauch<br />
fest und sicher sitzt.<br />
Kommen wir zur Vergaserbatterie der<br />
Honda, die beim Kauf von einem fetten<br />
Kokon aus Staub, Spinnweben und Straßendreck<br />
umschlungen war. Innen präsentierte<br />
sie sich jedoch in einem erfreu<br />
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lich guten Zustand – alle Düsen frei, keine<br />
Ablagerungen. Nur der üble wie übliche<br />
Gestank nach altem Sprit, das gefürchtete<br />
Hexen-Pippi, machte sich breit. Auch bei<br />
den Vergasern halfen Messingbürste und<br />
WD 40 fürs Äußere. Technisch habe ich<br />
die Hauptdüsen von 116/118 auf 122/124<br />
vergrößert, um den vier geplanten, offenen<br />
Einzelluftfiltern gerecht zu werden.<br />
Und natürlich die Anschläge an den Gasschiebern<br />
verkürzt, um die damals obligatorische<br />
100-PS-Drosselung zu entfernen.<br />
Zudem wurden die Gummi-Lufttrichter<br />
durch schlanke Alurohre ersetzt. Mit nur<br />
noch 40 statt 48 Millimetern Durchmesser<br />
und vier unterschiedlichen Längen sollen<br />
die neuen Trichter dem V4 ein paar zusätzliche<br />
Newtonmeter an Drehmoment<br />
entlocken, selbst wenn der kleinere Querschnitt<br />
eventuell die Höchstleistung – nominell<br />
116 PS – etwas abschnürt. Ob’s<br />
funktioniert? Der Prüfstand wird’s zeigen.<br />
Zu guter Letzt kamen die schwarzen<br />
Motordeckel in die Sandstrahlkabine. Danach<br />
wurden die Teile ohne Verdünnung<br />
oder Bremsenreiniger, aber mit kräftigem<br />
Druckluftstrahl gereinigt und mit einer<br />
dicken Schicht farblosem Seidenmatt aus<br />
der Sprühdose lackiert. Diese Optik geht<br />
ein bisschen in Richtung Sandgussoberfläche,<br />
so wie es bei den Prototypen im<br />
Rennsport früher zu sehen war. Aber aufgepasst:<br />
Nach dem Sandstrahlen sind die<br />
Oberflächen extrem empfindlich, schon<br />
kleine Stöße oder metallische Berührungen<br />
erzeugen hässliche, glänzende<br />
Macken und Streifen. Also beim Transport<br />
alles gut in Tücher oder Folie verpacken!<br />
Montiert wird der schöne V4 nicht ins<br />
Fahrwerk, sondern das Fahrwerk um den<br />
Motor. Das erleichtert den Einbau und<br />
verhindert Macken am Rahmen. Gabel<br />
rein, Räder rein und los – von wegen! Jetzt<br />
wird‘s nämlich schwierig, fängt die richtige<br />
und zeitraubende Schrauberei an.<br />
Mehr über den Aufbau und die Abstimmung<br />
des Fahrwerks in <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> 7+8/<strong>2016</strong>.<br />
◻<br />
Vergaser-Quartett<br />
mit neuen, schlankeren<br />
Ansaugrohren,<br />
von denen wir<br />
uns einen besseren<br />
Drehmomentverlauf<br />
erhoffen<br />
Nach dem Sandstrahlen<br />
bekommen<br />
die blanken Aluminiumteile<br />
mehrere<br />
Schichten seidenmatten<br />
Klarlack<br />
verpasst<br />
Damit der frisch<br />
beschichtete Rahmen<br />
bei der Motormontage<br />
nicht zerkratzt<br />
wird, fädeln<br />
wir den Rahmen<br />
mit zwei Mann<br />
kontaktlos um den<br />
Motor herum ein
SZENE I<br />
Vorschau ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
Ex-Vizeweltmeister Ralf Waldmann<br />
beweist erneut sein Herz für Klassiker<br />
Da schlagen die Herzen der Fans höher:<br />
Gardner vor Spencer und Schwantz<br />
Aufmarsch<br />
der Giganten<br />
Ruhmreiche Rennfahrer feiern große Rennhistorie,<br />
ein namhafter Hersteller sein Jubiläum und<br />
zigtausend Zuschauer feiern mit, am Sachsenring<br />
vom 10. bis 12. Juni.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: ADAC Sachsen e.V.<br />
Neuaufbau des Max & Moritz-Renngespanns<br />
von Deubel/Hörner<br />
Große Ereignisse werfen ihre<br />
Schatten voraus, Motorsport-<br />
Großereignisse werfen große<br />
Namen in den Ring – wie Wayne Gardner,<br />
Christian Sarron oder Loris Capirossi.<br />
Die dritte Auflage der ADAC Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong> hat alles zu bieten, was die<br />
Herzen der Motorsport-Begeisterten höher<br />
schlagen lässt. In 22 Klassen werden über<br />
650 Motorsportler an den Start gehen, auf<br />
historischen Seitenwagen- Gespannen, legendären<br />
MZ-Rennmaschinen, 50-cm³-<br />
Schnapsglas-Rennern oder historischen<br />
Zwei- und Viertakt-Boliden. Zum 100-jährigen<br />
Jubiläum von BMW wird es einen<br />
Sonderlauf für historische BMW-Boxer-<br />
Motorräder geben.<br />
Der Höhepunkt des Wochenendes<br />
dürfte jedoch das „Race of Legends – World<br />
GP Bike-Legenden am Start“ sein. Rund<br />
20 ehemalige GP-Fahrer (allen voran der<br />
Ex-Weltmeister Wayne Gardner) werden<br />
mit ihren 500er-Zweitakt-Rennmaschinen<br />
auf die Strecke gehen und das alte Grand<br />
Prix-Flair, inklusive des guten alten Zweitaktdufts<br />
wieder aufleben lassen. Hinter<br />
den Kulissen wird es wieder sehr familiär<br />
und nahbar zugehen, im offenen Fahrerlager<br />
erwarten die Fans Autogrammstunden,<br />
Interviewrunden und die Chance,<br />
den Motorsport-Stars leibhaftig zu begegnen.<br />
Wie etwa dem Ex-Vizeweltmeister<br />
Ralf Waldmann, der im Auftrag der Audi-<br />
Tradition die Fahne klassischer Motorräder<br />
hoch hält und auf der einen oder<br />
anderen DKW beziehungsweise NSU seine<br />
Runden drehen wird.<br />
Eintrittskarten und Informationen zur<br />
Veranstaltung, die täglich ab 8.00 beziehungsweise<br />
8.30 Uhr bis zum frühen<br />
Abend Programm bietet, gibt es unter<br />
www.sachsenring-classic.de<br />
◻<br />
INFOS<br />
Preise und Termine<br />
Der Eintritt am Freitag ist frei.<br />
Das Wochenendticket, gültig für<br />
Samstag plus Sonntag kostet 30 Euro,<br />
Tagestickets gibt es jeweils für 20 Euro.<br />
Die Tickets berechtigen zum Zutritt in den<br />
Fahrerlagerbereich und zur Nutzung der<br />
Tribüne T6. Die Tageskassen sind bereits ab<br />
7.00 Uhr geöffnet.<br />
Das Veranstaltungs-Programm beginnt am<br />
Freitag um 8.30, am Samstag und Sonntag<br />
jeweils um 8.00 Uhr.<br />
Die Rennen der World GP Bike-Legenden<br />
starten am Samstag und Sonntag jeweils<br />
um 14.00 Uhr – es lohnt sich sicher, bereits<br />
zur Startaufstellung der 500er-Zweitakter um<br />
13.20 Uhr vor Ort zu sein.<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Das neue Sonderheft <strong>MOTORRAD</strong> UNTERWEGS SPEZIAL <strong>2016</strong> mit einem<br />
Mix aus attraktiven Touren in Deutschland, Europa und dem Alpenraum.<br />
Dazu Fernreisen, Ratgeber für bessere Reisefotos, Tests der neuesten Navis,<br />
Touring-Bikes und vieles mehr für reisebegeisterte Motorradfahrer.<br />
JETZT AM<br />
KIOSK<br />
» DIREKTBESTELLUNG:<br />
<strong>MOTORRAD</strong>ONLINE.DE/SONDERHEFTE
SZENE I<br />
IFA/MZ BK 350<br />
Überhol-Gebot<br />
Ein Motorrad mit Boxermotor und Kardanantrieb – das klang verheißungsvoll<br />
und ließ die sonst so zögerlichen Wirtschafts lenker in<br />
der Frühzeit der DDR schon auf der BMW-Wolke schweben.<br />
Text und Fotos von Frank Rönicke<br />
www.motorrad-classic.de
Nirgendwo auf der Welt wurden<br />
1928 und noch einige Male in<br />
den Jahren nach 1933 mehr Motorräder<br />
gebaut als im Zschopauer DKW-<br />
Werk. Deshalb stand das 1932 in die Auto<br />
Union integrierte Werk nach dem Ende<br />
des Zweiten Weltkriegs ganz oben auf der<br />
Liste jener Betriebe, die nach dem Willen<br />
der sowjetischen Besatzer demontiert und<br />
schließlich gesprengt werden sollten.<br />
Die Demontage bis zum sprichwörtlich<br />
letzten Lichtschalter war 1946 abgeschlossen,<br />
doch zur Sprengung kam<br />
es glücklicherweise nicht. Der komplette<br />
Maschinenpark wurde nach Moskau gebracht,<br />
wo noch im selben Jahr, unter der<br />
Bezeichnung Moskwa M1 A, die Fertigung<br />
der DKW 125 begann. Das war die letzte<br />
Schöpfung des genialen Konstrukteurs<br />
Hermann Weber. Er wurde zusammen mit<br />
den Werksanlagen und weiteren Mitarbeitern<br />
in die Sowjetunion deportiert und<br />
sollte seine Heimat nie wieder sehen. Dort<br />
jedoch wurde die RT 125 ab März 1950<br />
wieder in den neu errichteten Fertigungshallen<br />
in Zschopau gebaut – nunmehr<br />
mit Telegabel und Hinterradfederung<br />
versehen. Zunächst zwar nur in bescheidenen<br />
Stückzahlen, aber bis zum Produktionsende<br />
1962 (nach wiederholten Überarbeitungen)<br />
sollte sich der Ausstoß auf<br />
über eine Viertelmillion steigern.<br />
Das also war die Situation in der DDR<br />
Anfang der 50er-Jahre. Die 125er avancierte<br />
zum Volksmotorrad, doch einen<br />
Beiwagen konnte man dem kleinen Zweitakter<br />
ebenso wenig anhängen wie sportlichen<br />
Siegerlorbeer. Deshalb sollte der<br />
Achtelliter-Maschine ein hubraumstärkeres<br />
Modell zur Seite gestellt werden. Für<br />
die verbliebenen Zschopauer Ingenieure<br />
wäre es natürlich eine leichte Übung gewesen,<br />
die DKW- Vorkriegsentwicklung<br />
NZ 250, die in der 350er-Version ab 1947<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 37
SZENE I<br />
IFA/MZ BK 350<br />
Nach dem Kauf der Maschine baute Thiele aus mehreren<br />
mitgelieferten Kisten mit Einzelteilen einen originalen<br />
Motor der ersten BK-Generation auf, erkennbar auch an<br />
der Ausbuchtung in der vorderen Abdeckung<br />
als Ish 350 im Kalasch nikow-Werk vom<br />
Band lief, wiederzu beleben und zu modernisieren.<br />
Das Problem dabei: In Ostdeutschland<br />
gab es keine Fertigungsbetriebe für Rollenketten,<br />
die für die Primär- und Sekundärantriebe<br />
von Motorrädern benötigt<br />
wurden. Dass in der Anfangszeit für die<br />
Endmontage der RT 125 Rucksackträger<br />
aus dem Westen Ketten beschafften, ist<br />
tatsächlich keine Legende! Was unter<br />
anderem der EMW 350 in Eisenach das<br />
Leben verlängerte und die Serieneinführung<br />
der AWO 425 in Suhl beschleunigte<br />
– beide Maschinen besaßen ja einen Kardanantrieb!<br />
So schlug man Ende 1949 in<br />
Zschopau vor, ein Motorrad mit Zweizylinder-Zweitakt-Boxermotor<br />
und Kardanwelle<br />
zu bauen. Für das die Partei- und<br />
Staatsführung ungewöhnlich schnell Genehmigung<br />
und Auftrag erteilten. Zusammen<br />
mit dem Versprechen, dank des ab<br />
1951 laufenden Fünfjahresplans den Westen<br />
wirtschaftlich zu überholen – auch mit<br />
Hilfe eines Boxer-Motorrads à la BMW.<br />
Die Idee für dieses ungewöhnliche Antriebskonzept<br />
lieferte dabei der „Riedel-<br />
Anlasser“, zu jener Zeit der bekannteste<br />
Zweitakt-Boxermotor. Der hatte im Krieg<br />
als Anlassmotor für die Strahltriebwerke<br />
der Firmen Junkers und BMW Flugzeug-<br />
Geschichte geschrieben. Der von Norbert<br />
Riedel, dem späteren Kons trukteur der<br />
Imme, entwickelte Ultrakurzhuber mit<br />
270 cm³ Hubraum leistete 10,5 PS. Noch<br />
während des Krieges erhielten die Zweitaktspezialisten<br />
von DKW von der Luftwaffe<br />
den Auftrag, einen ähnlichen Motor<br />
mit mehr Leistung zum Starten größerer<br />
Flugzeugtriebwerke zu bauen. Dabei<br />
diskutierten die Konstrukteure Hermann<br />
Weber und Kurt Bang die Möglichkeit,<br />
einen solchen Motor auch als Motorradtriebwerk<br />
einzusetzen. Über Gedankenspiele<br />
kam man dabei jedoch nicht hinaus,<br />
das Kriegsende setzte dem ebenso ein<br />
Ende wie der Überführung des DKW-Anlassermotors<br />
in die Serienfertigung.<br />
Nach der „Dienstverpflichtung“ von<br />
Weber in die Sowjetunion versetzten die<br />
Besatzer Bang in das „Sowjetische Konstruktionsbüro“,<br />
das kurz nach Kriegsende<br />
in den Gebäuden der Zentralen Versuchsanstalt<br />
der Auto Union in Chemnitz eingerichtet<br />
wurde. Hier traf er wieder auf<br />
August Prüssing, den DKW-Rennleiter,<br />
Hans Sprung, den Meister der DKW-Versuchsabteilung<br />
und Siegfried Rauch, der<br />
zuletzt Leiter der Kundendienstwerkschule<br />
bei DKW war.<br />
Bang unterbreitete den Sowjets den<br />
Vorschlag, ein Motorrad mit Zweitakt-Boxermotor<br />
zu konstruieren und erhielt von<br />
den sowjetischen Offizieren umgehend<br />
den Befehl dazu. So zeichneten Bang und<br />
seine Mitarbeiter den Motor, der dann im<br />
Bark-Motorenwerk in Oberkunewalde bei<br />
Zittau gebaut wurde, das ebenfalls unter<br />
russischem Befehl stand. Dort entstand<br />
zumindest ein Prototyp vom 250er-Zweitakt-Boxer,<br />
wie sich Siegfried Rauch Jahrzehnte<br />
später erinnerte. Mit Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe und Kardanwelle<br />
versehen, wurde das Triebwerk in ein dafür<br />
geändertes MZ-Fahrwerk gesetzt, das<br />
eine Trapezfeder gabel besaß, aber ohne<br />
Hinterradfederung auskommen musste.<br />
Damit ging Meister Sprung 1947/48 auf<br />
lange Probefahrten. Mit der Auflösung des<br />
Konstruktionsbüros 1949 verschwand der<br />
Prototyp samt Konstruktionsunter lagen<br />
allerdings in die UdSSR.<br />
Kurt Bang wurde daraufhin nach<br />
Zschopau versetzt, wo er – wie bereits erwähnt<br />
– nun den deutschen Behörden den<br />
Zweitakt-Boxer schmackhaft machte. Das<br />
hat geklappt, und so begann das Zschopauer<br />
Konstruktionsbüro umgehend mit<br />
der Neuentwicklung, die sich am zuvor in<br />
Chemnitz entstandenen Motor orientierte.<br />
Allerdings mit 350 cm³, da in Suhl bereits<br />
eine neue 250er-Maschine, die AWO, kurz<br />
vor der Serienfertigung stand und in<br />
Zschopau perspektivisch die 250er-Klasse<br />
mit einem Einzylindermotor bedient werden<br />
sollte. Beim Zweitakt-Boxer waren es<br />
schließlich 343,4 cm³ Hubraum, die sich<br />
aus je zweimal 65 Millimetern Hub und 58<br />
Millimetern Bohrung ergaben. Die beiden<br />
Leichtmetall-Flachkolben (Dreikanal-Umkehrspülung)<br />
der gegenüberliegenden<br />
Zylinder liefen im gleichen Arbeitstakt,<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Zwei Zylinder, zwei Vergaser, aber nur ein Kurbelgehäuse, aus<br />
dem das Kraftstoffgemisch gleichzeitig von beiden Kolben<br />
angesaugt wird. Das vereinfachte die ansonsten für Zschopauer<br />
Verhältnisse doch recht aufwendige Motorkonstruktion<br />
Oben: Typ BK 351 von 1956 mit Vollschwingen-Fahrwerk und Schwingendrehpunkt<br />
durch den Kardantunnel. Es blieb bei diesem Prototyp. Unten: IFA BK<br />
350-Exportausführung von 1956 mit teilverchromtem Tank und Soziussitz<br />
sodass gleichzeitig das Kraftstoff-Luftgemisch<br />
der beiden gekapselten Flachschiebervergaser<br />
aus der gemeinsamen Kurbelkammer<br />
gesaugt und nach der Verdichtung<br />
(6,5:1) zeitgleich gezündet wurde. Das<br />
vereinfachte die gesamte Konstruktion<br />
und hielt die Vibrationen in Grenzen. Geschmiert<br />
wurden die beweglichen Teile<br />
im Motor mit dem damals üblichen Öl-<br />
Benzingemisch im Verhältnis 1:25. Die gepresste<br />
Kurbelwelle mit drei Hubscheiben<br />
lief in zwei großen Rollen lagern, ebenso<br />
wie die um 180 Grad versetzten, geschmiedeten<br />
Pleuel.<br />
Das vertikal geteilte Motorgehäuse aus<br />
Leichtmetall barg neben der Kurbelwelle<br />
auch die Lichtmaschine mit Unterbrecher<br />
und Flachregler, zwei Zündspulen sowie<br />
die beiden Vergaser mit einem gemeinsamen<br />
Luftfilter. Wie bei BMW war die<br />
Einscheiben-Trockenkupplung direkt auf<br />
dem hinteren Kurbelwellenstumpf angebracht.<br />
Das angeblockte, klauengeschaltete<br />
Vierganggetriebe, dessen Hauptwelle<br />
mit Kurbelwellen-Drehzahl lief, war dahinter<br />
in einem eigenen Gehäuse untergebracht<br />
und über vier Schrauben mit dem<br />
Motorblock verbunden. Die gesamte Triebwerkseinheit<br />
wiederum war mit zwei<br />
durchgehenden Bolzen am geschweißten<br />
und geschlossenen Doppelschleifen-<br />
Rohr rahmen befestigt, wobei der untere<br />
Bolzen gleichzeitig die Fahrerfußrasten<br />
aufnahm.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 39
SZENE I<br />
IFA/MZ BK 350<br />
Der glattflächige, alle<br />
Komponenten abdeckende<br />
Motor erinnerte<br />
an Konstruktionen<br />
von Richard Küchen.<br />
Ebenso die thermische<br />
Belastung, die auch<br />
bei der BK 350 teil weise<br />
grenzwertig war<br />
Der Zweitakter leistete 15 PS bei 5000/<br />
min, das maximale Drehmoment (27 Nm<br />
bei 3500/min) erschien ausreichend für<br />
den Betrieb mit Seitenwagen. Am Getriebeausgang<br />
gleitete die Kardanwelle axial in<br />
einem Gummigelenk, während am anderen<br />
Ende ein Kreuzgelenk am Kardanritzel<br />
die Federbewegungen aufnahm.<br />
Die Hinterradübersetzung ließ sich von<br />
1:4,67 im Solobetrieb auf 1:5,4 fürs Gespann<br />
ändern. Kardangehäuse und die<br />
beiden Bremsnaben der untereinander<br />
tauschbaren Räder waren aus teurem<br />
Elektron-Guss gefertigt. Apropos Bremsen:<br />
Der Stahl-Laufring in den Bremstrommeln<br />
maß 200 Millimeter, an dem sich die auf<br />
jeweils zwei Bremsbacken aufvulkanisierten<br />
Juridbeläge (Breite 25 mm) abrieben.<br />
Obwohl nicht als Zentralvollnaben<br />
ausgelegt, galten die Bremsen seinerzeit<br />
als sehr gut. Wichtig bei Geschwindigkeiten<br />
über 110 km/h oder der Nutzung<br />
als schweres Gespann, als das die Maschine<br />
überwiegend gefahren wurde. Die ölgedämpfte,<br />
progressiv wirkende Telegabel<br />
mit 145 Millimetern Federweg war damals<br />
auf dem Stand der Technik, zumal zwei<br />
Zusatzfedern am Ende selbst bei härtester<br />
Beanspruchung ein Durchschlagen verhinderten.<br />
Der Geradweg-Hinterradfederung<br />
(50 mm) gelang das aber nicht immer.<br />
Im Jahr 1951 waren Konstruktion und<br />
Erprobung der Maschine abgeschlossen,<br />
die Serienproduktion hätte also starten<br />
können. Doch das ließ die sich nur sehr<br />
langsam entwickelnde Zulieferindustrie<br />
der noch jungen DDR nicht zu. Die Betriebe<br />
in der sowjetisch besetzten Zone<br />
litten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
nicht nur unter den Demontagen<br />
und Reparationsleistungen bis weit über<br />
die Belastungsgrenze hinaus, sondern<br />
auch unter dem gen Westen abwandernden<br />
Fachpersonal. Zudem setzten wirtschaftliche<br />
und politische Fehlentscheidungen<br />
den Werken mächtig zu, die ja nie<br />
eine Unterstützung – wie der Marshallplan<br />
in der Bundesrepublik – erhielten. Nachdem<br />
die Zweizylindermaschine auf der<br />
Frühjahrsmesse 1952 vorgestellt und im<br />
Oktober die Nullserie begonnen wurde,<br />
musste das begeisterte Publikum noch ein<br />
Jahr auf die Auslieferung der ersten Kräder<br />
durch die volkseigene HO (Handelsorganisation)<br />
warten.<br />
Eine neue IFA BK 350 kostete damals<br />
3460 Mark (Ost), das war doppelt so viel<br />
wie für eine RT 125. Und entsprach annähernd<br />
dem durchschnittlichen Jahresgehalt<br />
eines Arbeiters, der von einer solchen<br />
Maschine nur träumen durfte. Dennoch<br />
konnte die Fertigung von nur etwa 1000<br />
Exemplaren 1953 die Nachfrage bei Weitem<br />
nicht decken. Weshalb die Staatsführung,<br />
speziell nach dem 17. Juni 1953,<br />
den Import von Motorrädern verschie<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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DATEN<br />
Einfache Instrumentierung. Bergab mit Rückenwind<br />
zitterte die Nadel dem Anschlag entgegen<br />
IFA (MZ) BK 350<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Zweitakt-<br />
Boxermotor, Schlitzsteuerung, Bohrung x Hub<br />
58 x 65 mm, Verdichtung 6,5:1 (7:1),<br />
Hubraum 343,4 cm³, Leistung 15 (17) PS<br />
bei 5000 (5100)/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Geschlossener Doppelrohrrahmen,<br />
hydraulisch gedämpfte Telegabel,<br />
Geradweg-Teleskopfederung, Speichenräder,<br />
Reifen vorn und hinten 3.25 x 19, Trommelbremsen<br />
vorn und hinten, Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte : Länge/Höhe/Breite<br />
2150/1000/800 mm, Radstand 1400 mm,<br />
Leergewicht 142 kg, Tankinhalt 18 Liter<br />
Höchstgeschwindigkeit: 115 km/h<br />
Bauzeit IFA BK 350: 1952 bis 1956<br />
Bauzeit MZ BK 350: 1956 bis 1959<br />
dener Hubraumklassen forcierte, um das<br />
Volk bei Laune zu halten. Darunter waren<br />
von 1953 bis 1957 sogar viele Zündapp-<br />
Modelle des größten Klassenfeindes!<br />
Unser Fotomodell gehört Gerd Thiele<br />
aus der Lutherstadt Wittenberg. Es ist<br />
Baujahr 1954, zählt somit zu den frühen<br />
BK-Modellen. Bei der Restaurierung vor<br />
zehn Jahren hat Thiele großen Wert auf<br />
einen originalgetreuen Neuaufbau gelegt.<br />
Daher hat er auch keine Motorteile der<br />
weiterentwickelten MZ BK 350 verwendet<br />
und es bei den Flachschiebervergasern für<br />
die Gemischaufbereitung belassen. Auch<br />
Telegabel und Auspuff entstammen der<br />
ersten BK-Generation. Einzige Ausnahme<br />
ist der Motorschutz bügel, den MZ erst Jahre<br />
später anbot. Beim Ortstermin gesteht<br />
Thiele jedoch, dass der Lackierer seinerzeit<br />
den originalen rostbraunen Maron-Farbton<br />
des Motorrads nicht hundert prozentig<br />
getroffen hat.<br />
Ab 1956 als MZ BK 350 mit Schwingensymbol am<br />
Tank und neuem Auspuff, Soziussitz blieb Option<br />
Verändertes Erscheinungsbild: neuer Luftfilter<br />
samt Vergaserabdeckung der überarbeiteten MZ<br />
Was der 350er jedoch nichts von ihrem<br />
stimmigen Erscheinungsbild nimmt. „Die<br />
BK braucht ordentlich Sprit, zum Starten<br />
ruhig bis kurz vorm Absaufen fluten“, rät<br />
mir der Besitzer. Also: Vergaser mittels der<br />
beiden Tupfer fluten, zwei Mal treten,<br />
dann nochmals mit eingeschalteter Zündung<br />
treten, und die BK springt mit einem<br />
kernigen Zweitaktschlag aus den beiden<br />
Endschalldämpfern an.<br />
Im Fahrbetrieb ist der Zweitakt-Boxer<br />
ebenfalls alles andere als genügsam. „Bei<br />
sportlicher Fahrweise laufen schon mal<br />
acht Liter durch“, bestätigt Thiele den Ruf<br />
der 350er als Säuferin. Der exzessive Konsum<br />
war für MZ später sogar einer der<br />
Gründe für die Produktionseinstellung.<br />
Ebenfalls keine Fabel sind das schwer zu<br />
schaltende Getriebe, das insbesondere<br />
beim Herunterschalten Übung und Geduld<br />
bedarf, und die etwas diffizile Einstellung<br />
der Vergaser sowie deren Betätigung<br />
mittels zweier Bowdenzüge am<br />
Innenzug-Gasdrehgriff. Öfter kolportierte<br />
Probleme mit nicht ausreichenden Zylinderfüllungen<br />
in Schräglage, die zur Verwendung<br />
unterschiedlicher Vergaser-<br />
Haupt düsen zwingen, sind bei Gerd Thiele<br />
jedoch kein Thema, beide Vergaser seiner<br />
BK 350 haben eine 95er-Hauptdüse.<br />
