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Fachwerk 2016

Das Magazin der Denkmalpflege des Kantons Bern

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<strong>2016</strong><br />

FACH-<br />

WERK<br />

DAS MAGAZIN DER DENKMALPFLEGE DES KANTONS BERN<br />

LA REVUE DU SERVICE DES MONUMENTS HISTORIQUES<br />

DU CANTON DE BERNE


2 EDITORIAL<br />

<strong>Fachwerk</strong> <strong>2016</strong><br />

Michael Gerber<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

«Die Menschen mögen vielleicht<br />

den ganzen Tag mit ihren Smartphones<br />

verbringen, aber die Umgebung<br />

bestimmt weiterhin unterschwellig<br />

ihren emotionalen und<br />

physischen Gesundheitszustand».<br />

Diese Aussage des griechischen<br />

Architektur- und Designtheoretikers<br />

Nikos Salingaros bringt auf den<br />

Punkt, was bei der aktuellen Verdichtungsdiskussion<br />

häufig vernachlässigt<br />

wird: der Mensch.<br />

Dichte bedeutet oft maximale Baumassenziffer,<br />

vorbehaltloser Ersatz<br />

von Altbauten durch Neubauten<br />

oder massstabloses Auffüllen von<br />

Freiflächen. Dabei wird die durch<br />

Salingaros angesprochene Gesundheit<br />

des Menschen in einer gesunden<br />

Umgebung ausgeblendet.<br />

Verdichten ist also auch eine Frage<br />

des Wohlbefindens des Menschen<br />

in seinem vertrauten Lebensraum.<br />

Für die Denkmalpflege ist verdichtetes<br />

Bauen keine Bedrohung,<br />

sondern eine Aufgabe. Sie verhindert<br />

Verdichtung nicht, sondern sie<br />

muss dafür besorgt sein, dass<br />

Projektverfasser angemessen an<br />

Denkmäler und Ortsbilder, also an<br />

die vorhandene Substanz, herangehen<br />

und respektvoll damit umgehen.<br />

Das Schwerpunktthema des<br />

diesjährigen <strong>Fachwerk</strong>s handelt<br />

von der Rolle der Denkmalpflege in<br />

diesem Prozess.<br />

Daneben nehmen wir Sie wie gewohnt<br />

mit auf eine qualitätsvoll verdichtete<br />

Reise zu den Bauschätzen<br />

unseres Kantons.<br />

Michael Gerber<br />

Kantonaler Denkmalpfleger<br />

Chère lectrice, cher lecteur,<br />

« Les gens peuvent bien manipuler<br />

leur Smartphone à longueur de<br />

journée, mais l’environnement<br />

continue à déterminer inconsciemment<br />

leur état de santé émotionnel<br />

et physique. » Par cette observation,<br />

Nikos Salingaros, théoricien de l’architecture<br />

et du design, nous rappelle<br />

un élément trop négligé dans<br />

le débat actuel sur la densification :<br />

l’être humain. Densité signifie souvent<br />

coefficient maximal d’utilisation<br />

du sol, démolition pure et simple<br />

d’anciens bâtiments au profit<br />

de nouveaux, empressement sans<br />

mesure à combler les surfaces<br />

vides. Il n’y a plus de place ici pour<br />

le bien-être de l’homme dans un<br />

environnement sain.<br />

Car la densification a aussi à voir<br />

avec le bien-être dans un environnement<br />

familier. La densité n’est pas<br />

une menace, mais une tâche de la<br />

conservation des monuments historiques.<br />

Celle-ci n’entrave pas la densification,<br />

mais doit veiller à ce que<br />

les auteurs des projets abordent<br />

les bâtiments ou les sites construits<br />

anciens, c’est-à-dire la substance<br />

existante, avec le soin et le respect<br />

adéquats. Cette année, <strong>Fachwerk</strong><br />

consacre son dossier au rôle de la<br />

conservation des monuments historiques<br />

dans ce processus.<br />

Mais ce numéro est aussi une<br />

nouvelle invitation à découvrir des<br />

trésors du patrimoine architectural<br />

de notre canton.<br />

Michael Gerber<br />

Chef du Service des monuments<br />

historiques


INHALT | SOMMAIRE<br />

3<br />

Inhalt | Sommaire<br />

Twann am Bielersee<br />

Theaterkulissen in Langenthal<br />

Chorgewölbe in der Kirche Münsingen<br />

4<br />

4<br />

6<br />

8<br />

11<br />

15<br />

18<br />

22<br />

26<br />

28<br />

28<br />

32<br />

32<br />

36<br />

38<br />

40<br />

42<br />

44<br />

55<br />

56<br />

58<br />

59<br />

60<br />

62<br />

64<br />

66<br />

AKTUELL | ACTUEL<br />

Verdichtung | Densification<br />

Siedlungsentwicklung und Verdichtung: Einleitung<br />

Glossar Raumplanung und Ortsbildpflege<br />

Ortsbilder stiften Identität: die Verdichtungsdiskussion<br />

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS<br />

Die Beispiele Köniz, Langenthal und Port<br />

Ausblick: Instrumente und Vorgehensstrategien<br />

Denkmalpflege ist Teamarbeit<br />

Die Überarbeitung des Bauinventars<br />

IM GESPRÄCH | DIALOGUE<br />

Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzung –<br />

Heinrich Hafner, Raumplaner<br />

BERICHTE | RAPPORTS<br />

Wiederentdeckte Kulissen im Theater Langenthal<br />

Massgeschneiderte Zukunft für ein Bauernhaus in Thun<br />

Erhaltung der Originalsubstanz: zwei Brücken bei Biel<br />

Der Apfelschuss in Gsteig bei Gstaad<br />

Sous le lierre… une rocaille à La Neuveville<br />

OBJEKTE | OBJETS<br />

Entdeckung | Découverte<br />

Auswahl | Sélection<br />

Verluste | Pertes<br />

EINBLICKE | APERÇUS<br />

ZAHLEN | CHIFFRES<br />

PUBLIKATIONEN | PUBLICATIONS<br />

TERMINE | CALENDRIER<br />

PERSONELLES | PERSONNEL


4 AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

Siedlungsentwicklung und Verdichtung:<br />

Einleitung<br />

Die Forderung nach der inneren Verdichtung stellt alle, die sich mit Raumplanung<br />

und Siedlungsentwicklung befassen, vor neue Herausforderungen.<br />

Die Umgebung eines Baudenkmals,<br />

in der es wirkt und wahrgenommen<br />

wird, ist Teil des Denkmals und wesentlich<br />

für seine Unterschutzstellung.<br />

Dieser räumliche Kontext unterliegt<br />

einer grösseren Dynamik und<br />

wandelt sich schneller als das Denkmal<br />

selber. Die kantonale Denkmalpflege<br />

setzt sich schon seit mehreren<br />

Jahren mit geschützten Ortsbildern<br />

auseinander. Sie berät Gemeinden<br />

und Raumplaner im Umgang mit<br />

Weiterentwicklungen und Neuplanungen<br />

in sensiblen Ortsbildern, die sich<br />

in einer Baugruppe, einem Ortsbildschutzperimeter<br />

oder im Inventar<br />

der schützenswerten Ortsbilder der<br />

Schweiz (ISOS) befinden. Die Fachstelle<br />

unterstützt die Planenden, indem<br />

sie auf bestehende Qualitäten<br />

von Ortsbildern hinweist. Sie formuliert<br />

Empfehlungen und mögliche<br />

Schutzziele unter Berücksichtigung<br />

des Charakters eines Ortsbildes, so<br />

dass der geplante Eingriff weder das<br />

Schutzobjekt noch den geschützten<br />

Perimeter beeinträchtigt.<br />

Qualitätsvolle Siedlungsentwicklungen<br />

und Verdichtung innerhalb von<br />

sensiblen Ortsbildern sind Themen,<br />

die Raumplaner, Gemeinden, Kanton,<br />

Bund und Ortsplanungsstellen<br />

zunehmend fordern. Im aktuellen<br />

<strong>Fachwerk</strong> gibt die kantonale Denkmalpflege<br />

Einblick in die laufende<br />

Diskussion und in ihren Auftrag im<br />

Bereich der Ortsbildpflege.<br />

01<br />

Grundlage für die verschiedenen<br />

Artikel zum Thema Siedlungsentwicklung<br />

und Verdichtung sind zwei<br />

Gespräche, welche das Planungs-<br />

Team der Denkmalpflege mit Raumplaner<br />

Heinrich Hafner, BHP Raumplan<br />

AG, Bern, und mit dem Landschaftsarchitekten<br />

Daniel Moeri,<br />

Moeri + Partner AG, Bern, führte.<br />

Das Gespräch mit Heinrich Hafner<br />

befindet sich auf Seite 28. Einzelne<br />

Aussagen von Daniel Moeri und<br />

Heinrich Hafner wurden als Kurzkommentare<br />

in die Artikel eingebaut.<br />

Zunehmender Druck auf die historischen<br />

Ortskerne<br />

Die kontinuierliche Bevölkerungszunahme,<br />

der wirtschaftlich und gesellschaftlich<br />

wachsende Wohlstand, der<br />

Wandel sozialer und demografischer<br />

Strukturen und die Kapazitätssteigerung<br />

der Mobilität und des Individualverkehrs<br />

mit gleichzeitigem Ausbau<br />

des öffentlichen Verkehrs lassen<br />

den Flächenbedarf jährlich ungehindert<br />

steigen. Folge davon sind nebst<br />

massiv zunehmendem Energie- und<br />

Ressourcenverbrauch unsorgfältige<br />

Stadtreparaturen und -ergänzungen,<br />

welche die Qualität der Landschaftsund<br />

Ortsbilder bedrohen. Die Teilrevision<br />

des Raumplanungsgesetzes,<br />

welche 2014 in Kraft trat, hat einen<br />

Systemwandel eingeleitet. Die Siedlungsentwicklung<br />

soll sich in Zukunft<br />

vermehrt nach innen richten. Damit<br />

wird der Druck auf die historischen


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

5<br />

02<br />

Verdichten heisst<br />

primär, dass wir<br />

Menschen näher<br />

zusammenleben.<br />

Daniel Moeri<br />

Ortskerne und auf das umliegende<br />

Siedlungsgebiet zunehmen. Dem baukulturellen<br />

Erbe mit seinen gewachsenen<br />

Strukturen steht die Beeinträchtigung<br />

durch Verdichtung bevor.<br />

Raumplanung ist auch Ortsbildpflege<br />

Bis vor kurzem war Raumplanung<br />

mit dem unbegrenzten Wachstum in<br />

die Fläche gleichzusetzen. Die Ausdehnung<br />

der Städte und Dörfer erfolgte<br />

am Siedlungsrand in dafür eigens<br />

ausgeschiedenen Neubau- und<br />

Gewerbezonen, welche sich meist<br />

unabhängig und ohne Bezug zum<br />

Dorf- oder Stadtzentrum weiterentwickelten.<br />

Gemäss den Vorgaben im<br />

teilrevidierten Raumplanungsgesetz<br />

sind zukünftig weder Bauzonenerweiterungen<br />

noch die Nutzung von Kulturland<br />

erwünscht. Eine Konsequenz<br />

davon ist die Siedlungsentwicklung<br />

nach innen, in bestehenden Siedlungen<br />

und historischen Ortskernen.<br />

Diese ist komplex und erfordert hohe<br />

Fachkompetenz, das Zusammenspielen<br />

von Politik und Bevölkerung und<br />

die Akzeptanz, dass im besiedelten<br />

Gebiet weiter gebaut und damit verdichtet<br />

werden muss.<br />

Neue Instrumente und Strategien<br />

sind notwendig<br />

Nebst vielen anderen, zwingenden<br />

Voraussetzungen für eine qualitativ<br />

hochwertige Verdichtung ist die Erhaltung<br />

des Siedlungscharakters und<br />

des historisch gewachsenen Ortsbilds<br />

wohl nicht der wichtigste Anspruch,<br />

aber einer der grundlegendsten.<br />

Die Ortsbildpflege ist jedoch auf<br />

die Unterstützung der Raumplanung<br />

angewiesen; gemeinsam müssen die<br />

nötigen zielgerichteten Entwicklungsund<br />

Verdichtungsstrategien in der<br />

Planungspraxis gefordert und gefördert<br />

werden. Es braucht dringend<br />

griffigere Instrumente und die Unterstützung<br />

durch den Bund und den<br />

Kanton, um das baukulturelle Erbe<br />

unserer Städte und Dörfer zu erhalten<br />

oder erst ins allgemeine Bewusstsein<br />

zu tragen. Alle an der Weiterentwicklung<br />

des Siedlungsgebietes Beteiligten<br />

müssen bereit sein, die gegebenen<br />

Strukturen und den Baubestand<br />

weiter zu denken und Lösungen zu ermöglichen,<br />

aus denen auch zukünftig<br />

qualitätsvolle und lebenswerte Stadtund<br />

Landschaftsbilder bestehen bleiben<br />

oder erst entstehen können.<br />

01 Unterschiedliche Siedlungsformen<br />

im Kanton Bern:<br />

01 Weiler Elisried, Schwarzenburg.<br />

02 Blick auf das Bälliz, Thun.<br />

Tatiana Lori


6<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

Glossar Raumplanung und Ortsbildpflege<br />

Institutionen, Begriffe und Abkürzungen<br />

Amt für Gemeinden und Raumordnung<br />

(AGR)<br />

Das Amt für Gemeinden und Raumordnung<br />

ist zuständig für die kantonale<br />

Raumentwicklung, übt die<br />

Aufsicht über die regionale und kommunale<br />

Raumplanung aus und beurteilt<br />

Bauvorhaben ausserhalb der<br />

Bauzonen.<br />

Baubewilligung<br />

Wer bauen will, braucht eine Baubewilligung.<br />

Meist ist dafür die Gemeinde<br />

zuständig. Sie prüft, ob ein<br />

Bauvorhaben den Vorschriften der jeweiligen<br />

Zone entspricht und ob die<br />

Umweltvorschriften eingehalten werden.<br />

Baugesuche müssen publiziert<br />

werden, damit Betroffene dagegen<br />

Einsprache erheben können.<br />

Baugruppe<br />

«Baugruppen» sind Ensembles von<br />

Häusern, welche sich durch einen<br />

räumlichen oder historischen Zusammenhang<br />

auszeichnen. Sie sind Teil<br />

des kantonalen Bauinventars.<br />

Bauinventar des Kantons Bern<br />

Das kantonale Bauinventar erfasst,<br />

beschreibt und bewertet Baudenkmäler.<br />

Es bildet eine fundierte Grundlage<br />

für die praktische Arbeit der<br />

Denkmalpflege und für die wissenschaftliche<br />

Forschung. Mit dem Bauinventar<br />

stellt die Denkmalpflege<br />

nicht nur Gemeinden und Grundeigentümern,<br />

sondern auch der breiten<br />

Öffentlichkeit eine qualifizierte<br />

Gesamtschau des historischen Baubestandes<br />

im Kanton zur Verfügung.<br />

Baumassenziffer<br />

Die Baumassenziffer BMZ bezeichnet<br />

das Verhältnis des oberirdischen<br />

Bauvolumens zur anrechenbaren<br />

Grundstücksfläche. Als oberirdisches<br />

Bauvolumen gilt das über dem massgebenden<br />

Terrain liegende Volumen<br />

eines Baukörpers in seinen Aussenmassen,<br />

abzüglich offener Gebäudeteile.<br />

Die Baumassenziffer wird als<br />

Mass für die Volumendichte verwendet<br />

und dient als Element zur Festlegung<br />

der zonencharakteristischen<br />

Bauweise.<br />

Baureglement<br />

Im Baureglement legt die Gemeinde<br />

Bau- und Nutzungsvorschriften<br />

grundeigentümerverbindlich fest. Aufgrund<br />

der Vorschriften im Baureglement<br />

werden Baugesuche beurteilt<br />

und Baubewilligungen erteilt.<br />

Bundesgerichtsentscheid Rüti<br />

(BGE 135 II 209)<br />

Mit dem Bundesgerichtsentscheid<br />

Rüti ZH vom 1. April 2009 wurde die<br />

grosse Bedeutung der Bundesinventare<br />

nach Artikel 5 NHG bestätigt und<br />

klargemacht, dass für die Kantone<br />

und Gemeinden auch bei der Erfüllung<br />

von kantonalen und kommunalen<br />

Aufgaben eine Pflicht zur Berücksichtigung<br />

dieser Bundesinventare besteht.<br />

Bundesgesetz über den Naturund<br />

Heimatschutz (NHG)<br />

Gemäss Artikel 78 der Bundesverfassung<br />

(SR 101) ist der Bund verpflichtet,<br />

bei der Erfüllung seiner Aufgaben<br />

Rücksicht auf die Anliegen des Naturund<br />

Heimatschutzes zu nehmen: «Er<br />

schont Landschaften, Ortsbilder, geschichtliche<br />

Stätten sowie Natur- und<br />

Kulturdenkmäler; er erhält sie ungeschmälert,<br />

wenn das öffentliche Interesse<br />

es gebietet.» Um diese Pflicht<br />

sachgerecht wahrnehmen zu können,<br />

werden als Entscheidungsgrundlage<br />

Bundesinventare erarbeitet, bspw.<br />

das Bundesinventar der schützenswerten<br />

Ortsbilder der Schweiz (ISOS).


