2016-05 Pfarrblatt Freiburg
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Editorial Editorial<br />
Die Sprache der Kirche muss übersetzt werden<br />
Am 1. Mai dürfen wir den Mediensonntag<br />
feiern. In seiner Botschaft<br />
zu diesem Tag spricht Papst Franziskus<br />
von der Macht einer „barmherzigen<br />
Kommunikation”, die es schafft,<br />
dass Mensch einander näherkommen.<br />
Erlebst du das auch so?<br />
Ja, ich erlebe das täglich! Damit das<br />
funktioniert müssen zunächst die<br />
Gesprächspartner auf eine gemeinsame<br />
Ebene gebraucht werden, es<br />
muss ein gemeinsames Verständnis<br />
erarbeitet werden. In der Kirche, wie<br />
auch in anderen Strukturen, benutzen<br />
wir oft einen bestimmten Wortschatz,<br />
der für einen Kreis von Insidern<br />
verständlich ist. Mein Ziel ist<br />
es, diese Sprache zu übersetzen; so<br />
zu schreiben, dass es alle verstehen.<br />
Wenn man jemanden auf der Strasse<br />
fragt, was ein Vikar ist, ein Diakon,<br />
eine Seelsorgeeinheit, bezweifle ich,<br />
dass er oder sie das genau definieren<br />
könnte, weil sie eben nicht zu<br />
den „Insidern” gehören. Und dabei<br />
habe ich bisher nur von strukturellen<br />
Begriffen gesprochen. Auf die<br />
gleiche Art und Weise muss man<br />
dann auch versuchen, eine Vorstellung<br />
von substantielleren Themen<br />
zu vermitteln, z. B. Eucharistie oder<br />
Firmung etc. Sich anzunähern heisst<br />
schliesslich auch, wohlwollend zu<br />
kommunizieren, Vorurteile abzubauen,<br />
die es möglicherweise gegenüber<br />
einem Gesprächspartner<br />
gibt. Denn Vorurteile nähren unsere<br />
Ignoranz und verhindern, dass wir<br />
den anderen wirklich verstehen.<br />
Seit 2012 bist du Kommunikationsverantwortliche<br />
für das Bistum. Was<br />
macht dir Freude an deiner Arbeit<br />
im Bistum? Wo siehst du Herausforderungen?<br />
Was mir an meiner Arbeit gefällt ist<br />
die grosse Vielfalt. Selbst wenn ich<br />
den nächsten Tag geplant habe,<br />
weiss ich nie genau, ob ich ihn genauso<br />
gestalten kann. Da gibt es<br />
dann die herausfordernde Frage<br />
eines Journalisten, etwas Aktuelles,<br />
das dazwischenkommt ... Ich mag<br />
das Unvorhergesehene. Aber vor allem<br />
schätze ich die Treffen mit den<br />
verschiedenen Gesprächspartnern<br />
zu ganz verschiedenen Themen z. B.<br />
Asyl, Verdingkinder, Musikfest oder<br />
zum nächsten Bischofsbier …<br />
Bei den Herausforderungen gibt es<br />
einen Punkt, der intern verbessert<br />
werden müsste: eine bessere Abstimmung<br />
der diözesanen Projekte<br />
(dabei geht es um ganz pragmatische<br />
Aspekte). Bei der externen<br />
Kommunikation, und das gefällt mir<br />
sehr gut, ist eine Herausforderung,<br />
an den vorgefasste Meinungen zur<br />
Kirche von heute zu rütteln. Was sich<br />
noch immer in den Köpfen vieler<br />
gehalten hat, ist ein Bild einer mächtigen<br />
Kirche, die auf der sozialen<br />
Ebene über alle Befugnisse verfügt.<br />
Eine Kirche, die reich ist, streng, und<br />
wertend. Dieses Bild ist in meinen<br />
Augen sehr veraltet ...<br />
Oft erlebst du sicherlich auch Situationen,<br />
in denen es nicht leicht ist,<br />
die richtigen Worte zu finden – gerade<br />
wenn es um Krisen in der Kirche<br />
geht, wenn Menschen verletzt wurden.<br />
Wie findest du gute Wege, um<br />
darauf richtig zu reagieren?<br />
Um auf die bestmögliche Art zu reagieren,<br />
um die richtigen Worte zu<br />
finden, muss man sich in den anderen<br />
hineinversetzen können (und<br />
vielleicht ist schon genau das die<br />
„barmherzige Kommunikation”).<br />
Es geht darum, sich die Reaktion<br />
des Gesprächspartners auf das eine<br />
oder das andere Wort vorzustellen,<br />
mit dem man ihm antwortet. Man<br />
muss auch immer im Hinterkopf haben,<br />
dass ein Text von einer sehr gemischten<br />
Leserschaft wahrgenommen<br />
wird, mit unterschiedlichen<br />
Sensibilitäten, Lebensgeschichten,<br />
Weltanschauungen. Am besten ist<br />
es, seinen Text verschiedenen Menschen<br />
zu zeigen und konstruktive<br />
Kritik zu benutzen, um ihn zu verbessern.<br />
Wie erlebst du die Zusammenarbeit<br />
im Team im Ordinariat?<br />
Die Arbeit im Team ist sehr angenehm.<br />
Ich bin mir nicht sicher, ob ich<br />
eine Kollegin bin, die gut delegieren<br />
oder zusammenarbeiten kann. Aber<br />
auf der anderen Seite habe ich das<br />
Foto: zVg<br />
Laure-Christine Grandjean ist seit<br />
2012 Kommunikationsverantwortliche<br />
des Bistums Lausanne,<br />
Genf und <strong>Freiburg</strong>. (Interview und<br />
Übersetzung: C. Mönkehues)<br />
Glück, Kollegen zu haben, die immer<br />
bereit sind, zu helfen. Darüber<br />
hinaus gibt es eine wirklich gute Atmosphäre<br />
auf den Gängen des Ordinariats.<br />
Jeden Tag wird dort gelacht.<br />
In vielen grossen Unternehmen gibt<br />
es Abteilungen für Kommunikation.<br />
Was macht die Kommunikationsarbeit<br />
in der Kirche besonders?<br />
Letzte Woche noch waren Journalisten<br />
überrascht, mich zu sehen, und<br />
haben gefragt, ob der Posten einer<br />
Kommunikationsbeauftragten des<br />
Bischofs neu sei. Nun, ich denke, es<br />
sollte nicht überraschen. Die Kirche,<br />
wie ich bereits erwähnt habe, hat<br />
eine eigene Sprache, die übersetzt<br />
werden muss und sie ruft eine Vorstellung,<br />
ein Bild hervor, das überprüft<br />
werden muss. Im Gegensatz<br />
zu anderen Unternehmen hat die<br />
Kirche eine besondere Botschaft,<br />
die auch den Verstand herausfordert.<br />
Wenn wir also nicht auf einer<br />
gemeinsamen Basis beginnen, indem<br />
wir auf verständliche Art und<br />
Weise miteinander kommunizieren,<br />
werden auch alle Botschaften, die<br />
folgen, nicht gehört.<br />
Mai <strong>2016</strong> | Kath. Pfarreiseelsorge <strong>Freiburg</strong> Stadt und Umgebung 3<br />
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