Das Jahr 1956 markierte für das traditionsreiche<br />
Zschopauer Motorradwerk<br />
eine neue Zeitrechnung. Zusammen mit<br />
dem Produktionsstart der modernen ES<br />
250 mit Vollschwingen-Fahrwerk wurde<br />
auch die Markenbezeichnung MZ mit<br />
grünem Schwingensymbol eingeführt. So<br />
wurde aus der IFA BK 350 die MZ BK 350,<br />
die bis 1957 einige Modifikationen erhielt.<br />
Mit Rundschiebervergasern, neuen Zylindern<br />
samt Köpfen und einer anders abgestimmten<br />
Auspuffanlage in Zigarrenform<br />
erhöhten sich Verdichtung (von 6,5:1 auf<br />
7:1) und Leistung (17 PS bei 5100 /min) bei<br />
gleichzeitig verringertem Geräusch pegel.<br />
Den neuen Luftfilter erkennt man zudem<br />
an den Änderungen im hinteren Bereich<br />
des Triebwerksblocks. Ferner erhielt die<br />
BK eine verstärkte Telegabel und eine<br />
Schaltstellung am Zündschloss, die das<br />
Anschieben der Maschine bei defekter<br />
oder fehlender Batterie ermöglichte.<br />
In dieser Form rollte die BK 350 noch<br />
bis 1959 vom Band, ehe nach 42 983 produzierten<br />
Maschinen das Aus für den<br />
Zweitakt-Boxer kam. Die Ingenieure hatten<br />
zwar 1956 eine modernisierte BK 351,<br />
unter anderem mit Vollschwingen-Fahrwerk,<br />
vorgestellt. Die hohen Fertigungskosten<br />
und die künftige Ausrichtung von<br />
MZ auf Einzylinder-Zweitakter ließen diesem<br />
Projekt aber keine Chance mehr. So<br />
blieb die BK 350 eine Ausnahmeerscheinung<br />
– nicht nur in der langen Geschichte<br />
des Zschopauer Motorradbaus. ◻<br />
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SZENE I<br />
Rennmaschinen-Sammler<br />
Star-Aufstellung<br />
Eigentlich sammelt der Rennfan Wolfhart Krischke nur Maschinen, die bei einem<br />
Grand Prix gestartet sind. Hin und wieder rutscht ihm eine durch. Aus der Formel 750.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
Manche Tempel beeindrucken<br />
die Gemeinde mit Wucht und<br />
Größe, andere durch Vielfalt<br />
und Fantasie. Auf jeden Fall bleibt nach<br />
dem Eintritt kurz die Spucke weg, und<br />
just das passiert auch, wenn Wolfhart<br />
Krischke gläubige Freunde des Motorradsports<br />
in seine Sammlung einlässt. Da fällt<br />
einem nichts mehr ein, das rangiert, um<br />
im Bild zu bleiben, irgendwo in der Nähe<br />
einer Wallfahrtskirche, steckt voller Hingabe<br />
und Leidenschaft und bunter Details,<br />
nur nicht so blank geputzt. Nach verhaltenem<br />
Entree – die Gaststube eines ehemaligen<br />
Wirtshauses hat der Besitzer vorrangig<br />
mit alten Siegerpokalen dekoriert – er-<br />
STOP!<br />
Mal langsam, bitte, denn wer kennt hier<br />
schon RTM? Das sieht Krischke schulterzuckend<br />
ein, schaltet zwei Gänge zurück<br />
und erklärt, dass die spannenden Dinge<br />
im Straßenrennsport nicht immer im<br />
Mainstream abliefen. Früher. So bis in die<br />
90er eigentlich, und dass es in diesen experimentellen<br />
Nischen natürlich sehr lebhaft<br />
zugegangen sei. Die Signori Ringhini<br />
und Torrani jedenfalls wollten Ende der<br />
70er-Jahre ein ganz und gar italienisches<br />
Motorrad an den Start schieben und entöffnen<br />
angrenzende Nebenräume einen<br />
tiefen Seitenblick in die Geschichte des<br />
Straßenrennsports. Dicht an dicht stehen<br />
die Maschinen, so dicht, dass sie mehr verbergen<br />
als preisgeben. Yamaha, Honda,<br />
Suzuki, Aprilia, Bimota, noch kann der<br />
Besucher folgen, aber jetzt dreht Wolfhart<br />
Krischke erst richtig hoch. Zeigt hier auf<br />
eine 125er-dohc-CZ, dort auf das 350erohc-Gegenstück,<br />
beide aus den 50er-Jahren,<br />
richtet die Aufmerksamkeit mal auf<br />
eine 250er-Garelli-V2, dann auf eine König<br />
mit BMW-Getriebe und Kardan. Noch<br />
plaudert er über einen Suzuki TR 500-Motor<br />
im Segoni-Rahmen, kurz darauf stellt<br />
er eine RG 500 mit Bakker-Fahrwerk vor,<br />
wie beiläufig fällt der Hinweis auf eine<br />
350er-RTM mit Square Four-Motor.<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Wer so viele seltene Grand Prix-Renner<br />
besitzt, darf sich auch einen Sieger pokal<br />
vom Hockenheim-GP 1977 gönnen<br />
wickelten zu diesem Zweck einen Vierzylinder-Zweitakter,<br />
mit dem sie – unter<br />
italienischen Fahrern selbstredend – einige<br />
WM-Punkte einfuhren. Eine Episode<br />
der Grand Prix-Historie, von Leuten wie<br />
Wolfhart Krischke dem Vergessen entrissen.<br />
Warum? Um die Gesamtheit dieses<br />
historischen Erbes zu erhalten, denn dazu,<br />
da lässt Krischke keine Zweifel aufkommen,<br />
zählen echte Rennmotorräder.<br />
Trotzdem sammelt er nicht aus missionarischem<br />
Antrieb. „Das geht gar nicht. Man<br />
muss sammeln, was einem Spaß macht“,<br />
sagt er und lächelt fröhlich. Kein Wunder:<br />
Im und ums Wirtshaus rum parken so an<br />
die 100 Spaßmacher.<br />
Wolfhart Krischke ist Rennfan. Voll<br />
und ganz, und deshalb weiß er, dass zum<br />
GP-Zirkus nicht nur Sieger gehören, dass<br />
die Geschichten hinter einer RTM genauso<br />
spannend sein können wie die hinter<br />
Kork Ballingtons und Toni Mangs Kawasakis,<br />
denen die Italiener damals so hemmungslos<br />
unterlegen waren. Das hat ihn<br />
interessiert. Der andere Weg, mit viel<br />
weniger Geld im Portemonnaie beschritten,<br />
aber irgendwie noch mutiger. Auf<br />
jeden Fall dem Streben nach dem Besten<br />
verpflichtet, bei RTM wie bei Kawa. Die<br />
besten Materialien, die beste Konstruktion.<br />
Kein kaufmännisches Kalkül, keine<br />
produktionstechnisch bedingten Kompromisse,<br />
all diese Sachen eben, die ihn an<br />
Serienmotorrädern oft gestört haben. Deshalb<br />
ist Krischke vor vielen Jahren umgestiegen,<br />
hat seine ansehnliche Youngtimer-Sammlung<br />
verkauft und die Jagd<br />
auf Renngeräte eröffnet. Nicht die besten<br />
Renditeobjekte standen dabei im Vordergrund<br />
– „Das langweilt!“ – und nicht bestimmte<br />
Marken. Sondern technisch interessante<br />
Lösungen oder eine bewegende<br />
Geschichte. Wie die hinter Phil Reads<br />
privat aufgebauter Yamaha TR2 mit dem<br />
von Helmut Fath getunten Motor.<br />
Das WM-Bike von 1971 fährt der<br />
51-Jährige gelegentlich. Auch dieses Jahr<br />
steht die Yamaha auf seiner Liste, soll bei<br />
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SZENE I<br />
Rennmaschinen-Sammler<br />
Wahrheitsfindung: Steht<br />
auf dieser Bakker-RG 500<br />
zu Recht der Name des<br />
großen Privatfahrers?<br />
„Ursenbach bebt“ zum Gedenken an Fath<br />
starten. Zwei, drei, vier werden noch hinzukommen,<br />
für die Hockenheim <strong>Classic</strong>s<br />
oder den Sachsenring. Das ist die Qual der<br />
Wahl, denn alle in fahrbereitem Zustand<br />
zu halten, wie soll das gehen? Genau, wie<br />
geht das eigentlich? Wer kennt sich mit<br />
einer RTM aus? „Am besten jene Leute,<br />
die schon vor Jahren daran geschraubt<br />
haben“, erklärt Krischke, und die sucht er<br />
dann. Ehemalige Rennmechaniker also,<br />
immer seltener werdende Spezialisten für<br />
Renn-Zweitakter. Aber wer nun glaubt,<br />
die Suche nach diesen Leuten sei ihm eine<br />
Last, der irrt. „Leute aus dem GP-Umfeld<br />
besitzen meist einen starken Charakter,<br />
die sind interessant, machen Spaß.“<br />
Manchmal braucht Wolfhart Krischke<br />
diese Leute bereits, um die Originalität<br />
eines Motorrads zu prüfen. Bei der Bakker-<br />
RG 500 zum Beispiel. Auf deren Verkleidung<br />
steht „Jack Findlay“, aber das kann<br />
natürlich jeder darauf schreiben, und<br />
geschrieben oder erzählt wird viel, rund<br />
um tolle Renner. Also wird Nico Bakker<br />
höchstselbst kontaktiert, mit aussagekräftigen<br />
Fotos versorgt. Ergebnis? „Noch offen“,<br />
gesteht Krischke. Offen also, ob die<br />
Suzuki nun in die Kategorie historisch<br />
oder original fällt. So unterscheiden die<br />
Spezialisten, etwa von der Sammler-<br />
Vereinigung Amicale Spirit of Speed, zwischen<br />
Maschinen, welche einem ganz<br />
bestimmten Fahrer zugeordnet werden<br />
können, und solchen, deren Herkunft nur<br />
pro duktionstechnisch geklärt ist. Replikas,<br />
die nicht vom Original zu unterscheiden<br />
sind, werden in einer separaten Klasse<br />
eingestuft. 2009 gegründet, vereint die<br />
Amicale längst viele der bedeutendsten<br />
europäischen Sammler und verwöhnt Fans<br />
immer wieder mit gediegenen Ausstellungsstücken.<br />
Auf dezente Weise meist,<br />
aber egal, ob stehend wie bei der bisher<br />
europaweit größten Rennmaschinen-Show<br />
in Mill/Niederlande, wo die Amicale 2014<br />
mehr als 150 hochkarätige Rennmaschinen<br />
der Öffentlichkeit zugänglich machte,<br />
oder fahrend beim klassischen Rennwochenende<br />
in Hockenheim – das historische<br />
Erbe soll alle erfreuen. So lautet die Ansage,<br />
und deshalb plant Amicale-Mitglied<br />
Krischke aktuell gerade eine Sonderausstellung<br />
anlässlich der Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
vom 10. bis 12. Juni.<br />
START!<br />
Gespräche unter Sammlerfreunden, ein<br />
paar Runden drehen, Fahrer treffen, ja,<br />
das auch und immer besonders gern,<br />
Plaudereien mit Mechanikern und Konstrukteuren,<br />
tiefgehende Fragen eines<br />
fachkun digen Publikums beantworten.<br />
Sammeln meint nicht nur Haben. Teilen<br />
und Mitteilen zählen ebenfalls dazu, und<br />
wer wie Krischke seit Jahrzehnten in der<br />
Kommunikationsbranche arbeitet, kommt<br />
diesen Ansprüchen vielleicht besonders<br />
gerne nach. Spekulation. Genau wie die<br />
Vermutung, der ständige berufliche Umgang<br />
mit Software müsse zwangsläufig in<br />
die Lust am Dinglichen treiben. Krischke<br />
lacht. Das tut er gern und als Franke gern<br />
herzhaft. Dann öffnet er die nächste Tür<br />
und zeigt auf einen Zweitakt-Single mit<br />
markanter Vorderradschwinge. „Greeves<br />
Silverstone. Mein Beweis dafür, dass Originale<br />
nicht teuer sein müssen.“ Das wollte<br />
er unbedingt loswerden, jetzt und hier,<br />
weil er nachträglich zum Renner umgefrickelte<br />
Serienmaschinen nicht sonderlich<br />
schätzt. Kein Erbe, schon klar, und<br />
blöd für die Zuschauer, das stimmt. Dann<br />
wird’s wieder zwei Nummern exklusiver,<br />
denn so eine Armstrong aus England, die<br />
steht nun wirklich nicht in jeder Garage.<br />
„Die waren technologisch damals sehr<br />
weit voraus.“ Krischke klopft gegen den<br />
Rahmen. Karbon! Wann? „1983, als Erste<br />
im Grand Prix.“ Boah, gibt’s doch nicht.<br />
Solche Momente liebt Wolfhart Krischke.<br />
Und würde jetzt gern noch erzählen,<br />
wie Armstrong mit Cotton und alles zusammen<br />
mit CCM verbandelt ist, und warum<br />
aus einem Zweitakt-V2 ein Zweitakt-<br />
Tandem wurde. Am liebsten bei einem<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Warum klebst du die Startnummmer nicht<br />
richtig auf? Da lacht Wolfhart Krischke:<br />
Weil Barry Sheene es nicht besser konnte<br />
Die herrliche CZ 125 aus den 50ern zählt<br />
zu Krischkes älteren Objekten, die Yamaha<br />
TZ 750 zu den hubraumstärksten<br />
Rotwein. Den hat er mit einem Sammlerfreund<br />
mal aus originalen Barry Sheene-<br />
Siegerpokalen genommen, und diese Episode<br />
lehrt, ganz knapp vor dem Ziel, dass<br />
Krischke nicht nur Bewahrer ist, sondern<br />
in selteneren Momenten auch bekennender<br />
Nostalgiker.<br />
◻<br />
UNTER FREUNDEN<br />
Die Amicale Spirit of Speed verfügt über<br />
eine einmalige Auswahl von mehr als 1000<br />
Werks- und Production-Rennmotorrädern,<br />
welche die Motorrad-Renngeschichte von<br />
den frühen Anfängen bis zur Neuzeit dokumentiert.<br />
Auf Einladung der Veranstalter werden<br />
Rennmotorräder von hohem histo rischen<br />
Wert ausgestellt, um den Besuchern die<br />
Betrachtung der GP-Geschichte aus nächster<br />
Nähe zu ermöglichen. Noch lieber zeigt<br />
die Amicale ihre Schätze bei Präsentationsrunden,<br />
so können die Fans die Maschinen<br />
in voller Aktion sehen und hören. Wolfhart<br />
Krischke ist Mitglied des internationalen Vorstands<br />
der Amicale und steht als Ansprechpartner<br />
unter classicracer@gmx.net für Kontaktaufnahme<br />
oder Fragen zur Verfügung.<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 45
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Wandern mit<br />
Oldtimern<br />
Wer bei der Ausfahrt mit seinem Klassiker<br />
stressfrei schöne Landschaft genießen will,<br />
könnte sich für die Rheinlandfahrt begeistern.<br />
Auf den kurvigen Strecken können „sportliche<br />
Wanderer“ es auch mal flotter angehen<br />
lassen, ältere Semester wohl eher ruhiger<br />
Fotos: ADAC Nordrhein<br />
Der Begriff „Kraftfahrzeug-Wandern“ entstand in den 30er-<br />
Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Presse schwärmte<br />
damals: „Das Wandern mit dem Kraftfahrzeug ist Verbindung von<br />
Motor(rad)fahren und Kultur, von Natur und Technik, ist ein Erlebnis<br />
der Natur durch die Technik, eine Zeitlosigkeit und ein glückliches<br />
sich leiten lassen von der Landschaft, von der Sonne, von<br />
der Natur.“ In Umsetzung dieses bewährten Konzepts schreibt der<br />
ADAC Nordrhein vom 21. bis 24. JULI seine neue Veranstaltung<br />
„Rheinlandfahrt – Oldtimerwandern mit historischen Motorrädern“<br />
aus. Startberechtigt sind Motorräder und Gespanne mit einem<br />
Mindestalter von 30 Jahren.<br />
Den START- UND ZIELPUNKT für die drei Fahrtage bildet<br />
jeweils die historische Innenstadt von TRIER. Die Regionen Mosel,<br />
Hunsrück, Nahe, Saargau und Sauer bieten mit ihren attraktiven<br />
Strecken eine traumhafte Kulisse für die Motorrad-Klassiker des<br />
letzten Jahrhunderts. Neben den Technik<br />
Enthusiasten kommen auch die Natur- und<br />
Kulturliebhaber bei der Rheinlandfahrt voll<br />
auf ihre Kosten. Oldtimerwandern bedeutet,<br />
stressfrei, entspannt und ohne Orientierungsprobleme die<br />
Landschaft und die Sehenswürdigkeiten zu genießen. Die täglichen<br />
Touren mit einer Länge zwischen 180 und 200 Kilometern sind<br />
durch ein vorausfahrendes Team komplett „ausgepfeilt“ – soll<br />
heißen: Der Fahrer kann sich ganz auf seine Maschine und die eindrucksvolle<br />
Landschaft konzentrieren. Für Abwechslung sorgen<br />
die ausgewählten Wanderpausen (WP´s), welche den Teilnehmern<br />
Einblicke in die Kultur und die Region geben. Das Nenngeld beträgt<br />
330 Euro pro Fahrer. Für den Sozius oder die Sozia beträgt das<br />
Startgeld nur 160 Euro. Anmeldeschluss ist der 25. Mai <strong>2016</strong>.<br />
Weitere Informationen auf www.rheinlandfahrt.de<br />
Mittelgasse<br />
für Biker tabu<br />
Durchschlängeln im Stau bleibt auch<br />
weiterhin verboten. Jeder Motorradfahrer<br />
kennt das: Man steht im Stau, von oben<br />
brütet die Sonne, unten glühen Asphalt und<br />
Motor. Eingepackt in Schutzkleidung ist das<br />
kein Spaß. Langsam durchfahren wäre die<br />
Lösung, ist aber nicht erlaubt – 80 Euro<br />
Strafe drohen. Dieter Balboa, Vielfahrer aus<br />
Offenbach, startete deshalb 2014 eine Petition,<br />
um Durchschlängeln per Gesetz zu erlauben.<br />
Am 21. September 2015 nahm der<br />
Vertreter des Bundesverkehrsministeriums<br />
die 135 248 Stimmen der Befürworter in<br />
Berlin entgegen. Jetzt hat der Bundestag<br />
darüber entschieden – und abgelehnt. In der<br />
Begründung dazu heißt es, dass die gleiche<br />
Forderung schon 2009 von den Bundesländern<br />
abgelehnt worden war. Außerdem<br />
sei es im Stau stets Sache der Polizei, zu<br />
Man höre und stau(n)e: Selbst noch so umsichtiges Durchschlängeln durch die<br />
Mittelgasse bleibt für Biker auch künftig verboten, Petition abgelehnt<br />
entscheiden, wer in Extremfällen, etwa bei<br />
enormer Sommerhitze, auf der Standspur<br />
aus einem Stau flüchten dürfe. Bei Gefahr<br />
für Leib und Leben (z.B. durch drohenden<br />
Hitzekollaps) könnten sich Motorradfahrer ja<br />
auch auf „rechtfertigenden Notstand“ berufen.<br />
In sonstigen Fällen jedoch halte man es<br />
Motorradfahrern gegenüber „für angezeigt,<br />
den Motor abzustellen und das Motorrad<br />
mit dem Ständer im Stand zu halten“.<br />
Foto: Jörg Künstle<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Fotos: Messe Friedrichshafen<br />
In den Hallen<br />
bleibt Zeit zum<br />
genauen Begutachten<br />
der<br />
Oldies, auf dem<br />
Freigelände<br />
geht’s zur Sache<br />
Tolles Spektakel mit Zwei- und Vierrädern plus Airshow<br />
Auf der Verkaufs- und Erlebnismesse<br />
Klassikwelt Bodensee, die vom 3. bis 5.<br />
JUNI <strong>2016</strong> auf dem Messegelände in Friedrichshafen<br />
stattfindet, kommen die Freunde<br />
der klassischen Mobilität zusammen. „Hier<br />
wird das schönste Hobby der Welt zelebriert,<br />
es soll nicht nur den elitären Kreisen vorbehalten<br />
bleiben“, betont Projektleiter Roland<br />
Bosch. Über 800 Aussteller, Clubs und Teil-<br />
nehmer sind auf dem Messegelände in zehn<br />
Hallen auf 85 000 m² Fläche präsent. Erwartet<br />
werden an drei Messetagen rund 40 000<br />
Besucher. Neben Sonderausstellungen, wie<br />
zum Thema 100 Jahre BMW, werden sich<br />
wieder zahlreiche Clubs die Ehre geben und<br />
etliche Privatanbieter ihre gepflegten Klassiker<br />
zum Verkauf anbieten. Nicht nur im<br />
Stand zu bestaunen, sondern zu erleben<br />
und zu hören sind zahlreiche Klassiker bei<br />
den Demoläufen des Vintage Racing auf<br />
dem ZF-Motodrom sowie bei den Klassik-<br />
Sprints über die 1/8-Meile. Die 9. Klassikwelt<br />
Boden see <strong>2016</strong> öffnet von Freitag, 3. bis<br />
Sonntag, 5. Juni täglich von 10 bis 18 Uhr.<br />
Die Tageskarte kostet 16 Euro, ermäßigter<br />
Eintritt 14 Euro. Weitere Informationen gibt<br />
es unter: www.klassikwelt-bodensee.de<br />
Heiße Sohlen<br />
Foto: Alan Cathcart<br />
John McGuinness (rechts) nimmt die Segrave<br />
Trophy von Tom Purves entgegen<br />
Preis für TT-Legende<br />
John McGuinness erhält die Segrave<br />
Trophy vom Royal Automobile Club. Diese<br />
Auszeichnung wird seit 1930 für herausragende<br />
Leistungen zu Land, zu Wasser oder<br />
in der Luft vergeben. McGuinness gewann<br />
in seiner Karriere 23 TT-Rennen auf der<br />
berüchtigten Isle of Man und hält aktuell<br />
den Rekord mit 132,701 mph (213,6 km/h)<br />
Durchschnittstempo. Bisher wurde der<br />
Preis neun Mal an Motorrad-Rennfahrer<br />
ver liehen, aber nur an acht verschiedene<br />
Per sonen: Barry Sheene gewann die<br />
Trophy gleich zwei Mal (1977 und 1984)!<br />
Moderne Reifentechnik für Bikes aus vergangenen<br />
Jahrzehnten bietet der Metzeler Sportec Klassik.<br />
Ab sofort können sich Metzeler-Fans „auch nach Absetzen<br />
des Helms einen coolen Auftritt sichern“: Als Bonus<br />
gibt es solange der Vorrat reicht eine Snapback Trucker<br />
Cap im Sportec Klassik-Design<br />
zum Kauf eines Reifenpaars<br />
dazu. Die coole Cap<br />
mit traditionellem Elefanten-<br />
Logo (Wert: 30 Euro) wurde<br />
in limitierter Auflage produziert.<br />
www.metzeler.de<br />
HIER TOBT DER PANTAH-BÄR<br />
Kurzentschlossene Ducati-Fans und/oder -Fahrer sollten<br />
sich spontan auf den Weg zum 1. Ducati Pantah & Königswellen-Treffen<br />
machen. Am 7. Mai steigt ab 9 Uhr im<br />
Rahmen des bereits etablierten Old & Youngtimertreffens<br />
der Oideisenfreind Unteres Inntal e.V. die große Sause in<br />
Neuhaus am Inn. Bei entsprechender Ansammlung von<br />
Ducati-V2-Bikes bis Ende der 90er dürfte dann auch die<br />
Soundkulisse stimmen. Infos: www.pantah.eu<br />
Fotos: Metzeler<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 47
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Fotos: Kaiserzeitausfahrt.de<br />
Stimmig: Passend zu den knapp oder<br />
bereits über 100 Jahre alten Motorrädern<br />
ist auch die Einladung gestaltet<br />
Heute ein Kaiser<br />
Die 6. Kaiserzeitausfahrt lädt am 6./7.<br />
August zum Staunen oder Mitfahren<br />
ein. Wer kein Motorrad aus der Kaiserzeit,<br />
also bis Baujahr 1918 (Sonderklasse: bis Bj.<br />
1924) besitzt oder keinen Startplatz mehr<br />
ergattern kann, sollte sich zumindest den<br />
Termin vormerken, um als Zuschauer bei der<br />
Ausfahrt am Straßenrand zu stehen. Der<br />
Start erfolgt (wie passend) am Biergarten<br />
„Schlossallee“ in Haag an der Amper:<br />
samstags um 12 Uhr zur 30-Kilometer-<br />
“Einstellfahrt“, am Sonntag um 10 Uhr zur<br />
6. Kaiserzeitausfahrt über 100 Kilometer, mit<br />
Vorstellung der Teilnehmer und ihrer Motorräder.<br />
Nach der Rückkehr um zirka 15 Uhr<br />
kann sicher so manches Bike noch in Ruhe<br />
bewundert werden. Weitere Infos unter<br />
www.kaiserzeitausfahrt.de<br />
Schwaben-Power<br />
30 Jahre Yamaha SRX – aus diesem Anlass<br />
lädt der schwäbische Motorenspezialist<br />
EGU am 28. Mai zum Technik-Tag<br />
nach Waiblingen ein. Ab 9 Uhr verspricht<br />
das EGU-Team „interessante und abwechslungsreiche<br />
Stunden in enstpannter Atmosphäre<br />
mit gehaltvollen Benzingesprächen“.<br />
„Motorradfahren ist Medizin“, so Geschäftsinhaber<br />
Uli Egetemeir, der sich längst einen<br />
Namen als Tuner gemacht und mit seinen<br />
bärenstarken Einzylindern für Furore gesorgt<br />
hat. „Das Einfache wird überleben, daher<br />
luftgekühlt“. Auch am Technik-Tag wird es<br />
natürlich um Tuning gehen, wie EGU ankündigt:<br />
„Ein Leistungsprüfstand zeigt dir, wo<br />
du stehst, und im Rahmenprogramm wird<br />
gezeigt, welche Maßnahmen sinnvoll und<br />
machbar sind.“ www.egu-motoren.de<br />
TERMINE<br />
MAI<br />
7.5.: 21. Internationale Weinrallye<br />
für Motorräder bis Bj. 58; 76829 Landau,<br />
www.ac-maikammer.de<br />
7./8.5.: 5. Brazzeltag – Das Museum lebt,<br />
am Technik Museum; 67346 Speyer,<br />
Tel. <strong>06</strong>232/670868, www.brazzeltag.de<br />
7./8.5.: Technorama, Oldtimer- & Teilemarkt;<br />
Messegelände Ulm, 89073 Ulm,<br />
Tel. 07 31/18 96 80, www.technorama.de<br />
15.-22.5.: BMW Motorrad <strong>Classic</strong>s Pfalz;<br />
76857 Silz/Pfalz, Tel. 0 7636/1226,<br />
www.classic-car-highlights.com<br />
20.5.: Oldtimerfahrt durch das Erz gebirge<br />
des 1. Auer MSC e.V.; 08280 Aue,<br />
Tel. 03771/24775, www.auer-msc.de<br />
21./22.5.: Stammtisch der 70er-Jahre-Bikes;<br />
16. Ausstellung mit Treffen im Autohaus<br />
Oldenbürger, Lange Straße 100,<br />
32139 Spenge, Tel. 05224/979226,<br />