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

7<br />

Bundesinventar der schützenswerten<br />

Ortsbilder der Schweiz (ISOS)<br />

Das ISOS analysiert die architektonischen<br />

und räumlichen Zusammenhänge<br />

von Weilern, Dörfern und Städten.<br />

Es dient Fachleuten aus den<br />

Bereichen Planung und Denkmalpflege<br />

sowie Politikern als Entscheidungsgrundlage.<br />

Durch die Aufnahme<br />

eines Ortsbilds ins ISOS wird dargetan,<br />

dass es in besonderem Masse<br />

die ungeschmälerte Erhaltung verdient.<br />

Raumplanungsgesetz (RPG)<br />

Das Bundesgesetz über die Raumplanung<br />

vom 22. Juni 1979 gibt die<br />

Ziele und Grundsätze der Raumplanung<br />

in der Schweiz vor. Es weist<br />

dem Bund, den Kantonen und den<br />

Gemeinden ihre Aufgaben und Verantwortlichkeiten<br />

im Bereich der<br />

Raumplanung zu.<br />

Überbauungsordnung<br />

(UeO, Sondernutzungsplan)<br />

Sondernutzungspläne konkretisieren<br />

für bestimmte Gebiete, in denen die<br />

bau- und nutzungsrechtliche Grundordnung<br />

nicht ausreicht, die Nutzung<br />

und legen Grundsätze der Gestaltung<br />

fest. Im Siedlungsgebiet haben Sondernutzungspläne<br />

häufig den Zweck,<br />

städtebauliche und architektonische<br />

Qualität zu sichern.<br />

Kantonaler Richtplan<br />

Mit seiner Richtplanung legt der<br />

Kanton die zur Verwirklichung der<br />

angestrebten räumlichen Ordnung<br />

erforderlichen Tätigkeiten und den<br />

Rahmen zu deren gegenseitigen Abstimmung<br />

behördenverbindlich fest.<br />

Der kantonale Richtplan umfasst Karten<br />

und Textteile mit Aussagen zur zukünftigen<br />

Entwicklung in den Bereichen<br />

Siedlung, Landschaft, Verkehr,<br />

kantonale öffentliche Anlagen und<br />

Bauten. Die Vorgaben zum Umgang<br />

mit den Bundesinventaren sind im<br />

Massnahmenblatt E_09 definiert.<br />

Ortsbildpflege<br />

Zum Aufgabengebiet der Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern gehört zum<br />

einen die Beratung von Bauherrschaften<br />

bei der Weiterentwicklung von<br />

Baudenkmälern, zum andern berät<br />

sie bei ortsbildrelevanten Veränderungen.<br />

Ortsbildschutzgebiet<br />

Das eidgenössische Raumplanungsgesetz<br />

verlangt von den Kantonen,<br />

Schutzzonen auszuscheiden oder<br />

Schutzmassnahmen zu definieren.<br />

Der Kanton Bern überträgt diese<br />

Kompetenz an die Gemeinden. Diese<br />

scheiden in ihrer Nutzungsplanung<br />

Ortsbildschutzgebiete aus. Grundlage<br />

dafür bilden die Baugruppen<br />

des Bauinventars.<br />

Zone mit Planungspflicht (ZPP)<br />

Die Zonen mit Planungspflicht enthalten<br />

Bestimmungen, die ergänzend<br />

zu den Bestimmungen im Zonenplan<br />

gelten. Solche Zonen kommen in Gebieten<br />

zur Anwendung, wo eine feinere<br />

Regelung, als dies in der Nutzungsplanung<br />

möglich ist, erforderlich<br />

ist oder wo in einem Planungsprozess<br />

unter Beteiligung aller Akteure die Details<br />

erarbeitet werden sollen.<br />

Nutzungsplanung<br />

Im Rahmen der Nutzungsplanung<br />

wird die raumplanerische Nutzungsordnung<br />

für ein bestimmtes funktional<br />

zusammenhängendes Gebiet erarbeitet.<br />

Mit ihr wird die zulässige Bodennutzung<br />

bezüglich Zweck, Ort und<br />

Mass parzellenscharf und grundeigentümerverbindlich<br />

festgelegt.<br />

Zonenplan<br />

Der Zonenplan bezeichnet für das<br />

Gebiet einer Gemeinde Bauzonen,<br />

Landwirtschaftszonen und Schutzzonen.<br />

Er bewirkt die klare Trennung<br />

von Baugebiet und Nichtbaugebiet.<br />

Die Bauzone wird weiter aufgeteilt<br />

in Wohn-, Arbeits- und gemischte<br />

Zonen sowie Zonen für öffentliche<br />

Bauten und Anlagen. Die Zonenfestlegungen<br />

sind parzellenscharf und<br />

grundeigentümerverbindlich.


8<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

Ortsbilder stiften Identität:<br />

die Verdichtungsdiskussion<br />

Einmalige Landschafts- und Stadtbilder tragen zur unverwechselbaren Identität<br />

einer Region bei. Durch die Forderung nach Verdichtung geraten sie unter Druck.<br />

Die Qualitäten<br />

unserer historischen<br />

Siedlungen<br />

müssen erkannt,<br />

gewürdigt und erhalten<br />

werden.<br />

Daniel Moeri<br />

01<br />

01 Breitenegg, Gemeinde Wynigen,<br />

schützenswertes Ortsbild von<br />

nationaler Bedeutung.<br />

02 Twann, Blick vom Rebhang auf die<br />

Hinterhäuser.<br />

03 Dorfgasse Twann, schützenswertes<br />

Ortsbild von nationaler Bedeutung.<br />

Prägenden Bauten samt ihrer Umgebung<br />

– unsere Baukultur – sind wesentliche<br />

identitätsstiftende Aspekte<br />

für einen Ort. Sie führen dazu, dass<br />

sich Menschen an einem Ort wohl<br />

fühlen. Markante Bauten und ein über<br />

längere Zeit entstandenes Konglomerat<br />

von gebauter Struktur mit<br />

natürlicher Abfolge von offenen und<br />

geschlossenen Räumen, von Grünräumen<br />

und gestalteten Plätzen zeichnen<br />

historisch gewachsene Zentren<br />

aus. Diese Merkmale bilden das Rückgrat<br />

einer Stadt oder eines Dorfes<br />

und schaffen Identität und Wohlgefühl,<br />

tragen zur Unverwechselbarkeit<br />

eines Ortes bei. Sie tragen dazu bei,<br />

dass sich die Menschen in der globalisierten,<br />

überall gleich gestalteten<br />

Welt orientieren können und verbinden<br />

uns mit unserer Vergangenheit.<br />

Das rasante Siedlungswachstum in<br />

der Schweiz in den vergangenen Jahren<br />

und die kontinuierliche Erweiterung<br />

des Siedlungsgebiets führte zur<br />

Einsicht, dass die Zersiedelung gestoppt<br />

und das Kulturland geschont<br />

werden sollen. Die Neuausrichtung<br />

wurde mit der Revision des Raumplanungsgesetzes<br />

gestartet. Die daraus<br />

resultierende Forderung nach der<br />

Weiterentwicklung im Bestand erhöht<br />

unweigerlich den Druck auf unser<br />

baukulturelles Erbe und unsere Ortsbilder.<br />

Tiefgreifende bauliche Veränderungen<br />

sind irreversibel, meist für<br />

lange Zeit. Unsere Ortsbilder laufen<br />

Gefahr, ihren identitätstiftenden Charakter<br />

zu verlieren.<br />

Qualitäten erhalten und weiterentwickeln<br />

Das Projektieren innerhalb von sensiblen<br />

Ortsbildern und bestehenden,<br />

gewachsenen Strukturen ist anspruchsvoll<br />

und setzt hohe fachliche<br />

Kompetenzen im Bereich der Ortsbildgestaltung<br />

und Städteplanung vo-


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

9<br />

02 03<br />

Verdichten hat Grenzen. Nicht zuletzt, weil<br />

das höchste Gut in der Schweiz immer noch<br />

der Besitzstand ist.<br />

Daniel Moeri<br />

04 Ittigen, Wohnanlage Atria mit insgesamt<br />

36 Wohnungen im weiträumigen Park<br />

des Pflegezentrums Tilia. Schär Buri<br />

Architekten AG, Bern, 2012.<br />

05 Ittigen, Wohnanlage Atria. Das ehemalige<br />

Asyl Gottesgnad, heute Pflegezentrum<br />

Tilia, entstand 1930–31 in der<br />

Formensprache der Moderne.<br />

raus. Mit dem Inventar der Schweizerischen<br />

Ortsbilder ISOS und dem<br />

kantonalen Bauinventar stehen<br />

Grundlagen zur Geschichte und Siedlungsentwicklung<br />

unserer Städte,<br />

Ortschaften und Baudenkmäler zur<br />

Verfügung.<br />

Ziel der Siedlungsentwicklung muss<br />

es sein, bestehende Qualitäten zu erhalten,<br />

weiterzuentwickeln und neu<br />

zu beleben und so zu einer hohen<br />

Lebensqualität im bestehenden Siedlungsgebiet<br />

beizutragen. Der sorgfältige<br />

Umgang mit unserer Baukultur<br />

trägt zur Erreichung dieses Ziels bei.<br />

Denn gerade im Erneuerungsprozess<br />

ist das Bestehende wichtig. Städtebau,<br />

Ortsbildpflege und Raumplanung<br />

müssen ein Gleichgewicht zwischen<br />

Bewahrung und Erneuerung<br />

anstreben. Will man dies erreichen,<br />

sind gesamtheitliche, massgeschneiderte<br />

Konzepte und die vertiefte<br />

analytische Auseinandersetzung mit<br />

dem Ort wichtig. Indem die Besonderheiten,<br />

die einen Ort prägen, gezielt<br />

genutzt werden, kann nachhaltiger<br />

Mehrwert geschaffen werden.<br />

Auseinandersetzung mit dem eigenen<br />

Ort<br />

Das Thema Siedlungsentwicklung<br />

nach innen betrifft uns alle: Bauen im<br />

bewohnten Gebiet bedeutet auch,<br />

dass die Nachbarschaft näher rückt.<br />

Veränderungen in der eigenen Umgebung<br />

gegenüber begegnen Menschen<br />

mit verschiedenen Emotionen – sei<br />

dies mit Akzeptanz, Begeisterung<br />

oder Verweigerung. Das gilt auch für<br />

Veränderungen, die sich im Zusammenhang<br />

mit der inneren Verdichtung<br />

ergeben: Verdichtung ist gut, solange<br />

sie nicht die eigene Aussicht verbaut.


10<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

04 05<br />

Die Leute freuen sich riesig, wenn sie begreifen,<br />

wo sie wohnen. Wenn ihnen bewusst<br />

wird, dass ihre Landschaft ein Kulturgut ist,<br />

das über Jahrhunderte gewachsen ist.<br />

Daniel Moeri<br />

Es ist daher wichtig, die betroffenen<br />

Menschen nach Möglichkeit in Entwicklungsprojekte<br />

einzubeziehen.<br />

Will sich eine Gemeinde qualitätsvoll<br />

weiterentwickeln, ist die Auseinandersetzung<br />

mit dem eigenen Ort, mit<br />

seiner Identität und mit den Bedürfnissen<br />

seiner Bewohnerinnen und Bewohner<br />

unabkömmlich. Es geht zum<br />

einen darum, die Stärken und Schwächen<br />

eines Ortes auszumachen, zum<br />

andern um die spezifischen Eigenschaften,<br />

die den Ort charakterisieren<br />

und welche es zu fördern und weiterzuentwickeln<br />

gilt. Gemeinden, die<br />

die Richtung ihres Entwicklungspotenzials<br />

selbst bestimmen und ihre<br />

Planungsrolle aktiv wahrnehmen, gewinnen<br />

an Profil und stärken ihre<br />

Identität.<br />

Verdichten als Chance: die aktuelle<br />

Diskussion<br />

Verdichten fordert nicht nur heraus,<br />

sondern bietet auch die grosse<br />

Chance, auf die Entwicklung der gebauten<br />

Umwelt und deren Qualität<br />

und damit auf identitätsstiftende Faktoren<br />

verstärkt Einfluss nehmen zu<br />

können. Diese gilt es zu nutzen. Dass<br />

es möglich ist, moderne Architektur<br />

im Bestand zu integrieren, ohne dabei<br />

die Identität eines Ortes zu verleugnen,<br />

zeigen bereits heute viele Beispiele.<br />

Drei aktuelle Planungsprojekte<br />

in Köniz, Port und Langenthal, mit<br />

denen sich die Denkmalpflege im Moment<br />

beschäftigt, sind im Artikel auf<br />

S. 15–17 beschrieben.<br />

Soeben erschienen ist der Bericht<br />

«Siedlungsentwicklung nach innen –<br />

ISOS und Verdichtung». 2014 liess der<br />

Bundesrat eine breit zusammengesetzte<br />

Arbeitsgruppe unter der Leitung<br />

des Bundesamts für Raumentwicklung<br />

(ARE) aufstellen. Die<br />

Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit<br />

der Frage, ob das Bundesinventar<br />

der schützenswerten Ortsbilder der<br />

Schweiz (ISOS) die vom revidierten<br />

Raumplanungsgesetz (RPG) geforderte<br />

Siedlungsentwicklung nach innen<br />

allenfalls erschweren oder gar<br />

verunmöglichen könnte. Den Ausschlag<br />

für die Untersuchung gab die<br />

Besorgnis des Baudirektors des Kantons<br />

Zürich über mögliche Schwierigkeiten<br />

bei der Aktualisierung des<br />

ISOS im Kanton Zürich. Der Bericht<br />

der Arbeitsgruppe vertieft diese Fragen<br />

anhand konkreter Beispiele und<br />

zeigt mögliche Lösungswege auf. Die<br />

gewonnenen Erkenntnisse dienen als<br />

Umsetzungshilfe auch anderen Kantonen,<br />

Städten und Gemeinden. Die<br />

Denkmalpflege des Kantons Bern war<br />

durch die Ortsbildpflege in der Arbeitsgruppe<br />

vertreten.<br />

LITERATURHINWEISE<br />

Tatiana Lori, Lukas Auf der Maur<br />

Siedlungsentwicklung nach innen.<br />

ISOS und Verdichtung. Bericht<br />

der Arbeitsgruppe. Bundesamt für<br />

Raumentwicklung (Hrsg.), <strong>2016</strong>.<br />

www.are.admin.ch<br />

Siedlungsentwicklung nach innen.<br />

Gute Beispiele aus Berner Gemeinden.<br />

Justiz-, Gemeinden- und<br />

Kirchendirektion des Kantons Bern,<br />

Amt für Gemeinden und Raumordnung<br />

(AGR) (Hrsg.), 2014.<br />

www.jgk.be.ch


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

11<br />

Das Bundesinventar der schützenswerten<br />

Ortsbilder der Schweiz ISOS in der Praxis<br />

Das ISOS würdigt die topografische, räumliche und historische Beschaffenheit<br />

der Ortsbilder der Schweiz und ist eine Grundlage für künftige Entwicklungen.<br />

Umgebung. Die Aufnahme eines<br />

Ortsbilds ins ISOS zeigt auf, dass es<br />

die ungeschmälerte Erhaltung verdient.<br />

Das Inventar versteht sich als<br />

Grundlage und Leitfaden für künftige<br />

Planungen und Entwicklungen. Ziel<br />

des ISOS ist es, das bauliche Erbe mit<br />

seinen prägenden Merkmalen trotz<br />

ständiger Weiterentwicklung in der<br />

Grundsubstanz zu erhalten und zu<br />

vermeiden, dass ihm irreversibler<br />

Schaden zugefügt wird. Es geht dabei<br />

nicht um das Verhindern von Entwicklungen<br />

im Ort, sondern vor allem um<br />

das Herausschälen von besonderen<br />

Charakteristiken.<br />

01<br />

01 La Neuveville, schützenswertes Ortsbild<br />

von nationaler Bedeutung, Aufnahmeplan<br />

ISOS.<br />

Während früher vorwiegend Schlösser,<br />

Kirchen oder ein Stadttor – und<br />

als Ortsbild nur ein mittelalterlicher<br />

Stadtkern – als Denkmäler oder Kulturgüter<br />

verstanden wurden, besteht<br />

heute mit dem ISOS ein umfassendes<br />

Werk über die bedeutenden Ortsbilder<br />

der Schweiz. Das Inventar ist<br />

nicht als Verzeichnis von Einzelobjekten<br />

zu verstehen, sondern es betrachtet<br />

das Ortsbild aus einer ganzheitlichen<br />

Perspektive. Für die nationale<br />

Bedeutung der Ortsbilder sind topografische,<br />

räumliche und architekturhistorische<br />

Qualitäten ausschlaggebend:<br />

Das ISOS beurteilt die Ortsbilder<br />

in ihrer Gesamtheit bzw. nach<br />

dem Verhältnis der Bauten untereinander,<br />

nach der Qualität der Räume<br />

zwischen den Häusern und nach dem<br />

Verhältnis der Bebauung zu seiner<br />

Der Bundesgerichtsentscheid Rüti<br />

2009<br />

Das Bundesinventar ISOS wurde bis<br />

vor kurzem in der Raumplanung nicht<br />

als zwingend zu beachtende Grundlage<br />

beurteilt. Schweizweit war auf<br />

Verordnungsebene umstritten, ob das<br />

ISOS ausschliesslich bei der Erfüllung<br />

von Bundesaufgaben beachtet und<br />

in welcher Form es von Kantonen und<br />

Gemeinden berücksichtigt werden<br />

muss. Dies hatte zur Folge, dass die<br />

Auseinandersetzung mit dem ISOS<br />

häufig erst zum Zeitpunkt einer<br />

konkreten Anfrage zu einer Überbauungsordnung<br />

(UeO) oder im Zusammenhang<br />

mit einer Zonenplanänderung<br />

mit Planungspflicht (ZPP) auf<br />

kommunaler Ebene erfolgte. Zu einem<br />

Zeitpunkt also, wenn es baureife<br />

Projekte zu beurteilen galt.<br />

Mit dem Bundesgerichtsentscheid<br />

Rüti (BGE 135 II 209) wird die Umset-


12<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

02 03<br />

Die bauliche Verdichtung nach innen ist<br />

sicher eine gute Sache, aber nicht um jeden<br />

Preis. Bestehende Qualitäten im Siedlungs-,<br />

Architektur- und Aussenraum sind zu erhalten<br />

oder zu verbessern.<br />

Daniel Moeri<br />

zung der Empfehlungen aus dem<br />

ISOS gestärkt. Der Entscheid bestätigt<br />

die grosse Bedeutung der Bundesinventare<br />

nach Artikel 5 des<br />

Bundesgesetzes über Natur- und Heimatschutz<br />

(NHG). Die entsprechende<br />

Ergänzung der Verordnung über das<br />

Bundesinventar ISOS macht klar,<br />

dass für die Kantone und Gemeinden<br />

auch bei der Erfüllung von kantonalen<br />

und kommunalen Aufgaben eine<br />

Pflicht zur Berücksichtigung dieser<br />

Bundesinventare besteht. Das ISOS<br />

wirkt bei Richt- und Nutzungsplanungen<br />

ähnlich wie Konzepte und Sachpläne<br />

des Bundes.<br />

Die Akzeptanz der ortsbildpflegerischen<br />

Anliegen für die Raumplanung<br />

hat sich seither verbessert, die Mitsprache<br />

der Ortsbildpflege wird aber<br />

nach wie vor zuweilen als unnötiges<br />

Eingreifen in die Selbstbestimmung<br />

der Baubehörden missverstanden.<br />

Die gesetzlichen Regelungen im<br />

Kanton Bern<br />

Im Kanton Bern ist das ISOS in der<br />

Bauverordnung verankert (Art. 13e<br />

BauV). Ausserdem bestehen Regierungsratsbeschlüsse<br />

zum ISOS, welche<br />

die Behörden verpflichten, die Inventare<br />

des Bundes und des Kantons<br />

bei Tätigkeiten, die den Ortsbildschutz<br />

oder die Ortsbildgestaltung<br />

betreffen, zu berücksichtigen. Das<br />

ISOS muss bei raumplanerischen<br />

Massnahmen im Umfeld von inventarisierten<br />

Ortsbildern systematisch<br />

als Entscheidungsgrundlage beigezogen<br />

werden. Hinweise und Empfehlungen<br />

im ISOS müssen in gebührender<br />

Qualität reflektiert werden. Dies<br />

gilt nicht nur für Ortsbilder und Einzelbauten,<br />

sondern auch für Freihaltezonen<br />

und für die Umgebung von<br />

Baudenkmälern.<br />

Das ISOS im kantonalen Richtplan<br />

Der kantonale Richtplan orientiert die<br />

Akteure der Raumplanung über das


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

13<br />

04 05<br />

Bei den Siedlungen, die vor 100 Jahren<br />

oder früher entstanden sind, hat es schlicht<br />

Superqualität. Und die sind dicht.<br />

Daniel Moeri<br />

02 La Neuveville, Rue du Marché.<br />

03 La Neuveville, Altstadt von Westen.<br />

04 Diemtigen, schützenswertes Ortsbild<br />

von nationaler Bedeutung, Aufnahmeplan<br />

ISOS.<br />

05 Diemtigen, Blick auf das Dorf<br />

von Westen.<br />

ISOS und die Umsetzung der Erhaltungsziele.<br />

Kanton und Gemeinden<br />

haben in der Interessenabwägung bei<br />

Planungen und bei der Realisierung<br />

von raumwirksamen Vorhaben die Erhaltungsziele<br />

des ISOS zu berücksichtigen.<br />

Das Bundesinventar verhindert<br />

nicht die Ortsentwicklung,<br />

sondern fördert eine nachhaltige<br />

Planung. Ein Abweichen darf nur in<br />

Erwägung gezogen werden, wenn<br />

gleich- oder höherwertige Interessen<br />

von ebenfalls nationaler Bedeutung<br />

entgegenstehen. Die Denkmalpflege<br />

ist für die Interpretation des ISOS<br />

mitverantwortlich. Die Umsetzung erfolgt<br />

unter der Federführung des Amtes<br />

für Gemeinden und Raumordnung<br />

(AGR) der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion.<br />

Lückenhafte Berücksichtigung des<br />

ISOS in kommunalen Planungen<br />

Da die Verankerung der Schutzanliegen<br />

in den kommunalen Nutzungsplanungen<br />

verschieden ist, bestehen<br />

heute zahlreiche rechtskräftige Planungsinstrumente<br />

(bspw. Überbauungsordnungen<br />

UeO, Zonen mit Planungspflicht<br />

ZPP, Richtplanungen,<br />

Zonenpläne, Baureglemente, Entwicklungskonzepte<br />

etc.), die eine<br />

echte Interessensabwägung mit dem<br />

ISOS noch nicht durchlaufen haben.<br />

Das heisst, es bestehen rechtsgültige<br />

Planungsinstrumente, welche die<br />

ISOS-Erhaltungsziele nicht genügend<br />

berücksichtigen. Bei solchen Bauvorhaben<br />

muss das Bundesinventar direkt<br />

für das Einzelprojekt berücksichtigt<br />

werden, was seine Wirksamkeit<br />

vermindert.<br />

Definition von Schutzzielen als<br />

Aufgabe der Denkmalpflege<br />

Die Schutzinteressen werden von der<br />

Ortsbildpflege der kantonalen Denkmalpflege<br />

in Form von Schutzzielen<br />

erarbeitet. Der Stellenwert des betroffenen<br />

ISOS-Gebietes (Baugruppe<br />

oder Umgebungsschutz) für das


14<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

Entwicklungsräume<br />

Urbane Kerngebiete der<br />

Agglomerationen:<br />

als Entwicklungsmotoren stärken<br />

Agglomerationsgürtel und<br />

Entwicklungsachsen:<br />

fokussiert verdichten<br />

Zentrumsnahe ländliche Gebiete:<br />

Siedlung konzentrieren<br />

Hügel- und Berggebiete:<br />

als Lebens- und Wirtschaftsraum<br />

erhalten<br />

Hochgebirgslandschaften:<br />

schützen und sanft nutzen<br />

Überlagernde Raumtypen<br />

Intensiv touristisch genutzte<br />

Gebiete: Infrastrukturen<br />

konzentrieren<br />

National bzw. kantonal geschützte<br />

Gebiete beachten<br />

Naturpärke und Weltnaturerbe<br />

nachhaltig in Wert setzen<br />

06<br />

06 Richtplan 2030 Kanton Bern:<br />

Ziele für Entwicklungsräume und<br />

überlagernde Raumtypen.<br />

Ortsbild wird in einem Fachbericht<br />

festgehalten. Anhand einer Ortsanalyse<br />

wird geprüft, ob die vom ISOS<br />

umschriebenen Qualitäten und Erhaltungsziele<br />

noch vorhanden und sinnvoll<br />

sind. Aus diesen Überlegungen<br />

heraus lassen sich detaillierte Schutzziele<br />

definieren, die die generellen<br />

ISOS-Erhaltungsziele konkretisieren.<br />

Erst dann kann geprüft werden, wie<br />

sich eine geplante Bebauung auf<br />

die ISOS-Erhaltungsziele auswirkt. Ist<br />

eine Beeinträchtigung des Ortsbildes<br />

auszumachen, so werden die Massnahmen<br />

bestimmt, mit denen diese<br />

reduziert wird. Daraus kann die Forderung<br />

eines qualifizierten Verfahrens<br />

formuliert werden (Wettbewerb oder<br />

wettbewerbsähnliche Verfahren). Im<br />

Extremfall kann es bedeuten, dass<br />

die Freihaltung der Ortsbildumgebung<br />

angestrebt werden muss, was<br />

konkret einem Bauverbot gleichkommt.<br />

Es ist jedoch festzuhalten,<br />

dass das ISOS mit den daraus erarbeiteten<br />

Schutzzielen erst eine Grundlage<br />

für die Interessensabwägung<br />

darstellt. Sie ist nicht bereits das Resultat<br />

der Interessensabwägung.<br />

Zukünftige Berücksichtigung des<br />

ISOS in der Ortsplanung<br />

Das ISOS wurde bisher nur in wenigen<br />

Gemeinden in den gültigen Ortsplanungen<br />

berücksichtigt, da die Umsetzung<br />

auf kommunaler Stufe bis<br />

anhin nicht klar geregelt war. Planungen<br />

in den Gemeinden Köniz, Langenthal<br />

und Port zeigen jedoch beispielhaft<br />

auf, wie der Einbezug des<br />

ISOS gelöst werden kann (siehe Seite<br />

15–17). Im Hinblick auf die Siedlungsentwicklung<br />

nach innen kommt die<br />

Forderung nach Berücksichtigung<br />

der Bundesinventare zum richtigen<br />

Zeitpunkt. Die Ortsplanungen werden<br />

künftig eine wichtige Rolle spielen.<br />

Denn die entscheidenden Weichen<br />

bezüglich Ortsbildpflege und Siedlungsverdichtung<br />

werden im Verlauf<br />

von Ortsplanungen gestellt. Eine<br />

sorgfältige Ortsplanung mit ganzheitlichem<br />

Blick auf die künftige Siedlungsentwicklung<br />

fordert Gemeinden<br />

und Planer gleichermassen heraus.<br />

Adrian Stäheli


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

15<br />

Die Beispiele Köniz, Langenthal und Port<br />

Drei verschiedene Ansätze für den Umgang mit der inneren Verdichtung<br />

01<br />

01 Gurtendorf, Gemeinde Köniz.<br />

Drei aktuelle Planungsprojekte in<br />

Köniz, Langenthal und Port zeigen<br />

exemplarisch unterschiedliche Wege<br />

auf, die spezifischen Problemstellungen<br />

im Bereich der Raumplanung anzugehen.<br />

Köniz bezeichnete im Rahmen<br />

der Ortsplanungsrevision seine<br />

Siedlungen von besonderer Schönheit.<br />

In Langenthal entwickelte man<br />

für die Kernzone im Altstadtbereich<br />

konzentrierte Workshopverfahren und<br />

in Port stand eine sorgfältige Quartieranalyse<br />

im Zentrum.<br />

Ortplanungsrevision Köniz<br />

Die Gemeinde Köniz nimmt in der laufenden<br />

Ortsplanungsrevision ihre Aufgabe<br />

wahr, nebst den Baudenkmälern<br />

auch die Siedlungen von besonderer<br />

Schönheit, Eigenart, geschichtlichem<br />

und kulturellem Wert zu bezeichnen<br />

und die dem Schutzzweck dienenden<br />

Bau- und Nutzungsbeschränkungen<br />

zu erlassen.<br />

Ein intaktes Ortsbild zeichnet sich<br />

nicht nur durch seine räumliche Struktur<br />

aus. Ein wesentlicher Bestandteil<br />

eines qualitätsvollen Ortsbildes sind<br />

auch die angrenzenden Frei- und<br />

Aussenräume. Das ISOS unterscheidet<br />

in seinen Erhaltungszielen deshalb<br />

auch zwischen bebauten Gebieten<br />

und zu erhaltenden Umgebungen.<br />

In den Ortsplanungen soll der Fokus<br />

der Schutzanliegen nicht nur auf das<br />

Siedlungsgebiet, sondern auch auf<br />

seine Umgebungen gelenkt werden.<br />

Am Beispiel der Ortsplanung in Köniz<br />

kann aufgezeigt werden, wie die Anliegen<br />

des Ortsbildes planerisch umgesetzt<br />

werden können.<br />

Das Bundesinventar ISOS bezeichnet<br />

in der Gemeinde Köniz vier Weiler als<br />

Ortsbilder von nationaler Bedeutung,<br />

nämlich Gurtendorf, Herzwil, Liebewil<br />

und Mengestorf. Die in eine intakte<br />

Landschaft eingebetteten Weiler sind<br />

im kantonalen Bauinventar als Baugruppen<br />

ausgeschieden. Entsprechend<br />

wurde der grundeigentümerverbindliche<br />

Ortsbildschutzperimeter<br />

der Gemeinde über den Weiler mitsamt<br />

den Nahumgebungen festgesetzt.<br />

Für die vier Könizer Ortsbilder<br />

ist die angrenzende, landwirtschaftlich<br />

genutzte intakte Landschaft von<br />

zentraler Bedeutung. Deshalb wurde<br />

ausserhalb des Ortsbildschutzperimeters<br />

ein Landschaftsschongebiet<br />

ausgeschieden. Die Festsetzung des<br />

Ortsbildschutzes in der Nutzungspla-


16<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

02 03<br />

02 Ortsplanungsrevision Köniz,<br />

baurechtliche Grundordnung bGo,<br />

Auszug Schutzplan, Stand Vorprüfung,<br />

11. Februar 2015.<br />

03 Gurtendorf, schützenswertes Ortsbild<br />

von nationaler Bedeutung, Aufnahmeplan<br />

ISOS.<br />

04 Ortsplanungsrevision Port, Quartieranalyse<br />

2014. BHP Raumplan AG, Bern.<br />

05 Port, Luftansicht.<br />

nung erfolgt also mit zwei grundeigentümerverbindlichen<br />

Schutzkategorien<br />

«Ortsbildschutzgebiete» und<br />

«Landschaftsschongebiete». Die Ortsbildschutzgebiete<br />

umfassen Siedlungen<br />

und Siedlungsteile mit ihren<br />

näheren Umgebungen, während die<br />

Landschaftsschongebiete im Bereich<br />

der Ortsbildschutzgebiete der grossräumigen<br />

Erhaltung der wertvollen<br />

Ortsansichten und dem qualitätsvollen<br />

Umgang mit den wichtigen Landschaftsbildern<br />

dienen. Bei den Landschaftsschongebieten<br />

wurde zudem<br />

unterschieden, ob generell ein Bauverbot<br />

gilt, da eine hohe ästhetische<br />

Empfindlichkeit besteht, welche<br />

durch landwirtschaftliche Bauten und<br />

Anlagen beeinträchtigt wird, oder ob<br />

in einem Gebiet Bauten und Anlagen<br />

mit grosser Sorgfalt in die Landschaft<br />

integriert werden können.<br />

Die Ortsplanungsrevision Köniz zeigt<br />

exemplarisch auf, wie mit Ortsbildern<br />

im ländlichen Kontext umgegangen<br />

werden kann. Es ist denkbar, dass<br />

dieses Vorgehen auch unabhängig<br />

von der Einstufung des ISOS bei intakten<br />

und wertvollen Siedlungsstrukturen<br />

angewendet werden kann.<br />

In städtischen Gebieten (bspw. verstädterte<br />

Dörfer oder Städte von nationaler<br />

Bedeutung) ist im Vergleich<br />

zu den ländlichen Könizer Weilern<br />

der Siedlungsdruck grösser und die<br />

Siedlungsstruktur völlig anders – hier<br />

müssen andere Lösungsansätze zum<br />

Zuge kommen.<br />

Langenthaler Modell zur Qualitätssicherung<br />

im Ortskern<br />

In Langenthal umfasst eine Kernzone<br />

den Altstadtbereich, dessen nutzungsmässige<br />

Vielfalt und bauliche<br />

Eigenart erhalten und weiterentwickelt<br />

werden sollen. Diese Kernzone<br />

ist eine Zone mit Planungspflicht<br />

(ZPP), das heisst, dass Neubauten<br />

nur auf der Grundlage einer rechtskräftigen<br />

Überbauungsordnung (UeO)<br />

zulässig sind. Wenn Bauwillige ein<br />

grösseres Projekt planen, empfiehlt<br />

die Stadt ein Qualität sicherndes Verfahren.<br />

Um innert nützlicher Frist zu<br />

einem Vorgehen zu kommen, wurden<br />

in den letzten beiden Jahren konzentrierte<br />

Workshop-Verfahren durchgeführt,<br />

die von einem Fachgremium unter<br />

Beteiligung der Eigentümerschaft<br />

begleitet werden. Dafür hat die Gemeinde<br />

eine feste Projektorganisation<br />

und ein standardisiertes Vorgehen


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

17<br />

04 05<br />

definiert. In einem dynamischen Prozess<br />

über mehrere Workshop-Anlässe<br />

sucht man in Varianten nach<br />

einer ortsgerechten Lösung. Dieses<br />

Verfahren ist ergebnisoffen. Denkbar<br />

ist, dass im Anschluss an ein solches<br />

Verfahren auf die Ausarbeitung einer<br />

Überbauungsordnung verzichtet werden<br />

kann. Das Verfahren kann aber<br />

auch abgebrochen werden. Durch<br />

dieses Vorgehen werden viele Planungsgeschäfte<br />

durch eine Fachjury<br />

begleitet und hinsichtlich Ortsbildverträglichkeit<br />

auch geschärft. Mit diesem<br />

Verfahren will die Stadt zu einer<br />

fachlich fundierten Meinung kommen,<br />

welche für die Grundeigentümerin<br />

und den Investor verbindlich ist und<br />

für die Bau- und Planungskommission<br />

und den Gemeinderat als Beurteilungsgrundlage<br />

dient. Dieses<br />

standardisierte Verfahren ist ein interessantes<br />

Vorgehen, mit welchem auf<br />

die Ortsbildqualität besser eingegangen<br />

werden kann. In anderen Gemeinden<br />

wird die Qualitätssicherung<br />

durch Kommissionen (bspw. Stadtbildkommission)<br />

sichergestellt. Das<br />

Langenthaler Verfahren bietet aufgrund<br />

der Workshops einen direkteren<br />

Kontakt mit den Planungsbüros.<br />

Es gibt keine Standardlösung. Jede Gemeinde<br />

hat ihre ganz spezifischen Qualitäten<br />

und Entwicklungspotenziale.<br />

Heinrich Hafner<br />

Quartieranalyse Port<br />

Die Gemeinde Port beauftragte im<br />

Rahmen ihrer Ortsplanungsrevision<br />

ein externes Planungsbüro mit einer<br />

Quartieranalyse des eingezonten<br />

Siedlungsgebiets. Dieses wurde in<br />

Quartiere eingeteilt, welche anhand<br />

von Bauvolumen, Freiraum, Erschliessung<br />

etc. nach Siedlungstypen aufgeschlüsselt<br />

wurden. Dies ermöglichte<br />

es, Strategien festzulegen, welche<br />

das zukünftige Entwicklungspotenzial<br />

pro Quartier aufzeigten. Gleichzeitig<br />

wurden spezifische Verdichtungsmassnahmen<br />

definiert, um sicherzustellen,<br />

dass die Qualitäten und der<br />

Charakter der jeweiligen Quartiere erhalten<br />

und entsprechend sorgfältig<br />

weiter entwickelt werden können.<br />

Adrian Stäheli, Eva Schäfer, Lukas Auf der Maur


18<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

Ausblick:<br />

Instrumente und Vorgehensstrategien<br />

Die Abstimmung zwischen Siedlungsentwicklung und Ortsbildschutz erfordert neue<br />