www.stammtisch-classic-bikes.de<br />
22.5.: 19. Zweiradtreffen der Interessengemeinschaft<br />
für klassische Motorräder<br />
Lehrte e.V., mit Teilemarkt und Orientierungsfahrt,<br />
für Zweiräder und Gespanne bis Bj.<br />
1986, Naturfreundehaus Grafhorn bei Immensen<br />
von 9-16 Uhr, 31275 Lehrte,<br />
Tel. 051 75/3 12 57, www.igfkml.de<br />
26.-29.5.: Jahrestreffen der Deutschen<br />
Triumph IG am Avendi-Hotel<br />
am Griebnitzsee; 14482 Potsdam,<br />
www.twn-ig.de<br />
JUNI<br />
3.-5.6.: 9. Klassikwelt Bodensee auf<br />
dem Messegelände; 88046 Friedrichshafen,<br />
Tel. 075 41/7 08-365,<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
10.-12.6.: 35. Oldtimertreffen bis Bj. 1980;<br />
26345 Bockhorn, Tel. 0 44 53/73 33,<br />
www.bockhorner-oldtimermarkt.de<br />
JULI<br />
8.-10.7.: 17. Sommertreffen des Triumph<br />
Motorcycle Owners Club, 36115 Hilders/<br />
Rhön, Tel. 01 71/1 22 35 39, www.tmoc.de<br />
16./17.7.: Salzkammergut Nostalgia –<br />
Oldtimertreffen mit Ausstellung, Ausfahrt,<br />
Präsentationsrunde für Fahrzeuge bis 1966;<br />
A-4822 Bad Goisern am Hallstättersee,<br />
Tel. +43/(0)6 50/2 12 14 10,<br />
www.radmuseum.at/Hauptseiten/<br />
EventMuseum.html<br />
AUGUST<br />
7.8.: Zweirad-Oldtimertreffen<br />
am Feuerwehrmuseum von 10-16 Uhr;<br />
21439 Marxen, Tel. 0 41 85/44 50,<br />
www.feuerwehrmuseum-marxen.de<br />
SEPTEMBER<br />
16.-18.9.: 10. XS 650 RÜTTLER Treffen;<br />
Pokale, Wettbewerbe, lecker Essen u. Trinken,<br />
Livemusik, Teilemarkt, Ausfahrt etc., Zelten<br />
möglich, 15755 Teupitz, Anmeldung unter<br />
ruettlers_klub@gmx.de<br />
OKTOBER<br />
1./2.10.: Motorrad-Klassiker-Treffen am<br />
Auto & Technik Museum; 74889 Sinsheim,<br />
Tel. 0 72 61/92 99-0, www.technik-museum.de<br />
7.-9.10.: VETERAMA auf dem Maimarktgelände;<br />
68163 Mannheim,<br />
Tel. 0 62 03/1 35 07, www.veterama.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
48 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Bequem per Internet<br />
www.motorradonline.de/anzeigen<br />
E-Mail*<br />
motorradmarkt-ga@motorpresse.de<br />
Elektronischer Bestellcoupon<br />
www.bestell-coupon.de/motorradclassic<br />
Telefon** 0711/182-1 88<br />
Fax 0711/182-17 83<br />
Post<br />
Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Markt<br />
D-70162 Stuttgart<br />
*Bitte gewünschte Kombination und Ihre komplette Anschrift angeben. Ihr Farbfoto als JPG- oder TIF-Datei im Querformat. **Mo.–Do. von 8 –18 Uhr, Fr. von 8 –16 Uhr
MARKT I<br />
Preisliste<br />
NEU<br />
aktualisierte<br />
Preise<br />
Stand:<br />
April <strong>2016</strong><br />
PREISSPIEGEL<br />
OLDTIMER<br />
Hier finden Sie die aktuellen Preise von mehr<br />
als 500 Motorrad-Oldtimern bis Baujahr 1970.<br />
Foto: Siemer<br />
Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen mit<br />
den Experten von classic-analytics erstellt<br />
haben. In dieser Ausgabe haben wir<br />
mehr als 500 Modelle unter die Lupe genommen,<br />
deren Produktion vor 1970 lag.<br />
Der Zustand „gepflegt“ bezieht sich<br />
auf Motorräder, die sich in weitgehend<br />
mängelfreiem Originalzustand befinden<br />
und nur leichte Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Zweiräder mit starken Gebrauchsspuren,<br />
deutlichen Mängeln und eingeschränkter<br />
Funktionsfähigkeit, sowie<br />
fehlender Teile oder Abweichungen vom<br />
Originalzustand bekommen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Es sind Motorräder, die<br />
eine brauchbare Restaurierungsbasis darstellen.<br />
Die angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
deut lich überschritten werden können.<br />
Andererseits rechtfertigen beispielsweise<br />
fehlende Teile oder sehr hohe Laufleistungen<br />
zum Teil erhebliche Nachlässe. Ausnahmen<br />
nach oben oder unten bestätigen<br />
auch hier die Regel.<br />
classic-analytics aus Bochum<br />
betreibt Marktbeobachtung und<br />
erstellt Bewertungen für Oldtimer,<br />
Youngtimer und alle Arten von<br />
Liebhaberfahrzeugen. Die Klassik-<br />
Experten stehen in ständigem Dialog<br />
mit Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />
besuchen europaweit<br />
Fach messen und werten neben<br />
Internet-Offerten jeden Monat mehr<br />
als 60 Fachzeitschriften im In- und<br />
Ausland aus. Eine komplette Liste<br />
aller Bewertungspartner gibt es unter<br />
www.classic-analytics.de. Wer es ganz<br />
eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />
Online-Bewertung (Home Check) des<br />
Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
ADLER<br />
M 125 1950-57 123 cm 3 4/6 2500 800<br />
M 150 1951-53 147 cm 3 5/7 2600 800<br />
M 200 1951-53 195 cm 3 6/9 3400 1100<br />
M 250 1952-54 247 cm 3 12/16 4400 1600<br />
M 250 S 1952-54 247 cm 3 13/18 5000 2000<br />
MB 150 1954-57 147 cm 3 6/8 2800 900<br />
MB 200 1953-57 195 cm 3 8/11 3200 1100<br />
MB 201 1954-56 199 cm 3 7/10 3100 1000<br />
MB 250 1953-57 247 cm 3 12/16 4200 1500<br />
MB 250 S 1953-56 247 cm 3 13/18 5200 2000<br />
AERMACCHI<br />
Ala Rossa 1957-62 172 cm 3 8/11 4200 1800<br />
Ala Verde 1959-68 246 cm 3 13/18 4600 2000<br />
350 TV 1969-72 344 cm 3 18/25 4500 2000<br />
350 GT 1969-72 344 cm 3 18/25 3900 1900<br />
350 SS 1972-74 344 cm 3 18/25 4300 2000<br />
350 SX 1972-74 344 cm 3 18/25 4100 2000<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
AJS<br />
12 1923-40 248 cm 3 4/6 7700 2500<br />
6 1923-35 348 cm 3 11/15 9500 3400<br />
16 1935-39 348 cm 3 12/16 9800 3300<br />
16 M/MS 1945-55 348 cm 3 12/16 5200 1800<br />
18 1936-39 497 cm 3 15/20 10 000 3500<br />
18/18 S 1949-58 497 cm 3 17/23 7200 2700<br />
20 1948-61 498 cm 3 21/29 6500 2600<br />
8 1926-34 499 cm 3 15/20 10 500 3500<br />
18 1935 499 cm 3 15/20 10 400 3500<br />
30 1956-58 593 cm 3 24/33 6600 2800<br />
31 1959-65 658 cm 3 27/36 6900 2800<br />
2 1933-40 982 cm 3 18/26 17 000 7000<br />
2 1925-31 998 cm 3 17/24 18 500 7500<br />
ARDIE<br />
BD 175 1952-54 172 cm 3 6/9 3100 1500<br />
BD 176 1954-58 172 cm 3 7/10 3000 1500<br />
B 252 1953-55 250 cm 3 10/13 4000 1900<br />
60 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
TM 500 1925-28 488 cm 3 13/18 18 000 8500<br />
DBK 503 1933 492 cm 3 16/22 12 000 6000<br />
RBU 503 1933-34 497 cm 3 10/14 11 100 5700<br />
750 1927-30 740 cm 3 13/18 22 500 11 000<br />
ARIEL<br />
NH Red Hunter 1933-39 348 cm 3 15/20 7500 2700<br />
NH Red Hunter 1945-58 348 cm 3 14/19 6400 2400<br />
VH Red Hunter 1933-39 497 cm 3 20/27 9500 3800<br />
VH Red Hunter 1945-58 497 cm 3 18/26 8000 2700<br />
KH 1948-57 499 cm 3 18/25 7100 2600<br />
Square Four 600 1932-36 601 cm 3 18/26 20 000 8500<br />
Square Four 4G 1937-40 997 cm 3 30/40 15 500 6000<br />
Sqaure Four 4G 1946-53 997 cm 3 30/40 14 000 6000<br />
Square Four MK II 1953-59 997 cm 3 33/45 12 900 5500<br />
AWO/SIMSON<br />
425/425 T 1950-57 247 cm 3 9/12 4200 1500<br />
425 S 1956-62 247 cm 3 10/14 4500 1600<br />
BENELLI<br />
250 1934-40 248 cm 3 6/9 6500 2500<br />
250 Sport 1938-39 248 cm 3 9/12 7000 2700<br />
BMW<br />
R 20 1937-38 192 cm 3 6/8 6000 2500<br />
R 2 1931-36 198 cm 3 6/8 9000 3200<br />
R 39 1925-26 247 cm 3 4/6 28 000 10 000<br />
R 23 1938-40 247 cm 3 7/10 6500 2600<br />
R 24 1948-50 247 cm 3 9/12 5700 2400<br />
R 25 1950-51 247 cm 3 9/12 6500 2400<br />
R 25/2 1951-53 247 cm 3 9/12 6300 2300<br />
R 25/3 1953-56 247 cm 3 10/13 6000 2200<br />
R 26 1956-60 247 cm 3 11/15 6100 2300<br />
R 27 1960-66 247 cm 3 13/18 6500 2300<br />
R 3 1936 305 cm 3 8/11 9400 3400<br />
R 35 1937-40 342 cm 3 10/14 6500 2600<br />
R 4 1932-37 398 cm 3 10/14 10 000 3600<br />
R 5 1936-37 494 cm 3 17/24 27 500 11 000<br />
R 51 1938-40 494 cm 3 17/24 13 000 5400<br />
R 51/2 1950-51 494 cm 3 17/24 11 500 5100<br />
R 51/3 1951-54 494 cm 3 17/24 11 900 5300<br />
R 50 1955-60 494 cm 3 18/26 9200 4300<br />
R 50/2 1960-69 494 cm 3 18/26 8500 4000<br />
R 50 S 1960-62 494 cm 3 26/35 12 800 5800<br />
R 67 1951 594 cm 3 18/26 10 400 4500<br />
R 68 1952-54 594 cm 3 26/35 31 000 16 000<br />
R 67/2 1952-54 594 cm 3 20/28 16 300 6200<br />
R 67/3 1955-56 594 cm 3 20/28 16 500 6300<br />
R 69 1955-60 594 cm 3 26/35 14 400 6500<br />
R 60 1956-60 594 cm 3 20/28 8600 3900<br />
R 60/2 1960-69 594 cm 3 22/30 8000 3600<br />
R 69 S 1960-69 594 cm 3 31/42 16 000 6500<br />
R 6 1937 596 cm 3 13/18 27 500 11 000<br />
R 66 1938-41 597 cm 3 22/30 19 500 8200<br />
R 61 1938-41 597 cm 3 13/18 10 700 4400<br />
R 63 1928-29 735 cm 3 17/24 38 000 17 000<br />
R 16 1929-34 735 cm 3 24/33 29 000 13 000<br />
R 17 1935-37 735 cm 3 24/33 31 000 14 000<br />
R 62 1928-29 745 cm 3 13/18 33 000 16 000<br />
R 11 1929-34 745 cm 3 15/20 19 500 8000<br />
R 12 1935-41 745 cm 3 8/11 14 000 5000<br />
R 71 1938-41 745 cm 3 16/22 11 500 4600<br />
R 75 „Beiwagenkrad“ 1941-44 745 cm 3 18/26 29 000 10 600<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
BROUGH-SUPERIOR<br />
SS 680 ohv 1927-36 674 cm 3 18/25 150 000 60 000<br />
SS 80 1923-40 981 cm 3 25/34 220 000 80 000<br />
SS 100 1924-40 995 cm 3 30/40 250 000 90 000<br />
Model 11.50 1933-40 1096 cm 3 24/32 190 000 70 000<br />
BSA<br />
C 15/C 15 T 1961 247 cm 3 11/15 3800 1400<br />
C 15 SS 80 1961 247 cm 3 13/18 4200 1500<br />
B 25 Starfire 1968-71 247 cm 3 19/25 4500 2000<br />
B 26 Sports 1937-39 248 cm 3 10/13 5500 2500<br />
C 10/C 10 L 1938-57 249 cm 3 6/8 3800 1400<br />
C 11/C 11 G 1939-58 249 cm 3 8/11 4000 1500<br />
B 20 1937-38 249 cm 3 6/8 5500 2500<br />
B 21 1937-39 249 cm 3 7/10 5200 2400<br />
B 22 Empire Star 1937-39 249 cm 3 9/12 5400 2400<br />
B 31-1 1931-33 249 cm 3 5/7 5200 2400<br />
B 33-3 Blue Star 1933-34 249 cm 3 9/12 7500 3300<br />
B 40 1960-71 343 cm 3 16/21 4200 1900<br />
B 40 Sports Star 1962-71 343 cm 3 17/24 4600 2100<br />
ZB 32 Gold Star 1949-54 348 cm 3 19/25 12 500 6500<br />
DB 32 Gold Star Clubman 1954-57 348 cm 3 24/32 16 800 8800<br />
M 19 1937-38 349 cm 3 9/12 5100 2400<br />
B 44 Shooting Star 1968-71 441 cm 3 21/29 5100 2400<br />
S 27 1927 493 cm 3 12/17 10 000 5200<br />
A 7 1946-62 495 cm 3 20/28 5100 2400<br />
A 7 Star Twin/Shooting Star 1949-62 495 cm 3 23/31 5400 2500<br />
Q 8 Empire Star 1936 496 cm 3 13/18 11 000 5000<br />
M 23 Empire Star 1937-40 496 cm 3 10/13 8500 4000<br />
M 24 Gold Star 1938-39 496 cm 3 20/28 10 000 4000<br />
J 12 1936 498 cm 3 16/22 16 000 9000<br />
M 33 1947-57 499 cm 3 12/17 7000 3000<br />
B 33 1947-60 499 cm 3 17/23 6000 2500<br />
DB 34 Gold Star 1955-57 499 cm 3 28/38 13 600 6400<br />
DBD 34 Gold Star Clubman 1956-60 499 cm 3 31/42 17 000 8000<br />
A 50 Star 1962-65 499 cm 3 21/29 6000 2200<br />
A 50 Cyclone/Clubman 1964-65 499 cm 3 26/35 6000 2300<br />
A 50 Wasp/Royal Star 1965-70 499 cm 3 29/39 5500 2500<br />
M 33-11 1933 595 cm 3 18/26 8000 3500<br />
A 10 Golden Flash 1949-63 646 cm 3 25/34 7000 3000<br />
A 10 Road Rocket 1955-57 646 cm 3 30/40 8000 3600<br />
A 10 Super Rocket 1958-63 646 cm 3 31/42 8500 3800<br />
A 10 Rocket Gold Star 1962-63 646 cm 3 34/46 11 000 5000<br />
A 65 Star/Rocket/Clubman 1962-65 654 cm 3 28/38 7000 3000<br />
A 65 Spitfire 1966-68 654 cm 3 41/55 7500 3500<br />
A 65 Firebird 1969-71 654 cm 3 38/52 6500 2700<br />
Y 13 1936 748 cm 3 20/28 28 000 13 500<br />
G 14 1936 986 cm 3 18/25 12 500 7000<br />
DKW<br />
RT 100 1934-36 98 cm 3 2/2 2200 800<br />
RT 3 PS 1936-40 98 cm 3 2/3 2200 800<br />
RT 125/125-1 1940-44 123 cm 3 3/5 2600 1100<br />
RT 125 W 1949-52 123 cm 3 3/5 2700 1100<br />
RT 125-2/125 H 1952-54 123 cm 3 4/6 2600 1100<br />
RT 125 2H 1954-57 123 cm 3 4/6 2600 1100<br />
RT 175 S/175 VS 1955-58 174 cm 3 7/10 2700 900<br />
Block 175 1933 175 cm 3 3/5 3500 1500<br />
RT 175 1954-55 175 cm 3 6/9 2700 700<br />
RT 200/200 H 1951-53 191 cm 3 6/9 3400 1300<br />
Luxus Spezial 200 1929-31 192 cm 3 3/4 4400 2200<br />
Block 200 1931-33 192 cm 3 4/6 4500 1600<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 61
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
SB 200 1933-38 192 cm 3 5/7 4900 2000<br />
RT 200-2/S/VS 1954-57 197 cm 3 8/11 3600 1300<br />
Luxus 200 1929-32 198 cm 3 3/4 4000 2000<br />
ES 200 „Volksrad“ 1930-31 198 cm 3 3/4 4000 1800<br />
ZIS/Z 200 1930-31 198 cm 3 3/4 4300 1600<br />
BM 200 1933 199 cm 3 4/6 3500 1500<br />
KM 200 Luxus 1934-36 199 cm 3 4/6 4000 2000<br />
KS 200 1936-40 199 cm 3 5/7 4000 2000<br />
E 2<strong>06</strong> 1925-28 2<strong>06</strong> cm 3 3/4 4500 2000<br />
RT 250 1952-53 244 cm 3 7/10 3200 1400<br />
RT 250-1 1953-55 244 cm 3 8/11 3100 1400<br />
RT 250-2 1953-55 244 cm 3 10/13 3200 1400<br />
RT 250 S/250 VS 1955-57 244 cm 3 11/15 3200 1400<br />
E 250 1927-28 247 cm 3 4/6 4800 2200<br />
Sport 250 1936-38 247 cm 3 6/9 4800 2200<br />
SB 250 1938 247 cm 3 6/9 4800 2200<br />
NZ 250 1938-41 247 cm 3 6/9 4000 2000<br />
E 300 1927-29 293 cm 3 6/8 5700 2400<br />
Luxus 300 1929-30 293 cm 3 6/8 4300 2200<br />
Luxus-Sport 300 1930-31 293 cm 3 6/9 4700 2500<br />
Block 300 1931-33 293 cm 3 6/8 6500 2500<br />
Block 350 1931-32 345 cm 3 8/11 7300 2600<br />
Sport 250 1933-34 345 cm 3 8/11 4800 2200<br />
SB 350 1934-38 345 cm 3 8/11 6800 2300<br />
NZ 350 1938-43 346 cm 3 8/11 4200 1600<br />
NZ 350-1 1944-45 346 cm 3 8/11 4000 1600<br />
350 S 1955-56 348 cm 3 13/18 4600 1600<br />
NZ 500 1939-41 489 cm 3 13/18 9000 4300<br />
Z 500 1927-29 494 cm 3 9/12 8500 4200<br />
ZSW 500 1928-29 494 cm 3 10/14 9500 4500<br />
Sport 500/Super Sport 500 1930-32 494 cm 3 13/18 12 000 4700<br />
Luxus 500 1929-30 494 cm 3 10/14 8500 4200<br />
Block 500 1933 494 cm 3 11/15 8500 4200<br />
SB 500 1934-39 494 cm 3 11/15 8500 4100<br />
Super Sport 600 1931-32 586 cm 3 16/22 13 500 4900<br />
D-RAD<br />
R 0/4 1926-28 496 cm 3 7/10 9000 4300<br />
R 0/6 1927-29 496 cm 3 7/10 8500 4200<br />
R 1/4 1927 496 cm 3 9/12 9500 4500<br />
R 9 1928-29 496 cm 3 9/12 8900 4300<br />
R 10 1929-31 496 cm 3 15/20 9500 4500<br />
R 11 1931 496 cm 3 12/16 8000 3500<br />
DUCATI<br />
125 Cadet 1967-69 121 cm 3 5/7 2200 700<br />
125 TS/Sport 1958-65 125 cm 3 7/10 4200 1100<br />
160 Monza Junior 1964-67 152 cm 3 12/16 3400 1000<br />
175 Cruiser 1952-54 175 cm 3 5/7 4200 1100<br />
175 TS/Sport 1958-61 175 cm 3 8/11 5000 1500<br />
200 Elite 1959-65 204 cm 3 13/18 4800 1500<br />
200 SS 1959-60 204 cm 3 13/18 5100 1500<br />
250 Diana 1961-66 248 cm 3 17/24 4200 1100<br />
250 Monza 1965-66 248 cm 3 17/24 3500 1200<br />
250 Mach I 1964-66 248 cm 3 20/27 7500 3500<br />
250 Mk III 1967-74 248 cm 3 13/18 5300 1800<br />
250 Desmo 1971-74 249 cm 3 15/20 6000 2200<br />
350 Mk III 1968-74 340 cm 3 17/24 5900 2200<br />
450 Mk III 1968-74 436 cm 3 20/27 6500 2500<br />
450 Desmo 1971-74 436 cm 3 23/31 8000 3000<br />
EMW<br />
R 35/2 1945-52 342 cm 3 10/14 5500 2200<br />
R 35/3 1952-56 342 cm 3 10/14 6000 2300<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
FN<br />
M 70 Sahara 1926-36 350 cm 3 6/9 8000 3000<br />
4 PS 1905-09 362 cm 3 3/4 35 000 16 000<br />
M 13 1947-58 450 cm 3 13/17 9500 4000<br />
6 PS 1910-13 492 cm 3 4/6 36 000 23 000<br />
M 86 1934-40 500 cm 3 11/15 15 000 6500<br />
M 50 1924-26 748 cm 3 9/12 30 000 14 500<br />
GILERA<br />
175/Sirio 1931-36 174 cm 3 5/6 4000 1600<br />
250 L/LE 1937-41 247 cm 3 6/9 4500 2000<br />
350 Sport/Gran Sport/SS 1925-36 346 cm 3 7/10 8500 4200<br />
500 VT/VTGS 1935-41 498 cm 3 18/24 8700 3700<br />
500 VTE/VTGSE 1939-41 498 cm 3 18/24 12 500 7500<br />
Marte 1941-46 498 cm 3 10/14 8000 3000<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
WLD 1945-51 739 cm 3 17/23 13 500 6300<br />
WLA 1941-45 743 cm 3 17/23 14 600 6400<br />
K 1952-55 743 cm 3 22/30 10 000 3400<br />
DL 1929-31 746 cm 3 13/18 24 000 9700<br />
RL 1932-37 746 cm 3 13/18 15 000 5700<br />
KH 1955-57 883 cm 3 28/38 10 000 3500<br />
XL 1957-59 883 cm 3 31/42 10 000 3500<br />
XLC 1958 883 cm 3 31/42 10 000 3500<br />
XLCH 1958-60 883 cm 3 40/55 10 200 3500<br />
XLH/XLCH 1960-66 883 cm 3 40/55 9500 3200<br />
XLH/XLCH 1967-71 883 cm 3 43/58 9000 3000<br />
J 1921-26 988 cm 3 12/16 24 000 10 000<br />
E 1936-45 988 cm 3 22/30 30 000 11 000<br />
E 1946-48 988 cm 3 24/33 28 000 9800<br />
E Hydra Glide 1949-50 988 cm 3 27/37 18 000 7100<br />
EL Hydra Glide 1951-52 988 cm 3 30/40 18 000 7200<br />
JD 1926-29 1207 cm 3 17/24 24 000 10 500<br />
JDH 1929-31 1207 cm 3 12/16 26 000 11 000<br />
F 1941-48 1207 cm 3 31/42 28 700 10 000<br />
F Hydra Glide 1949-50 1207 cm 3 33/45 20 300 7500<br />
FL Hydra Glide 1951-52 1207 cm 3 40/54 21 000 8000<br />
FL 1953-57 1207 cm 3 40/54 21 000 8000<br />
FLE 1953-57 1207 cm 3 48/65 20 900 7500<br />
FL Duo Glide 1958-64 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1965 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1966-71 1207 cm 3 42/57 16 000 6800<br />
VL 1932-34 1208 cm 3 22/30 16 000 6500<br />
VLD 1934-36 1208 cm 3 26/35 16 000 6500<br />
U 1937-48 1208 cm 3 24/32 19 000 7600<br />
VLH 1936-38 1340 cm 3 25/34 26 000 12 000<br />
HERCULES<br />
313 1951-57 123 cm 3 5/6 3500 1500<br />
319 1953-56 173 cm 3 6/9 3600 1500<br />
320 1953-56 173 cm 3 6/9 3600 1500<br />
317 1953-56 197 cm 3 8/11 3700 1500<br />
322 1953-58 246 cm 3 11/15 4700 1800<br />
HONDA<br />
CB 92 1960-65 124 cm 3 11/15 8500 4200<br />
CB 72 1960-66 247 cm 3 18/24 8800 4300<br />
CB 77 1962-65 305 cm 3 21/29 8600 4200<br />
HOREX<br />
Regina 250 1953-56 248 cm 3 12/17 6200 2400<br />
Resident 250 1956 248 cm 3 13/18 6000 2200<br />
SB 35 1938-39 342 cm 3 13/18 7100 3400<br />
SB 35 1948-50 342 cm 3 13/18 7100 3400<br />
Regina 350 1950-53 342 cm 3 13/18 7200 3600<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Regina 350 1953-56 342 cm 3 14/19 7200 3600<br />
Regina Sport 350 1952 342 cm 3 15/20 8000 4500<br />
Resident 350 1955-56 349 cm 3 16/22 6400 2400<br />
Imperator 400 1954-58 392 cm 3 18/26 11 000 4700<br />
Regina 400 1953-56 399 cm 3 16/22 8400 4200<br />
Imperator 450 S 1958-59 452 cm 3 22/30 11 500 5000<br />
T 5 1924-36 492 cm 3 12/16 15 200 6000<br />
S 64/SS 64 1935-37 587 cm 3 16/22 15 000 6600<br />
T 6 1924-36 591 cm 3 14/19 15 500 5600<br />
INDIAN<br />
Prince 1925-28 348 cm 3 5/6 12 000 5500<br />
741 Army Scout 1940-44 500 cm 3 10/13 20 000 8000<br />
37 CID Scout 1920-28 596 cm 3 8/11 23 500 10 800<br />
101 Scout 1928-31 745 cm 3 13/18 21 000 9600<br />
Sport Standart 1931-37 745 cm 3 18/25 20 900 8000<br />
Sport Scout 1934-44 745 cm 3 22/30 25 000 10 500<br />
841 Military 1941-44 745 cm 3 22/30 20 700 7700<br />
61 CID Powerplus 1916-24 998 cm 3 13/18 25 000 12 500<br />
Chief 1922-28 1000 cm 3 13/18 26 000 12 900<br />
74 CID Chief 1923-48 1207 cm 3 22/30 31 700 13 500<br />
Four 1928-35 1265 cm 3 22/30 49 000 20 000<br />
Four 1936-37 1265 cm 3 26/35 43 000 18 500<br />
Four 1938-42 1265 cm 3 30/40 45 000 21 000<br />
80 CID Chief Black Hawk 1950-53 1313 cm 3 30/40 32 900 14 000<br />
JAWA<br />
175 1932-37 172 cm 3 5/6 2400 900<br />
250 1936-40 246 cm 3 6/9 2900 1100<br />
250 1946-53 249 cm 3 6/9 2600 1000<br />
353 1954-61 249 cm 3 9/12 2500 900<br />
559 1962-70 249 cm 3 10/14 2000 600<br />
350 1948-53 344 cm 3 10/13 3400 1300<br />
354 1954-61 344 cm 3 12/16 3500 1200<br />
350 California 1966-69 344 cm 3 13/18 3300 1100<br />
500 1952-58 488 cm 3 18/26 8000 3000<br />
KAWASAKI<br />
A 1 Samurai 1966-71 247 cm 3 23/31 3000 1000<br />
A 7 Avenger 1967-71 338 cm 3 31/42 3300 1100<br />
650 W1/W2 1966-74 624 cm 3 37/50 11 500 5000<br />
LAVERDA<br />
650 1968 654 cm 3 33/45 7500 4500<br />
750 1968-69 743 cm 3 36/49 7200 3900<br />
750 S 1969-70 743 cm 3 44/60 10 400 5500<br />
MAICO<br />
MD 125 1967-76 125 cm 3 10/14 1800 600<br />
M 175/S 1951-59 174 cm 3 6/9 2700 1000<br />
M 175 Super Sport 1956-60 174 cm 3 11/15 3200 1200<br />
MD 250/WK 1974-83 245 cm 3 20/27 2200 800<br />
Blizzard 1955-68 247 cm 3 11/15 4000 2200<br />
M 250 B 1958-66 247 cm 3 11/15 3400 1300<br />
Taifun 1954-58 394 cm 3 16/22 6000 2800<br />
MATCHLESS<br />
G 3 1940-66 348 cm 3 12/16 5000 2500<br />
Silver Arrow 1930-34 394 cm 3 13/18 9800 3700<br />
Clubman 1936-40 497 cm 3 17/23 13 700 4700<br />
G 80 1945-66 498 cm 3 17/23 8000 3100<br />
G 9 1949-61 498 cm 3 21/29 7000 3600<br />
Silver Hawk 1931-34 593 cm 3 20/28 14 400 5000<br />
G 12 1958-66 646 cm 3 26/36 8500 3900<br />
G 15 1964-69 745 cm 3 36/49 9000 4100<br />
Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid,<br />
Norbert Lehmann. Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp<br />
(Vorsitz), Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
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Corsaro 125 1959-68 122 cm 3 6/8 2700 1100<br />
125 Super Sport 1948-51 123 cm 3 5/7 2400 1000<br />
175 Turismo 1953-57 172 cm 3 6/8 3500 1300<br />
175 Grand Turismo 1954-57 172 cm 3 8/11 4800 1700<br />
175 Super Sport 1955-57 172 cm 3 10/13 5400 1900<br />
175 Settebello 1954-57 172 cm 3 12/17 6200 2200<br />
Tresette Sprint 1958-63 172 cm 3 10/13 5500 2100<br />
MOTOBI<br />
Sprite 1963-66 198 cm 3 10/14 3600 1300<br />
250 SS 1967-73 245 cm 3 12/17 4800 1600<br />
Gran Sport 250 1955-60 247 cm 3 9/12 4800 1800<br />
MOTO GUZZI<br />
P 175 1932-37 174 cm 3 5/7 7100 3000<br />
P 250 1934-40 238 cm 3 6/9 7400 3200<br />
Airone 1939-40 247 cm 3 6/9 5500 2600<br />
Airone Sport 1948-57 247 cm 3 10/14 5300 2600<br />
Normale 1921-24 498 cm 3 6/8 15 000 6500<br />
Sport 1923-28 498 cm 3 10/13 12 000 5200<br />
Sport 14/15 1929-39 498 cm 3 10/13 10 800 4700<br />
GTW 1935-49 498 cm 3 16/22 15 000 7000<br />
GTC 1937-39 498 cm 3 19/26 18 000 8400<br />
Astore 1949-53 498 cm 3 14/19 9600 4600<br />
Falcone 1950-67 498 cm 3 14/19 6500 3100<br />
Falcone Sport 1953-67 498 cm 3 17/23 7800 3800<br />
V 7 700 1966-76 704 cm 3 30/40 7600 3700<br />
V 7 Spezial 1968-73 757 cm 3 37/50 5900 2900<br />
MÜNCH<br />
TTS 1200 1968-79 1177 cm 3 65/88 70 000 42 000<br />
TTS-E 1200 1973-79 1177 cm 3 74/100 75 000 45 000<br />
MZ (BIS 1956: IFA)<br />
RT 125 1950-54 123 cm 3 3/5 2800 1200<br />
RT 125/125-1/125-2/125-3 1954-62 123 cm 3 4/6 2900 1000<br />
ES 125 1962-69 123 cm 3 6/8 1900 800<br />
ES 150 1962-68 143 cm 3 7/10 2100 900<br />
ES 175/175-1 1956-67 172 cm 3 7/10 2300 900<br />
ES 175-2 1967-72 172 cm 3 10/14 2300 900<br />
ES 250 (Doppelport) 1956-57 247 cm 3 10/14 2900 1300<br />
ES 250-1 1962-67 247 cm 3 12/16 2400 900<br />
ES 300 1963-65 293 cm 3 13/18 3000 1200<br />
BK 350 1952-58 343 cm 3 11/15 3200 1100<br />
NORTON<br />
Model 40 International 1932-39 348 cm 3 17/24 13 500 7000<br />
Model 40 International 1946-58 348 cm 3 17/24 18 500 10 500<br />
Model 50 1933-39 348 cm 3 15/20 5100 2000<br />
Model 50 1955-63 348 cm 3 15/20 6200 3000<br />
Model 55 1933-39 348 cm 3 16/22 5500 2200<br />
CJ 1929-39 348 cm 3 16/22 14 000 5500<br />
Model 40 M „Manx“ 1946-63 349 cm 3 26/35 25 000 15 000<br />
CS 1 1927-39 490 cm 3 20/28 23 300 8900<br />
Model 30 International 1933-39 490 cm 3 22/30 17 500 9700<br />
Model 30 International 1946-58 490 cm 3 22/30 17 000 9500<br />
ES 2 1932-47 490 cm 3 16/21 7500 3500<br />
ES 2 1947-63 490 cm 3 16/21 6000 3000<br />
ES 2 1965-66 490 cm 3 16/21 5600 2800<br />
Dominator Model 7 1949-56 497 cm 3 21/29 7000 2900<br />
Dominator 88 1952-66 497 cm 3 21/29 7200 3200<br />
Stand: April <strong>2016</strong><br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Model 30 M „Manx“ 1946-63 498 cm 3 35/48 30 000 18 000<br />
650 1961-63 646 cm 3 33/45 6900 3200<br />
650 DeLuxe 1962 646 cm 3 33/45 8700 4000<br />
650 Super Sport 1961-69 646 cm 3 36/49 8500 4000<br />
Atlas 1962-68 745 cm 3 38/52 12 000 5700<br />
Ranger 1968 745 cm 3 42/58 13 000 6000<br />
NSU<br />
Pony 100 1937-40 97 cm 3 2/3 3200 1200<br />
Quick 1936-40 97 cm 3 2/3 2500 1000<br />
Quick 1945-53 97 cm 3 2/3 2400 1000<br />
Fox (Viertakt) 1949-54 98 cm 3 4/6 3200 1400<br />
125 ZDB 1947-51 123 cm 3 4/5 2900 1300<br />
Fox (Zweitakt) 1951-54 123 cm 3 4/5 2800 1200<br />
Superfox 1955-57 123 cm 3 7/9 2900 1200<br />
Maxi 1957-64 174 cm 3 9/12 3500 1500<br />
201 ZD Pony 1935-37 198 cm 3 4/6 3000 1200<br />
201 ZDB 1938-40 198 cm 3 5/7 3200 1200<br />
Lux 1951-54 198 cm 3 6/8 2900 1500<br />
Superlux 1954-56 198 cm 3 8/11 3500 1600<br />
251 OSL 1947-52 242 cm 3 7/10 4200 1800<br />
Max 1951-56 247 cm 3 11/15 4500 1800<br />
Supermax 1956-63 247 cm 3 13/18 5000 2100<br />
351 OSL 1934-40 346 cm 3 13/18 9000 4000<br />
Konsul 1951-53 346 cm 3 13/18 6800 2800<br />
351 S/OS 1932-35 348 cm 3 12/17 10 000 4500<br />
501 T 1927-29 494 cm 3 8/11 10 500 4000<br />
501 TS 1930-36 494 cm 3 8/11 8400 3200<br />
500 SS 1931-34 494 cm 3 16/22 30 000 12 700<br />
501 OSL 1935-39 494 cm 3 16/22 11 000 4200<br />
Konsul II 1951-54 494 cm 3 16/22 8800 3200<br />
601 OSL 1936-41 562 cm 3 18/24 11 500 4400<br />
601 TS 1930-39 592 cm 3 10/14 8700 3400<br />
8 PS 1914-21 996 cm 3 8/11 19 000 6800<br />
PUCH<br />
LM 1923-27 122 cm 3 1/2 4500 2000<br />
125 T 1946-50 125 cm 3 3/5 2800 1000<br />
175 SV 1953-67 172 cm 3 7/10 2800 800<br />
175 „Harlette“ 1925-27 173 cm 3 2/3 4500 2100<br />
200 1937-40 198 cm 3 4/6 3500 1300<br />
250 1929-33 248 cm 3 4/6 5000 2500<br />
250 E/L 1933-37 248 cm 3 5/7 4700 2200<br />
250 S 4 1934-42 248 cm 3 7/10 5500 2500<br />
250 TF 1949-54 248 cm 3 9/12 4000 1600<br />
250 SGS 1953-67 248 cm 3 12/16 4600 1500<br />
250 SGS 1967-70 248 cm 3 12/16 4600 1500<br />
250 SG 1954-69 248 cm 3 10/14 4600 1500<br />
500 Z/N/V 1931-35 496 cm 3 10/14 11 000 4200<br />
ROYAL ENFIELD<br />
RE 125/„Flying Flea“ 1945-53 126 cm 3 2/3 2600 900<br />
250 Clipper/Clipper II 1953-65 248 cm 3 10/14 3600 1400<br />
Crusader 1956-62 248 cm 3 10/13 3500 1400<br />
Continental 1962-65 248 cm 3 15/20 3800 1500<br />
Continental GT 1964-67 248 cm 3 15/21 4500 2100<br />
Mod. G 1945-54 346 cm 3 11/15 5000 2000<br />
350 Bullet 1949-65 346 cm 3 13/18 5900 2400<br />
350 Clipper 1955-62 346 cm 3 11/15 4500 1800<br />
500 Twin 1949-58 495 cm 3 18/25 6500 2600<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Meteor Minor 1958-63 496 cm 3 22/30 6500 2500<br />
Mod. J 1936-40 499 cm 3 16/22 8500 3800<br />
Mod. J 1945-55 499 cm 3 15/21 7000 3100<br />
500 Bullet 1952-62 499 cm 3 18/25 6000 2400<br />
700 Meteor 1952-55 693 cm 3 26/36 7000 2500<br />
Super Meteor 1955-62 693 cm 3 30/40 7300 2600<br />
Constellation 1958-63 693 cm 3 37/51 7500 2800<br />
Interceptor 1962-70 736 cm 3 38/52 8000 3000<br />
Mod. K 1937-39 1140 cm 3 19/26 15 500 6500<br />
RUDGE<br />
350 Standard 1929-34 348 cm 3 12/16 8400 3000<br />
500 Special 1937-39 499 cm 3 17/23 11 000 5000<br />
500 Ulster 1939-39 499 cm 3 20/28 16 000 6600<br />
SUZUKI<br />
T 20 1965-68 250 cm 3 19/26 3900 1400<br />
T 250 1968-72 250 cm 3 24/33 3700 1200<br />
T 500 1967-75 492 cm 3 35/47 4700 1800<br />
TRIUMPH (D)<br />
BDG 125/H/L 1949-57 123 cm 3 4/6 3000 900<br />
Cornet 1953-57 197 cm 3 7/10 3500 1200<br />
BD 250 1939-42 248 cm 3 9/12 4100 2000<br />
BDG 250/H 1949-56 248 cm 3 8/11 4100 1700<br />
Boss 1953-56 344 cm 3 12/16 4700 2000<br />
SSK 350 1930-33 346 cm 3 11/15 12 000 6500<br />
Kongress 1934-37 346 cm 3 6/9 7500 4000<br />
S 350 1936-38 346 cm 3 9/12 3300 1100<br />
T 3 1928 494 cm 3 11/15 9000 4500<br />
T 500 1930-32 496 cm 3 10/13 8300 4200<br />
STM 500 1932-36 496 cm 3 15/20 11 000 5500<br />
TRIUMPH (GB)<br />
3 H 1937-39 343 cm 3 15/20 5000 2800<br />
3 T 1945-51 349 cm 3 15/20 4500 1600<br />
3 TA 1957-66 349 cm 3 15/20 4000 1500<br />
Tiger 100 1960-75 490 cm 3 23/32 6000 3000<br />
5 TA Speed Twin 1959-66 490 cm 3 20/27 6000 2000<br />
5 T Speed Twin 1937-39 499 cm 3 20/27 10 000 4500<br />
5 T Speed Twin 1945-58 499 cm 3 18/25 6000 2400<br />
Tiger 100 1938-39 499 cm 3 24/33 9500 4000<br />
Tiger 100 1945-59 499 cm 3 22/30 6000 3000<br />
Mod. 6/1 1934-36 647 cm 3 18/25 11 000 4000<br />
T 110 1954-62 649 cm 3 31/42 7500 3500<br />
6 T Thunderbird 1950-66 649 cm 3 25/34 7500 3500<br />
T 120 Bonneville 1958-70 649 cm 3 34/46 7500 3000<br />
T 120 R Bonneville 1971-73 649 cm 3 37/50 7400 3000<br />
VELOCETTE<br />
LE 1948-50 149 cm 3 4/6 3200 1200<br />
LE 1951-70 192 cm 3 6/8 3500 1300<br />
KSS 1925-48 348 cm 3 14/19 11 000 4000<br />
MAC 1946-60 349 cm 3 10/14 6500 2800<br />
Venom 1956-70 499 cm 3 26/36 10 000 6000<br />
Venom Thruxton 1964-70 499 cm 3 30/41 20 000 10 000<br />
VICTORIA<br />
KR 20 EN/LN 1937-40 197 cm 3 5/7 2800 1100<br />
KR 20 1928-32 198 cm 3 4/5 4500 1500<br />
KR 21 Swing 1954-57 198 cm 3 8/11 4500 2000<br />
KR 25 Aero 1949-52 247 cm 3 6/9 3900 1500<br />
KR 25 HM 1951-54 247 cm 3 8/11 3700 1500<br />
KR 26 1953-57 247 cm 3 10/14 3000 1000<br />
KR 35 SN 1938-39 342 cm 3 13/18 5000 2000<br />
KR 35 SS 1938-39 342 cm 3 15/20 8000 3500<br />
KR 35 WH 1938-44 342 cm 3 13/18 4500 2000<br />
KR 35 1928-33 344 cm 3 9/12 7700 3500<br />
V 35 Bergmeister 1953-55 347 cm 3 15/21 6500 3000<br />
KR I 1920-24 494 cm 3 4/6 16 500 8500<br />
KR 9 Fahrmeister 1936-38 496 cm 3 11/15 11 500 5000<br />
KR 50 1930-33 498 cm 3 10/14 9000 3500<br />
KR 50 S 1930-33 498 cm 3 13/18 9500 3600<br />
KR II 1922-24 499 cm 3 6/9 15 500 8300<br />
KR III 1924-26 499 cm 3 9/12 15 000 8000<br />
KR VI 1927-38 596 cm 3 13/18 12 000 6800<br />
VINCENT/H.R.D.<br />
Meteor 1946-50 499 cm 3 18/26 11 000 5000<br />
Comet 1948-54 499 cm 3 21/28 24 000 7500<br />
Rapide B/C/D 1946-55 998 cm 3 33/45 60 000 32 000<br />
Black Shadow B/C 1948-54 998 cm 3 40/55 90 000 50 000<br />
Black Shadow D 1955 998 cm 3 40/55 100 000 55 000<br />
Black Knight 1955 998 cm 3 33/45 75 000 40 000<br />
Black Prince 1955 998 cm 3 40/55 80 000 45 000<br />
ZÜNDAPP<br />
B 170 „Zugvogel“ 1932 169 cm 3 3/4 3800 1500<br />
200 S 1955-57 197 cm 3 9/12 2700 900<br />
201 S 1956-58 197 cm 3 9/12 2800 900<br />
S 200 1930-31 198 cm 3 4/6 3300 1100<br />
OK 200 1933 198 cm 3 6/8 4000 1300<br />
DB 200 1935-40 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DBK 200 1936-38 198 cm 3 5/7 3800 1500<br />
K 200/KK 200 1933-36 198 cm 3 5/7 4600 1800<br />
DB 201 1950-51 198 cm 3 5/7 3100 1300<br />
DB 202 1951-52 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DB 203 Comfort 1952-53 198 cm 3 6/9 3200 1300<br />
DB 204 Norma 1952-53 198 cm 3 6/8 2800 1000<br />
DB 234 Luxus 1953-55 198 cm 3 6/9 2900 1000<br />
DB 205 Elastic 200 1953-55 198 cm 3 6/9 3000 1000<br />
250 S 1956-63 245 cm 3 10/14 3300 1100<br />
DB 255 Elastic 250 1953-55 246 cm 3 10/13 3400 1200<br />
DB 250 1937-39 247 cm 3 6/8 3700 1500<br />
DBK 250 1937-39 247 cm 3 6/8 4400 1700<br />
EM 250 1925-27 249 cm 3 3/4 6000 2600<br />
DS 350 1937-40 346 cm 3 12/17 6500 2800<br />
K 350 1935-36 349 cm 3 9/12 6300 2600<br />
K 500 1933-40 498 cm 3 10/13 8500 3400<br />
KS 500/KKS 500 1936-39 498 cm 3 18/24 11 500 3800<br />
KS 601 1950-57 592 cm 3 21/28 14 000 5500<br />
KS 601 Sport 1952-58 592 cm 3 25/34 12 000 5000<br />
KS 600 1938-41 597 cm 3 21/28 12 000 5300<br />
KS 600 1949-50 597 cm 3 21/28 11 600 4900<br />
KS 750 „Beiwagenkrad“ 1940-44 751 cm 3 18/26 28 000 10 000<br />
K 800 1933-38 791 cm 3 15/20 19 500 9000<br />
VORSCHAU<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Youngtimer von<br />
1970 bis 1990<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 65
LESERBRIEFE<br />
Der Fahrer ist bekannt – aber wer kennt diese NSU?<br />
Foto: Raßmann Foto:Triumph Foto: Leitner<br />
Neue Triumph: aufgemotztes Schaf im Wolfspelz?<br />
Dösen statt lesen:<br />
Hündin Antonia liebt das Heft<br />
Familienhistorie<br />
Leser Leitner bittet um Hilfe bei der<br />
Ermittlung des gezeigten NSU-<br />
Modells.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Leserhilfe<br />
Guten Tag, ich schicke Ihnen ein<br />
Foto meines Großvaters auf einem<br />
NSU-Modell, dessen Typ ich nicht<br />
identifizieren kann. Aufgrund des<br />
geschätzten Alters und Geburtsjahres<br />
des Fahrers komme ich zu<br />
dem Schluss, dass die Aufnahme<br />
ungefähr 1930 auf die Platte gebannt<br />
wurde.<br />
Das Bild wurde damals in<br />
Großvaters oberbayerischem<br />
Heimatort Mehring, nahe Burghausen<br />
aufgenommen. Insbesondere<br />
die runde Dose links am<br />
Motor verwundert mich. Sie<br />
scheint nachgerüstet zu sein.<br />
Meiner Meinung nach handelt<br />
es sich um ein V2-Modell, eventuell<br />
sogar ein 1000-cm³-Sportmodell?<br />
Es wäre schön, wenn<br />
Sie mir weiterhelfen könnten,<br />
zumal ich selbst mehrere NSU-<br />
Motorräder besitze, unter anderem<br />
eine 201R aus dem Jahr<br />
1928.<br />
Danke und freundliche Grüße<br />
Johannes Leitner, Taching am See<br />
Nochmals<br />
Faster Sons<br />
Das Thema Neo-Klassiker von<br />
Yamaha beschäftigt die Leser<br />
nach wie vor und spült weitere<br />
Zuschriften in die Redaktion.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2016</strong><br />
Hallo, nachdem die Reaktionen der<br />
Leser ja durchaus zahlreich veröffentlicht<br />
wurden, möchte ich auch<br />
noch kurz meine Erwartungshaltung<br />
zum Thema „Neo-Klassiker von Yamaha“<br />
loswerden: Die hat ein italienischer<br />
Motorraddesigner bereits im Februar 2014<br />
„zu Papier“ gebracht: http://mo tosketches.blogspot.de/2014_02_01_archive.html.<br />
Sowohl MT-09 (aufwendig) als auch<br />
MT-07 (einfach) im Yamaha TZ-Design –<br />
dafür würden sie mein Geld sofort bekommen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Matthias Schündehütte, per E-Mail<br />
Habe die vernichtende und auch berechtigte<br />
Kritik an der Yamaha XSR 700 verfolgt<br />
und kann den Stimmen darüber nur<br />
zustimmen. Aber ich wollte eigentlich die<br />
Triumph Thruxton R ansprechen, welche<br />
optisch wie ein extrem sportliches Superbike<br />
von anno dazumal aufgemotzt wurde,<br />
aber weder Fisch noch Fleisch ist, sozusagen<br />
ein Schaf im Wolfspelz und mit<br />
veralteter Technik noch dazu viel zu teuer.<br />
Wer soll denn solch eine Maschine kaufen?<br />
Die Bonneville T120 trifft das Thema<br />
da schon viel ehrlicher, allerdings stört<br />
mich hier wie bei allen Retro-Motor rädern<br />
die schwarze Farbe des Motors und<br />
Schalldämpfers. Jegliche Chrom- und<br />
polierte Aluteile suche ich bei fast allen<br />
Retro-Motorrädern vergeblich (Ausnahme<br />
Honda CB 1100 EX). Und die unverfälschte,<br />
ehrlichste <strong>Classic</strong>-Maschine, die<br />
Yamaha XJR 1300, welche auch leistbar<br />
war, wird leider eingestellt. Warum baut<br />
Thriumph nicht auf der Basis der fantastischen<br />
Dreizylinder der Street Triple oder<br />
der Speed Triple einen Café Racer, eventuell<br />
mit den wunderschönen dreifachen<br />
Auspufftüten der amerikanischen Triumph<br />
X75? Von solchen wunderschönen<br />
Geräten à la Suzuki GS und GT 750 oder<br />
Kawasaki H1 werden viele von uns in naher<br />
Zukunft wohl nur träumen können.<br />
Johann Kneissl, Rottenmann (Österreich)<br />
Italo-Western<br />
Inspiriert durch den Bericht über die<br />
Moto Guzzi V7 ruft Leser Brendel alle<br />
California-Besitzer auf, zum Treffen in<br />
Templin zu kommen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4/<strong>2016</strong><br />
Ihr Bericht über die Moto Guzzi V7, anlässlich<br />
ihres 50. Geburtstages, und die<br />
berechtigten Anmerkungen zur großen<br />
Bedeutung Amerikas für ihren Erfolg animieren<br />
mich zu dem Hinweis auf das<br />
Guzzi California-Treffen in Templin. Dort<br />
soll am 2. Juli <strong>2016</strong> versucht werden, im<br />
Ausflugsziel „El Dorado” einmal alle Modelle<br />
der Moto Guzzi California-Baureihe<br />
zu versammeln, von der ersten Ambassador<br />
750 bis zur aktuellen Eldorado 1400.<br />
Originale GT 850 California dürften fast<br />
leichter zu finden sein als unverbastelte<br />
Cali II oder die ausschließlich in den USA<br />
verkauften Cali III mit Vollverkleidung.<br />
Man darf gespannt sein, was alles zum<br />
Familientreffen kommen wird …<br />
Markus Brendel, Bernau<br />
Einspritzer<br />
Nicht nur Leser Raßmann, auch MOTOR-<br />
RAD <strong>Classic</strong> scheint nun auf (bzw. unter)<br />
den Hund gekommen zu sein.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4/<strong>2016</strong><br />
Hallo liebe <strong>Classic</strong>-Redaktion, mit dem<br />
vorletzten Heft habt Ihr mir wieder eine<br />
große Freude bereitet. Dies findet auch<br />
unsere Hündin Antonia. Sie gibt die Zeitschrift<br />
nicht mehr her! Interessant war<br />
66 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
auch der Bericht über die Kawasaki Z<br />
1000 mit Einspritzung. So langsam müssen<br />
wir uns in unseren Oldiewerkstätten<br />
auch mit solchen Sachen beschäftigen.<br />
Wie wäre es mal mit einem Vergleich der<br />
ersten Einspritzer-Motorräder? Weiterhin<br />
viel Spaß beim Schreiben und Fahren.<br />
Stefan Raßmann, per E-Mail<br />
Laverda-Jünger<br />
Laverda-Liebhaber halten zusammen –<br />
wie das Beispiel von Leser (und Ducati-<br />
Fahrer?) Schöne beweist.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2016</strong><br />
Liebe Redaktion, ein wirklicher Lichtblick<br />
am Sternenhimmel der Retro <strong>Classic</strong>s war<br />
der Stand der Laverda-Freunde Leonberg.<br />
Toll gemacht – lebendig, siehe mein angehängtes<br />
Bild.<br />
Ich bin extra aus der Schweiz angereist,<br />
um eine Unterschrift von Piero Laverda<br />
zu bekommen. Leider kam dieser<br />
erst einen Tag später nach Stuttgart – die<br />
Laverda-Freunde haben mir dankenswerterweise<br />
ein Autogramm organisiert und<br />
das Bild samt Unterschrift dann per Post<br />
zugeschickt. Das nennt man wirklich Motorrad-Kameradschaft.<br />
Ein Dank an den<br />
Präsi Karl Roller und seine Kollegen.<br />
Herzliche Grüße aus der Schweiz,<br />
Ducati-Jürgen<br />
Jürgen Schöne, per E-Mail<br />
Foto: Schmieder<br />
Der Laverda-Stand bei der Retro <strong>Classic</strong>s begeisterte<br />
Dunstall oder nicht – Hauptsache Briten-Twin<br />
Foto: Himmelsbach<br />
Foto: Schöne<br />
Früh übt sich: Nachwuchs-Leser Bennett<br />
mit Opa Ernst Himmelsbach<br />
Dunstall<br />
oder nicht?<br />
Leser Seifert wehrt sich im Namen der<br />
Norton gegen die „Dunstallisierung“.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4/<strong>2016</strong><br />
Lieber Herr Schmieder,<br />
wenn die angebliche „Dunstall-Norton“<br />
auf Seite 29 reden könnte, würde sie sagen:<br />
„Ich bin ein Norton Commando Production<br />
Racer, oder zumindest die Replika eines<br />
solchen, und an mir befindet sich glücklicherweise<br />
kein einziges Teil von Paulchen<br />
Dünstel!“<br />
Joe Seifert<br />
Norton Motors GmbH/<br />
Andover Norton Ltd<br />
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SZENE I<br />
Harley-Davidson Model 11F und Indian Twin Model F<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Hundertschaft<br />
Zwei alte Eisen fordern Gerechtigkeit: Eine<br />
Indian, Baujahr 1914, und eine Harley von<br />
1915 beweisen eindringlich, dass an den<br />
ersten Kapiteln der Motorradgeschichte auch<br />
außerhalb Europas geschrieben wurde.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 69
SZENE I<br />
Harley-Davidson Model 11F und Indian Twin Model F<br />
Wenn unkundige Betrachter auf Oldtimer<br />
aus der Pionierzeit blicken, verfallen sie<br />
oft genug in spöttelnde Heiterkeit. Was<br />
natürlich in diesem Magazin sofort als unhistorisch<br />
gebrandmarkt werden muss, angesichts schaukeliger<br />
Vorderradführungen, unbekannter Hebel und<br />
Schalter oder merkwürdiger Radgrößen aber immerhin<br />
mildes Verständnis wecken sollte. Oder rührt<br />
diese humorige Distanz womöglich vom mangelnden<br />
Ruhm, vom heute unbekannten Namen manchen<br />
Kraftrads? Ein über 100-jähriges US-Duo nämlich,<br />
das belächelt niemand. Harley-Davidson und<br />
Indian, die erste piekfein restauriert, die zweite im<br />
auffälligen Originalzustand, wecken tiefes Interesse<br />
und respektvolles Staunen, als sie von ihrem Besitzer<br />
unters Volk geschoben werden. Allerdings, das<br />
sei zugegeben, nutzt Gert Holmersma ein großes<br />
nostalgisches Fest nahe seiner friesischen Heimat,<br />
um die beiden V-Twins vorzuführen: Umringt von<br />
uralten Traktoren, Fahrrädern, Pferdewagen, sogar<br />
Dampfmaschinen fallen sie nicht wirklich aus dem<br />
Rahmen.<br />
Mit aktuellen Motorrädern kann Gert schon lange<br />
nichts mehr anfangen, Youngtimer hat er übersprungen,<br />
die Nachkriegsära ebenso, und ist mit<br />
seiner Leidenschaft für alte Mechanik gleich in den<br />
Golden Twenties aufgeschlagen. Als es ihm auch da<br />
zu glatt und perfekt wurde, hat der 51-Jährige sich<br />
bis nah an die Anfänge vorgesammelt, und zu seinen<br />
liebsten Schätzen zählen nun eben eine Harley-<br />
Davidson Model 11F und eine Indian Twin Model F.<br />
Mit denen geht er genauso um wie mit all seinen<br />
Motorrädern: Er nutzt sie und hat Spaß dabei. Gemeinsam<br />
übrigens mit seiner Partnerin Thea Bron,<br />
die hat zwar nicht immer Lust auf komplizierte<br />
Bedienungsmuster, aber immer öfter. Und andernfalls<br />
fährt Thea einfach eine alte DKW NZ 350.<br />
Dabei geht das gemeinsame Programm über kleine<br />
70 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Ausfahrten im Rahmen irgendwelcher Treffen weit<br />
hinaus. Letztes Jahr etwa hat Gert mit der Indian an<br />
die 2500 Kilometer abgespult. Das hält er für völlig<br />
normal. „Was soll hier denn kaputtgehen?“, verweist<br />
er mit rundum lachendem Gesicht auf die<br />
offen liegende Technik, dann tritt er den Kickstarter<br />
und brummt los.<br />
Man stelle sich das vor: Dieses Teil ist kurz vor<br />
Ausbruch des Ersten Weltkriegs gebaut worden. Es<br />
ist durch Lande gerauscht, die den unseren nur<br />
noch entfernt ähneln. Und fährt immer noch, ungerührt<br />
von allen Zeitenläufen, tut gar so, als werde<br />
sich daran auch in den nächsten 100 Jahren nichts<br />
ändern. Wenn das keinen Respekt abnötigt. Zu<br />
selbstbewusstem Auftritt hatte diese Indian allerdings<br />
schon in ihrem Geburtsjahr jeden Grund,<br />
denn mit knapp 32 000 Einheiten galt ihr Hersteller,<br />
die Hendee Manufacturing Company aus Springfield/Massachusetts,<br />
als größter Motorradhersteller<br />
der Welt. Bereits damals machten die 1907 vorgestellten<br />
V-Zweizylinder rund 90 Prozent der Produktion<br />
aus und sorgten für satte Gewinne. Von<br />
Firmen-Miteigner Oscar Hedstrom entwickelt, hatten<br />
die Twins von Anfang an den markentypischen<br />
42-Grad-Zylinderwinkel; sie entstanden zunächst<br />
mit 640 cm³ fürs fahrende Volk und mit 988 für den<br />
Sportsmann, bald jedoch kriegten alle den ganzen<br />
Liter. Seit 1908 besaßen sie je zwei wechselgesteuerte<br />
Ventile (Einlass über Auslass), zu deren Betätigung<br />
eine zentrale Nockenwelle und dank gewitzter<br />
Kipp- und Winkelhebel nur je ein Nocken für<br />
Ein- und Auslass genügten. Die meisten Twins vertrauten<br />
der einfachen Magnetzündung, der Vergaser<br />
stammte eigentlich von Indian selbst (Hedstrom-Vergaser),<br />
wurde aber – wie bei Gerts Maschine<br />
– gern gegen das von der US-Firma Schebler<br />
speziell angebotene und milde leistungssteigernde<br />
Pendant getauscht.<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 71
SZENE I<br />
Harley-Davidson Model 11F und Indian Twin Model F<br />
Von der kleinen<br />
Hinterhof-Klitsche<br />
entwickelte sich<br />
Harley zum echten<br />
Indian-Gegner<br />
Sieben PS qualifizierten die<br />
Indian zum prima Langstreckenmotorrad,<br />
und genau deshalb<br />
hatte sie die viel schwächeren<br />
und seit 1901 gebauten Einzylinder<br />
in der Bestsellerliste<br />
weit hinter sich gelassen. Die<br />
Einführung von Kupplung und<br />
Zweiganggetriebe steigerte ab 1910 ihre diesbezüglichen<br />
Fähigkeiten, galt obendrein als Ausdruck<br />
frischen, modernen Ingenieurgeistes. Bahnbrechend<br />
jedoch waren die ab demselben Jahr verbaute vordere<br />
Kurzarmschwinge und noch mehr die ab 1913<br />
wahlweise erhältliche Federung der Hinterradschwinge.<br />
Nur zur Erinnerung: Die meisten Europäer<br />
zogen hinten ungefähr 40 Jahre später nach.<br />
Bereits ein Jahr zuvor zählten Trittbretter und<br />
Kickstarter anstatt der üblichen Tretkurbeln zum<br />
Programm, bei den TT-Sondermodellen gar zum<br />
Serienumfang. Letztere wiederum krönten deshalb<br />
die Modellpalette, weil neben schier unzähligen<br />
Erfolgen auf dem neuen Kontinent im Jahr 1911<br />
auch ein historischer Triumph bei der Senior-TT<br />
geglückt war. Gleich drei Indian-Renner belegten<br />
die ersten Plätze. Bis heute hat nie wieder ein<br />
amerikanisches Motorrad siegen können.<br />
Während in der Irischen See getunte F-Motoren<br />
genügten, mussten es auf den heimischen Board-<br />
und Speedtracks schon Vierventiler sein, um weiter<br />
zu dominieren. Jawohl, Vierventiler, als Ein- und<br />
Zweizylinder. Vorne, das war damals dort, wo Indian<br />
stand. Gewaltig die Verkaufs- und Sporterfolge,<br />