Instrumente, insbesondere zur Sicherung der Qualität.<br />

Der Paradigmenwechsel, der in der<br />

Raumplanung eingeleitet worden ist,<br />

stellt bei der Umsetzung alle Beteiligten<br />

vor neue Herausforderungen,<br />

Raumplaner und Gemeinden ebenso<br />

wie die kantonalen Fachstellen. Für<br />

die innere Verdichtung gibt es keine<br />

Standardlösungen, die Rahmenbedingungen<br />

und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

in den Gemeinden sind enorm<br />

vielfältig. Erprobte Instrumente wie<br />

ISOS oder verschiedene Arbeitshilfen<br />

zum Thema Verdichten stehen zur<br />

Verfügung. Es zeigt sich jedoch, dass<br />

weitere Instrumente und Strategien<br />

für das gezielte Vorgehen notwendig<br />

sind. Ein wichtiges Thema ist dabei<br />

die Sicherung der Qualität.<br />

Siedlungs- und Quartieranalysen<br />

01<br />

01 Ortsplanungsrevision Köniz, Raumentwicklungskonzept<br />

REK, Konzept<br />

Zentrum Köniz Liebefeld – das Dreieck,<br />

20. April 2007. Atelier Wehrlin, Wünnewil.<br />

02 Ortsplanungsrevision Köniz, Richtplan<br />

Raumentwicklung Gesamtgemeinde<br />

RP REGG, Konzept Teilgebiet Köniz/<br />

Liebefeld, Konzept «Städtebau», Plan<br />

«Städtebau», Stand Vorprüfung,<br />

12. April 2012. Atelier Wehrlin, Wünnewil.<br />

03 Ortsplanungsrevision Köniz, Richtplan<br />

Raumentwicklung Gesamtgemeinde<br />

RP REGG, Konzept Teilgebiet Köniz/<br />

Liebefeld, Konzept «Städtebau», Plan<br />

«Baustruktur», Stand Vorprüfung,<br />

12. April 2012. Atelier Wehrlin, Wünnewil.<br />

Das Wichtigste ist<br />

eine seriöse Analyse.<br />

Du musst verstehen,<br />

wie der Ort<br />

gewachsen ist, wie<br />

er entstanden ist.<br />

Daniel Moeri<br />

Die äussere Erscheinung eines Ortes<br />

definiert sich nicht allein durch seine<br />

Einzelobjekte. Von ebensolcher Bedeutung<br />

für den Siedlungscharakter<br />

sind die Freiräume, die Raumstrukturen<br />

und die Strassennetze. Will man<br />

den Charakter der Stadt und des Ortes<br />

bewahren, müssen die Strukturen<br />

des Ortes erkannt werden. Die Planungsbeteiligten<br />

befassten sich bis<br />

heute mit Raumentwicklungskonzepten,<br />

welche Überlegungen auf<br />

übergeordneter Planungsebene im<br />

grossen Massstab erlaubten (Mstb.<br />

1:10‘000 oder grösser). Um die örtlichen<br />

Qualitäten zu erfassen und eine<br />

qualitativ hochstehende Siedlungsergänzung<br />

im Rahmen der vorhandenen<br />

Strukturen zu ermöglichen, sind<br />

jedoch Quartier- und Raumanalysen<br />

im kleineren Massstab (Mstb. 1:1'000<br />

oder kleiner) notwendig. Ortsbauliche<br />

Analysen sowie Bebauungskonzepte<br />

auf Quartierebene sind unverzichtbare<br />

Grundlagen, um alle Anliegen<br />

des Orts- und Landschaftsschutzes<br />

sowie der Siedlungsverdichtung unter<br />

einen Hut zu bringen.


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

19<br />

02 03<br />

Um diese Siedlungsstrukturen unter<br />

Wahrung ihres Charakters weiterzuentwickeln,<br />

sind Strategien notwendig.<br />

Vittorio Magnago Lampugnani,<br />

Professor für Geschichte des Städtebaus<br />

an der ETH Zürich, spricht treffend<br />

von einer «Veränderungsstrategie»,<br />

welche der Raumplaner neben<br />

der «Erhaltungsstrategie» der klassischen<br />

Denkmalpflege benötigt. Diese<br />

Strategien legen bspw. fest, welche<br />

vorhandenen Siedlungsstrukturen gestärkt<br />

werden sollen, welche Gebiete<br />

sich für eine Neubebauung oder eine<br />

Weiterentwicklung eignen, welche zu<br />

bewahren oder im Bestand zu erneuern<br />

sind, wo Freiflächen ausgeschieden<br />

oder aufgewertet werden können.<br />

Ein echter Nutzen entsteht aber<br />

nur, wenn die Verdichtungsstrategie<br />

als Teil einer Gesamtbetrachtung in<br />

die Nutzungsplanung integriert wird<br />

und damit einen grundeigentümerverbindlichen<br />

Niederschlag findet.<br />

Austausch und Zusammenarbeit<br />

Die Denkmalpflege muss als Fachstelle<br />

vermehrt in Jurys oder bei anderen qualitätssichernden<br />

Verfahren Einfluss nehmen.<br />

Sie muss präsent sein.<br />

Heinrich Hafner<br />

Bei der Umsetzung des Raumplanungsgesetzes<br />

sind vor allem die Gemeinden<br />

in der Pflicht. Planungsbüros<br />

nehmen eine wichtige Schnittstelle<br />

ein und müssen in einem Raumplanungskonzept<br />

als Koordinatorinnen<br />

alle Bedürfnisse berücksichtigen,<br />

wenn eine echte Interessensabwägung<br />

garantiert sein soll.<br />

In der momentanen Praxis wird die<br />

Ortsbildpflege nicht selten erst zum<br />

Zeitpunkt der Baubewilligung in Planungsprojekte<br />

miteinbezogen. Im<br />

Normalfall kommt es zu diesem Zeitpunkt<br />

kaum mehr zu einer echten Interessenabwägung,<br />

da bereits baureife<br />

Projekte vorliegen. Eine vertiefte<br />

Betrachtung bezüglich der Qualität ist<br />

dann nicht mehr möglich. Ein frühzeitiger<br />

Kontakt der Gemeinden mit den<br />

zuständigen kantonalen Fachstellen<br />

und ein Abgleich mit den übergeordneten<br />

Vorgaben begünstigt effiziente<br />

Vorgänge.<br />

Idealerweise fliessen die Rückmeldungen<br />

der Ortsbildpflege bereits in


20<br />

AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

04 05<br />

Durch den gesetzlichen Auftrag zur inneren<br />

Verdichtung muss eine neue Form der<br />

Zusammenarbeit zwischen Raumplanung<br />

und Denkmalpflege gefunden werden.<br />

Heinrich Hafner<br />

04 Gerzensee, Arealentwicklung ZPP Belpbergstrasse.<br />

Das Areal an der Belpbergstrasse<br />

liegt in einer Baugruppe und ist<br />

umgeben von schützenswerten Bauten.<br />

05 Für die Weiterentwicklung des Areals<br />

wurde ein Workshop-Verfahren eingeleitet,<br />

an dem Mitglieder der Einwohnergemeinde,<br />

eine Expertengruppe und<br />

ein Architektenteam beteiligt waren.<br />

Projektplan <strong>2016</strong>. GHZ Architekten AG,<br />

Belp.<br />

06 Bärenplatz Langnau: Bis 1960 prägte<br />

das Hotel Löwen den Platz, später stand<br />

hier die Migros, heute dient das Areal<br />

vorübergehend als Parkplatz. Die Überbauung<br />

der Parzelle ist geplant, ein<br />

qualitätssicherndes Verfahren läuft.<br />

die Siedlungsanalyse ein, so dass in<br />

einer frühen Phase eine ernsthafte<br />

Interessensabwägung zwischen Verdichtungsbestrebung<br />

und Ortsbildschutz<br />

vorgenommen wird. Ein institutionalisierter<br />

Austausch zwischen<br />

Raumplanern, Gemeinde und Ortsbildpflege<br />

ist dafür grundlegend.<br />

Qualitätssicherung<br />

Qualitative Hochwertigkeit ist für Planungsfachleute<br />

im Zusammenhang<br />

mit Verdichtung selbstverständlich.<br />

Im revidierten Raumplanungsgesetz<br />

fehlen Aussagen bezüglich Qualität<br />

aber weitgehend, das Thema ist kaum<br />

in die Revision eingeflossen. Daraus<br />

resultiert, dass im Moment Instrumente<br />

auf übergeordneter Planungsebene<br />

fehlen, die u.a. eine Abstimmung<br />

mit dem Ortsbildschutz<br />

verbindlich regeln und damit garantieren,<br />

dass sich Siedlungen unter Erhaltung<br />

ihres Charakters und ihrer<br />

Qualitäten weiterentwickeln können.<br />

Einheitliche Parameter, nach denen<br />

die Qualitätssicherung erfolgt, und<br />

verbindliche Bedingungen können die<br />

qualitätsvolle Umsetzung sichern.<br />

Aus ortsbildpflegerischer Sicht wären<br />

konkrete Schritte in diese Richtung<br />

wünschenswert.<br />

Gute Voraussetzungen für eine hohe<br />

Qualität der Architektur und der Siedlungsentwicklung<br />

schaffen qualifizierte<br />

Verfahren wie Testplanungen,<br />

Wettbewerbe, Machbarkeitsstudien,<br />

Studienaufträge oder begleitete Verfahren.<br />

Sie ermöglichen bereits zu<br />

Beginn einer Planung die Abstimmung<br />

der verschiedenen Interessen.<br />

Hilfestellung bei der Qualitätssicherung<br />

leisten ausserdem heute schon<br />

Fachgremien in den Gemeinden,<br />

Ortsbildkommissionen und fachliche<br />

Beraterinnen und Berater aus allen<br />

Disziplinen (Architektur, Städtebau,<br />

Denkmalpflege und Raumplanung).<br />

Partizipative Verfahren<br />

Projekte der Siedlungsentwicklung<br />

nach innen können in der Bevölkerung<br />

auch auf Widerstand stossen.<br />

Partizipative Verfahren und eine of-


AKTUELL: VERDICHTUNG | ACTUEL: DENSIFICATION<br />

21<br />

06<br />

Letztlich braucht es Anreize. Wenn eine<br />

Gemeinde bereit ist, auf qualitätsvolle Prozesse,<br />

die zu einem guten Ziel führen, einzugehen,<br />

muss sie dafür belohnt werden.<br />

Daniel Moeri<br />

Zwei beliebige Beispiele aus der aktuellen<br />

Diskussion rund um das<br />

Thema Verdichtung belegen, dass<br />

grundlegende Überlegungen notwendig<br />

sind: Erstens zeigen verschiedene<br />

Studien auf, dass die grösste Dichte<br />

nicht mit Hochhäusern, sondern mit<br />

einer fünfgeschossigen Bauweise erreicht<br />

wird, denn höhere Häuser beanspruchen<br />

mehr Freiraum in der Fläche.<br />

Für die Verdichtung sind wir also<br />

nicht auf Hochhäuser angewiesen.<br />

Trotzdem wird das Hochhaus oft als<br />

ideales Verdichtungsinstrument genannt.<br />

Zweitens sind Quartiere des<br />

20. Jahrhunderts oft fünfgeschossig<br />

und damit dicht. Viele dieser Quartiere<br />

gelten heute als ineffizient und<br />

werden ersetzt. Oft wohnen jedoch<br />

danach weniger Menschen auf der<br />

gleichen Fläche, da der Platzbedarf<br />

pro Kopf massiv gestiegen ist. Faktisch<br />

wird also «entdichtet statt verdichtet».<br />

Eine Begriffsklärung wäre<br />

hilfreich: Was wird eigentlich unter<br />

«dichtem» Bauen verstanden – und<br />

was gilt?<br />

fene Kommunikation erleichtern die<br />

Akzeptanz eines neuen Projekts. Der<br />

Einbezug aller Akteure ist wichtig,<br />

erzeugt eine breite Abstützung und<br />

bildet die Basis für gegenseitiges Vertrauen.<br />

Ziel der Mitwirkungsverfahren<br />

ist es, die Entscheidungsfindungsprozesse<br />

und die Diskussion umstrittener<br />

Themen zu unterstützen.<br />

«Über den Rand hinausschauen»<br />

Handlungsbedarf besteht nicht nur<br />

in den Kerngebieten. Die Siedlungsentwicklung<br />

findet auch in weniger<br />

sensiblen Ortsteilen statt. Diese Gebiete<br />

sind häufig nicht im ISOS oder<br />

in Ortsbildschutzperimetern erfasst<br />

oder weisen keine Bauten auf, die im<br />

kantonalen Inventar aufgeführt sind.<br />

Sie betreffen das Kerngeschäft der<br />

Denkmalpflege nur indirekt, und ihre<br />

Wirkung auf die sensiblen Ortsbilder<br />

oder die Baudenkmäler ist oft von geringer<br />

Tragweite. Trotzdem sind auch<br />

hier räumliche Qualitäten vorhanden,<br />

welche es zu erkennen, zu erhalten<br />

und weiterzuentwickeln gilt, und die<br />

für die zukünftigen Planungen wesentlich<br />

sind. Diesen Strukturen ist<br />

ebenso Sorge zu tragen, denn sie bilden<br />

den Rahmen und sind für die Einbettung<br />

der ausgezeichneten Ortsbilder<br />

verantwortlich. Die Denkmalpflege<br />

steht als Diskussionspartnerin und<br />

Beraterin zur Verfügung.<br />

Was ist dicht?<br />

Tatiana Lori, Lukas Auf der Maur


22<br />

AKTUELL | ACTUEL<br />

Denkmalpflege ist Teamarbeit<br />

Die Bauberatung und die wissenschaftliche Erforschung des Baubestandes benötigen<br />

einander gegenseitig. Dazwischen steht die historische Bauanalyse als Bindeglied.<br />

01<br />

01 Das Pfarrhaus Oberbipp von Südwesten.<br />

Der Bau geht in vorreformatorische Zeit<br />

zurück und wurde mehrmals stark<br />

umgebaut. Seine heutige Erscheinung<br />

erhielt das Haus 1786–1788.<br />

02 Längsschnitt durch das Pfarrhaus<br />

Oberbipp Mstb. 1:250, Baualtersplan<br />

des Dachstuhls. Rot = 1629/30,<br />

Blau = 1786–1788, Oliv = um 1930.<br />

Der Eingriff im Bereich des westlichen<br />

Dachwalms ist gut ablesbar.<br />

03 Längsschnitt durch das Pfarrhaus<br />

Oberbipp Mstb. 1:250. Rekonstruktion<br />

der ursprünglichen Dachform mit zwei<br />

Freibindern und einem Gerschild. Die<br />

schräg verlaufende, unterbrochene Linie<br />

entspricht dem heutigen Dachabschluss<br />

auf der Westseite.<br />

Unter dem Begriff Denkmalpflege verstehen<br />

Kunden zumeist den Einsatz<br />

unserer Fachstelle zugunsten der historischen<br />

Baudenkmäler bei baulichen<br />

Veränderungen. Dieser Bereich<br />

der denkmalpflegerischen Tätigkeit –<br />

wir nennen ihn im Kanton Bern Bauberatung<br />

– wird in der Öffentlichkeit<br />

am stärksten wahrgenommen. In der<br />

Idealvorstellung von Bauherrschaft<br />

und Planenden beurteilt eine effiziente<br />

Bauberaterin oder ein effizienter<br />

Bauberater den Sachverhalt vor Ort<br />

und zeigt sogleich Lösungsmöglichkeiten<br />

auf, die sich aus Sicht der<br />

Denkmalpflege anbieten. Dieses Vorgehen<br />

trifft tatsächlich in vielen Fällen<br />

zu. Aber nicht immer geht es so<br />

schlank: Bauberatung ist mitunter<br />

eine komplexe Aufgabe. Ist der Baubestand<br />

eines Hauses ausgesprochen<br />

vielschichtig und unübersichtlich,<br />

sind die wichtigen Bereiche gar<br />

verborgen, beispielsweise durch<br />

mehrfache Umbauten, dann ist die<br />

Bauberaterin oder der Bauberater<br />

trotz fundierten architekturgeschichtlichen<br />

und bauhandwerklichen Kenntnissen<br />

nicht in der Lage, quasi aus<br />

dem Stegreif Entscheide zu fällen, die<br />

fachlich einer kritischen Überprüfung<br />

standhalten. In solchen Fällen bedarf<br />

es zusätzlicher Abklärungen, in erster<br />

Linie historischer Bauanalysen<br />

vor Ort und Recherchen in Archiven.<br />

Diese leisten in der Regel nicht die<br />

Bauberatenden selbst, sondern die<br />

Kolleginnen und Kollegen aus dem<br />

Fachbereich Baudokumentation und<br />

Archiv. In jüngster Zeit wurden diese<br />

Dienstleistungen ausgebaut, weil sie<br />

für die Bauberatung immer wichtiger<br />

werden: Nutzniesser sind letztlich die<br />

Eigentümer und Planenden selbst, die<br />

auch in komplexeren Fällen dank der<br />

Einblicke in die Geschichte eines<br />

Gebäudes früher und zielgerichteter<br />

beraten werden können. Eine fachlich<br />

Dank Einblicken<br />

in die Geschichte<br />

eines Gebäudes<br />

werden Eigentümer<br />

und Planende zielgerichteter<br />

beraten.


AKTUELL | ACTUEL<br />

23<br />

02 03<br />

fundierte Baudokumentation kommt<br />

zusätzlich den Inventarwerken zugute:<br />

Das Sammeln, Erforschen und<br />

Publizieren von bauhistorischen Erkenntnissen<br />

gehört schliesslich zum<br />

Grundauftrag der Denkmalpflege.<br />

Das Baudokumentations-Team besteht<br />

aus wissenschaftlichen Fachpersonen<br />

für Bauanalyse, Archiv- und<br />

Quellenforschung, einem Zeichner für<br />

Bauaufnahmen sowie aus einem Fotografen.<br />

Daraus wird ersichtlich,<br />

dass die Denkmalpflege zunehmend<br />

zur Teamarbeit wird. Der Nutzen der<br />

Baudokumentation für die Bauberatung<br />

und das Inventarwerk sowie die<br />

Zusammenarbeit soll an einem konkreten<br />

Beispiel, nämlich der Dachsanierung<br />

des Pfarrhauses Oberbipp,<br />

exemplarisch beleuchtet werden.<br />

Pfarrhaus Oberbipp: Recherchen<br />

während der Innensanierung 2006<br />

Oberbipp reicht bis in römische Zeiten<br />

zurück und ist ein früher Kirchenstandort.<br />

Die heutige Saalkirche<br />

entstand 1686 durch Werkmeister<br />

Abraham I Dünz. Sie ist das vierte<br />

Gotteshaus an derselben Stelle und<br />

Bestandteil des eindrücklichen kirchlichen<br />

Ensembles innerhalb des<br />

Das Sammeln, Erforschen und Publizieren<br />

von bauhistorischen Erkenntnissen gehört<br />

zum Grundauftrag der Denkmalpflege.<br />

räumlich intakten Ortskerns. Das<br />

Ortsbild von Oberbipp ist im Inventar<br />

der schützenswerten Ortsbilder der<br />

Schweiz als von nationaler Bedeutung<br />

eingestuft. Das Pfarrhaus mit<br />

angebauter Pfrundscheune erscheint<br />

als barocker Putzbau, geht im Kern<br />

jedoch in die vorreformatorische Zeit<br />

zurück.<br />

Im Jahr 2006 erwarb die reformierte<br />

Kirchgemeinde Oberbipp das Pfarrhaus<br />

aus dem Staatsbesitz. Der prekäre<br />

Bauzustand zwang zu einer<br />

umfassenden Innensanierung. Als<br />

Planungsgrundlage und Entscheidungshilfe<br />

für einen schonungsvollen<br />

Umgang mit dem Gebäude wurden<br />

exakte Aufnahmepläne und eine Untersuchung<br />

des historischen Baubestandes<br />

extern in Auftrag gegeben.<br />

Gleichzeitig recherchierte der Autor<br />

des Kunstdenkmälerbandes Amt<br />

Wangen in den Archiven nach grösseren<br />

und kleineren Umbau- und Renovierungsmassnahmen<br />

aus längst vergangenen<br />

Zeiten. Solche Aufzeichnungen<br />

sind für obrigkeitliche Bauwerke<br />

häufig zu finden und zuweilen<br />

bemerkenswert detailliert verfasst, so<br />

dass man auch die geleistete Arbeit,<br />

deren Preis und die Namen der ausführenden<br />

Handwerksmeister erfährt.<br />

Zusammen mit den Befunden am Objekt<br />

konnte die Baugeschichte des<br />

Oberbipper Pfarrhauses recht genau<br />

nachgezeichnet werden; sie reicht bis<br />

ins ausgehende Mittelalter zurück<br />

und ist entsprechend komplex.<br />

So liess sich der imposante liegende<br />

Dachstuhl dem grossen Pfarrhausumbau<br />

von 1629/30 zuordnen, ohne<br />

dass man eine Holzdatierung in Auftrag<br />

geben musste. Auffällig am klar<br />

konzipierten und gut gezimmerten<br />

Dachwerk sind die ungewöhnlichen<br />

Schmuckformen. Es handelt sich dabei<br />

um Verzierungen an den Bindern,<br />

einfache rote Ornamente. Leicht zu


24 AKTUELL | ACTUEL<br />

04 05<br />

04 Dachstuhl des Pfarrhauses Oberbipp:<br />

Die sägeblattartig in die Streben und<br />

Spanriegel eingepassten Büge sind<br />

typische Merkmale für die Zeit um 1630<br />

und zeugen von guter Zimmermannsarbeit.<br />

05 Von weit geringerer Qualität sind hingegen<br />

die Reparaturen und Umänderungen<br />

am Dachstuhl, die 1786–1788<br />

vorgenommen wurden. Die Abbildung<br />

zeigt den Bereich in der Hausmitte,<br />

wo früher ein Kaminzug die Dachdeckung<br />

durchstiess.<br />

06 Drei Beispiele für die im Inneren eines<br />

Dachraums ungewöhnliche Dekoration<br />

an den Konstruktionshölzern des Dachstuhls<br />

mit gefasten Streben, Bügen und<br />

Spannriegeln der Binder sowie unterschiedlichen<br />

geometrischen Ornamenten<br />

in roter Farbe.<br />

erkennen waren zudem mehrere spätere<br />

Eingriffe im Dachstuhl. Zwei<br />

davon fielen durch ihre rudimentäre,<br />

um nicht zu sagen unprofessionelle<br />

Machart auf. Der eine liegt im Bereich<br />

der westlichen Giebelwand, der andere<br />

ungefähr in der Hausmitte. Weil<br />

bei der Innensanierung die Aussenhülle<br />

unangetastet blieb, verschob<br />

man die Dokumentation der ungewöhnlichen<br />

Ornamentik auf den Zeitpunkt<br />

einer künftigen Fassaden- und<br />

Dachsanierung.<br />

Dachsanierung 2015 bringt neue<br />

Erkenntnisse<br />

Die Dachsanierung plante die Kirchgemeinde<br />

sieben Jahre später, also<br />

2015: Rasch zeigte sich, dass das<br />

Dachwerk im Bereich der erwähnten<br />

Eingriffe, insbesondere am westlichen<br />

Dachschild, instand gesetzt werden<br />

musste. Für die Bauberatung stellte<br />

sich nun die Frage, was denkmalpflegerisch<br />

korrekt ist, die Sanierung der<br />

konstruktiv und handwerklich mangelhaften<br />

Umänderung oder die Rekonstruktion<br />

des ursprünglichen Zustands,<br />

falls dieser einwandfrei<br />

festzustellen ist. Mit der Analyse des<br />

Dachstuhls vor Ort konnte tatsächlich<br />

die ursprüngliche Dachform geklärt<br />

werden. Dabei mussten auch kleinste<br />

Hinweise beachtet und interpretiert<br />

werden. Hilfreich waren die sogenannten<br />

Abbundzeichen, ein Markierungssystem<br />

der Zimmerleute, um die<br />

Mit der Analyse<br />

des Dachstuhls<br />

vor Ort konnte<br />

die ursprüngliche<br />

Dachform geklärt<br />

werden.<br />

Zusammengehörigkeit der vorgefertigten<br />

Konstruktionshölzer zu kennzeichnen.<br />

Schliesslich liess sich<br />

nachweisen, dass der Dachstuhl ursprünglich<br />

mit zwei Bindern versehen<br />

war, die ausserhalb der westlichen<br />

Giebelmauer lagen und dadurch einen<br />

mächtigen Dachvorschärm bildeten.<br />

Darüber befand sich ein Gerschild.<br />

Das Pfarrhaus Oberbipp hatte<br />

folglich seit dem prägenden Umbau<br />

von 1629/30 ein Aussehen wie viele<br />

andere steinerne Häuser aus dem 17.<br />

Jahrhundert im bernischen Gebiet,<br />

unter ihnen zahlreiche Pfarrhäuser.<br />

Grund für den formverändernden Eingriff<br />

am Dach waren Feuchteschäden,<br />

die bei der exponierten Westausrichtung<br />

der Giebelseite nicht<br />

weiter erstaunen. Man entfernte in der<br />

Folge die beiden Binder ausserhalb<br />

der Giebelmauer, trug letztere um<br />

Mannshöhe ab und kappte den ersten<br />

regulären Binder innerhalb des Dachraums.<br />

Anstelle des Gerschilds wurde


AKTUELL | ACTUEL<br />

25<br />

06<br />

DEKORATION IM DACHSTUHL<br />

Die ungewöhnliche Dekoration im<br />

Dachstuhl konzentriert sich auf die<br />

liegenden Binder und umfasst Fasen<br />

an den Streben, an den Bügen sowie<br />

an den Spannriegeln, und zwar<br />

immer an den zum Dachraum hin<br />

gerichteten Kanten der Hölzer. An<br />

den Bügen sind die Fasen mit ihren<br />

Abwürfen unterschiedlich ausformuliert,<br />

jedoch pro Binder identisch.<br />

Die meisten dieser Fasen tragen<br />

geometrisierende Ornamente in roter<br />

Farbe. Dabei handelt es sich um<br />

eine kaum wahrnehmbar dünne, aber<br />

deckende Schicht, die vermutlich<br />

ins Holz eingedrungen ist und sich<br />

im Farbton nicht von den Vorzeichnungen<br />

mit Rötelstift unterscheidet.<br />

Die Ornamente bestehen aus gefüllten<br />

oder bloss als Umriss dargestellten<br />

Dreiecken, rot bemalten<br />

Abwürfen, aufgemalten Rautenfriesen<br />

etc. Gehäuft tauchen diese<br />

rotfarbenen Motive an den Bügen<br />

auf, finden sich aber auch entlang<br />

der Streben. An zwei Stellen sind<br />

auch Teile der flächigen Unterseiten<br />

bemalt, einmal an einer Strebe<br />

(gegenläufiges Rautenmotiv) und<br />

ein weiteres Mal an einem Bug; dort<br />

wurde mit dem Zirkel eine einfache<br />

Blume vorgerissen und ausgemalt.<br />

Dekorationen dieser Art sind aus<br />

Dachräumen kaum bekannt, hingegen<br />

beobachtet man sie an hölzernen<br />

Speichern im Mittelland.<br />

ein wesentlich grösserer Walm gebaut,<br />

der deutlich weiter ins Hausinnere<br />

ragt. Auch die Umänderung<br />

des Dachstuhls in der Hausmitte ist<br />

auf einen gravierenden Fäulnisschaden<br />

zurückzuführen. Hier durchstiess<br />

ein (zwischenzeitlich verschwundener)<br />

Kaminzug die Ziegeldeckung.<br />

Weil der Unterhalt im 18. Jahrhundert<br />

sträflich vernachlässig wurde, drang<br />

Wasser in grossen Mengen in die<br />

Konstruktion ein. Die daraufhin erfolgte<br />

Reparatur war ebenfalls dürftig,<br />

hatte jedoch keine Auswirkung auf die<br />

äussere Erscheinung des Hauses.<br />

Fazit: keine Rückführung zur ursprünglichen<br />

Dachform<br />

Als gemeinsames Ergebnis von Bauanalyse<br />

und Archivforschung konnte<br />

die Dachumänderung der Pfarrhaussanierung<br />

von 1786–1788 zugeordnet<br />

werden. Damals liess man das schadhafte<br />

Gebäude reparieren und innen<br />

mit Böden, Wand- und Deckentäfer,<br />

Türen etc. weitgehend neu ausstatten.<br />

Zu dieser Aktualisierung gehört<br />

auch die veränderte Befensterung.<br />

Anstelle von unregelmässigen spätgotischen<br />

Fensteröffnungen traten<br />

nun auf der Südseite regelmässig auf<br />

Achsen aufgereihte Einzelfenster. Die<br />

Neufassadierung und der veränderte<br />

Dachabschluss sind demnach Teil<br />

desselben Bauvorhabens, gehören<br />

also zusammen und prägen das Bild<br />

des Oberbipper Pfarrhauses.<br />

Nach den wissenschaftlichen Recherchen<br />

kam wiederum die Bauberatung<br />

ins Spiel, die ihre Frage beantwortet<br />

fand: Eine Rückführung zur<br />

ursprünglichen Dachform kam aus<br />

denkmalpflegerischer Sicht nicht in<br />

Frage. Dank der Bauanalyse wurde<br />

jedoch eine zeichnerische Rekonstruktion<br />

möglich, die nun – zusammen<br />

mit dem Jahr der Umgestaltung und<br />

dem Namen des obrigkeitlichen<br />

Werkmeisters Ludwig Emanuel Zehender<br />

– unter dem Pfarrhaus Oberbipp<br />

Eingang im Kunstdenkmälerband<br />

des Amts Wangen finden wird.<br />

Hans Peter Würsten<br />

Oberbipp, Herrengasse 1<br />

Massnahmen: Innensanierung, 2006;<br />

Dachsanierung, 2015<br />

Bauherrschaft: Evangelisch-reformierte<br />

Kirchgemeinde Oberbipp<br />

Bauforschung: Urs Bertschinger, Biel (Aufnahmepläne<br />

und Bauanalyse im Innern 2006)<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer, KDP (Bauberatung<br />

2015), Hans Peter Würsten (Bauberatung<br />

2006, Bauanalyse Dachstuhl 2015),<br />

Richard Buser (Autor Die Kunstdenkmäler des<br />

Kantons Bern, Band Wangen)


26 AKTUELL | ACTUEL<br />

Die Überarbeitung<br />

des Bauinventars<br />

Im Auftrag des Grossen Rates plant die<br />

Erziehungsdirektion, das Bauinventar<br />

zu überarbeiten und dabei die Zahl<br />

der als schützens- und erhaltenswert<br />

eingestuften Gebäude im Kanton Bern<br />

zu reduzieren.<br />

Das Bauinventar des Kantons Bern ist<br />

in der Kulturpflegestrategie ein zentrales<br />

Element für die Priorisierung der<br />

denkmalpflegerischen Tätigkeit des<br />

Kantons. Das Inventar umfasst ohne<br />

die Stadt Bern aktuell rund 39'000<br />

schützens- und erhaltenswerte Objekte,<br />

was knapp zehn Prozent des<br />

gesamten Baubestandes im Kanton<br />

entspricht. Die bereits laufende Revision<br />

des Inventars durch die Denkmalpflege<br />

erfolgte ohne vorgängig<br />

festgelegte Obergrenze, verfolgte<br />

aber schon das Ziel der Bereinigung<br />

und Priorisierung. In der Januarsession<br />

2015 hat der Grosse Rat die<br />

Kulturpflegestrategie zur Kenntnis genommen<br />

und dazu verschiedene<br />

Planungserklärungen verabschiedet.<br />

Eine davon beauftragt die Denkmalpflege,<br />

innerhalb von fünf Jahren den<br />

Status der im Bauinventar aufgeführten<br />

schützens- und erhaltenswerten<br />

Objekten sowie die Baugruppen zu<br />

überprüfen. In der Januarsession<br />

<strong>2016</strong> hat der Grosse Rat über die Revision<br />

des Baugesetzes beraten. In<br />

der ersten Lesung beschloss der Rat,<br />

dass im Bauinventar höchstens sieben<br />

Prozent des gesamten Gebäudebestandes<br />

enthalten sein sollen.<br />

Etappenweise Überarbeitung<br />

Um den Auftrag des Grossen Rates<br />

zu erfüllen, wird die kantonale Denkmalpflege<br />

das Bauinventar in den<br />

kommenden Jahren etappenweise<br />

überarbeiten. In einem ersten Schritt<br />

werden <strong>2016</strong> die Baugruppen überprüft<br />

und reduziert. In einem zweiten<br />

Schritt werden in den Jahren<br />

2017–2020 die erhaltenswerten Objekte<br />

bearbeitet und in der letzten<br />

Phase folgt die Überprüfung der<br />

schützenswerten Objekte.<br />

Die Objekte werden im kantonalen<br />

Quervergleich nach gleichartigen<br />

Baugattungen, Regionen und Baujahren<br />

beurteilt. Die Reduktion des Bauinventars<br />

erfolgt nicht linear über alle<br />

Kategorien. Die Reduktion ist davon<br />

abhängig, wie häufig vergleichbare<br />

Objekte, bspw. Bauernhäuser, Wohnund<br />

Schulhäuser oder Industriebauten,<br />

vorhanden sind. Aufgrund ihrer<br />

grossen Anzahl ergibt sich bei Bauern-<br />

und Wohnhäusern eine mögliche<br />

Reduktion am ehesten. Insgesamt erfolgen<br />

die Kürzungen vor allem in der<br />

Kategorie «erhaltenswert». Bei der<br />

Kategorie «schützenswert» hingegen<br />

ist der Spielraum klein.


AKTUELL | ACTUEL<br />

27<br />

Révision du recensement<br />

architectural<br />

Sur mandat du Grand Conseil, la Direction<br />

de l’instruction publique envisage<br />

de réviser le recensement architectural<br />

et de réduire le nombre de bâtiments<br />

dignes de protection ou de conservation<br />

dans le canton de Berne.<br />

La Stratégie de protection du patrimoine<br />

fait de ce recensement un élément<br />

clé pour hiérarchiser les activités<br />

cantonales de sauvegarde du<br />

patrimoine. Actuellement, près de<br />

39 000 objets dignes de protection ou<br />

de conservation sont inscrits dans le<br />

recensement architectural du canton<br />

de Berne, hors ville de Berne, ce qui<br />

représente un peu moins de 10% du<br />

parc immobilier du canton. La révision<br />

du recensement par le Service<br />

des monuments historiques est déjà<br />

en cours. Elle ne s’effectue pas en<br />

fonction d’une limite maximale préalablement<br />

fixée, mais vise aussi un<br />

objectif de mise à jour et de hiérarchisation.<br />

Le Grand Conseil a pris connaissance<br />

de ce texte lors de sa session<br />

de janvier 2015, en adoptant<br />

plusieurs déclarations de planification.<br />

L’une d’elles charge le Service<br />

des monuments historiques de réexaminer,<br />

dans les cinq prochaines années,<br />

la liste des objets figurant à<br />

l’inventaire du canton de Berne dans<br />

les catégories « digne de protection »<br />

et « digne de conservation » et les<br />

groupes de bâtiments. En cours de la<br />

session de janvier <strong>2016</strong> le Grand<br />

Conseil a délibéré la révision de la<br />

législation sur les constructions. A<br />

l’occasion de la première lecture, le<br />

Grand Conseil a inscrit cette part<br />

dans la loi sur les constructions en la<br />

relevant à 7%.<br />

Révision échelonnée<br />

Le Service cantonal des monuments<br />

historiques va s’atteler à la révision du<br />

recensement architectural. En 2015, le<br />

Service des monuments historiques<br />

va réduire le nombre des groupes<br />

de bâtiments. De 2017 à 2020, il<br />

s’attaquera aux objets dignes de conservation,<br />

puis il finira par les objets<br />

dignes de protection.<br />

Des objets de mêmes type, région et<br />

année de construction seront comparés<br />

dans tout le canton. Le nombre<br />

d’objets qui seront sortis du recensement<br />

variera selon les catégories, il<br />

dépendra du nombre d’objets comparables,<br />

comme les fermes, les maisons<br />

d’habitation, les écoles ou les<br />

bâtiments industriels. En raison du<br />

grand nombre, la réduction potentielle<br />

est particulièrement élevée parmi<br />

les fermes et les maisons d’habitation<br />

et surtout dans la catégorie « dignes<br />

de conservation ». Cependant dans la<br />

catégorie « digne de protection » la<br />

marge de manœuvre est faible.