gewaltig die Fabrik, in der rund 3000 Menschen<br />
arbeiteten. Das Wigwam genannt, in Anspielung<br />
natürlich auf den Markennamen und auf die seit<br />
1909 generell zinnoberrote Lackierung. Man war<br />
Marktführer, man wollte es bleiben. Unvergessen<br />
die Schmach, als viele Kunden plötzlich Schleifenrahmen<br />
à la Harley verlangten, das bis 1909 angebotene,<br />
noch vom Fahrrad inspirierte Indian-Rohrdreieck<br />
als altmodisch abkanzelten. Später tanzte<br />
die kleine, aber feine Firma Reading Standard den<br />
Etablierten auf der Nase rum, weil sie mit ihrem reinen<br />
Seitenventiler-V2 deutlich mehr Leistung generierte.<br />
Charles Gustafson wurde vom Konkurrenten<br />
abgeworben, sein Powerplus-V-Twin schrieb ab<br />
1916 Geschichte, bis hin zur Indian Scout und Chief.<br />
Das Model F markiert also den Endpunkt der<br />
frühen Jahre, der Hedstrom-Ära, und genau deshalb<br />
ist es Gert Holmersma so lieb. Mit allen Kratzern<br />
und Rissen im Lack, dem verblassten Schriftzug auf<br />
dem Tank, den Fettresten an sämtlichen Schmiernippeln.<br />
Wer weiß, vielleicht stammen auch die aus<br />
den frühen Jahren. „Nein“, lacht Gert, „die stammen<br />
schon von mir.“ Unter all dieser Patina lebt zwar ein<br />
erstaunlich anspruchsloses mechanisches Fossil,<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Diese Harley weilt schon<br />
lange in Europa, früher hat<br />
sie mal Charles Edmond<br />
„Titch“ Allen gehört, der<br />
1946 den britischen Vintage<br />
Motorcycle Club VMCC<br />
gründete. Das Dreiganggetriebe<br />
war für die Company<br />
Neuland. Die Gabel galt als<br />
vorbildlich. Gut gepflegt,<br />
überzeugt sie auch heute mit<br />
ordentlichem Komfort. Beachtlich:<br />
Das Schauglas im<br />
Motordeckel und der Zündmagnet<br />
„Made in Germany“<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 73
SZENE I<br />
Harley-Davidson Model 11F und Indian Twin Model F<br />
Die Gaslampe wird mit<br />
Acetylän aus der Prest-O-Lite-<br />
Tauschflasche versorgt. Das<br />
war damals heller und auch<br />
verlässlicher als elektrisches<br />
Licht. Der Schebler-Vergaser<br />
wurde oft nachgerüstet,<br />
Tuning anno 1914. Die hintere<br />
Trommelbremse trägt ein<br />
zusätzliches äußeres Bremsband,<br />
und auch beim Kicker<br />
war Indian vorn, den brachte<br />
Harley erst viel später. Die<br />
Hinterradfederung funktioniert<br />
prima, findet Besitzer<br />
Gert Holmersma, Harley<br />
begegnete ihr dagegen mit<br />
ziemlich übler Nachrede<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
aber ein wenig Wartung braucht es doch. Dafür belohnt<br />
es dann mit extrem langsamem Leerlauf und<br />
mit gut entwickelten Manieren. Saubere Gasannahme,<br />
verlässliches Hochdrehen, hohe Ausdauer. Bei<br />
der letzten Deutschlandfahrt ging es 1000 Kilometer<br />
von West nach Ost, mit Etappen bis zu 160<br />
Kilometern. Und Gert hat sich die ganze Zeit gefreut,<br />
selbst bei der Steilauffahrt hoch zur Augustusburg.<br />
Auch jetzt strahlt er, als sie von einer kleinen<br />
Ausfahrt zurückkehren und er die Indian wieder<br />
neben der Harley im Fahrerlager parkt. Die durfte<br />
aus ruhen, Thea war heute mehr nach DKW. Trotzdem<br />
blieb die Harley nicht tatenlos, hat einen Preis<br />
gewonnen in der Zwischenzeit. Best of show, das<br />
kennt Gert schon. „Da ist eine Harley immer Favorit“,<br />
grinst er und zuckt mit den Schultern.<br />
Früher war sie „a poor man‘s Indian“, aber das<br />
weiß ja heute keiner mehr. Mit diesem despektierlichen<br />
Spruch musste sich vor 100 Jahren nämlich<br />
so mancher abfertigen lassen, der ein paar Dollar<br />
sparen wollte und statt zur Indian zu einem der etwas<br />
weniger gut ausgestatteten Milwaukee-Eisen<br />
griff. Dabei waren auch die schon teuer genug: Als<br />
Henry Ford ab 1914 sein Model T am Fließband herstellen<br />
ließ, konnte er dessen Preis auf 370 Dollar<br />
senken. Schlagartig brach ein enormer Autoboom<br />
los, bereits 1915 setzte die US-Industrie 895 000 Personen-<br />
und 74 000 Lastkraftwagen ab. Der Motorradverkauf<br />
stockte, Harley reduzierte<br />
den Preis der Twins<br />
Vor 100 Jahren<br />
galt Indian aus<br />
von 285 auf 265 Dollar, weniger<br />
ging nicht, Indian lag immer Springfield/USA<br />
noch etwas darüber. Hier wie<br />
dort sanken die Stückzahlen,<br />
als weltgrößter<br />
nur der Bedarf des Militärs nach Kraftradhersteller<br />
Kriegseintritt der USA verhinderte,<br />
dass die Produktion in Milwaukee von ehemals<br />
15 000 unter 10 000 Einheiten und in Springfield<br />
unter 20 000 rauschte. Die goldenen Zeiten<br />
schienen für immer vorüber, nur noch als Sportgerät,<br />
so glaubten viele Hersteller, würde das Motorrad<br />
in Amerika überleben können.<br />
1914 gründete Harley die werkseigene Sportabteilung.<br />
Noch Fragen? Deren Wirken sollte ein<br />
Jahr später auch den Verkauf des Model 11F-Twins<br />
beflügeln, das nagelneue Dreiganggetriebe würde<br />
ebenfalls nicht schaden. Damit wollte die Company<br />
eigentlich Indian übertrumpfen, doch auch in<br />
Springfield erhöhte man 1915 von zwei auf drei<br />
Gänge, und so blieb alles beim Alten: Harley hinkte<br />
meist ein wenig hinterher. Nach eher unrühmlichem<br />
Start 1909 war der V2 erst ab 1911 so richtig<br />
ins Laufen gekommen, von Anfang an mit der schon<br />
vom Einzylinder bekannten Vorderradgabel mit<br />
geschobener Kurzschwinge. Welche übrigens der<br />
famose Brite George Brough für die beste ihrer Zeit<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 75
SZENE I<br />
Harley-Davidson Model 11F und Indian Twin Model F<br />
hielt und später für seine sündteuren 100-Meilen-<br />
Renner ganz einfach nachbaute. Hinten dagegen<br />
blieb Harley-Davidson unbeweglich, und das nach<br />
Programm: Man hielt rein gar nichts von gefederten<br />
Hinterradschwingen, unterstellte gar mit bissigem<br />
Seitenblick auf Indian, dieser Quatsch sei für jede<br />
Menge Kettenbrüche verantwortlich. Bei Kupplung<br />
und Zweiganggetriebe war die Konkurrenz ebenfalls<br />
voraus gewesen, erst im Jahr 1914 gab es<br />
hinten eine zeit- und leistungsgemäße Halbnaben-<br />
Brems trommel, außerdem optional elektrisches<br />
Licht und Batteriezündung.<br />
Aber nicht bei Gert. Dessen Model 11 trägt – wie<br />
seine Indian – eine Acetylän-Gaslampe. Allerdings<br />
hat er den Druckbehälter für das Gas bei der Harley<br />
nicht montiert. Diese Anlagen stellen eine Weiterentwicklung<br />
der seit der Jahrhundertwende gebräuchlichen<br />
Karbidlampen dar, bei denen das Acetylän<br />
quasi vor Ort entstand, weil aus einem Behälter<br />
Wasser auf Karbid in einen darunter liegenden<br />
Behälter tropfte und dabei zu Acetylän reagierte.<br />
Solche Lampen waren in Europa länger üblich als in<br />
den USA, denn dort hatten sich – siehe Indian und<br />
Harley – bereits die wieder auffüllbaren Gaskartuschen<br />
von Prest-O-Lite durchgesetzt. Und galten<br />
um 1915 im Vergleich mit elektrischem Licht aufgrund<br />
der noch wackligen Batterie-Technologie<br />
weiterhin als die verlässlichere Wahl.<br />
Zurück zur heiligen Mechanik. Im Model 11 installierte<br />
Harley erstmals eine mechanisch angetriebene<br />
Ölpumpe. Die bedient sich aus dem kleineren,<br />
2,8 Liter fassenden Reservoir des zweigeteilten<br />
Tanks. Eine quasi durch diesen hindurch stechende<br />
Handölpumpe benutzt Gert nur bei starker Last und<br />
vor langen Gefällstrecken. Welche übrigens einigen<br />
Mut erfordern. „Geradeaus runter mit 100 Sachen –<br />
alles kein Problem. Aber du weißt, dass du irgendwann<br />
bremsen musst“, lacht der fröhliche Hüne.<br />
Nur hinten, weil, wie bei der Indian, vorne nichts<br />
zum Bremsen da ist. Letztere hat immerhin einen<br />
Handhebel, der zusätzlich zur fußbetätigten Backeneine<br />
Außenbandbremse betätigt – wenig wirkungsvolles<br />
Zugeständnis an britische Zulassungsbestimmungen,<br />
die zwei voneinander unabhängige Stopper<br />
verlangten. Und Ausdruck dafür, dass Indian<br />
damals auch bei der Entwicklung lukrativer Exportmärkte<br />
eine Nasenlänge voraus war.<br />
Amerikanischem Standard entsprechend, setzte<br />
Harley-Davidson auf stehendes Auslass- und hängendes<br />
Einlassventil, auch hier bilden horizontal<br />
verrippter Zylinder und vertikal verrippter Zylinderkopf<br />
eine Einheit. Zwei auffällige Ausbuchtungen<br />
im Tank machen Platz für Stoßstangen,<br />
Kipp hebel und Schäfte der Einlassventile, ein geringer<br />
permanenter Ölverlust ist also, wie bei der Indian,<br />
eingeplant. Umso sinniger, dass beide über ein<br />
Ölschauglas verfügen, man glaubt es kaum. Und<br />
noch ein weiterer Vorgeschmack auf die Moderne<br />
findet sich an der Harley: Ab Baujahr 1915 zog eine<br />
fußbetätigte Bypass-Klappe ein, mit der man den<br />
Auspuff von leistungsfördernd-laut auf umweltfreundlich-leise<br />
stellen kann. Die legte ein echter<br />
Gentleman und Tierfreund um, wenn ihm Fuhrwerke<br />
entgegenkamen, und deshalb hieß das Teil auch<br />
Pferdeklappe. Bei freiem Rohr soll der mittlerweile<br />
standardmäßig 1000 cm³ große (anfangs 800 cm³)<br />
Twin nach Werksangaben elf SAE-PS leisten, nach<br />
hiesiger Messung also wohl gute acht. Gert Holmersma<br />
ist‘s egal. Immerhin kann er bestätigen, dass die<br />
Harley keine Spur langsamer unterwegs ist als die<br />
Indian, und dieser Gleichstand hat historische Aussagekraft:<br />
Milwaukee hatte sich vom kaum ernst zu<br />
nehmenden Hinterhofbetrieb zum mit Abstand<br />
größten Konkurrenten gemausert und dank stringenter<br />
Produktentwicklung auch bei den Kunden<br />
einen hervorragenden Ruf.<br />
Leider verhinderte die beginnende Motorradkrise<br />
ein technologisches Wettrüsten. Noch bis 1929<br />
hielt Harley am antiquierten F-Zylinderkopf fest.<br />
Mitte der 20er verkauften beide Companys ihre Big<br />
Twins nur noch in homöopathischen Dosen. Als sie<br />
nach der großen Depression wieder etwas Morgenluft<br />
witterten, grüßten die großen europäischen<br />
Firmen schon von der Überholspur. Aber die interessiert<br />
Thea Bron und Gert Holmersma sowieso nur<br />
beim Auto fahren.<br />
◻<br />
TIPPS FÜR OLDIEFANS<br />
Wer noch mehr herrliche Vorkriegsveteranen besichtigen möchte, dem<br />
sei wärmstens die Ibbenbürener Motorrad-Veteranen-Rallye empfohlen.<br />
Beim größten Event dieser Art auf dem Kontinent treffen sich alljährlich<br />
zu Pfingsten, dieses Mal also vom 13. bis 16. Mai, an die 400 Krafträder<br />
und ihre Fahrer. Ibbenbüren liegt westlich von Osnabrück an den<br />
Ausläufern des Teutoburger Waldes, der Eintritt ins gut ausgeschilderte<br />
Fahrerlager ist selbstverständlich frei. Weitere Infos unter www.<br />
veteranenrallye.de.<br />
Und wer sich mal die volle Nostalgie-Dröhnung geben möchte, der fährt<br />
am letzten September-Wochenende zum Flaeijelfeest nach Nieuwehorne<br />
nahe Heerenveen in der holländischen Provinz Friesland. Aber Vorsicht:<br />
Angesichts herrlicher Dampfmaschinen, massenhaft alter Trecker, Autos,<br />
Motorräder, einem historischen Jahrmarkt (mit Indian-bestückter Steilwand),<br />
handwerklicher und landwirtschaftlicher Vorführungen plus überschäumend<br />
viel guter Laune können einem bei diesem Fest der Extraklasse<br />
glatt die Sinne schwinden. Mehr Infos unter www.flaeijel.frl<br />
Dat is en Dampfmaschin. Und gleich kommen noch viel mehr<br />
76 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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DATEN<br />
Indian Twin Model F,<br />
Baujahr 1914<br />
Motor: Luftgekühlter 42-Grad-V- Zweizylinder-Viertaktmotor,<br />
je zwei Ventile (Einlass über Auslass), Bohrung<br />
82,5 mm, Hub 93 mm, 994 cm³, Nennleistung 7 PS, ein<br />
Schebler-Vergaser, fußbetätigte Mehrscheiben-Trockenkupplung,<br />
handgeschaltetes Zweiganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Einschleifen-Stahlrohrrahmen, Indian-Gabel<br />
vorn mit gezogener Kurzschwinge und Blattfeder, hinten<br />
Zweiarm-Rohrschwinge mit vertikalem Bügel und zwei<br />
Blattfedern, Simplex-Trommelbremse hinten mit zusätzlicher,<br />
handbetätigter Außenbandbremse, Reifen vorn und<br />
hinten 28 x 3.00<br />
Gewicht: zirka 145 kg<br />
Harley-Davidson Model 11F,<br />
Baujahr 1915<br />
Motor: Luftgekühlter 45-Grad-V- Zweizylinder-Viertaktmotor,<br />
je zwei Ventile (Einlass über Auslass), Bohrung<br />
84,1 mm, Hub 88,9 mm, 988 cm³, Nennleistung 11 SAE-<br />
PS bei 3000/min, ein Schebler-Vergaser, fuß- oder handbetätigte<br />
Mehrscheiben-Trockenkupplung, handgeschaltetes<br />
Dreiganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Einschleifen-Stahlrohrrahmen, Harley-Ovalrohr-Gabel<br />
vorn mit geschobener Kurzschwinge und zwei<br />
gekapselten Schraubenfedern, hinten Starrrahmen,<br />
Simplex-Trommelbremse hinten, Reifen vorn und hinten<br />
28 x 3.00<br />
Gewicht: zirka 150 kg<br />
Beim überschäumend nostalgischen<br />
Flaeijelfeest im<br />
friesischen Nieuwehorne<br />
passen selbst 100-jährige<br />
V-Twins perfekt ins Bild
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Boxer in Bestform<br />
BMW-Fan Martin Menz<br />
hat sich aus seiner<br />
verunfallten R 100 in<br />
mehreren Umbaustufen<br />
einen rassigen Sportler<br />
mit HPN-Motor im<br />
Gitterrohrfahrwerk<br />
gebaut, der Druck,<br />
Drehfreude und Alltagstauglichkeit<br />
bietet.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Menz, Heusler<br />
Der Golf war schuld. Er war<br />
auf der Brennerautobahn ins<br />
Schleudern geraten, stand quer<br />
auf der Fahrbahn, als Martin Menz gerade<br />
mit seiner BMW R 100 mit Fallert-Motor<br />
und KTT-Tourensportverkleidung angebrettert<br />
kam. Er hatte keine Chance, den<br />
Einschlag in den Golf zu verhindern. Die<br />
Schäden: Beim Fahrer Schlüsselbein und<br />
Schulterblatt gebrochen, am Motorrad entstand<br />
nahezu Totalschaden, der Motor war<br />
aber zu retten. Wäre auch schade gewesen<br />
um den Boxer, der mit seinen auf dem<br />
Prüfstand gemessenen 82 PS und 84 Newtonmetern<br />
„saugut ging“ und bereits in drei<br />
verschiedenen BMWs insgesamt rund<br />
60 000 Kilometer absolviert hatte.<br />
Das Ganze geschah 1991. Über einen<br />
Be kannten aus der Gespannrennszene<br />
hatte Martin Kontakt zu einem gewissen<br />
Thomas Eckart, in der Boxer-Szene durchaus<br />
kein Unbekannter. Früher als Meister<br />
im Fahrversuch bei BMW tätig, war Eckart<br />
inzwischen bei der Stadt München angestellt,<br />
wo er Jugendliche aus sozialen<br />
Brenn punkten zum Zweiradmechaniker<br />
ausbildete. Eckart hatte noch ein HPN-<br />
Fahrgestell „im Regal liegen“, bestehend<br />
aus Rahmen, Rädern, Gabel und Schwinge<br />
und bot Martin an, die verunfallte<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Die Urversion, vor dem Unfall: Hier lief die R 100 mit dem Fallert-Motor und der<br />
KTT-Tourensport-Verkleidung noch, bei einem Abstecher auf die Rennstrecke<br />
Retten, was noch zu retten ist: die Überbleibsel der R 100 nach dem Unfall. Mit etwas<br />
Lade-Geschick passt das alles in einen Peugeot 205, wie Martin Menz beweist<br />
BMW unter Verwendung des geretteten<br />
Fallert-Motors im Rahmen dieser Tätigkeit<br />
mit seinen Schützlingen aufzubauen. „Das<br />
Fahrgestell wurde von HPN in Seibersdorf<br />
gebaut, und der Krauser hat es dann später<br />
in Lizenz bauen lassen für die Krauser-<br />
BMW. Meine ist also keine Krauser, sondern<br />
ein Eigenbau mit HPN-Fahrwerk“,<br />
berichtet der Hesse nicht ganz ohne Stolz.<br />
Heraus kam die Urversion des Bikes, mit<br />
Ducati-Halbschale und silbernem Tank,<br />
1992 fertig geworden und sogleich zugelassen.<br />
Da bei dem Kit von Eckart auch noch<br />
ein Rumpfmotor dabei war, der einmal für<br />
einen BoT-Renner gedacht war, entstand<br />
bald darauf, nämlich 1994, der kühne<br />
Gedanke, diesen aufzubauen und so umzurüsten,<br />
dass er straßenzulassungsfähig<br />
und manierlich im Alltag fahrbar wäre.<br />
Mit der ursprünglichen 344er-Nockenwelle<br />
hatte der Motor ein Leistungsloch<br />
zwischen 4000 und 5000/min, somit „genau<br />
der Bereich, der auf der Landstraße<br />
am meisten Spaß macht“. Also 344er raus,<br />
324er-Nockenwelle rein. Der 1070-Kubikzentimeter-Boxer<br />
mit der stolzen Bohrung<br />
von 98 Millimetern in den aufgebohrten<br />
Zylindern mit um 17 Millimeter kürzerer<br />
Grauguss-Buchse erhielt kürzere Porsche-<br />
Slipperkolben. Die Pleuel sind überarbeitete,<br />
ausgewogene Serienexemplare, die<br />
Welle wurde feingewuchtet. Im Kopf war<br />
Platz für 47er-Einlass- und 40er-Auslassventile,<br />
versorgt wird der Boxer von 40er-<br />
Dellorto-Vergasern mit offenen, kurzen<br />
Trichtern. Ausgeatmet wird durch 45er-<br />
Edelstahl-Krümmer und seriennahe, zulassungsfähige<br />
Schalldämpfer. Die Bosch-<br />
Lichtmaschine wurde durch eine Saprisa<br />
ersetzt, „angeblich aus einer Guzzi“.<br />
Das Ergebnis der Umbaumaßnahmen<br />
kann sich auch auf dem Papier sehen lassen.<br />
„Mit offenen Trichtern drückt der Motor<br />
dank der genialen Abstimmungsarbeit<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 79
SZENE I<br />
Leser restaurieren selbst<br />
Wieder auferstanden: Der gerettete Fallert-Motor mit neuen Ventildeckeln<br />
wird in den HPN-Gitterrohrrahmen verpflanzt<br />
Als sportliche Eigenbau-Version mit Ducati-Halbschale bereitet die<br />
BMW ihrem Besitzer gut 20 000 spaßige und sorgenfreie Kilometer<br />
DATEN<br />
Eigenbau-HPN-Boxer<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, zwei Ventile<br />
pro Brennraum, 324-Grad-Nockenwelle, Bohrung x Hub 98 x 70,6 mm,<br />
Verdichtung 11:1, Hubraum 1070 cm³, Leistung ca. 90 PS bei 7800/min,<br />
92 Nm bei 6500/min, zwei Dellorto-Vergaser, Ø 40 mm<br />
Kraftübertragung: Fünfganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: HPN-Gitterrohrrahmen, BMW-Telegabel vorn, Ø 38,5 mm,<br />
verbreiterte Hinterradschwinge, Reifen vorn 110/80 V 18, hinten 150/70<br />
R 18, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Trommelbremse hinten,<br />
Ø 200 mm, Gewicht vollgetankt 185 kg,<br />
Erbauer und Besitzer: Martin Menz<br />
Preis/Wert: nicht ermittelbar<br />
Nm<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
PS<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
2000 4000 6000 1/min<br />
Die Prüfstandmessung<br />
belegt, was machbar ist...<br />
von Mr. Guzzi in Alzey gute 90 PS bei<br />
7800/min und 92 Nm bei 6500/min. Bei<br />
7800/min haben wir auf dem Prüfstand<br />
dann sicherheitshalber aufgehört“, schildert<br />
Martin begeistert. Mit offener Anlage<br />
seien wohl an die 100 PS realisierbar.<br />
Wichtiger war ihm aber stets die gute Fahrbarkeit,<br />
und die stellt der Eigenbau jeden<br />
Tag erneut unter Beweis. Das nutzbare<br />
Dreh zahlband erstreckt sich von 1500 bis<br />
zirka 8500/min – „im Fünften durch die<br />
Stadt rollen und dann am Ortsausgang<br />
aufziehen ist gar kein Problem.“<br />
Durch einige kleinere Veränderungen<br />
am Schaltgestänge gebärdet sich auch das<br />
Getriebe nicht BMW-typisch mit fettem<br />
Klong, sondern so leicht und präzise wie<br />
ein japanisches. Auch die Fahrwerks ab<br />
Platz zum Schrauben ist in der kleinsten Hütte: Der frisch aufgebaute<br />
HPN-Boxer findet seinen Weg in den bewährten Rahmen<br />
Mit sauber abgestimmten, offenen 40er-Dellorto-Vergasern mit<br />
kurzen Trichtern schwingt sich der Boxer zu Höchstleistungen auf<br />
80 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Der 1070er-Rumpfmotor, der einst für einen BoT-Renner gedacht<br />
war, bekommt etwas entschärfte Nockenwellen verpasst<br />
Die kurzen Kolben waren einst Rohlinge für einen Porsche-Motor,<br />
im Kopf findet hier ein mächtiges 47er-Einlassventil Platz<br />
stimmung hat Wunder bewirkt – die komfortabel<br />
arbeitende Gabel spricht sensibel<br />
an, die Konis hinten sind sowieso tausendfach<br />
bewährt. So zeigt sich die BMW mit<br />
dem tollen Gitterrohr-Chassis als superleichter,<br />
starker und spurstabiler Renner,<br />
der laut Menz in lang gezogenen schnellen<br />
Kurven ebenso satt liegt wie bei Topspeed<br />
auf der Autobahn.<br />
Seit dem Wiederaufbau hat Martins<br />
Bike schon viele Tausend Kilometer weitgehend<br />
problemlos und Spaß-bereitend<br />
absolviert – rund 20 000 Kilometer mit<br />
dem Fallert-Motor und weitere 14 000<br />
nun bereits mit dem stärkeren Ex-BoT-<br />
Rennmotor. Welch großartiger Landstraßen-Brenner<br />
diese BMW darstellt, zeigt<br />
schon der Blick auf die Daten: Gut 90 PS<br />
treffen auf vollgetankt nur 185 Kilogramm<br />
– da lacht das Sportlerherz. Weil aber mit<br />
dem Motorumbau auch die Ducati-Halbschale<br />
wegfiel und durch eine rahmenfeste<br />
R 100 S-Verkleidung ersetzt wurde,<br />
taugt das Bike nun auch noch besser für<br />
Langstrecken. „Man sitzt doch ein wenig<br />
bequemer, zudem fragt nicht gleich jeder<br />
‚Fachmann‘: Ist das 'ne Ducati? So eine<br />
hab ich aber noch nie gesehen.“ Wie sollte<br />
er auch, denn im Brief sind nun nicht nur<br />
alle Umbauten, sondern auch Martin<br />
Menz als Fahrzeughersteller<br />
eingetragen<br />
– Handelsbezeichnung:<br />
MM<br />
1000. Mehr Eigenbau<br />
geht nicht. ◻<br />
AUFRUF<br />
Haben Sie auch einen<br />
Klassiker restauriert oder<br />
zeitgenössisch umgebaut?<br />
Dann nichts wie her mit Text und Bildern an:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart<br />
oder per E-Mail an motorradclassic@motorpresse.de<br />
Sehenswertes Endergebnis: Mit nicht zu tief montierten Lenkerstummeln<br />
und R 100 S-Verkleidung ist das Bike gar tourentauglich<br />
Besitzer und Vielfahrer Martin Menz nutzt seine mit 215 km/h eingetragene<br />
MM 1000 häufig im Alltag und auch auf Langstrecken<br />
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SZENE I<br />
Entwicklung Laverda 650/750 GT<br />
Fliegender Start<br />
Mitte der 60er-Jahre begann für die Marke Laverda eine neue Ära: Mit dem<br />
Zweizylinder 650/750 GT, hier bei einer Testfahrt am Mailänder Flughafen<br />
Linate, legte sie einen furiosen Start ins Segment der Maxi-Motorräder hin.<br />
Text: Eva Breutel; Fotos: Motociclismo Italia, Archiv (2)<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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SZENE I<br />
Entwicklung Laverda 650/750 GT<br />
Die Motorradwelt staunt nicht<br />
schlecht auf der Earl’s Court<br />
Motorshow in London 1966.<br />
Mitten zwischen renommierten Marken<br />
tummelt sich da nämlich ein Nobody und<br />
fordert die Platzhirsche heraus: Der kleine<br />
Hersteller Laverda aus Italien präsentiert<br />
einen 650er-Zweizylinder-Viertakter, ein<br />
echtes Big Bike. Und was für eins! Es<br />
handelt sich um eine imposante Gran<br />
Turismo mit mächtigem Motor und 18-<br />
Zoll-Rädern, der Fahrer sitzt sportlich<br />
nach vorn gebeugt, das Konzept ist<br />
hoch modern: Fünfganggetriebe, E-Starter,<br />
offener Rückgratrahmen, mittragender<br />
Motor mit oben liegender Nockenwelle.<br />
Stolz verkündeten die Italiener die<br />
statt lichen Leistungen, die sie erreichen<br />
wollen: 52 PS am Hinterrad bei 6500/min<br />
und satte 190 km/h Spitze.<br />
Zweiräder von Laverda gibt es erst seit<br />
1949. Ein eher aus der Not geborenes<br />
Unterfangen für den bekannten Landmaschinenhersteller,<br />
denn Italien braucht<br />
in der Nachkriegszeit dringend günstige<br />
Fortbewegungsmittel. Entsprechend spezialisiert<br />
sich Moto Laverda – im Italienischen<br />
übrigens mit Akzent auf dem ersten<br />
a ausgesprochen – zunächst auf kleine<br />
Hubräume und bringt 1950 einen Einzylinder<br />
mit 75 cm³. Später folgen 200erund<br />
125er-Modelle, die sich auch bei<br />
Lang streckenrennen in Italien und sogar<br />
bei den Six Days gut schlagen und der<br />
Marke zu einem guten Namen im Rennsport<br />
verhelfen – in den kleinen Hubraumklassen.<br />
Einen emotionalen Boliden<br />
zum Träumen hat von ihr niemand erwartet.<br />
Doch Laverda wagt sich keck auf das<br />
angestammte Terrain von Moto Guzzi,<br />
Triumph, BSA und BMW.<br />
Der amerikanische Traum<br />
Seinen Anfang nimmt das erfolgreiche<br />
Big Bike-Abenteuer der Marke zwei Jahre<br />
vor der denkwürdigen Motorshow in London.<br />
1964 schickt Seniorchef Francesco<br />
Laverda seinen Sohn Massimo in die USA.<br />
84 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Scharfe Erprobung: Kurz vor der Auslieferung der ersten GT-Exemplare<br />
nimmt Laverda im April/Mai 1968 mit drei Motorrädern am Motogiro<br />
d‘Italia teil und belegt am Ende die Plätze eins, fünf und sechs<br />
Weil die Entwickler übervorsichtig<br />
sind, wiegt<br />
allein der Motor mehr als<br />
90 Kilogramm<br />
Der soll eigentlich nur herausfinden, ob es<br />
sich lohnen könnte, die hauseigene 125er<br />
dorthin zu exportieren. Doch der 26-Jährige<br />
entdeckt eine neue Welt, nämlich<br />
einen Motorradmarkt, der sich rasant verändert.<br />
Speziell die erfolgreichen Newcomer<br />
aus Japan schlagen ihn in ihren<br />
Bann: günstige, sorgfältig konstruierte<br />
Motorräder mit modernen Motoren und<br />
aufstrebender Leistung, allen voran die<br />
Honda CB 77 Super Hawk, in den USA ein<br />
regelrechter Verkaufsschlager. Weil ihm<br />
die US-Händler von der steigenden Nachfrage<br />
nach großen Hubräumen berichten,<br />
träumt der junge Italiener nicht mehr von<br />
125ern, sondern von einer modernen,<br />
Geglückter Einstand: Edoardo Dossena gewinnt auf einer Laverda 650<br />
die Motogiro-Wertung 1968 in der Klasse über 500 cm³<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 85
SZENE I<br />
Entwicklung Laverda 650/750 GT<br />
„Unser Motorrad wurde<br />
ein Erfolg, eben weil es<br />
so robust war“<br />
DAS VORBILD: HONDA CB 77 SUPER HAWK<br />
Foto: Künstle<br />
Die Ähnlichkeiten sind unverkennbar:<br />
Hondas Paralleltwin diente der Laverda<br />
650/750 GT als Inspiration. Die Honda wurde<br />
bis 1967 in 250 000 Exemplaren gebaut, nämlich<br />
als 250er mit 25 PS (in Deutschland als<br />
CB 72 Supersport bekannt, siehe Foto links; in<br />
den USA hieß sie CB 72 Hawk) und als äußerlich<br />
bau gleiche CB 77 mit 305 cm³, in den USA<br />
Super Hawk genannt. Sie verkaufte sich dort<br />
über 72 000 mal, was den jungen Amerika-<br />
Reisenden Massimo Laverda tief beeindruckte.<br />
Bohrung x Hub betrugen 60 x 54 mm, die<br />
Ventilsteuerung erfolgte über eine kettengesteuerte<br />
obenliegende Nockenwelle, dazu<br />
kamen Vierganggetriebe und E-Starter. 28 PS<br />
sorgten für knapp 160 km/h Spitze. Noch mehr<br />
Erfolg war anschließend der Nach folgerin<br />
beschieden: Die CB 350 mit neuem Motor und<br />
Fünfganggetriebe verkaufte sich ab 1968 in<br />
den USA wie geschnitten Brot.<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
großvolumigen Maschine. Sein Vater ist<br />
von dem Projekt allerdings nicht sonderlich<br />
angetan. „Es war ein enormes Risiko“,<br />
erinnert sich Massimos jüngerer Bruder<br />
Piero Laverda. „In Italien gab es für Motorräder<br />
über 500 cm³ damals keine Nachfrage.<br />
Selbst die Klassenbesten, also AJS-<br />
Matchless, Triumph, BSA, Norton und<br />
BMW, verkauften hier 1965 zusammen<br />
nicht mal 200 Stück.“ Doch dass eine neue<br />
Idee her muss, sieht auch Vater Laverda<br />
ein, denn das Erscheinen des Fiat 500 hat<br />
Italiens Motorradhersteller in eine tiefe<br />
Krise gestürzt. Widerstrebend erlaubt er<br />
das risikoreiche Experiment, und so macht<br />
sich Massimo mit Feuereifer ans Werk,<br />
unterstützt von den Technik-Chefs Luciano<br />
Zen und Adriano Valente. Als Inspiration<br />
dient natürlich die Honda Super Hawk,<br />
die es ihm so angetan hat.<br />
In nur 18 Monaten entwickeln sie den<br />
Prototypen, der dann 1966 in London präsentiert<br />
wird. Die Eckdaten stehen schnell<br />
fest: Ein Paralleltwin, um 25 Grad nach<br />
vorn geneigt, um die Bauhöhe zu verringern<br />
und die Kühlung zu verbessern, Ventiltrieb<br />
über eine obenliegende, kettengesteuerte<br />
zweiteilige Nockenwelle, Fünfganggetriebe<br />
modernster Bauart, mittragender<br />
Motor und unten offener Rahmen,<br />
E-Starter, Verarbeitung auf höchstem<br />
Niveau. Zudem soll der Motor nicht ölen,<br />
damals bei fast allen Maxi-Motorrädern<br />
ein Problem. Das kombinierte Motor/<br />
Getriebegehäuse besteht aus Leichtmetall<br />
und ist horizontal geteilt, was Ein- und<br />
Ausbau erleichtert. Mit 75 mm Bohrung<br />
und 74 mm Hub ist der erste Prototyp des<br />
Motors, ein 650er, fast quadratisch ausgelegt,<br />
der kurze Hub erlaubt hohe Drehzahlen<br />
bis etwa 7000/min. Weil der Antrieb<br />
besonders zuverlässig ausfallen soll,<br />
gehen die Entwickler übervorsichtig zu<br />
Werke: Die meisten Komponenten, vom<br />
Pleuel bis zur Duplex-Steuerkette, dimensionieren<br />
sie so großzügig, dass der Motor<br />
nicht nur sehr hoch gerät, sondern auch<br />
über 90 Kilogramm wiegt. „Unser Konstruktionsansatz<br />
war das genaue Gegenteil<br />
von dem der Engländer“, erzählt Piero Laverda.<br />
„Die setzten auf Leichtigkeit und<br />
Handlichkeit. Aber unser Motorrad wurde<br />
ein Erfolg, eben weil es so robust war.“<br />
230 Kilogramm bringt die Maschine in der<br />
Serienfertigung am Ende auf die Waage.<br />
Suche nach Komponenten<br />
Mit der Vorstellung des Prototypen 1966<br />
beginnen die Erprobungsphase und die<br />
Industrialisierung des Projekts, und damit<br />
fangen die Probleme erst richtig an. „Es<br />
gab in Italien nur wenige Zulieferer, die so<br />
hohe Standards, wie wir sie uns vorstellten,<br />
einhalten konnten“, erklärt Piero Laverda.<br />
Dellorto liefert zwei 29er-Vergaser<br />
neuester Bauart, Ceriani die hydraulisch<br />
gedämpfte Telegabel mit 35 mm Durchmesser<br />
sowie die dreifach verstellbaren<br />
Feder beine, Pirelli entwickelt extra spezielle<br />
Hochgeschwindigkeitsreifen für<br />
die beiden 18-Zoll-Leichmetallfelgen. Die<br />
Trommelbremsen vorn und hinten steuert<br />
Die Instrumente stammen von Smith<br />
aus England und sind elastisch montiert<br />
Diese wilde Konstruktion betätigte das<br />
Bremslicht, wenn vorn gebremst wurde<br />
Die Trommelbremsen (vorn 230 mm groß)<br />
baute Laverda ab 1970 selbst<br />
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SZENE I<br />
Entwicklung Laverda 650/750 GT<br />
Grimeca bei; sie treffen allerdings unter<br />
den späteren Kunden nicht gerade auf<br />
Gegenliebe, denn im Nassen reduziert<br />
sich ihre Bremskraft gegen null. Bei späteren<br />
Modellen der 750er baut Laverda daher<br />
selbst gefertigte Bremsen ein. Viele<br />
Teile stammen aber auch aus dem Ausland,<br />
was die Lieferwege beschwerlich<br />
macht: Aus England kommen von Smith<br />
die Instrumente, von Lucas die Bedienelemente<br />
und von Renolds die Ketten, aus<br />
Deutschland von Bosch der Scheinwerfer,<br />
die Lichtmaschine und der Anlasser.<br />
Als schwierig entpuppt sich die Suche<br />
nach einer Gießerei, die den Motor entsprechend<br />
den Vorgaben fertigt. Mit seinen<br />
feinen Kühlrippen und den Hohlräumen<br />
im Innern ist der luftgekühlte Zweizylinder<br />
nicht einfach herzustellen, es<br />
besteht das Risiko von Mikrofissuren, der<br />
häufigsten Ursache für den Austritt von<br />
Öl. In Gallarate bei Mailand wird man<br />
schließlich fündig, die Gießerei FLAM<br />
hat das nötige Know-how und auch den<br />
Willen, das Konzept umzusetzen. Später<br />
übernimmt Laverda sogar die Mehrheit<br />
an der Gießerei, um eine kontinuierliche<br />
Lieferung sicherzustellen. Auch im Werk<br />
in Breganze nördlich von Vicenza kommt<br />
es zu großen Umstellungen. Neue Maschinen<br />
sind erforderlich, ebenso neue Arbeitsprozesse<br />
und Qualitätsstandards. Die<br />
Fabrik wird völlig umgekrempelt.<br />
Erprobung beim Motogiro<br />
Vier Testfahrer erproben das Motorrad<br />
anderthalb Jahre lang, Massimo Laverda<br />
ist zufrieden: Der Motor leckt nicht, der<br />
E-Starter funktioniert auch bei Kälte, das<br />
Getriebe ist robust. Im April 1968 beginnt<br />
die Serienproduktion. Gegenüber dem<br />
Proto typen gibt es noch einige Anpassungen,<br />
unter anderem wird der Hubzapfenversatz<br />
der aus mehreren Teilen<br />
zusammengesetzten Kurbelwelle von 180<br />
auf 360 Grad geändert, was den Durchzug<br />
verbessert. Außerdem geht neben dem<br />
650er- ein 750er-Modell in Serie, baugleich<br />
bis auf die von 75 mm auf 80 mm<br />
vergrößerte Bohrung, die dem Motor zu<br />
mehr Druck aus dem Keller verhilft.<br />
Vor der Auslieferung der ersten Exemplare<br />
setzt Massimo Laverda noch einmal<br />
auf volles Risiko und meldet eine 650er<br />
und drei 750er zum Motogiro d’Italia an,<br />
einem harten einwöchigen Rennen, bei<br />
dem es neben Sonderprüfungen auf Rennund<br />
Bergstrecken auch Offroad-Einsätze<br />
zu bewältigen gilt. Das Vertrauen des jungen<br />
Managers in seine Schöpfung zahlt<br />
Die Schaltung der Laverda sitzt rechts,<br />
wie damals bei Motorrädern üblich<br />
sich aus, die 650er siegt in ihrer Klasse,<br />
auch alle anderen Maschinen kommen<br />
ins Ziel – ein großartiger Beleg für ihre Zuverlässigkeit.<br />
Händler und Kunden nehmen<br />
das Motorrad begeistert an, wenn<br />
auch nicht ganz so, wie von Massimo Laverda<br />
geplant: Er hat die 650er für Italien<br />
und das restliche Europa vorgesehen, die<br />
750er allein für die USA. Doch alle Märkte<br />
verlangen nach der 750er, die statt 50 immerhin<br />
52 PS leistet und mit ihrem geringeren<br />
Verdichtungsverhältnis (7,7:1 statt<br />
9:1) dem Motor mehr Elastizität verleiht.<br />
Kurzerhand nimmt Laverda die 650er<br />
nach nur 52 gebauten Exemplaren aus<br />
der Produktion und konzentriert sich<br />
allein auf die 750 GT.<br />
Verschiedene 750er-Modelle<br />
Zu dieser „ Gran Turismo“ gesellt sich bereits<br />
1969 die Variante S (Sportivo) mit<br />
Monoposto-Sitzbank. 1970 folgt die SF<br />
Die Welle für den Drehzahlmesser<br />
befindet sich auf dem Zylinderkopf<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Foto: Humke<br />
Piero Laverda ist heute noch bei<br />
<strong>Classic</strong>-Rennen in ganz Europa aktiv<br />
Die Macher und ihr Meisterwerk: von links Massimo Laverda, der technische<br />
Direktor Luciano Zen und Massimos jüngerer Bruder Piero<br />
Zeitgenössische Werbung: „Laverda<br />
verkauft neue Emotionen!“<br />
Vorserien-Exemplar der 750 GT aus dem Jahr 1967. In der<br />
Serie (rechts) gab es dann noch einige Änderungen<br />
Getauscht wurden Federbeine, Sitzbank, Rücklicht und<br />
Gaszug. Ceriani-Gabel und Trommelbremsen blieben<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 89
SZENE I<br />
Entwicklung Laverda 650/750 GT<br />
Auch wenn er wie ein Langhuber wirkt: Der Motor ist kurzhubig<br />
mit 75 x 74 mm bei der 650er und 80 x 74 mm bei der 750er<br />
Große Mehrscheibenkupplung,<br />
klauengeschaltetes<br />
Fünfganggetriebe<br />
Primärantrieb per Triplexkette,<br />
dazu Zahnradantrieb<br />
für den Doppelunterbrecher<br />
Gut im Schnittbild zu sehen sind alle Kettensteuerungen<br />
der 750er, vom E-Starter über den Primärantrieb<br />
bis zum Ventiltrieb mit Kettenspanner<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
Kult auf zwei RädeRn<br />
(die Abkürzung steht für Super Freni, also<br />
Superbremsen) mit 60 PS und niedrigerem<br />
Rahmen, die Laverda mit einer selbst konstruierten<br />
Duplex-Trommelbremse fürs<br />
Vorderrad bestückt. Bei der SF1 von 1972<br />
erhöhen 36er-Dellorto-Vergaser und ein<br />
Conti-Auspuff die Leistung gar auf 66 PS<br />
und eine Höchstgeschwindigkeit nahe<br />
200 km/h. 1974 kommt die SF2 mit Scheibenbremsen<br />
vorn, 1976 schließlich die<br />
SF3, die auch hinten auf eine Scheibenbremse<br />
setzt. Die GT-Version wird derweil<br />
durch die GTL abgelöst, die mit aufgefrischtem<br />
Design neue Kunden anlocken<br />
soll. Doch ihre alten Laverda-Trommelbremsen<br />
sind nicht mehr zeitgemäß, nur<br />
251 Stück werden produziert. Prunkstück<br />
der 750er-Serie ist natürlich die SFC<br />
(Super Freni Competizione), sozusagen<br />
der erste italienische Supersportler und<br />
ein echter Meilenstein der Motorradgeschichte,<br />
gebaut in nur 549 Exemplaren<br />
zwischen 1971 und 1977.<br />
Massimo Laverdas mutige Entscheidung,<br />
eine Maschine mit großem Hubraum<br />
zu bauen, zahlt sich für die Marke<br />
aus. Im Gegensatz zu vielen anderen<br />
italienischen Motorradherstellern überlebt<br />
Laverda die durch den Autoboom ausgelöste<br />
Krise, in fast zehn Jahren Produktionszeit<br />
setzt man von der 750er in all<br />
ihren Varianten exakt 18 634 Stück ab.<br />
Hätten die Besucher der Earl’s Court<br />
Motorshow in London das 1966 schon gewusst,<br />
sie wären wohl aus dem Staunen<br />
gar nicht mehr herausgekommen. ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Das schön<br />
restaurierte<br />
Exemplar<br />
auf unseren<br />
Bildern ist<br />
eine 750 GT<br />
von 1970<br />
ian falloon erzählt in dieser BMw-Boxer-Bibel alles, was es über dieses<br />
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92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Im Test in <strong>MOTORRAD</strong><br />
8/1984 musste der 45 PS<br />
starke Zweitakt-Renner<br />
von Suzuki seine Qualitäten<br />
im Alltag unter<br />
Beweis stellen<br />
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NACHDRUCK<br />
<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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NACHDRUCK<br />
RÜCKBLICK<br />
Foto: Wolf<br />
Die<br />
Suzuki RG 250<br />
Gamma<br />
aus heutiger<br />
Sicht<br />
Die ab 1984 angebotene RG 250 Gamma<br />
war ein Bike der Extreme: laut, leicht,<br />
handlich, giftig, jedoch durchzugsschwach<br />
und teuer. Aber stets intensiv.<br />
Redakteur Gerhard<br />
Eirich mag Exoten à<br />
la Zweitakt-RG<br />
„Eine RG 250 ist die<br />
pure Unvernunft –<br />
macht aber einen<br />
Höllenspaß“<br />
Ganz oder gar nicht – alles oder nichts.<br />
Die Suzuki RG 250 Gamma war zu ihrer<br />
Zeit mit das Unvernünftigste, was es an<br />
Fortbewegungsmitteln zu kaufen gab. Aber<br />
oftmals sind es ja genau die unvernünftigen<br />
Dinge, die am meisten Spaß machen, weil<br />
sie, wie im Falle der RG, kompromisslos<br />
sind. Die kleine 250er fordert die volle Aufmerksamkeit<br />
des Fahrers – aufs Schalten,<br />
um stets im schmalen Bereich der Leistungsabgabe<br />
zu bleiben, der sich von 7000<br />
bis 9000/min erstreckt. Drunter geht nichts, drüber ist Feierabend.<br />
Sie bietet dafür Rennfeeling auf der Straße, maximale Adrenalinausschüttung<br />
und den Biss, den nur ein Zweitakter liefern kann,<br />
gepaart mit der grandiosen Handlichkeit eines rund 150 Kilogramm<br />
leichten “Mopeds“.<br />
Geringes Gewicht, nicht zuletzt dank des fortschrittlichen, nur<br />
7,6 Kilogramm leichten Alurahmens, überragende Agilität dank<br />
16-Zoll-Vorderrad, dazu ein 45 PS starker Zweitakt-Twin, der die<br />
Suzuki in nur 6,5 Sekunden von null auf hundert katapultierte – das<br />
alles begeisterte. Uns, die wir damals, als die RG präsentiert wurde,<br />
das 50er-/80er-Alter gerade erst hinter uns gelassen hatten und<br />
endlich „echte“ Motorräder fahren durften, faszinierte natürlich<br />
diese Renntechnik im käuflichen Alltags-Sportler, bot sie doch die<br />
geliebte spitze Charakteristik eines Kleinkraftrads, nur eben mehrere<br />
Leistungs-Ligen höher. Andererseits war die RG mit knapp 9000<br />
Mark ohnehin zu teuer – dafür gab es bereits richtig starke Viertakt-Big<br />
Bikes, die deutlich schneller als die für eine 250er stolzen<br />
172 km/h liefen. Leisten konnten wir uns beides nicht.<br />
Wer sich damals also eine neue RG gönnte, legte ein klares<br />
Bekenntnis zur Unvernunft und zum Zweitaktspaß ab und hat seine<br />
kleine Giftspritze hoffentlich bis heute behalten. Denn mittlerweile<br />
gehört die herrlich barock gestylte 250er, wie auch ihre Nachfolgerinnen<br />
namens RGV, zu den gesuchten Relikten einer Zeit, in der<br />
Unvernunft noch in Reinform zelebriert wurde – ungeachtet jeglicher<br />
Verbrauchs-Diskussionen, strenger Abgasvorschriften oder Allrounder-Ansprüchen.<br />
Haltet Zweitakter wie die RG am Leben!<br />
96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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SERVICE I<br />
Trommelbremsen warten, Teil 1<br />
BREMS-<br />
PUNKTE<br />
Obwohl sich in den 1970er-Jahren<br />
die Scheibenbremse durchsetzte,<br />
verzögern noch sehr viele Motorrad-<br />
Klassiker mit Trommelbremsen. Wir<br />
zeigen, worauf es bei der Wartung<br />
ankommt, damit die Stopper<br />
perfekt funktionieren.<br />
Text und Fotos von Marcel Schoch<br />
Bei der CB 750<br />
scheinen Beläge,<br />
Rückholfedern<br />
und der Bremsnocken<br />
in Ordnung<br />
zu sein,<br />
außerdem ist<br />
hier nur wenig<br />
Bremsabrieb zu<br />
finden<br />
98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Nicht einmal gusseiserne Klassik-Liebhaber<br />
werden bestreiten, dass Scheibenbremsen<br />
in der Summe ihrer Eigenschaften heute<br />
den altehrwürdigen Trommelbremsen überlegen<br />
sind. Und doch gehören Letztere für viele einfach<br />
zum Erscheinungsbild eines Motorrad-Oldies.<br />
Selbst bei modernen Maschinen sind sie nicht<br />
ausgestorben. Das hat gute Gründe, wie Wolfgang<br />
Schelbert bestätigt, Zweiradmechaniker und Inhaber<br />
der freien Motorradwerkstatt „Wolfis Garage“ in<br />
Sees haupt (www.wolfis-garage.de). „Insbesondere<br />
bei leichten Motorrädern, wo es auch auf günstige<br />
Produktionskosten ankommt, sind deren Bremsleistung<br />
vor allem am Hinterrad völlig ausreichend und<br />
sogar durchaus vergleichbar mit Scheibenbremsen.<br />
Vorausgesetzt natürlich, dass sie technisch einwandfrei<br />
und gut eingestellt sind.“<br />
Dann haben Trommelbremsen sogar gewisse Vorteile<br />
gegenüber Scheibenbremsen. So etwa bei Nässe,<br />
dank der geschlossenen Bauweise. Außerdem dauert<br />
es länger, bis eine Trommelbremse überhitzt und<br />
Fading zeigt. Das liegt an der größeren Reibfläche<br />
und der höheren Masse der aktiven Bremskomponenten.<br />
Doch es gibt auch Nachteile. So verbleibt<br />
Bremsabrieb in der Bremstrommel, der als puderiger<br />
Staub den Reibwert der Bremsbeläge deutlich herabsetzen<br />
kann. „Ferner sind Wartungsarbeiten, wie<br />
zum Beispiel die Kontrolle der Beläge oder ihr Wechsel,<br />
sehr viel aufwendiger als bei Scheibenbremsen“,<br />
weiß Wolfgang. Anhand der hinteren Simplex-Trommel<br />
einer Honda CB 750 K2 von 1972 demonstriert er<br />
uns, worauf es bei der Wartung ankommt.<br />
„Der Kunde hat mir berichtet, dass er noch vor<br />
geraumer Zeit nur leicht auf den Fußbremshebel<br />
treten musste, um das Hinterrad zum Blockieren zu<br />
bringen. Jetzt kann er sich voll darauf stellen, ohne<br />
dass die Honda nennenswert verzögert.“ Zur Ursachenforschung<br />
muss Wolfgang die Honda-Trommel<br />
somit komplett zerlegen.<br />
Ankerplatte ausbauen und zerlegen<br />
Der Aufwand ist durchaus beachtlich. Um an das Innere<br />
der Trommelbremse zu kommen, muss nämlich<br />
das Hinterrad ausgebaut werden. Bei der Honda sind<br />
davor die beiden linken Auspufftöpfe zu demontieren.<br />
Nach dem Ziehen des Sicherungssplints löst<br />
Wolfgang dann die Mutter der Hinterachse, nimmt<br />
sie ab und lockert die Kettenspanner. Anschließend<br />
demontiert er das Hinterradbremsgestänge, indem er<br />
den Bremshebel mit der Hand ein Stück nach vorne<br />
drückt, sodass die Einstellmutter am Bremsgestänge<br />
ohne Druck vom Widerlager leicht abgeschraubt<br />
werden kann. Vor der Entnahme der Hinterachse ist<br />
noch die Bremsankerstrebe (auch Bremsabstützung<br />
genannt) zu lösen. Deren Verschraubung ist ebenfalls<br />
mit einem Splint gesichert.<br />
Achtung: Dieser darf keinesfalls fehlen oder bei<br />
der späteren Montage vergessen werden! Beim Zerlegen<br />
der Bremsankerverschraubung darauf achten,<br />
wie sie aufgehängt ist. „Einige Bremsanker stützen<br />
sich am Rahmen der Maschine ab“, erklärt Wolfgang.<br />
„Ist das der Fall, muss die Aufnahme an der Bremsankerplatte<br />
drehbar gelagert sein, da sonst der Bremsanker<br />
das Einfedern der Schwinge blockieren würde.“<br />
Wichtig: Den Zustand der Verschraubung im<br />
Bremsankerlager sorgsam prüfen. Festgerostete<br />
Bremse zerlegen<br />
Vor dem Ausbau des<br />