28 IM GESPRÄCH | DIALOGUE<br />

Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzung<br />

Heinrich Hafner, Tatiana Lori, Adrian Stäheli<br />

ZU DEN PERSONEN<br />

Heinrich Hafner (HH), lic. phil.-nat.<br />

dipl. Geograph, Raumplaner SIA/<br />

FSU ist Partner und Mitglied der<br />

Geschäftsleitung in den beiden privaten<br />

Raumplanungsbüros BHP<br />

Raumplan AG in Bern sowie Archam<br />

et Partenaires SA in Fribourg. Er<br />

beschäftigt sich beruflich seit 25<br />

Jahren mit der Frage, wie die Ortsbildpflege<br />

wirkungsvoll in die raumplanerischen<br />

Tätigkeiten integriert<br />

werden kann. Seine Arbeitsschwerpunkte<br />

liegen unter anderem in der<br />

Areal-, Quartier-, Orts-, Agglomerations-<br />

und Regionalplanung. Mit dem<br />

neuen Raumplanungsgesetz und<br />

der damit verbundenen Siedlungsentwicklung<br />

nach innen stehen diese<br />

Bereiche vor grossen orts- und<br />

städtebaulichen Herausforderungen.<br />

Tatiana Lori (TL), dipl. Architektin<br />

ETH/SIA, MAS ARCH ETH in Denkmalpflege<br />

ist seit 2014 Leiterin der<br />

Fachbereiche Bau- und Ortsbildpflege<br />

der Denkmalpflege des Kantons<br />

Bern. Davor war sie im Amt<br />

für Städtebau der Stadt Zürich als<br />

Denkmalpflegerin tätig.<br />

Adrian Stäheli (AS), dipl. ing.<br />

Raumplaner FH gehört seit 2012<br />

zum Team der Ortsbildpflege der<br />

kantonalen Denkmalpflege.<br />

Seine Schwerpunktregion ist das<br />

Berner Mittelland. Zuvor war er<br />

als Raum- und Verkehrsplaner in<br />

der Gemeinde Köniz tätig.<br />

TL Die Änderung des Raumplanungsgesetzes<br />

fordert die Siedlungsentwicklung<br />

nach innen und<br />

seit dem Bundesgerichtsentscheid<br />

von Rüti 2009, der besagt, dass<br />

man das ISOS innerhalb der Ortsbildplanung<br />

berücksichtigen muss,<br />

hat sich unser Bearbeitungsumfang<br />

in Planungsfragen erhöht. Die Projekte,<br />

die von uns beurteilt werden,<br />

sind hingegen oft schon sehr ausgereift.<br />

Die Auseinandersetzung mit<br />

den örtlichen Gegebenheiten und<br />

die Umsetzung des ISOS werden<br />

vernachlässigt, da diese meist nicht<br />

der Sicht der Bauherrschaft entsprechen.<br />

Unsere Anliegen werden<br />

als Zwängerei empfunden, was die<br />

Zusammenarbeit erschwert. Ein<br />

frühzeitiger Einbezug der Ortsbildpflege<br />

auf Stufe Raumplanung wäre<br />

sinnvoll.<br />

HH Es ist unbestritten, dass unser<br />

gebautes Kulturgut in der Raumplanung<br />

eine wichtige Rolle spielt.<br />

Vom Wert der Denkmalpflege muss<br />

man die Planerinnen und Planer<br />

nicht überzeugen. Die Frage ist vielmehr,<br />

wie die beiden Disziplinen<br />

gemeinsam in einen Dialog treten<br />

können. Der Einstieg in die Planungsprozesse<br />

läuft nach bestimmten<br />

Mustern ab. Das ISOS und die Bauinventare<br />

der Gemeinden sind zwei<br />

Inventare unter vielen, die in die<br />

Ortsplanung integriert werden müssen,<br />

ohne dass diese in der Regel<br />

speziell reflektiert werden. Mit dem<br />

gesetzlichen Auftrag zur inneren<br />

Verdichtung muss eine neue Form<br />

der Zusammenarbeit zwischen<br />

Raumplanung und Denkmalpflege<br />

gefunden werden. Wir stehen in der<br />

Raumplanung vor einem anforderungsreichen<br />

Entwicklungsprozess<br />

01<br />

und müssen uns überlegen, welche<br />

Instrumente nötig sein werden und<br />

wie die Zusammenarbeit gelebt<br />

werden soll. Erst dann zusammen zu<br />

diskutieren, wenn Probleme auftauchen,<br />

wird in Zukunft nicht mehr<br />

genügen. Die Denkmalpflege muss<br />

präsenter sein. Die grosse Herausforderung<br />

besteht darin, bei der<br />

Siedlungsentwicklung nach innen<br />

die angestrebte Verdichtung zu ermöglichen,<br />

ohne dass die vorhandenen<br />

Qualitäten verloren gehen.<br />

Dies betrifft nicht nur die geschützten<br />

oder sensiblen Bauten und Baugruppen,<br />

sondern unseren gesamten<br />

Baubestand.<br />

TL Mit dem Instrument der Baugruppen,<br />

aus denen die Gemeinden<br />

Ortsbildschutzperimeter ausscheiden<br />

können, wird für eine intakte,<br />

dem Schutzobjekt gerecht werdende<br />

Umgebung gesorgt. Der zu betrachtende<br />

Raum erstreckt sich aber<br />

oft weit über den sogenannten roten<br />

Rand, der eine Baugruppe definiert.


IM GESPRÄCH | DIALOGUE<br />

29<br />

Diese Betrachtung über die Perimetergrenzen<br />

hinaus ist anzustreben.<br />

HH Es ist eine zentrale Frage, wo<br />

die Denkmalpflege in Zukunft ihre<br />

Handlungs-Schwerpunkte setzt. Bei<br />

ausreichender Kapazität sollte die<br />

Betrachtung tatsächlich über den<br />

Perimeterrand hinausgehen. Das<br />

Problem liegt vor allem in den Graubereichen,<br />

in welchen ein verhältnismässig<br />

grosser Interpretationsund<br />

Ermessensspielraum besteht.<br />

Was passiert bspw. bei Verdichtungsprojekten<br />

in der Umgebung<br />

von erhaltenswerten Bauten? Wie<br />

überzeugend muss ein Projekt sein,<br />

damit ein erhaltenswertes Gebäude<br />

abgebrochen werden kann? Wenn<br />

wir um einen historischen Stadtkern<br />

herum verdichten, beeinflusst dies<br />

das Ortsbild, auch wenn der Eingriff<br />

ausserhalb des Ortsbildschutzperimeters<br />

erfolgt. Es handelt sich<br />

hier um Fragen, die das Kerngeschäft<br />

der Denkmalpflege nur indirekt<br />

betreffen, bei denen wir aber<br />

in Zukunft darauf angewiesen sind,<br />

einen kompetenten Diskussionspartner<br />

zu haben. Die Denkmalpflege<br />

muss als Fachstelle vermehrt in<br />

Jurys oder bei anderen qualitätssichernden<br />

Verfahren Einfluss nehmen<br />

und sich von Beginn an einbringen.<br />

Verdichtung darf nicht ohne Qualität<br />

passieren. Dazu muss die Denkmalpflege<br />

einen wichtigen Beitrag<br />

leisten.<br />

AS Die Planungsbüros sind eine<br />

wichtige Schnittstelle zwischen der<br />

Denkmalpflege und den Gemeinden.<br />

Sie sind meist als erste vor Ort<br />

und merken rasch, wenn Bereiche<br />

tangiert sind, die für das Ortsbild<br />

relevant sind. Richtigerweise müssten<br />

sie die Gemeinde darauf hinweisen,<br />

die Denkmalpflege beizuziehen,<br />

um das Projekt aus der Sicht<br />

des Ortsbildschutzes richtig aufzugleisen.<br />

Der Austausch zwischen<br />

Planungsbüros und Denkmalpflege<br />

ist zentral.<br />

TL Man muss die Gemeinden vermehrt<br />

für das Thema sensibilisieren.<br />

Gemeinden, die nicht über entsprechende<br />

Fachleute verfügen, werden<br />

mit der Siedlungsentwicklung nach<br />

innen an ihre Grenzen stossen.<br />

Sie sollen angeregt werden, rechtzeitig<br />

über ihre zukünftige Entwick-<br />

01 Heinrich Hafner.<br />

02 Adrian Stäheli, Heinrich Hafner und<br />

Tatiana Lori im Gespräch.<br />

02


30 IM GESPRÄCH | DIALOGUE<br />

lung und Positionierung sowie die<br />

spezifische Identität der Gemeinde<br />

nachzudenken.<br />

HH Bei grösseren Gemeinden mit<br />

professionellen Fachpersonen in der<br />

Verwaltung, engagierten Gemeinderäten<br />

und einer gefestigten Entwicklungskultur<br />

ist das Bewusstsein<br />

für diese Fragestellung schon lange<br />

vorhanden. Bei kleineren Gemeinden<br />

kommt es stark darauf an, wie der<br />

beauftragte Ortsplaner im Verlauf<br />

des Planungsprozesses die inhaltlichen<br />

Schwerpunkte setzt und in<br />

welchem Mass er die Planungskultur<br />

beeinflussen kann. Dies ist jedoch<br />

nicht das Hauptproblem. Uns steht<br />

ein tiefgreifender Paradigmenwechsel<br />

bevor. Wir haben noch wenig<br />

Erfahrung mit der konkreten Umsetzung<br />

der Siedlungsentwicklung nach<br />

innen. Die bisherigen Ortsplanungen<br />

wurden in der Regel dadurch ausgelöst,<br />

dass sich die Gemeinde<br />

neues Bauland erschliessen wollte.<br />

Heute ist dies nur noch unter stark<br />

erschwerten Bedingungen möglich.<br />

Deshalb sind neue Instrumente<br />

nötig. Instrumente, die nicht direkt in<br />

einen Zonenplan einfliessen, sondern<br />

als Zwischenschritte den komplizierten<br />

und langwierigen Weg<br />

zur inneren Verdichtung vorbereiten.<br />

In den nächsten Jahren wird im<br />

Kanton Bern gestützt auf das revidierte<br />

Raumplanungsgesetz und<br />

den Richtplan 2030 eine neue Planungskultur<br />

definiert werden. Wir<br />

werden künftig vor allem im Bestand<br />

und nicht mehr auf freien Flächen<br />

planen. Für die Denkmalpflege ergibt<br />

sich aus diesem Umstand eine<br />

grosse Chance.<br />

Bisher konnte man anhand der Pfeile<br />

im kommunalen Richtplan sehen, in<br />

welche Richtung sich die Gemeinde<br />

ihre zukünftige bauliche Entwicklung<br />

vorstellt. Diese Entwicklung in<br />

die Fläche wird so nicht mehr stattfinden.<br />

Stattdessen müssen wir uns<br />

überlegen, aus welchen Quartieren<br />

eine Ortschaft besteht, welchen<br />

Charakter diese Quartiere haben, wo<br />

der Bestand bewahrt, umstrukturiert<br />

oder durch Neubauten ersetzt werden<br />

soll. Wir müssen vermehrt mit<br />

Architektinnen und Städtebauern<br />

zusammenarbeiten und die Bevölkerung<br />

miteinbeziehen. Die Grundeigentümer<br />

müssen rechtzeitig darüber<br />

informiert werden, in welche<br />

Richtung die Planungen gehen. Die<br />

Prozesse werden länger dauern, da<br />

es Zeit braucht, Grundeigentümer<br />

zu überzeugen, mit ihren Nachbarn<br />

zusammenzuspannen, um etwas<br />

Neues zu entwickeln. Die Denkmalpflege<br />

muss sich überlegen, wie sie<br />

sich in diese Fragestellungen einbringen<br />

und wie sie einen Teil des<br />

Prozesses gemeinsam mit der<br />

Raumplanung gestalten kann.<br />

AS Ich finde das skizzierte Vorgehen<br />

genau richtig, es geht um städtebauliche<br />

Analysen. Die Gemeinden<br />

sind nicht verpflichtet, dies von<br />

den Planern einzufordern. Das AGR<br />

oder die Denkmalpflege müssten die<br />

Planungsbüros und die Gemeinden<br />

entsprechend sensibilisieren. Sonst<br />

besteht die Gefahr, dass sich Planungsbüros<br />

mit den günstigsten Offerten<br />

durchsetzen, welche die gewünschten<br />

Analysen nicht enthalten.<br />

HH Dieses Problem besteht tatsächlich.<br />

Eine profunde Auseinandersetzung<br />

mit den Möglichkeiten<br />

der inneren Verdichtung verteuert<br />

den Planungsprozess und birgt<br />

Risiken, weil das Ergebnis offen ist.<br />

Die Planung wird mehr und mehr<br />

rollend werden. Es gibt keine Standardlösungen.<br />

Man muss das Thema<br />

differenziert betrachten. Jede Gemeinde<br />

hat ihre ganz spezifischen<br />

Qualitäten und Entwicklungspotenziale.<br />

Diese Differenzierung zu erreichen,<br />

ist schwierig. Verdichten bedeutet<br />

überhaupt nicht, dass sämtliche<br />

Lücken gefüllt werden müssen.<br />

Es gibt Ortsteile, wie etwa ein<br />

Schlosspark, wo nicht oder nur sehr<br />

zurückhaltend gebaut werden kann.<br />

Dasselbe gilt auch für die Umgebung<br />

rund um historische Gebäude<br />

und Ortskerne. Im Interesse der<br />

Siedlungsqualität wird es auch weiterhin<br />

oder sogar vermehrt Grünzonen<br />

und öffentliche Freiräume<br />

brauchen. Es braucht intensive Diskussionen<br />

zwischen der Denkmal-


IM GESPRÄCH | DIALOGUE<br />

31<br />

pflege, dem AGR und den Planerinnen<br />

und Planern, um ein stabiles<br />

Gleichgewicht zwischen Schutz und<br />

Nutzung zu finden.<br />

AS Die Aufgabe ist hochkomplex.<br />

Im Moment ist hier eine Differenzierung<br />

nicht vorgesehen. Das AGR<br />

muss den Richtplan umsetzen.<br />

HH Eine grundeigentümerverbindliche<br />

baurechtliche Grundordnung<br />

wird es als Basis immer brauchen.<br />

Man wird in Zukunft verstärkt<br />

mit qualifizierten Verfahren und<br />

Überbauungsordnungen arbeiten<br />

müssen. In der kommunalen Richtplanung<br />

braucht es neben den<br />

räumlichen und quantitativen verstärkt<br />

auch qualitative Entwicklungsvorstellungen.<br />

Die bestehenden<br />

Richtpläne zeigen oft nur das Entwicklungspotential<br />

auf, ohne auf<br />

die bestehenden und zu erhaltenden<br />

Qualitäten einzugehen. Zum Zeitpunkt<br />

der Einreichung eines Baugesuchs<br />

ist es für solche Überlegungen<br />

zu spät.<br />

TL Unser Wunsch ist es, frühzeitig<br />

eingebunden zu werden. Wir möchten<br />

die Gemeinden darin bestärken,<br />

sich jetzt mit ihrer Baukultur auseinanderzusetzen<br />

und die Sicht der<br />

Bevölkerung abzuholen und nicht<br />

nur jene der Investoren. Wenn man<br />

den Auftrag für die innere Siedlungsentwicklung<br />

ernst nimmt, muss die<br />

Diskussion vorher geführt werden.<br />

Einzelprojekte kann ein Ortsbild<br />

noch verkraften, aber mit einer Erhöhung<br />

der Verdichtung um 30 %<br />

werden sich Ortsbilder rasch und<br />

unkontrolliert ändern.<br />

HH Die im kantonalen Richtplan<br />

2030 geforderte Siedlungsentwicklung<br />

nach Innen wird sich mit Sicherheit<br />

stark auf die Ortsbilder<br />

auswirken. Dazu kommt, dass die<br />

Akteure in den Verdichtungsprozessen<br />

unberechenbar sind. Es reicht<br />

nicht, dass ein Bauherr mit der Verdichtung<br />

auf seiner Liegenschaft<br />

einverstanden ist. Auch der Nachbar<br />

muss davon überzeugt werden, dass<br />

eine Verdichtung vor seiner Haustür<br />

richtig ist. Die besten Projekte nützen<br />

nichts, wenn es nicht gelingt,<br />

die Einzelinteressen in den Hintergrund<br />

zu rücken. Um konkurrenzfähig<br />

zu sein, wird leider heute bei den<br />

Planungsofferten regelmässig bei<br />

den partizipativen Prozessen abgespeckt.<br />

Die Gemeinden müssen für<br />

partizipative Verfahren sensibilisiert<br />

werden. Oft fehlt bei den Gemeinden<br />

das Verständnis für eine vertiefte<br />

Auseinandersetzung mit der Frage,<br />

wie ein Dorf gewachsen ist und<br />

welche Schlüsse sich daraus für die<br />

zukünftige Weiterentwicklung ableiten<br />

lassen. Ebenso fehlt häufig das<br />

Verständnis für die Auseinandersetzung<br />

mit der Alltags-Baukultur.<br />

Wir kennen und schätzen die schönen<br />

Gebäude und die schönen Landschaften,<br />

beschäftigen uns aber<br />

kaum mit dem Alltäglichen. Es ist<br />

deshalb wichtig, Konzepte zu entwickeln,<br />

die eine gewisse Grundqualität<br />

garantieren. Es gibt Gemeinden,<br />

die in diesem Zusammenhang eine<br />

unabhängige Fachberatung aufgebaut<br />

haben. Das ermöglicht es der<br />

Baukommission, bei Fragen oder<br />

Unsicherheiten eine externe Fachmeinung<br />

abzuholen, die eine neutrale<br />

Sichtweise garantiert. Länge, Breite<br />

und Höhe sind messbare Faktoren,<br />

bei der Beurteilung der Qualität wird<br />

es schwierig.<br />

TL Qualität ist im Plan nicht darstellbar.<br />

Im städtischen Kontext ist<br />

eine Kernzone anders zu beurteilen<br />

als im ländlichen, auch wenn sie<br />

farblich gleich eingefärbt wird. Differenzierte<br />

Sichtweisen und vertiefte<br />

Analysen der örtlichen Gegebenheiten<br />

sind gefragt.<br />

HH Der Kanton muss das Terrain<br />

für eine qualitativ gute Siedlungsentwicklung<br />

nach innen mit überzeugenden<br />

Beispielen vorbereiten. Die<br />

Denkmalpflege ihrerseits muss innerhalb<br />

der kantonalen Verwaltung<br />

mit Nachdruck die qualitative Komponente<br />

in den Planungsprozessen<br />

einfordern. Die wichtigen Elemente<br />

(ISOS, Bauinventar) werden in der<br />

Ortsplanung standardmässig berücksichtigt.<br />

Wer aber setzt sich für<br />

die baukulturellen Werte ein, die<br />

wir beim Prozess der inneren Verdichtung<br />

berücksichtigen müssen?<br />

Wer kümmert sich um bestehende<br />

und neu zu schaffende Raumqualitäten,<br />

um Zusammenhänge, die über<br />

das eigentliche Baudenkmal hinausgehen?<br />

Verdichten birgt immer das<br />

Risiko, dass wir Qualitäten verlieren<br />

und Chancen verpassen, wo wir<br />

neue Qualität schaffen könnten. Die<br />

künftige Rolle der Denkmalpflege ist<br />

in diesem Zusammenhang zentral.<br />

Sie muss sich in diese Richtung weiterentwickeln<br />

und Verantwortung<br />

für einen Bereich übernehmen, für<br />

den sich bisher niemand so richtig<br />

verantwortlich fühlte.<br />

AS Genau, das wäre dann eine Weiterentwicklung<br />

des Ortsbildschutzes,<br />

welcher sich nicht mehr nur auf<br />

einen Perimeter beschränkt, sondern<br />

sowohl inhaltlich als auch räumlich<br />

weiter gefasst wird und allgemeine<br />

städtebauliche Komponenten und<br />

Ortsbildqualitäten mit einschliesst.