Hinterrads zunächst<br />
das Bremsgestänge<br />
vom hinteren Bremshebel<br />
lösen.<br />
Danach die Haltestrebe<br />
der Bremsankerplatte<br />
von Letzterer<br />
trennen. Nun lässt<br />
sich das Hinterrad<br />
problemlos ausbauen<br />
Die Bremsankerplatte<br />
mit den daran montierten<br />
Bremsbelägen<br />
lässt sich einfach aus<br />
der Bremstrommel<br />
ziehen.<br />
Zum Ausbau der<br />
Bremsbeläge zuerst<br />
die Sicherungssplinte<br />
von den Lagerbolzen<br />
der Bremsbeläge<br />
entfernen<br />
Hinter den beiden<br />
Sicherungssplinten<br />
befindet sich eine<br />
Distanzplatte. Auch<br />
diese muss runter.<br />
Um die Beläge abziehen<br />
zu können,<br />
muss der Bremsnocken<br />
um 90 Grad<br />
gedreht werden<br />
Mit einem Schraubendreher<br />
lassen<br />
sich nun die Bremsbeläge<br />
von ihren Lagerbolzen<br />
abhebeln.<br />
Die Bremsbeläge<br />
stehen wegen der<br />
Rückholfedern unter<br />
Spannung. Deswegen<br />
klappt sie Wolfgang<br />
seitlich weg<br />
Wolfgang markiert<br />
mit einem Körner die<br />
exakte Position des<br />
Bremshebels auf dem<br />
Nocken.<br />
Nach dem Lösen der<br />
Spannschraube lässt<br />
sich der Bremshebel<br />
mit einem Schraubendreher<br />
von der<br />
Verzahnung des<br />
Nockens abhebeln<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 99
SERVICE I<br />
Trommelbremsen warten, Teil 1<br />
Bremsnocken und -lager<br />
Nach dem Herausziehen<br />
des Bremsnockens<br />
erkennt man<br />
hier in dessen Lager<br />
viel Schmutz und<br />
Abrieb. Auch in den<br />
Fettvertiefungen des<br />
Nockens (Pfeil) hat<br />
sich viel Roststaub<br />
und Straßenschmutz<br />
angesammelt<br />
Wolfgang zieht den<br />
in einen Schraubstock<br />
eingespannten<br />
Bremsnocken von<br />
Hand mit einem<br />
Schmirgelvlies ab.<br />
Die Verzahnung<br />
muss ebenfalls gereinigt<br />
werden, am<br />
besten mit einer<br />
Kupferdrahtbürste in<br />
Längsrichtung<br />
Erst nach der<br />
gründlichen Reinigung<br />
lässt sich<br />
wirklich beurteilen,<br />
ob das Lager des<br />
Bremsnockens noch<br />
funktionsfähig ist<br />
Die Bohrung des<br />
Bremsnockenlagers<br />
säubert Wolfgang<br />
hier mit einem verdrehten<br />
und mit<br />
Reiniger getränkten<br />
Schmirgelvlies.<br />
Ergebnis: Hier ist das<br />
Lager noch in einem<br />
guten Zustand, die<br />
Weiterverwendung<br />
bedenkenlos möglich<br />
Bremsbeläge und Reibflächen<br />
Die Rückholfedern<br />
der Bremsbeläge<br />
lassen sich am besten<br />
aushängen, wenn die<br />
Beläge im Winkel von<br />
90 Grad zueinander<br />
stehen<br />
Bremsankerlager führen nämlich zu einem bockenden<br />
Hinterrad, da die Dämpfung stark beeinflusst<br />
wird. „Im schlimmsten Fall kann ein festes Bremsankerlager<br />
zum Bruch der Bremsankerstrebe führen“,<br />
mahnt Wolfgang, „da die Schwingenbewegung<br />
die Strebe dann ständig biegt.“ Schraube und Lager<br />
müssen zudem spielfrei und gut gefettet sein.<br />
Bei der Honda stützt sich der Bremsanker direkt<br />
an der Schwinge ab, dessen Lager muss somit keine<br />
Drehbewegung der Schwinge ausgleichen. Trotzdem<br />
sieht sich Wolfgang auch hier die Verschraubung<br />
sehr genau an. Schließlich handelt es sich um ein<br />
sicherheitsrelevantes Bauteil, das weder korrodiert<br />
noch beschädigt sein darf. Nachdem auch der Bremsanker<br />
frei ist, kann man die Hinterachse herausziehen<br />
und das Hinterrad – nach dem Abheben der Kette<br />
– zur Seite herausfädeln. Nun kann die eigentliche<br />
Arbeit an der Trommelbremse beginnen.<br />
Wolfgang stellt das schwere Hinterrad auf die<br />
Werkbank, zieht die Bremsankerplatte samt den daran<br />
montierten Belägen aus der Bremstrommel und<br />
begutachtet sämtliche Komponenten. „Hier sind das<br />
Innere der Bremstrommel und Beläge, Federn sowie<br />
die Lagerbolzen der Beläge auffallend sauber. An<br />
Abrieb kann die mangelnde Bremswirkung also nicht<br />
liegen.“ Um den Grund zu finden, muss er die gesamte<br />
Mechanik zerlegen. Hierzu spannt er die Bremsankerplatte<br />
in den Schraubstock und entfernt zunächst<br />
die Sicherungssplinte der Bremsbelag-Lager sowie<br />
die darunter liegenden Distanzscheiben. Zum Abziehen<br />
der Beläge dreht Wolfgang noch den Bremsnocken<br />
um 90 Grad. „Bei der CB 750 hat dieser einen<br />
Führungsgrat, der verhindert, dass die Beläge seitlich<br />
vom Nocken wegwandern“, so Wolfgang. „Steht der<br />
Nocken in ‚Betriebsstellung‘, lassen sie sich nicht<br />
senkrecht vom Bremsbelag-Lager abziehen.“<br />
Da er hierfür einen Schraubendreher benötigt,<br />
vermutet unser Experte bereits hier, dass die Bremse<br />
wegen mangelnder Schmierung nicht recht funktioniert.<br />
„Normalerweise lassen sich die Beläge ganz<br />
leicht abziehen. Hier jedoch klemmen sie regelrecht<br />
auf den Achsen.“ Nach dem Abhebeln bestätigt sich<br />
Wolfgangs Vermutung, denn beide Achsen sind völlig<br />
trocken. Der Bremsnocken läuft ebenfalls schwergängig<br />
in seinem Lager. Zum Ausbau von der Bremsankerplatte<br />
schraubt er den Bremshebel ab und zieht<br />
ihn von der Verzahnung des Nockens. Zuvor markiert<br />
er aber noch mit einem Körnerpunkt dessen<br />
exakte Position auf der Achse. „Das erleichtert beim<br />
späteren Zusammenbau die genaue Einstellung der<br />
Bremse“, weiß der versierte Schrauber.<br />
Der Bremsnocken und dessen Lager<br />
Das Herausziehen des Bremsnockens ist schwierig,<br />
er sitzt fest in seinem Lager. Als erfahrener Mechaniker<br />
kennt Wolfgang jedoch die Tricks, um widerspenstige<br />
Verbindungen zu lösen. Er spannt den<br />
Nocken in den Schraubstock und ruckelt die Ankerplatte<br />
durch Pendelbewegungen von der Achse des<br />
Bremsnockens. Sowohl der Nocken als auch dessen<br />
Führungslager in der Ankerplatte sind völlig trocken.<br />
In den Fettvertiefungen hat sich sogar Roststaub und<br />
Straßenschmutz gesammelt. „Dieser zähe Staub verhindert<br />
die saubere Drehbewegung der Achse des<br />
Bremsnockens“, stellt Wolfgang fest. „Dadurch geht<br />
viel Bremskraft verloren.“<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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Um den Zustand der einzelnen Baugruppen besser<br />
beurteilen zu können, wäscht Wolfgang alle Teile<br />
in einer speziellen Reinigungsmaschine mit Reinigungslösung.<br />
„Bremsenteile dürfen nie trocken gereinigt<br />
werden, schon gar nicht mit Pressluft“, warnt<br />
Wolfgang. „Bremsstaub ist lungengängig und damit<br />
extrem schädlich für die Gesundheit.“ Unser Zweirad-Profi<br />
denkt hier vor allem an asbesthaltige<br />
Bremsbeläge. Die sind zwar seit vielen Jahren verboten,<br />
bei vielen Oldtimern aber noch immer verbaut.<br />
Da man sich über die Zusammensetzung der Beläge<br />
nie sicher sein kann, sollte man hier lieber Vorsicht<br />
walten lassen und möglichst keinen Bremsstaub<br />
beim Arbeiten und Reinigen aufwirbeln. „Wer keine<br />
Teilewaschanlage hat, sollte mit Motorradreiniger<br />
arbeiten“, empfiehlt Wolfgang. „Bremsenreiniger ist<br />
hierfür, trotz seines Namens, ungeeignet. Er verdunstet<br />
schlicht zu schnell und bindet keinen Staub.“<br />
Nach gründlicher Reinigung sämtlicher Teile<br />
spannt Wolfgang den Bremsnocken in den Schraubstock<br />
und zieht dessen Achse von Hand mit einem<br />
Schmirgelvlies ab. Nach wenigen Minuten ist die<br />
Oberfläche völlig von Rost befreit und erstrahlt beinahe<br />
im Neuzustand. Die Verzahnung zur Aufnahme<br />
des Bremshebels reinigt er zusätzlich mit einer Kupferdrahtbürste.<br />
Das Achslager des Bremsnockens<br />
säubert er ebenso mit dem Schmirgelvlies, indem er<br />
es zu einer Rolle verdreht und durch die Bohrung<br />
zieht. Danach steckt er beide Teile zusammen und<br />
prüft das Spiel. Hier ist alles maßhaltig, der Bremsnocken<br />
kann bedenkenlos weiterverwendet werden.<br />
Bremsbeläge und Reibfläche<br />
Der nächste Prüfpunkt gilt den Bremsbelägen. Jene<br />
der CB 750 sind fast neuwertig, was die Belagstärke<br />
anbelangt. Auch die Reibflächen zeigen keine Ausbrüche<br />
oder verglaste Stellen. Letzteres wäre ein Indiz<br />
für eine Überhitzung der Beläge. Nur die beiden<br />
Rückholfedern weisen eine leichte Korrosion auf, die<br />
Wolfgang in seiner Teilewaschanlage entfernt. Zur<br />
Kontrolle biegt er die Federn anschließend in alle<br />
Richtungen. So erkennt man, ob sich noch Korrosion<br />
oder Schmutz zwischen den Federwicklungen befindet.<br />
Das Ergebnis überzeugt in diesem Fall, beide<br />
Federn sind völlig sauber. Lediglich ein Federende ist<br />
leicht verbogen. „Vermutlich wurde der Federhaken<br />
bei der Montage etwas verbogen.“ Das kann Wolfgang<br />
mit einer Spitzzange wieder richten.<br />
Danach wischt er mit einem feuchten Tuch den<br />
Schmutz von den Bremsbelägen und kontrolliert den<br />
Zustand der Bremstrommel. „Hier ist darauf zu achten,<br />
dass die Reibfläche der Bremstrommel keine Riefen,<br />
Vertiefungen, Kanten oder Korrosion aufweist“,<br />
sagt Wolfgang und fährt prüfend mit dem Finger<br />
über die Reibfläche. Die Bremstrommel ist bei unserem<br />
Fotomodell jedoch mustergültig. Da keine weiteren<br />
Schäden vorliegen, kann sich der Profi wieder an<br />
den Zusammenbau der Bremse machen.<br />
Zusammenbau und Einstellung<br />
Die Montage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.<br />
Wolfgang achtet darauf, sämtliche beweglichen<br />
Komponenten der Bremse sorgfältig zu schmieren.<br />
„Beim Schmieren darf man keinesfalls zu viel Fett<br />
verwenden“, mahnt er. „Alles, was überschüssig ist<br />
oder aus den jeweiligen Schmierstellen herausquillt,<br />
Zusammenbau<br />
Die Federhaken dürfen<br />
weder verbogen<br />
noch beschädigt sein.<br />
Diese hier sind in<br />
Ordnung und können<br />
weiterverwendet<br />
werden.<br />
Bei der Reinigung<br />
auch die Zwischenräume<br />
der Federn<br />
von Rost und<br />
Schmutz befreien<br />
Zur Reinigung können<br />
die Bremsbeläge<br />
mit einem fettfreien<br />
Putzlappen gründlich<br />
abgewischt werden.<br />
Das Widerlager des<br />
Bremsnockens darf<br />
am Belagträger keine<br />
Beschädigungen oder<br />
Dellen aufweisen<br />
Bei dieser Honda CB<br />
750 Four K2 präsentiert<br />
sich die Reibfläche<br />
in der Bremstrommel<br />
in einem<br />
fast noch neuwertigen<br />
Zustand<br />
Hier sieht man die<br />
komplette Bremsmechanik<br />
des<br />
hinteren Stoppers<br />
der Honda. Deren<br />
Simplex-Trommelbremse<br />
besteht<br />
aus lediglich zwölf<br />
Bauteilen<br />
Der Zusammenbau<br />
der Bremse beginnt<br />
mit dem sorgfältigen<br />
Einfetten des Bremsnockens.<br />
Nach dem Einführen<br />
des Bremsnockens in<br />
das Lager unbedingt<br />
das überschüssige<br />
Fett entfernen!<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 101
SERVICE I<br />
Trommelbremsen warten, Teil 1<br />
Zum Schutz der<br />
Bremsnocken-<br />
Verzahnung gegen<br />
Korrosion ist diese<br />
ebenfalls mit Fett<br />
zu versehen. Dank<br />
Körner-Markierung<br />
gelingt die Montage<br />
des Bremshebels<br />
auf der Welle<br />
des Nockens ohne<br />
Probleme<br />
Die Lager der Bremsbeläge<br />
ebenfalls<br />
mit hitze beständigem<br />
Wälzlagerfett versehen.<br />
Beim Einhängen<br />
der Rückholfedern<br />
darauf achten,<br />
dass deren Enden zur<br />
Bremsankerplatte<br />
weisen<br />
Nach der Montage<br />
des ersten Bremsbelags<br />
wird der zweite<br />
durch Ziehen in<br />
Position gebracht.<br />
Bei der Montage die<br />
Sicherungssplinte<br />
immer durch neue<br />
ersetzen. Falsche<br />
Sparsamkeit ist hier<br />
lebensgefährlich!<br />
Einbauen und einstellen<br />
Bei korrekter<br />
Mon tage lässt sich<br />
die komplettierte<br />
Bremsankerplatte<br />
problemlos in die<br />
Trommel schieben.<br />
Das Hinterrad zunächst<br />
„locker“ in der<br />
Schwinge positionieren,<br />
die Achse aber<br />
noch nicht festziehen<br />
Zur Montage-Vorbereitung<br />
fettet Wolfgang<br />
die Verschraubung<br />
der Bremsankerstrebe<br />
an der<br />
Bremsankerplatte.<br />
Das Einstellgewinde<br />
am Bremsgestänge<br />
zum leichteren<br />
Einstellen ebenfalls<br />
reinigen und leicht<br />
fetten<br />
muss vollständig entfernt werden.“ Ansonsten besteht<br />
die Gefahr, dass Fett auf die Bremsbeläge gelangt,<br />
wenn die Bremse heiß wird.<br />
Nach dem Zusammenbau der Trommelbremse<br />
und dem Einbau des Hinterrads (siehe Fotos) gilt es<br />
im letzten Arbeitsschritt, die richtige Einstellung zu<br />
finden. Zuvor muss allerdings die Kette gespannt<br />
werden, da sich sonst durchs Spannen der Kette die<br />
Einstellung der Bremse wieder verändern kann.<br />
Beim Einstellen darauf achten, dass der Fußbremshebel<br />
einen maximalen Betätigungsweg hat.<br />
„Hierzu den Hebel so einstellen, dass er zunächst<br />
waagrecht steht und am oberen Anschlag anliegt“,<br />
erklärt Wolfgang. „Viele justieren den Fußbremshebel<br />
jedoch so, dass er leicht nach unten geneigt ist,<br />
damit beim Fahren der Fuß nicht versehentlich auf<br />
ihm ruht.“ Das ist jedoch verkehrt, weil hierdurch<br />
viel Hebelweg verloren geht. Auch an der Honda war<br />
der Bremshebel falsch eingestellt. Wolfgang hat ihn<br />
daher abgebaut und anschließend wieder auf der gereinigten<br />
und geschmierten Mitnehmer-Verzahnung<br />
des Hebelgestänges waagrecht montiert. Bei der<br />
Montage sicherstellen, dass der Mitnehmerhebel für<br />
das Bremsgestänge ebenfalls auf dem maximalen Betätigungsweg<br />
– also am oberen Anschlag – ansteht.<br />
Anschließend wird hinten das Bremsgestänge am<br />
Bremshebel der Ankerplatte eingehängt und die Einstellschraube<br />
aufgesetzt. Zum leichteren Einstellen<br />
sollten der Mitnehmerbolzen und das Gewinde des<br />
Gestänges leicht gefettet werden. Da bei korrekter<br />
Montage des Fußbremshebels der maximale Hebelweg<br />
zur Verfügung steht, kann das Bremsgestänge so<br />
eingestellt werden, dass die Bremse ab etwa einem<br />
Drittel des Hebelweges anspricht. Mit dieser Einstellung<br />
lässt sich zudem verhindern, dass die hintere<br />
Bremse betätigt wird, sollte der Fuß des Fahrers versehentlich<br />
auf dem Fußbremshebel ruhen.<br />
„Nach der korrekten Justage von Fußbremshebel<br />
und Gestänge darf man natürlich nicht vergessen,<br />
den Bremslichtschalter ebenfalls neu einzustellen“,<br />
sagt Wolfgang. „Unter Umständen leuchtet sonst das<br />
Bremslicht zu früh oder zu spät auf.“ Bei der Honda<br />
gelingt die Anpassung des Schalters, indem man ihn<br />
über dessen Gewinde an der Rahmenaufnahme höher<br />
oder niedriger einstellt und hernach die beiden<br />
Kontermuttern wieder fixiert. Der Bremslichtschalter<br />
sollte nun genau dann schließen, wenn die Bremswirkung<br />
einsetzt. Um diesen Punkt zu finden, dreht<br />
man das Hinterrad und betätigt dabei leicht den<br />
Bremshebel, bis die Bremsbeläge an der Reibfläche<br />
der Trommel anliegen. Anschließend wird der<br />
Bremslichtschalter auf diesen Punkt justiert.<br />
Achtung: Stützt sich die Strebe des Bremsankers<br />
an der Schwinge ab, muss zum Abschluss noch kontrolliert<br />
werden, ob die Einstellung der Fußbremse<br />
auch bei abgebockter Maschine und aufsitzendem<br />
Fahrer noch passt. Hierzu setzt man sich auf das Motorrad<br />
und testet den Hebelweg der Bremse. Der Ausgleich<br />
der Drehbewegung der Schwinge muss dabei<br />
innerhalb des Leerweges vom Bremshebel liegen<br />
(erstes Drittel!). Sonst kommt es bei jedem Einfedern<br />
zum unfreiwilligen Betätigen der Bremse! ◻<br />
In der kommenden Ausgabe verraten wir in Teil<br />
zwei, wie Bremsbeläge angefertigt und Duplex-<br />
Trommelbremsen eingestellt werden.<br />
102 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
www.motorrad-classic.de
Auf die Unterlegscheibe<br />
an der<br />
Verschraubung der<br />
Bremsankerstrebe<br />
achten, sonst lässt<br />
sich der Sicherungssplint<br />
nicht sicher<br />
setzen.<br />
Bei korrektem Sitz<br />
der Kronmutter diese<br />
nun mit einem neuen<br />
Splint sichern<br />
Vor dem Festziehen<br />
der Hinterradachse<br />
die korrekte Kettenspannung<br />
einstellen.<br />
Hier ist der Fußbremshebel<br />
falsch<br />
– da zu weit unten –<br />
angebracht. Dadurch<br />
geht zu viel Hebelweg<br />
verloren<br />
Nach dem Aushängen<br />
des Bremslichtschalters<br />
und Lösen<br />
der Spannschraube<br />
lässt sich der Fußbremshebel<br />
leicht<br />
abziehen. Er sollte<br />
so hoch wie möglich<br />
auf die Verzahnung<br />
des Mitnehmerhebels<br />
geschoben werden<br />
Der Fußbremshebel<br />
steht nun wieder<br />
waagrecht und<br />
schlägt in Ruhestellung<br />
am Anschlag der<br />
Fußraste an.<br />
Nach dem Festziehen<br />
der Hinterradachse<br />
wird das Bremsgestänge<br />
auf ungefähr<br />
ein Drittel Leerweg<br />
eingestellt<br />
Durch Betätigen der<br />
Bremse bei gleichzeitigem<br />
Drehen des<br />
Hinterrads findet<br />
man den Bremspunkt.<br />
Das Auslösen<br />
des Bremslichtschalters<br />
sollte mit Bremsbeginn<br />
erfolgen. Die<br />
Einstellung erfolgt<br />
über zwei Kontermuttern<br />
Bremstrommel ausdrehen<br />
Bei starkem Rost, Riefen oder eingelaufenen Reibflächen ist meist<br />
ein Austausch der Bremstrommel fällig. „Grundsätzlich ist aber auch<br />
das Ausdrehen möglich“, sagt Peter Steger, Motorradspezialist und<br />
Mitgeschäftsführer bei der Firma R & R in Überacker. Allerdings nur,<br />
wenn die Trommel nicht bereits zuvor schon mal ausgedreht wurde.<br />
Sonst würde sich durch wiederholtes Ausdrehen der Durchmesser so<br />
stark vergrößern, dass der Hub<br />
des Bremsnockens nicht mehr<br />
ausreicht, die Bremsbeläge weit<br />
genug zu spreizen. Also wird<br />
zunächst penibel vermessen.<br />
Ist bei Speichenrädern genug<br />
Material vorhanden, speicht Peter<br />
die Trommel aus, um sie in die<br />
Drehbank einspannen zu können.<br />
Alternative bei Gussrädern: Rad<br />
in eine Fräsmaschine einspannen<br />
und den rotierenden Fräskopf<br />
arbeiten lassen. Hier zeigen wir<br />
jedoch die erstere Variante am<br />
Beispiel einer 1973er-Triumph<br />
„Hurricane“ mit massiv korrodierter<br />
Trommel. „Material ist<br />
genügend vorhanden, problematisch<br />
sind aber die starken<br />
Rostnar ben in der Reibfläche.<br />
Man kann nur schwer abschätzen,<br />
wie tief sie sind.“ Zum Ausdrehen<br />
schraubt Peter zuerst einen<br />
Adapter an die Trommel, der<br />
passgenau im Radlagersitz<br />
positioniert ist und die Trommel<br />
zentriert. Mit dem Adapter wird<br />
die Nabe anschließend in das<br />
Spannfutter der Drehmaschine<br />
eingespannt und die exakte<br />
Zentrierung von Hand überprüft.<br />
„Durch den ins Bohrfutter<br />
eingespannten Adapter ist die<br />
Bremstrommel eigentlich<br />
zentriert“, so Peter. „Es könnte<br />
aber sein, dass der Radlagersitz<br />
um einige Zehntel gegenüber<br />
der Reibfläche der Bremstrommel<br />
azentrisch gebohrt ist. Dann<br />
muss die Bremstrommel erneut<br />
in der Drehbank zentriert werden,<br />
diesmal bezogen auf die<br />
Reibfläche der Bremstrommel.“<br />
Nach dem zentrischen Einspannen<br />
beginnt das Ausdrehen in kleinen<br />
Schritten. „Anfangs lasse ich<br />
den Drehmeißel nur ein Zehntel<br />
abnehmen, um den Rost zu<br />
entfernen.“ Danach erfolgt eine<br />
Kontrolle. Der Rost ist, bis auf<br />
eine größere Narbe, weg. Und so<br />
fährt der Drehmeißel erneut in<br />
die Trommel, nimmt nun zwei<br />
Zehntel ab. Ergebnis: Rostnarbe<br />
verschwunden, Reibfläche mit<br />
gleichmäßigem Tragbild. Was<br />
die finale Vermessung bestätigt.<br />
Dann gibt Peter die Trommel<br />
zum Glasperlenstrahlen, bevor<br />
er die Nabe wieder einspeicht.<br />
Zum sicheren Einspannen<br />
in die Drehmaschine<br />
wird ein Adapter an<br />
die Bremstrommel<br />
geschraubt<br />
Der zweite konische<br />
Dorn (rechts) zentriert<br />
die Trommel auf dem<br />
Adapter und garantiert<br />
den exakten Rundlauf<br />
Die eingespannte Bremstrommel<br />
erhält hier<br />
leichte Korrekturen des<br />
Rundlaufes mit einem<br />
Kupferhammer<br />
Nach zwei Durchläufen<br />
mit insgesamt zwei<br />
Zehnteln Materialabtrag<br />
ist die Bremstrommel<br />
wieder einsatzbereit<br />
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 103
SPORT I<br />
DHM-Nachrichten<br />
Ein Traum aus dem Fernen Osten<br />
Anfang der 1960er-Jahre zählten die Honda CB 72 und CB 77 zu den sportlichsten Motorrädern.<br />
Weshalb die beiden Honda-Twins auch heute noch das Starterfeld in der DHM bereichern.<br />
Nackt im Wind: Ralf Eismar startet in der Klasse<br />
J auf seiner unverkleideten Honda CB 77<br />
Obwohl Honda bereits 1954 die Weltbühne des Motorsports<br />
betrat, sollten sich die ersten vorzeigbaren Erfolge erst 1959<br />
einstellen. Zu diesem Zeitpunkt brachte Honda die legendäre CB<br />
72 Dream Super Sport auf den Markt, eine Zweizylindermaschine<br />
mit 249 cm³ und 24 PS. Mit einem elektrischen Anlasser und dem<br />
für jene Zeit sehr guten Fahrwerk sowie gut funktionierenden<br />
Bremsen setzte sie damals Maßstäbe in der 250er-Klasse. Keine<br />
der deutschen 250er, weder eine BMW R 27 noch eine NSU Max,<br />
schafften auch nur annähernd die 140 km/h Spitze der Honda.<br />
Und das alles gab es damals zum vergleichsweise günstigen Preis<br />
von 2675 Mark. Für die Zeitschrift „Das <strong>MOTORRAD</strong>“ umrundete<br />
Ernst „Klacks“ Leverkus auf einer Honda CB 72 die Nordschleife<br />
des Nürburgrings in zwölf Minuten und 40 Sekunden, was trotz<br />
stehendem Start ungefähr einem Rundendurchschnitt von 108<br />
km/h entsprach. Klacks stellte dem Japan-Twin daraufhin ein<br />
Musterzeugnis an Funktionalität aus.<br />
Drehzahlen von über 9000 Touren<br />
machten die Europäer skeptisch, waren<br />
aber für die Honda kein Problem.<br />
Während Mike Hailwood und Jim<br />
Redmann bereits auf Vierzylinder-<br />
Hondas die ersten Weltmeistertitel einfuhren,<br />
wurde die CB 72 meist von Privatfahrern<br />
eingesetzt. Seinerzeit konnten<br />
die Privatfahrer eine Honda CR 72<br />
Honda CB 72<br />
im Renntrimm<br />
mit<br />
klassischer<br />
Vollverkleidung<br />
Offene Ansaugtrichter<br />
gehören<br />
zum guten<br />
Ton und<br />
schmeicheln<br />
auch dem<br />
Auge<br />
Alle Termine der DHM <strong>2016</strong><br />
Datum Veranstaltung Klassen<br />
Fotos: DHM<br />
mit Fünfganggetriebe und dohc-Zylinderkopf<br />
käuflich erwerben. Und somit<br />
weltweit mit konkurrenzfähigem Material<br />
um Trophäen kämpfen. Koichi<br />
Shimada, der Wegbereiter der ersten<br />
Stunde für Honda auf dem deutschen<br />
Markt, gewann 1962 mit einer CR 72<br />
die 24-Stunden-Avus-Fahrt. Den<br />
größten Erfolg mit der 250er fuhr<br />
jedoch der Japaner Kunimitsu Takahashi<br />
bei seinem TT-Sieg auf der Isle<br />
of Man 1963 ein. Platz drei in diesem<br />
Rennen belegte Bill Smith, ebenfalls<br />
auf einer 250er-Honda.<br />
In der Deutschen Historischen<br />
Motorradmeisterschaft (DHM) nehmen<br />
heute noch einige solcher Maschinen<br />
am Wettbewerb teil. Das<br />
Erscheinungsbild und der Klang des<br />
Zweizylinders sind für die Zuschauer<br />
immer wieder ein großer Genuss.<br />
Während die CB 72 in der Klasse<br />
H bis 250 cm³ teilnimmt, startet die<br />
später produzierte und auf 305 cm³<br />
aufgebohrte CB 77 in der Klasse J (bis<br />
350 cm³). Die einfachen und sehr auf Zuverlässigkeit ausgerichteten<br />
Motoren werden gerade in der Klasse J mit größeren Ventilen<br />
und Kolben zur 350er aufgerüstet. Größere Vergaser, offene Ansaugtrichter,<br />
Renntüten und die Umrüstung auf einen stabilen<br />
Primärantrieb mit Fünfgang-Renngetriebe machen die aufgemotzte<br />
CB 77 konkurrenzfähig. Bis zu 40 PS lassen sich aus der Honda herauskitzeln,<br />
was bei der damaligen und heutigen Konkurrenz auch<br />
dringend erforderlich war und ist. Egal, ob unverkleidet oder mit<br />
einer klassischen Schale in den typischen Honda-Farben – die Honda<br />
CB 72 ist auch heute noch in ihrer Klasse absolut konkurrenzfähig.<br />
Den vielleicht einzigen bedeutenden Nachteil im Vergleich<br />
zu den Aermacchis oder Ducatis offenbart die Honda nur auf der<br />
Waage. Mit rund 115 Kilogramm ist sie etwas schwerer als die Italiener.<br />
Heute ist das jedoch eher zweitrangig, geht es bei der Honda<br />
CB 72 Dream Super Sport doch einzig und allein ums Erlebnis!<br />
14. bis 15. Mai Colmar-Berg, Luxemburg Alle Klassen<br />
10. bis 12. Juni ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong> Klassen E, H, J, K, N, P<br />
02. bis 03. Juli Großer Preis der Stadt Metz Alle Klassen<br />
22. bis 24. Juli Schleizer Dreieck Alle Klassen<br />
20. bis 21. August Schottenring Grand Prix Mit VFV-Sonderlauf<br />
16. bis 18. September Hockenheim <strong>Classic</strong>s Alle Klassen, mit VFV-Sonderlauf<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong><br />
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SPORT I<br />
Drixton-Honda 500<br />
Eil-Vorlage<br />
Zwei Australier und ein Schweizer bauten mit<br />
Hondas aufgebohrtem CB 450-Twin einen Renner<br />
auf, der 1969 gut genug war, um in der 500er-<br />
WM sogar Agostini auf der Werks-MV zu ärgern.<br />
Was viele Nachahmer auf den Plan rief.<br />
Text: Alan Cathcart; Fotos: Kyoichi Nakamura<br />
1<strong>06</strong> <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
www.motorrad-classic.de <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong> 107
SPORT I<br />
Drixton-Honda 500<br />
Obwohl eher hemdsärmelig gestrickt,<br />
gibt es vermutlich keinen<br />
anderen <strong>Classic</strong> Racer aus<br />
der Blütezeit des „Continental Circus“<br />
ausgangs der 1960er-Jahre, der so oft kopiert<br />
wurde wie die Drixton-Honda. Drixton<br />
ist eine Verschmelzung der Nachnamen<br />
des Schweizers Othmar Drixl und<br />
Syd Lawnton, dem damaligen britischen<br />
Aermacchi-Importeur.<br />
Drixl und Lawnton begegneten sich<br />
bereits 1964, hatte mir Syd einst erzählt.<br />
„Othmar, genannt ‚Marly‘, war ein Mensch<br />
mit vielen Talenten, der stets zu wissen<br />
schien, was gerade Sache ist und anscheinend<br />
immer viele Geschäfte am Laufen<br />
hatte. Dennoch war er ständig blank. Er<br />
lebte mit Frau und Kind in einem Wohnmobil,<br />
das an einem See nahe dem Aermacchi-Werk<br />
stand, wo er am Band arbeitete.<br />
Für mich als frischgebackenem<br />
Aermacchi-Importeur, der kein Italienisch<br />
sprach, war er daher der ideale Mittelsmann,<br />
weil er sowohl Englisch als auch<br />
Italienisch konnte. Dass er an mir in erster<br />
Linie als Sponsor für seine Rennambitionen<br />
interessiert war, habe ich natürlich<br />
rasch erkannt. Doch als Rennfahrer war<br />
Marly eher unterdurchschnittlich begabt.“<br />
Dennoch konnte der Schweizer Ingenieur<br />
dem Aermacchi-Importeur aus der Patsche<br />
helfen. „Nach dem Rückzug von Avon aus<br />
dem Rennsport fiel die Wahl auf Dunlop-<br />
Reifen, die aber überhaupt nicht mit dem<br />
Aermacchi-Chassis harmonierten. Drixl<br />
versicherte mir, dass er mir einen Rahmen<br />
bauen könne, der perfekt zu den Dunlops<br />
passen würde.“ Den hat er dann mit<br />
Lawntons Geld bei Baroni in Mailand gebaut,<br />
einem kleinen Fertigungsbetrieb, der<br />
sich in der italienischen Rennszene vor<br />
allem mit seinen Telegabeln einen Namen<br />
gemacht hatte. Damit hat auch Drixl seine<br />
Rahmen ausgestattet, die von Syd Lawnton<br />
einst unter der Bezeichnung „Drixton“<br />
verkauft wurden.<br />
Zwischen 1965 und 1969 baute Drixl<br />
rund 25 dieser Drixton-Aermacchi-Rahmen,<br />
die dank des herausragenden Handlings<br />
auch von führenden Privatfahrern<br />
wie John Hartle oder Kel Carruthers gefahren<br />
wurden, der damit 1968 sogar den<br />
dritten Platz in der 350er-WM erreichte!<br />
Viele dieser Drixton-Aermacchis sind<br />
heute noch bei Klassik-Rennen am Start.<br />
„Stabil war Marlys Konstruktion ja, sie erinnerte<br />
aber eher an landwirtschaftlichen<br />
Maschinenbau. Na ja, eigentlich auch kein<br />
Wunder, schließlich hatte er sich erst<br />
beim Aufbau dieser frühen Rahmen das<br />
Schweißen selbst angeeignet. Außerdem<br />
arbeitete er ohne Motorgehäuse und deren<br />
Aufnahmen, weshalb so etwas wie eine<br />
Serienfertigung unmöglich war“, erzählte<br />
mir Syd noch vor seinem Tod 1997.<br />
Doch zurück zur Drixton-Honda. Und<br />
damit zu zwei Protagonisten aus Australien,<br />
deren Namen untrennbar mit dem<br />
Aufbau dieser ersten Drixton-Honda verbunden<br />
sind. Der eine, Terry Dennehy, fuhr<br />
in Australien bereits erfolgreich Rennen,<br />
bevor er 1967 nach Europa kam, um als<br />
Privatfahrer bei den Grand Prix des Continental<br />
Circus anzutreten.<br />
Im Schlepptau hatte er seinen Mechaniker<br />
und Kumpel Ralph Hannan, wie<br />
Dennehy ebenfalls 22 Jahre jung. Nach<br />
einem durchfrorenen Winter in England<br />
zog es die beiden Australier 1968 wegen<br />
des angenehmeren Wetters in die Nähe<br />
von Mailand, wo sie irgendwann mit Drixl<br />
zusammentrafen. Gemeinsam begann das<br />
Trio Pläne zu schmieden, um mit einem<br />
aufgebohrten CB 450-Twin bei den 500er-<br />
Grand Prix zu starten. Nach Hondas<br />
Rückzug aus dem Grand Prix-Sport boten<br />
sich für Privatfahrer Ende der 60er-Jahre<br />
plötzlich attraktive Möglichkeiten für den<br />
Kampf um die Plätze hinter Agostini auf<br />
dessen Werks-MV Agusta.<br />
Perfekte Gewichtsverteilung<br />
dank<br />
weit vorn im Doppelschleifen-Chassis<br />
platziertem<br />
Motor. Die Oberzüge<br />
führte Drixl<br />
als Schutz um den<br />
Zylinderkopf herum<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
So ein CB 450-Twin erschien dabei besonders<br />
vielversprechend, weil er bereits<br />
im Serientrimm 43 PS bei 8500/min leistete.<br />
Da sich aus dem Motor mit vergleichsweise<br />
überschaubarem finanziellem Aufwand<br />
deutlich mehr Leistung herauskitzeln<br />
ließ, galt er als ideale Basis für Privat-<br />
Racer. Damit waren sie konkurrenzfähig<br />
gegen die Horden von Seeley G50 und<br />
Norton Manx, die damals das Fahrerlager<br />
in der 500er-Klasse dominierten.<br />
Über den Winter 1967/68 konstruierte<br />
Drixl also einen Rahmen mitsamt Tank<br />
um den Honda-Twin herum. Im Frühjahr<br />
1968 war die Rennmaschine fertig, kam<br />
jedoch in diesem Jahr nicht mehr zum<br />
Einsatz, weil Terry als 500er-Novize entweder<br />
keine Startplätze ergatterte oder<br />
mangels Antrittsgeld passen musste.<br />
Was die beiden Aussies aber nicht<br />
hinderte, für die folgende Saison einen<br />
nunmehr mit Fünfganggetriebe ausgestatteten<br />
CB 450 K4-Motor aufzubauen.<br />
Den gab es in Japan als Parallel-Twin mit<br />
360-Grad-Kurbelwelle, für den Export<br />
war dagegen die Gegenläufer-Konfiguration<br />
mit 180-Grad-Versatz vorgesehen,<br />
für die sich Dennehy und Hannan entschieden.<br />
Sie versahen den Twin mit einem<br />
erleichterten Kurbeltrieb, den einer<br />
Sachsenring-GP<br />
1969: Dennehy<br />
schiebt die Drixton-Honda<br />
über<br />
die Ziellinie, nachdem<br />
ihm der Sprit<br />
ausgegangen war<br />
Rares Foto: die<br />
Drixton-Honda<br />
im Jahr 1968 mit<br />
ihren Erbauern<br />
Terry Dennehy<br />
(l.) und Othmar<br />
„Marly“ Drixl aus<br />
der Schweiz<br />
Ungewöhnliche<br />
Lösung: Ein<br />
Weber-Doppelvergaser<br />
aus<br />
einem Alfa Romeo-<br />
Pkw übernimmt<br />
die Gemischaufbereitung<br />
Originalgetreue<br />
Restaurierung bis<br />
ins Detail: hier der<br />
Blick auf die stabile<br />
Lenkkopf-Partie<br />
und den Verkleidungshalter<br />
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SPORT I<br />
Drixton-Honda 500<br />
der damals zahlreichen Teilelieferanten in<br />
Nord italien fertigte. Der Zylinderkopf wurde<br />
mit Aermacchi-Ventilen (Einlass 41 mm,<br />
Auslass 35 mm) bestückt, statt der Torsionsfedern<br />
kamen jedoch herkömm liche Ventilfedern<br />
zum Einsatz, die Helmut Fath<br />
beisteuerte. Glücklicherweise hatten die<br />
Honda-Ingenieure im Zylinderkopf so viel<br />
Luft gelassen, dass diese Modi fikationen<br />
problemlos machbar waren.<br />
Ferner bekam der Twin bei einem Hub<br />
von serienmäßigen 57,8 Millimetern vier<br />
Millimeter größere Bohrungen (74 mm,<br />
Hubraum 497 cm³), in denen umgearbeitete<br />
Rennkolben von Aermacchi liefen. Angepasste<br />
Kanäle und eine Renn-Nockenwelle<br />
des US-Zulieferers Webco komplettierten<br />
die Umbaumaßnahmen am Motor.<br />
Ungewöhnlich war die Wahl eines Weber-<br />
Doppelvergasers aus einem Alfa Romeo-<br />
Pkw für die Gemischaufbereitung, während<br />
der Rob North-Auspuff zu den gängigen<br />
Tuningteilen zählte. Die serienmäßige<br />
Batteriezündung wurde dagegen beibehalten<br />
– die schwere 12-Volt-Batterie und<br />
eine gewisse Defektanfälligkeit bei den<br />
nunmehr deutlich höheren Dauer drehzahlen<br />
nahmen Dennehy und Hannan<br />
dafür in Kauf.<br />
In dieser Konfiguration leistete der<br />
Honda-Twin am Hinterrad bemerkenswerte<br />
65 PS bei 10 200/min. Und somit<br />
erheblich mehr als die etwa 52 PS von gut<br />
gehenden Norton Manx oder Seeley-<br />
Matchless! Zumal sich deren Gewichtsvorteil<br />
ebenso in Grenzen hielt: Mit der<br />
später implantierten Kröber-Zündanlage<br />
brachte die Drixton-Honda trocken absolut<br />
konkurrenzfähige 129 Kilogramm auf<br />
die Waage, bei einer nahezu perfekten<br />
Gewichtsverteilung (50,5 Prozent vorne).<br />
Das schaffte Drixl, indem er den Honda-Motor<br />
weit vorne in seinem Doppelschleifen-Rohrrahmen<br />
verbaute. Kurze<br />
1340 Millimeter Radstand versprachen ein<br />
prima Handling. Eine massive Alustrebe,<br />
die den hinteren Lenkkopfbereich mit<br />
dem Zylinderkopf verband, sollte zusätzlich<br />
für mehr Steifigkeit sorgen. Die ebenfalls<br />
vom Zylinderkopf seitlich nach hinten<br />
zu den beiden Rahmenoberzügen führenden<br />
Rohrverbindungen dienten dagegen<br />
als nichttragende Abstützungen alleine<br />
für den Motor.<br />
Auffällig an Drixls Rahmenkonstruktion<br />
sind außerdem die um den Zylinderkopf<br />
geschwungenen Oberzüge, die bei
einem Sturz den Motor vor Beschädigungen<br />
schützen sollten. Ein weiteres technisches<br />
Schmankerl der Drixton-Honda war<br />
die exzentrische Aufnahme der Hinterradachse.<br />
Vorn wie hinten vertraute Drixl<br />
auf Ceriani-Federelemente und Fontana-<br />
Bremsen, mit einer gewaltigen 250-Millimeter-Doppelduplex-Variante<br />
im Vorderrad<br />
– alles bewährte Zuliefer teile aus der<br />
Mailänder Region eben.<br />
Nach einigen Funktionstests bei Frühjahrsrennen<br />
in Italien gab Terry Dennehy<br />
am 28. Juni 1969 sein Grand Prix-Debüt<br />
bei der Dutch TT in Assen, das mit einer<br />
Aufgabe wegen Zündungsproblemen jedoch<br />
eher unglücklich verlief. Doch schon<br />
beim nächsten WM-Lauf auf dem Sachsenring<br />
am 13. Juli lag er auf einem ungefährdeten<br />
zweiten Rang hinter Agostinis<br />
Stabilisierungsmaßnahme:<br />
Hier<br />
sieht man die<br />
massive Alustrebe<br />
zwischen Lenkund<br />
Zylinderkopf,<br />
die Drixl zur Rahmenversteifung<br />
eingebaut hat<br />
Statt der serienmäßigen<br />
Torsionsfedern<br />
kamen<br />
im Zylinderkopf<br />
des aufgebohrten<br />
CB 450-Motors<br />
herkömmliche<br />
Ventilfedern in<br />
Spiralform von<br />
Fath zum Einsatz<br />
Mächtige Stopper:<br />
Vorn verzögert<br />
eine Doppelduplex-Trommelbremse<br />
von<br />
Fontana mit<br />
250 Millimetern<br />
Durchmesser<br />
Scharfmacher:<br />
Webco-Nockenwelle<br />
mit Ventilfedern<br />
von Helmut<br />
Fath. Die Ventile<br />
selbst und der<br />
Kolben sind angepasste<br />
Rennteile<br />
von Aermacchi
SPORT I<br />
Drixton-Honda 500<br />
Werks-MV, als Terry in der letzten Runde<br />
der Sprit ausging. Mit letzter Kraft schob<br />
er die Drixton-Honda über die Ziellinie –<br />
auf Platz fünf!<br />
Noch enttäuschender war der Ausfall<br />
im finnischen Imatra am 3. August, als<br />
Terry vor Ago in Führung liegend wegen<br />
Zündungsproblemen erneut aufgeben<br />
musste und das gesamte Fahrerlager mit<br />
ihm mitfühlte. Schließlich schien es bis<br />
dahin undenkbar, dass ein Privatfahrer<br />
mit einem Eigenbau den als unantastbar<br />
geltenden MV-Werkspiloten herausfordern<br />
konnte. Richtig gut lief es für Dennehy<br />
zunächst auch beim Italien-GP in Imola<br />
am 7. September. Doch auch hier warfen<br />
ihn Fehlzündungen vom sicheren zweiten<br />
Platz auf Rang vier zurück. Beim letzten<br />
Rennen in Opatija/Jugoslawien war es<br />
ebenso wieder die Zündung, die Dennehy<br />
zur Aufgabe zwang. Dennoch hatte er so<br />
viele Punkte gesammelt, dass er im Abschlussklassement<br />
der 500er-Weltmeisterschaft<br />
den 12. Platz belegte – einen Rang<br />
vor Jack Findlay, seinem australischen<br />
Landsmann und Mitbewohner in der gemeinsamen<br />
Mailänder Bleibe.<br />
Damit hatte sich die Drixton-Honda<br />
als konkurrenzfähiger Renner für Privatfahrer<br />
erwiesen. Und das sogar gegen die<br />
ab 1970 mitfahrenden H1R-Kawasakis, die<br />
im Vergleich zu den angegrauten Grand<br />
Prix-Maschinen von Paton, Linto, den britischen<br />
Singles oder aufgebohrten Aermacchis<br />
eine unglaublich schnelle Zweitakt-Rakete<br />
war. Dennoch, die GP-Saison<br />
1970 lief für Terry sehr enttäuschend. Viele<br />
technische Ausfälle, dazu ein sechster<br />
Platz beim belgischen Grand Prix als beste<br />
Platzierung – am Ende der Saison war<br />
Terry Dennehy beinahe pleite.<br />
Als er bei der 1971er-Dutch TT in<br />
Assen mit dem holländischen Privatfahrer<br />
Ben Heman ins Gespräch kam, tauschte<br />
Terry seine Drixton-Honda gegen die neue<br />
Yamaha TR 350 des Niederländers, um es<br />
mit dem japanischen Zweitakter eine Klasse<br />
tiefer zu probieren. Doch auch die Yamaha<br />
brachte Terry kein Glück. Ein schwerer<br />
Sturz in Schweden beendete 1972 seine<br />
Rennfahrer-Karriere.<br />
Da hatte die Drixton-Honda mit dem<br />
Niederländer Herman Timman schon wieder<br />
einen neuen Eigner. „Ich fuhr seit<br />
1967 Rennen, erst mit einer BSA Gold Star,<br />
dann mit einer 350er-Manx, mit durchwachsenen<br />
Resultaten. Als mich mein<br />
Freund und Fahrerkollege Ben Heman<br />
fragte, ob ich Interesse an Terry Dennehys<br />
ehemaliger Drixton-Honda hätte, musste<br />
ich nicht zweimal überlegen“, erinnert<br />
sich der vitale Mittsechziger. Der Deal<br />
klappte damals aber nur, weil Ben einige<br />
Rennteile von Timman als Zahlungsmittel<br />
akzeptierte.<br />
„Als ich in Assen meine ersten Runden<br />
auf der Drixton-Honda fuhr, wusste ich,<br />
dass diese Rennmaschine gut genug war,<br />
um die 500er-Klasse in der Holländischen<br />
Herman Timman<br />
1972 auf der<br />
Drixton-Honda<br />
beim holländischen<br />
Meisterschaftslauf<br />
in<br />
Zandvoort, den<br />
er gewann<br />
Herman Timman<br />
2015 mit seiner<br />
ehemaligen<br />
Meistermaschine,<br />
der restaurierten<br />
Ex-Dennehy-<br />
Drixton-Honda<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2016</strong>
Meisterschaft zu gewinnen“, erzählt Herman.<br />
„Der Zustand war fantastisch. Außerdem<br />
hatte sie im Vergleich zu den Motorrädern,<br />
die ich zuvor gefahren bin, so viel<br />
mehr Leistung und ein klasse Fahrwerk<br />
mit einem perfekten Handling. Nicht zu<br />
vergessen der Wahnsinns-Sound in diesen<br />
Schalldämpfer-freien Zeiten damals!<br />
Von den elf Meisterschaftsläufen hatte ich<br />
zwar die ersten fünf bereits verpasst, gewann<br />
dann aber die nächsten fünf. Beim<br />
letzten Lauf genügte mir Rang zwei hinter<br />
meinem schärfsten Rivalen Frank Coopman<br />
auf einer Dreizylinder-Kawasaki<br />
zum Gewinn des Meistertitels bei den<br />
500ern!“<br />
Im Jahr 1974 musste Timman die Drixton-Honda<br />
leider verkaufen. Sie wechselte<br />
danach einige Male den Besitzer, bis sie<br />
ihm von den Nachfahren des letzten Eigners<br />
angeboten wurde. „Natürlich habe<br />
ich mir diese einmalige Chance nicht entgehen<br />
lassen und meine Meistermaschine<br />
wieder zurückgekauft. Im Lauf der Jahre<br />
war zwar vieles verändert worden, was<br />
mich aber nicht abhalten konnte, die<br />
Drixton-Honda zusammen mit einem örtlichen<br />
Aermacchi-Genie völlig originalgetreu<br />
wieder neu aufzubauen.“<br />
Mit diesen Worten übergibt mir Herman<br />
sein Schmuckstück, das ich bei einer<br />
Klassikveranstaltung in Basse, nordöstlich<br />
von Amsterdam, fahren darf. Groß eingewöhnen<br />
muss ich mich nicht, sie fährt<br />
sich ähnlich wie meine 500er-Paton, mit<br />
der ich früher die IHRO-Klassik-Grand<br />
Prix bestritten habe. Wie die Paton schwächelt<br />
auch der Honda-Gegenläufer bei<br />
etwa 5000 bis 5500 Touren, zieht dafür<br />
kräftig und schön linear ab 3000/min aus<br />
Kurven. Gut so, weil die Drixton noch mit<br />
der langen Spa-Übersetzung bestückt ist.<br />
Auf dem winkligen Basse-Kurs muss ich<br />
in den Spitzkehren daher drei Mal pro<br />
Runde bis in den Ersten zurückschalten.<br />
Kraftvoll lasse ich mich vom aufgebohrten<br />
Honda-Twin aus den Kehren tragen, überbrücke<br />
die Hängepartie in der Drehzahlmitte<br />
mit einem kurzen Zug an der Kupplung<br />
und drehe bis zur 9000er-Marke, wie<br />
mit Herman abgesprochen. Früher ging’s<br />
bis 10 500, doch die erspare ich der Drixton-Honda.<br />
Sie hat spürbar mehr Drehmoment<br />
als meine Paton einst, spe ziell im<br />
Wohl fühlbereich zwischen 7000 und 9000<br />
Touren, untermalt vom infer nalischen<br />
Röhren aus den offenen Megafonen. Die<br />
Gasannahme des Weber-Doppelvergasers<br />
ist überraschend gut, Teillast mag er aber<br />
nicht besonders.<br />
Am meisten beeindruckt mich jedoch<br />
das exzellente Fahrverhalten, Handling<br />
und Stabilität sind einfach famos! Neutral<br />
einlenkend, absolut vertrauenerweckend<br />
auf schnellen, holprigen Abschnitten, dazu<br />
die fantastischen Fontana-Bremsen –<br />
jetzt weiß ich, weshalb die Drixton-Honda<br />
bis heute die am häufigsten kopierte<br />
Rennmaschine der 60er-Jahre ist! ◻<br />
DATEN<br />
Drixton-Honda 500<br />
Motor: Luftgekühlter Reihenzweizylinder-Viertaktmotor, eine obenliegende, über Kette angetriebene<br />
Nockenwelle, je zwei Ventile pro Brennraum, Bohrung x Hub 74 x 57,8 mm, Verdichtung 12,2:1,<br />
Hubraum 497 cm³, Leistung 65 PS bei 10 200/min (am Hinterrad)<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Ceriani-Telegabel, Zweiarmschwinge mit zwei Ceriani-Federbeinen,<br />
Borrani-Drahtspeichenräder mit Alufelgen, Reifen vorn 2.75 x 18, hinten 3.50 x 18, Fontana-Doppelduplex-Trommelbremse<br />
vorn, Ø 250 mm, Fontana-Duplex-Trommelbremse hinten, Ø 210 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1340 mm, Trockengewicht 129 kg, Tankinhalt k. A.<br />
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (mit Übersetzung für Spa)
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 7+8/<strong>2016</strong> erscheint am 10. Juni <strong>2016</strong><br />
Foto: Jacek Bilski<br />
Foto: Fred Siemer<br />
Frühling? Frühling!<br />
Endlich hat der Regen das Salz von den Straßen gespült<br />
und die Sonne wieder genügend Kraft, um mehr als nur<br />
das Gemüt zu wärmen. Bei unserer ersten Frühjahrsausfahrt<br />
mit Kawasaki Z 1000 und Zephyr 1100 wollen wir<br />
erfahren, warum „Frankensteins Enkelin“ mittlerweile<br />
selbst bei gusseisernen Z-Treibern hohes Ansehen genießt<br />
BESSER<br />
TROMMELN<br />
Im zweiten Teil unserer<br />
großen Service-Geschichte<br />
über Trommelbremsen<br />
verrät uns ein Profi, wie<br />
neue Bremsbeläge nachgefertigt<br />
werden. Außerdem<br />
sehen Sie, wie man<br />
Duplex-Trommelbremsen<br />
perfekt einstellt<br />
PORTRÄT NORBERT<br />
SCHÜLLER<br />
Er hat beim Berliner Motorenbauer<br />
König schon mit dem legendären<br />
Grand Prix-Star Kim Newcombe an<br />
der Werkbank gestanden und gilt<br />
heute als einer der besten Kenner<br />
des kompakten Vierzylinder-Zweitakt-Boxers.<br />
Dabei liegen Norbert<br />
Schüllers eigentliche Talente im<br />
Fahrwerksbau. Besuch bei einem<br />
genialen Handwerker<br />
Foto: Marcel Schoch<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN 0937-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
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70174 Stuttgart<br />
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