32 BERICHTE | RAPPORTS<br />

01<br />

Wiederentdeckte Kulissen im<br />

Theater Langenthal<br />

Der grösste Teil der Kulissen stammt aus der Bauzeit des Theaters (1914–16) und<br />

kann dem bedeutenden Zürcher Theatermaler Albert Isler zugeschrieben werden.<br />

Das Theatergebäude in Langenthal wird umgebaut und<br />

modernisiert. Im Vorfeld der Umbauplanung kamen im Keller<br />

umfangreiche Kulissenbestände zum Vorschein.<br />

Nach dem Auffinden der Kulissen sichtete ein interdisziplinär<br />

zusammengesetztes Team (eine Vertreterin der<br />

Stadt Langenthal, eine Restauratorin, eine Theatermalerin<br />

und Kunsthistorikerin, die zuständige Bauberaterin der<br />

Denkmalpflege und ein Fotograf) diesen Fund und erstellte<br />

ein Inventar. Die Recherchen zu den Kulissen ergaben,<br />

dass diese Entdeckung aufgrund der Menge an Kulissenelementen,<br />

wegen des weitgehend guten Erhaltungszustands<br />

sowie wegen seiner Seltenheit in der Schweiz einzigartig<br />

sein dürfte.<br />

Warum die Bühnenbilder erhalten sind<br />

Das Theater Langenthal wird bis heute als Gastspielbühne<br />

betrieben. Nach Fertigstellung des Theatergebäudes 1916<br />

hatte die Stadt für die unterschiedlichen Fremdinszenierungen<br />

eigene Kulissenbestände anzuschaffen. Dass der<br />

Theatermaler Albert Isler den Grundstock für die erste<br />

Theaterdekoration samt Bühneneinrichtung schuf, ist dank<br />

eines Artikels aus der Schweizerischen Bauzeitung von<br />

1918 belegt.<br />

Die Kulissen wurden in den darauf folgenden Jahrzehnten<br />

repariert, ergänzt und gelagert. Das belegen die in Langenthal<br />

ebenfalls erhaltenen Archivalien. Vorhanden sind<br />

verschiedene Stuben und Salons, die bis in die 1980er<br />

Jahre auch für externe Anlässe ausgeliehen wurden. Daneben<br />

gibt es diverse Dorf- und Stadtansichten wie die abgebildete<br />

Gassenansicht der Altstadt von Bern. Unter den<br />

über vierzig vorhandenen Kulissenelementen sind einzelne<br />

Häuser, Gartenelemente, Bäume und Waldstücke. Besonders<br />

beeindruckend und in einem ausserordentlich guten<br />

Zustand sind die elf Prospekte, die bereits in einem Inven-


BERICHTE | RAPPORTS<br />

33<br />

01 «Stadtfront» (signiert von Atelier Albert Isler).<br />

02 «Kleine Bauernstube» (signiert von Atelier August Ging, Aarau).<br />

03 Schablonierte Signatur des Ateliers Albert Isler.<br />

02 03<br />

tar aus dem Jahr 1938 erwähnt sind und auch in einem<br />

Fotobuch aus dem Jahr 1951 festgehalten wurden. Aufgrund<br />

des Malstils und der vorhandenen Signaturen sind<br />

diese dem Atelier von Albert Isler zuzuordnen. Gemäss den<br />

archivierten Dokumenten lieferte Albert Isler 1920 weitere<br />

Kulissen zur Inszenierung des Glöckleins des Eremiten<br />

(Oper von Aimé Maillart), an der sich auch der Gesangsverein<br />

beteiligte und die ebenfalls bis heute erhalten sind.<br />

Einige von Islers Kulissenwänden bspw. das sogenannte<br />

«moderne Zimmer» oder der «Rokokosalon» wurden in<br />

späteren Jahrzehnten ergänzt bzw. übermalt. In der zweiten<br />

Hälfte der 1930er Jahre wurden wenige zusätzliche Kulissen<br />

bei Maler und Bühnenbildner Edwin Hitz in Bern bestellt.<br />

Andere Bühnenbilder sind mit dem Schriftzug des<br />

Ateliers August Ging, Aarau, versehen. Hierbei dürfte es<br />

sich um übermalte Isler-Kulissen handeln. Verschiedene<br />

neue Kulissen und Reparaturarbeiten übernahm nach 1950<br />

der Theatermaler Fritz Nyffeler aus Lotzwil.<br />

Der Theatermaler Albert Isler (1874–1933)<br />

Albert Isler wurde 1874 in Langnau am Albis geboren, besuchte<br />

zunächst die Zürcher Kunstgewerbeschule und<br />

absolvierte in Karlsruhe und Stuttgart eine Lehre als Dekorationsmaler.<br />

Von 1897 bis 1899 studierte er an der Kunstakademie<br />

in München Malerei. Als junger Akademieabsolvent<br />

betrieb er ab 1900 zusammen mit dem Theatermaler<br />

J. Alexander Soldenhoff das Atelier des Stadttheaters<br />

Zürich und arbeitete zugleich als freier Bühnenbildner.<br />

Schon bald etablierte er sich zu einem der gefragtesten<br />

Theatermaler in der Schweiz. Alle wichtigen, grösseren<br />

Bühnen in Bern und Basel liessen bei ihm ihren Fundus<br />

vervollständigen. Zudem konzipierte er für diverse Kasinobauten<br />

und Mustermessen Kulissen und Ausstattungen.<br />

Gleichzeitig setzte er sich aber auch für eine bessere Ausstattung<br />

von Laien- und Wanderbühnen ein, indem er<br />

einen Leihfundus unterhielt.<br />

Albert Isler hatte um 1906 bereits die Ausstattung des<br />

Theatersaals im Haus zum Wilden Mann in Wynigen und<br />

dessen Theaterkulissen gemalt. 1911 gestaltete er die Bühnenausstattung<br />

für den Neubau des Kasinogebäudes in<br />

Zug, das wie das Theater Langenthal vom Architekturbüro<br />

Keiser und Bracher entworfen wurde. Später kamen weitere<br />

wichtige Aufträge hinzu, wie etwa für die Tellspiele in<br />

Interlaken oder schon 1914 die Dekorationen für die Bühne<br />

des Heimatschutztheaters im Wirtshaus zum Röseligarten<br />

auf der Schweizerischen Landesausstellung in Bern. Ein<br />

besonders umfangreicher Auftrag dürfte 1923/24 die Dekorationen<br />

und Beleuchtung im Altdorfer Tellspielhaus gewesen<br />

sein, das wiederum vom Architekturbüro Keiser und<br />

Bracher geplant wurde.<br />

In seiner Doppelfunktion als Theatermaler und Bühnenbildner<br />

war Isler am Stadttheater Zürich an zahlreichen bedeutenden<br />

Inszenierungen beteiligt, bspw. 1913 an der<br />

Schweizerischen Erstaufführung von Parzifal, welche bis


34 BERICHTE | RAPPORTS<br />

04 «Rieghaus» (signiert von EKO Bern) mit<br />

durchleuchtbarer Butzenscheibe.<br />

05 Prospekt «Waldbogen» mit Beschriftung<br />

«Langenthal» (signiert von Atelier Albert Isler).<br />

06 «Dorf-Prospekt».<br />

04<br />

05


BERICHTE | RAPPORTS<br />

35<br />

06<br />

heute als die wichtigste Wagner-Premiere überhaupt gilt,<br />

die jemals in Zürich aufgeführt wurde. Islers Bühnenbilder<br />

waren avantgardistisch. Er versuchte die modernen künstlerischen<br />

Tendenzen seiner Zeit im Theater umzusetzen<br />

und arbeitete verschiedentlich mit bildenden Künstlern wie<br />

Gustav Gamper, Paul Bodmer oder Reinhold Kündig zusammen.<br />

Dabei lieferte Isler einen relevanten Beitrag hin<br />

zu einer nach allen Seiten offenen, variabel bespielbaren<br />

Raumbühne. Seine Bühnenbilder wurden zunehmend stilistisch<br />

einfacher und gleichzeitig monumentaler. Er beeinflusste<br />

viele Bühnenbildner und setzte Massstäbe mit seinen<br />

Inszenierungen. Isler gehörte zu Lebzeiten zweifellos<br />

zu den bedeutendsten Bühnenbildgestaltern seiner Zeit.<br />

Zur Bedeutung des Kulissenfundes<br />

Das Wiederauffinden des umfangreichen Kulissenbestandes<br />

in Langenthal ist ein Glücksfall und – wie bereits<br />

eingangs erwähnt – schweizweit wohl einzigartig. Dies bestätigte<br />

sich auf Anfrage bei der Schweizerischen Theatersammlung<br />

in Bern sowie an den grossen Häusern in Basel,<br />

Bern und Zürich. Nirgends werden Kulissen 100 Jahre lang<br />

aufbewahrt. Die Kulissen in Langenthal – insbesondere die<br />

des Theatermalers Albert Isler – sind nicht nur ausgesprochen<br />

wirkungsvoll und qualitativ hochwertig gemalt. Sie<br />

sind auch ausgesprochen selten. Sie sollten einer breiteren<br />

Öffentlichkeit bekannt gemacht und erhalten werden.<br />

Die Stadt Langenthal wird aber im umgebauten Theater<br />

keinen Platz mehr dafür haben. Während die Ursprünge<br />

und die Bedeutung der Kulissen nun etwas näher bestimmt<br />

sind, ist die Zukunft dieses kulturhistorisch bedeutenden<br />

«Schatzes» noch offen.<br />

Eva Schäfer<br />

Langenthal, Aarwangenstrasse 8<br />

Massnahmen: Kulissen-Restaurierung, geplant<br />

Bauherrschaft: Stadt Langenthal<br />

Architekten: Gabriela Krummen, Projektleitung Stadt Langenthal<br />

Restauratoren: Birgitta Berndt, Solothurn<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer (Bauberatung), Katja Köhler-Schneider<br />

(historische Recherche)<br />

Literatur, Quellen: Schweizerische Bauzeitung 57/58 (1911), Heft 1 und<br />

71/72 (1918), Heft 23; Werk 18 (1931), Heft 6; Quellenarchiv der Theaterbetriebskommission<br />

1917 bis heute; Schmid, August. Nachruf Albert Isler, in:<br />

Sechstes Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur 1934;<br />

www.sikart.ch; Walküren über Zürich: 150 Jahre Wagner-Aufführungen in<br />

Zürich. Publikation zur Ausstellung vom 24.05. bis 18.08.2013, hrsg. von der<br />

Zürcher Kunstgesellschaft/Kunsthaus Zürich, 2013.


36 BERICHTE | RAPPORTS<br />

01<br />

Massgeschneiderte Zukunft für ein Bauernhaus<br />

in der Agglomeration<br />

Die neue Nutzung erweist sich als Glücksfall für das Bauernhaus Talacker in Thun.<br />

Lange Zeit stand es leer, der Abbruch wurde diskutiert.<br />

Wie sich die Zeiten wandeln: Auf dem «Geometrischen<br />

Plan» von 1791 stand das um 1780 erbaute Bauerngut<br />

Talacker allein in den weiten Feldern. Es handelt sich um<br />

einen der städtischen Urbanisierungshöfe, die nach der<br />

Trockenlegung der grossen Ebene westlich von Thun, nach<br />

dem Kanderdurchstich, entstanden waren. Heute steht es<br />

nicht weniger imposant, ist jedoch von vorstädtischen<br />

Wohnsiedlungen, Einkaufszentren und Verkehrsanlagen<br />

umgeben. Bis Ende des 20. Jahrhunderts wurde das Bauernhaus<br />

landwirtschaftlich genutzt und blieb lange Zeit in<br />

grossen Teilen unverändert. Nach dem Verkauf stand es<br />

leer, eine weitere landwirtschaftliche Nutzung war aufgrund<br />

der sich nähernden städtischen Bebauung ausgeschlossen.<br />

Verschiedene Varianten standen zur Diskussion,<br />

darunter sogar ein Abbruch. Das naheliegende<br />

Einkaufszentrum kam mit seiner unterirdischen Einstellhalle<br />

dem Gebäude bedrohlich nahe. Schliesslich konnte<br />

mit einem Einrichtungsunternehmen ein langjähriger Nutzer<br />

gefunden werden, welcher das grosse Gebäude als<br />

Ganzes belegen wollte.<br />

Umnutzung<br />

Die neue Nutzung erwies sich als Glücksfall für das voluminöse<br />

Gebäude mit grossem Ökonomieteil. Die Bedürfnisse<br />

des Unternehmens konnten in den bestehenden<br />

Strukturen in nahezu idealer Weise untergebracht werden.<br />

Grundrissliche Anpassungen waren dabei kaum nötig. Im<br />

ehemaligen Wohnteil und im angrenzenden Kornspeicherbereich<br />

sah man grosszügige Büroräumlichkeiten vor.<br />

Diese Nutzung hat den Vorteil, dass nur minimale Sanitärräume<br />

nötig waren, eine einfache Küche wurde am originalen<br />

Standort eingerichtet. In der Tenne wurde ein neuer<br />

Eingangs- und Erschliessungsbereich definiert, in den<br />

ehemaligen Stallungen Ateliers, Lager-, Speditions- sowie


BERICHTE | RAPPORTS<br />

37<br />

01 Das restaurierte ehemalige Bauernhaus mit ausgebautem<br />

Ökonomieteil, im Hintergrund das Einkaufszentrum.<br />

02 Der als Ganzes genutzte Dachraum mit eingebauter Galerie und<br />

hinterglasten Seitenwänden.<br />

03 Büronutzung im Salon im Wohnteil mit aufgefrischtem Parkettboden<br />

und originalgetreu rekonstruierten Fenstern.<br />

02 03<br />

Technikräume eingerichtet. Darüber wird der gesamte ausgedehnte<br />

Heu- und Strohlagerraum in seiner ursprünglichen<br />

Grösse als Empfangsbereich, Ausstellungsraum und<br />

Schaulager verwendet. Eine zusätzliche Galerie wurde eingebaut<br />

und die verschiedenen Ebenen mit grosszügigen<br />

Treppen verbunden. Die bestehenden Öffnungen genügten<br />

für die verschiedenen Nutzungen vollauf und wurden<br />

auf heutige Weise verglast, insbesondere waren keine Eingriffe<br />

in die prägende geschlossene Dachfläche nötig.<br />

Restaurierung<br />

Trotz der geeigneten Umnutzung waren aufgrund des Zustandes<br />

und heutiger Komfortansprüche eine umfassende<br />

Gesamtsanierung und Restaurierung nötig. Im Wohnteil<br />

wurden die Parkettböden und Wandtäfer sorgfältig demontiert<br />

und vor einer Isolationsschicht wieder eingebaut.<br />

Die wenigen noch vorhandenen originalen Fenster wurden<br />

aufgefrischt und innen zusätzlich verglast. Die restlichen<br />

Fenster wurden in der ursprünglichen Teilung nachgebaut.<br />

Die Sitzöfen restaurierte man und machte sie wieder funktionstüchtig.<br />

Im Ökonomieteil musste der gesamte Holzbau<br />

gerichtet werden, der Dachstuhl erhielt fehlende Binder<br />

zurück und wurde mit Zugstangen ergänzt. Den<br />

gesamten Dachstuhl dämmte man nicht sichtbar, die seitlichen<br />

Gimwände wurden mit einer Hinterglasung isoliert.<br />

Die bestehenden Stallböden blieben erhalten, im beheizten<br />

Tennenraum wurde die Pflästerung wieder eingebaut.<br />

Baudenkmal mit Zukunft<br />

Die Restaurierung und die Umnutzung des Bauernhauses<br />

kann man angesichts der Umstände als vorbildlich bezeichnen.<br />

Nahezu ohne Strukturveränderungen konnte das<br />

Gebäude mit seinen Interieurs erhalten werden und es<br />

dient heute dem Inneneinrichtungsbetrieb in idealer Weise<br />

als Basis mit einmaliger Adresse. Das historische Gebäude<br />

behält seine zentrale Stellung im Quartier und entwickelt<br />

sich sogar zum Treffpunkt. Die Erhaltung des Baudenkmals<br />

ist langfristig gewährleistet. Über den reinen Denkmalwert<br />

hinaus ist die Erhaltung von historischen Gebäuden<br />

an exponierten oder zentralen Lagen identitätsstiftend.<br />

Stefan Moser<br />

Thun, Talackerstrasse 52<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung und Ausbau, 2014/2015<br />

Bauherrschaft: Gschwend AG Gastro-Bau, Thun<br />

Architekten: Gschwend AG Gastro-Bau, Thun<br />

Restauratoren: Roger Tinguely, Steffisburg<br />

Handwerker: Santschi Holzbau GmbH, Uetendorf (Zimmerarbeiten);<br />

Christian Messerli AG, Thun (Steinhauerarbeiten); Jesus Dapena AG,<br />

Interlaken (Putzarbeiten); Chr. Tschanz + Söhne AG, Schwanden (Fenster)<br />

Denkmalpflege: Stefan Moser (Bauberatung), Ester Adeyemi (Archivrecherche)<br />

Unterschutzstellung: Kanton <strong>2016</strong><br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


38 BERICHTE | RAPPORTS<br />

01<br />

Erhaltung der Originalsubstanz<br />

Die Restaurierung zweier Bogenbrücken über Schluchten im Umkreis von Biel verlangte<br />

nach verschiedenen Lösungsansätzen, um die Originalsubstanz zu erhalten.<br />

Die beiden Brücken gleichen sich: Für die Fussgängerbrücke<br />

in der Taubenlochschlucht und für die Strassenbrücke<br />

über den Twannbach wurden Bogenkonstruktionen gewählt,<br />

die seitlich in den Fels eingespannt sind. Beide zeigen<br />

den rohen Beton, der 80 Jahre lang ohne Renovierung<br />

der Witterung ausgesetzt war und erzählen ihre eigene Geschichte,<br />

die vor 1900 beginnt. Für den Schweizer Brückenbau<br />

sind sie wichtige Zeugen.<br />

Taubenlochbrücke<br />

Im Bauinventar wird die Fussgängerbrücke fälschlicherweise<br />

als eine der ersten Stampfbetonbrücken bezeichnet.<br />

Sie entstand 1889 – nebst einer Steinbogenbrücke und diversen<br />

Stahlpasserellen – durch die Initiative des Schweizer<br />

Alpen Clubs, Sektion Biel, im Rahmen der Erschliessung<br />

der Taubenlochschlucht. Bei der Sanierung 2015<br />

stellte sich heraus, dass sie anfänglich eine reine Stahlkonstruktion<br />

gewesen war. Konstrukteur war der Ingenieur Eugen<br />

Ritter-Egger, der 1875 ein Unternehmen in Biel gründete<br />

und zuvor für die Jurabahnen, später für die<br />

Gotthardlinie gearbeitet hatte. Wohl zur Verstärkung wurde<br />

die Bogenbrücke 1932 mit armiertem Beton ausgegossen,<br />

wobei auch die Wangen dünn überdeckt wurden und somit<br />

eine Betonkonstruktion vortäuschten. Nur auf der Unterseite<br />

sind die alten Stahlprofile noch sichtbar. Rost hatte<br />

diese so stark angegriffen, dass eine Sanierung nicht mehr<br />

möglich war. Der Abbruch der Brücke hoch über der<br />

Schlucht wäre sehr aufwendig gewesen. Auf Anregung der<br />

kantonalen Denkmalpflege und der Regionalgruppe Biel-<br />

Seeland des Berner Heimatschutzes kam das Ingenieurbüro<br />

Aeschbacher & Partner aus Biel schliesslich auf die<br />

Idee, eine Bogenbrücke aus Stahl über die alte Brücke zu<br />

stülpen – was mit Hilfe eines Helikopters auch geschah.<br />

Der Bogen der neuen Brücke erinnert an die darunterlie-


BERICHTE | RAPPORTS<br />

39<br />

01 Die Brücke über die Twannbachschlucht – ein Werk des<br />

berühmten Ingenieurs Robert Maillart – zeigt auch nach der<br />

Sanierung ihren ursprünglichen Charakter.<br />

02 Die Bogenbrücke in der Taubenlochschlucht (anfänglich eine<br />

Stahlkonstruktion) nach dem Ausgiessen mit Beton 1932.<br />

(Foto aus Sammlung Paul Blösch, wohl 1930er Jahre.)<br />

03 Neue Stahlbogenbrücke, Dezember 2015, über die alte<br />

Brücke gestülpt.<br />

02 03<br />

gende historische Stahlbrücke und schützt sie gleichzeitig.<br />

Am 28. September 2015 wurde die Querverbindung vom<br />

Taubenlochweg über die Brücke zum Tierpark Bözingen<br />

nach längerer Sperrung wieder freigegeben.<br />

Twannbachbrücke<br />

Bei der Betonbrücke über die Twannbachschlucht handelt<br />

es sich um ein Werk des weltbekannten Schweizer Ingenieurs<br />

Robert Maillart. Sie wurde 1936 erbaut, um den motorisierten<br />

Zugang zu den Rebbergen zu ermöglichen. Ihr<br />

konstruktives Konzept wurde aber vor 1900 geboren. Robert<br />

Maillart kam 1899 beim Bau der Stauffacherbrücke in<br />

Zürich auf die Idee, Bogen, Seitenwände und Fahrbahnplatte<br />

zu einem monolithischen Hohlkasten aus armiertem<br />

Beton zu verbinden und realisierte dies 1901 in Zuoz. Er<br />

wählte zudem das System des Dreigelenkbogens, um<br />

Spannungen zu vermeiden, und erfand eine verblüffend<br />

einfache Gelenkausbildung in den Auflagern und im Scheitel<br />

durch die Einschnürung des Betons. Da Maillart in Zuoz<br />

kleine Spannungsrisse in den Seitenwänden entdeckte,<br />

öffnete er diese bei den nachfolgenden Brücken zum Auflager<br />

hin. So entstanden die berühmten eleganten Dreigelenkbogenbrücken<br />

Maillarts (bspw. 1930 Salginatobelbrücke,<br />

1932 Rossgrabenbrücke bei Schwarzenburg). Parallel<br />

dazu entwickelte Maillart das noch luftiger wirkende Konzept<br />

des versteiften Stabbogens, das er für Twann vorsah.<br />

Die Behörden wünschten aber geschlossene Seitenwände.<br />

So gleicht die Brücke nun derjenigen aus Zuoz, wirkt aber<br />

eleganter als eine traditionelle Bogenbrücke. Bei der Sanierung<br />

2015 flickte man den Beton sorgfältig. Einige Armierungseisen<br />

lagen zu nahe an der Oberfläche und mussten<br />

nach dem Entrosten mit einer dickeren Mörtelschicht<br />

überdeckt werden. Die vorschriftsgemässe Erhöhung des<br />

Geländers erfolgte detailgetreu, ein neuer Maschendraht<br />

gewährleistet die Sicherheit. Dank der zurückhaltenden<br />

Sanierung gelang es, viel Originalsubstanz zu erhalten, so<br />

dass die Brücke auch in Zukunft als Teil von Maillarts Gesamtwerk<br />

bewundert werden kann.<br />

Robert Walker<br />

Biel, Taubenlochweg N.N.<br />

Massnahmen: Neue Stahlbrücke über alter Brücke, 2013–2015<br />

Bauherrschaft: Einwohnergemeinde Biel<br />

Ingenieure: Aeschbacher & Partner AG, Bauingenieure und Planer, Biel<br />

Handwerker: Belma Metallbau AG, Nidau<br />

Twann-Tüscherz, Twannbachschlucht N.N.<br />

Massnahmen: Instandsetzung, 2012–2015<br />

Bauherrschaft: Gemeinde Twann-Tüscherz<br />

Ingenieure: Aeschbacher & Partner AG, Bauingenieure und Planer, Biel;<br />

Diggelmann + Partner AG, Bauingenieure, Bern<br />

Handwerker: Betosan AG, Bern<br />

Denkmalpflege: Rolf Weber (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2015 & 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM), Landwirtschaftsamt (LANAT/VOL)


40 BERICHTE | RAPPORTS<br />

01<br />

Der Apfelschuss in Gsteig bei Gstaad<br />

Im <strong>Fachwerk</strong> 2015 wurden die einzigartigen Wandmalereien als Entdeckung erwähnt.<br />

Nun können wir von der erfolgreich abgeschlossenen Restaurierung berichten.<br />

Durch die transdisziplinäre Zusammenarbeit von Denkmalpflege,<br />

archäologischem Dienst, dem lokalen Historiker,<br />

dem Restauratorenpaar, den Architekten und der engagierten<br />

Bauherrschaft liessen sich einige Fragen zur Deutung<br />

der Malereien beantworten. Über viele Hintergründe<br />

kann aber weiterhin nur spekuliert werden. Die Wandmalereien<br />

im Sockelgeschoss des bäuerlichen Wohnhauses<br />

in Gsteig waren vor der Restaurierung nur noch als Fragmente<br />

zu erkennen. Da der Raum lange Zeit als Heizungsraum<br />

genutzt wurde, waren die Wände geschwärzt, die<br />

Motive kaum sichtbar.<br />

Nach einer sorgfältigen Reinigungsaktion gelang es den<br />

Restauratoren, die Themenkreise der Darstellungen aufzuschlüsseln.<br />

Der Eingangsbereich führt zusammen mit dem<br />

Gewölbe in einen Garten Eden. Weinranken, Blumen und<br />

Puten leiten in den festlich geschmückten Raum auf der<br />

rechten Seite. Die Eintretenden sehen zu ihrer Linken einen<br />

Chevalier, der durch den Garten schreitet und dem Betrachter<br />

zuprostet. Überraschend deutlich tritt auch das<br />

Bildthema der Wand rechter Hand zutage: In der Bildmitte<br />

erkennt man Küssnacht mit der Gesslerburg, flankiert vom<br />

übergross dargestellten Gessler hoch zu Ross auf der linken<br />

und der Apfelschussszene auf der rechten Seite. Tell<br />

hat die Armbrust angelegt, Sohn Walter steht mit dem<br />

Apfel auf dem Kopf vor einem Baum. Sowohl Tell als auch<br />

Walter scheinen Kleidung in den Urner Standesfarben Gelb<br />

und Schwarz zu tragen. Bei Tell sieht man den demonstrativ<br />

eingesteckten zweiten Pfeil deutlich. Zwischen den beiden<br />

ist als weiteres Detail Gesslers Hut auf einer Stange<br />

zu erkennen. Die Malerei reicht an dieser Wand nicht bis<br />

zum Boden, vermutlich stand hier ehemals eine Sitzbank.<br />

Die Malereien der gegenüberliegenden östlichen Wand<br />

sind am schlechtesten erhalten, über deren Inhalt kann nur<br />

gerätselt werden. Spiralranken mit Weintrauben greifen in


BERICHTE | RAPPORTS<br />

41<br />

01 Apfelschussszene, links<br />

Gessler hoch zu Pferd,<br />

in der Mitte die Burg<br />

Küssnacht und rechts Tell<br />

mit Sohn Walter beim<br />

Apfelschuss.<br />

02 Chevalier, dem Betrachter<br />

zuprostend.<br />

03 Garten Eden mit Weinranken.<br />

02 03<br />

ein nahezu quadratisch schwarz gerahmtes Feld, über dem<br />

die Kreuzinschrift INRI (Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum)<br />

zu sehen ist. Der Inhalt dieses Rahmens ist unklar. Von<br />

rechts scheint eine männliche Figur in Rüstung hineinzutreten.<br />

Diese Figur erinnert am ehesten an einen römischen<br />

Soldaten mit Lanze. Auf der linken Bildseite ist die Figur<br />

einer Frau zu erkennen. Da aber keine wirklichen Spuren<br />

für eine Kreuzigungsdarstellung zu finden sind, ist diese Interpretation<br />

spekulativ.<br />

Mittelalterlicher Vorgängerbau<br />

Anhand von vergleichbaren Gemälden und der Gegenüberstellung<br />

der Kleidung können die Malereien stilistisch<br />

in die Mitte des 17. Jahrhunderts datiert werden. Diese Datierung<br />

passt zudem zu den Resultaten der dendrochronologischen<br />

Analyse (Datierungsmethode, bei der die Jahresringe<br />

von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen<br />

Breite einer bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet<br />

werden) des Bauernhauses von 1641.<br />

Die untersuchten Holzbalken des Sockelgeschosses sind<br />

hingegen deutlich älter und können ins späte Mittelalter<br />

zurück datiert werden. Die Zusammensetzung der Mauermörtel<br />

lässt ebenfalls auf das späte Mittelalter schliessen.<br />

In Anbetracht des annährend quadratischen Grundrisses<br />

gehen wir von einem spätmittelalterlichen Vorgängerbau<br />

aus, von diesem ist das heutige Sockelgeschoss noch<br />

erhalten.<br />

Eine Wirtschaft aus dem 17. Jahrhundert?<br />

Nicht eindeutig kann die Frage der ursprünglichen Nutzung<br />

des bemalten Raumes beantwortet werden. Am ehesten<br />

ist von einer Schenke oder einer Sust (Güterumschlagplatz<br />

zur Zeit des Säumerwesens) auszugehen, befindet sich<br />

doch der imposante Bau an den bedeutenden Handelsrouten<br />

über den Sanetschpass und den Col du Pillon. Künftig<br />

wird der Raum nur noch sanft genutzt und an bestimmten<br />

Tagen zugänglich gemacht.<br />

Fabian Schwarz<br />

Gsteig, Müligässli 4<br />

Massnahmen: Restaurierung der Kellermalereien, 2015<br />

Bauherrschaft: Familie Linder, Gsteig b. Gstaad<br />

Architekten: Matthias Trachsel, Blankenburg<br />

Restauratoren: Fischer & Partner AG Restauratoren, Bern<br />

Archivrecherche: Bendicht Hauswirth, Saanen<br />

Denkmalpflege: Fabian Schwarz (Bauberatung); Georges Herzog<br />

(kunsthistorische Recherche)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2015<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM); Christian Rubi-Fonds<br />

Literatur, Quellen: Michael Fischer, Fischer & Partner AG Restauratoren,<br />

Raumbuch und Dokumentation, 2014; Bendicht Hauswirth,<br />

Archivrecherche, 2014


42 BERICHTE | RAPPORTS<br />

01<br />

Sous le lierre… une rocaille<br />

Elément courant de l’art des jardins, la rocaille du Schlossberg à La Neuveville<br />

surprend pourtant par sa qualité, sa richesse et son emplacement.<br />

L’initiative de la commission de gestion du Schlossberg a<br />

permis de reconstituer une rocaille intéressante découverte<br />

au nord-est du château dans les premières années<br />

du XXIe siècle. Le parc du château forme par la qualité<br />

des éléments encore en place (suites d’escaliers, pont,<br />

cascade, jeux d’eau, bassins) et son insertion dans l’environnement<br />

naturel et architectural forme un ensemble<br />

unique et hors du commun à l’échelle régionale.<br />

La rocaille du Schlossberg<br />

La rocaille, rappelons-le, est un élément présent dans<br />

l’aménagement des jardins depuis l’Antiquité, mais qui a<br />

retrouvé ses lettres de noblesse à la fin du XIX e siècle. La<br />

rocaille du Schlossberg est constituée d’un rocher existant<br />

sur lequel s’élevait probablement une construction médiévale.<br />

Aucune fouille archéologique n’a cependant permis<br />

de le vérifier. La configuration du rocher et les pierres<br />

soigneusement choisies forment un sentier artificiellement<br />

accidenté qui crée une impression de danger lors du cheminement.<br />

Quelques cuves ont été aménagées pour les<br />

plantations. Elles sont formées de pierres liées par un mortier<br />

imitant la couleur de la pierre naturelle qui facilite<br />

l’intégration dans l’environnement et dissimule l’aspect<br />

construit de l’ensemble. L’emplacement au nord-est du<br />

château n’a certainement pas été choisi au hasard. Le promeneur<br />

qui emprunte le sentier de la rocaille a une vue<br />

plongeante sur la chaîne des Alpes, et ainsi l’impression<br />

de se trouver dans un site escarpé et montagneux.<br />

La redécouverte<br />

Cet aménagement paysager a été redécouvert en 2003<br />

sous le lierre, les lilas, les frênes, les érables et de nombreux<br />

déchets. La plupart des arbres avaient déjà pris possession<br />

des lieux depuis plus de quarante ans et il était ur-


BERICHTE | RAPPORTS<br />

43<br />

01 Vue générale après<br />

rénovation aux couleurs<br />

d'automne.<br />

02 Parfois au loin l'on aperçoit<br />

la chaîne des Alpes.<br />

03 Le sentier, les marches et<br />

les bacs avec les plantations.<br />

02 03<br />

gent de les éliminer pour retrouver le relief et les éléments<br />

artificiels, et restaurer la rocaille. Le défrichage s’est fait à<br />

la main pour éviter d’endommager davantage encore les<br />

éléments de pierre déjà abîmés par les racines des arbres.<br />

La restauration<br />

Les bacs et le sentier ont été restaurés avant les nouvelles<br />

plantations. Les pierres les plus solides des bacs n’ont pas<br />

été enlevées. Celles qui se sont détachées lors des travaux<br />

ont été numérotées, nettoyées, remontées et liées avec un<br />

mortier de trass (tuf volcanique). Entre les différents bacs,<br />

un système de drainage permet une retenue ou une évacuation<br />

de l’eau (en fonction des plantes qui y seront semées).<br />

Le sentier et ses marches, en gravier à l’origine, ont<br />

été refaits avec un mortier à gravier pour assurer une plus<br />

grande solidité. Les travaux de restauration se sont achevés<br />

en été 2006. La structure a été laissée apparente, sans<br />

plantations, pour permettre la stabilisation et le séchage.<br />

Les plantations<br />

Le choix des plantes s’est fait à l’aide d’ouvrages spécialisés<br />

sur les plantes alpines de l’Europe entière. La première<br />

phase a consisté à préparer les différentes terres pour<br />

les bacs. Puis en automne 2007 ont été plantées les fleurs<br />

à bulbe, et au printemps 2008 les plantes vivaces.<br />

Il reste encore de belles surprises<br />

Les travaux de défrichement relativement léger autour du<br />

Schlossberg ont permis de mettre en évidence d’autres<br />

traces de rocailles et de retrouver l’accès qui permettait,<br />

avant la construction de la route cantonale qui conduit au<br />

Plateau de Diesse, de relier le château au jardin romantique<br />

qui se trouve au sud-ouest.<br />

René Koelliker<br />

La Neuveville, Route du château 56<br />

Mesures : Restauration d’une rocaille, 2003 à 2007<br />

Maître d‘ouvrage : Société simple « Château du Schlossberg »,<br />

La Neuveville, Commission de gestion et Canton de Berne<br />

Analyse historique : ars viridis GmbH, Biel/Bienne<br />

Artisans : Daniel Brotschi et Philippe Wyssmann, ars viridis GmbH,<br />

Biel/Bienne<br />

Service des monuments historiques : Olivier Burri et Jürg Schweizer<br />

(conseillers techniques)


44<br />

OBJEKTE | OBJETS<br />

Aktuelle Objekte<br />

Objets actuels<br />

Die diesjährige Sammlung von kürzlich restaurierten<br />

Baudenkmälern führt quer durch den Kanton zu den<br />

unterschiedlichsten Bauten.<br />

Erst das Engagement der Besitzerinnen und Besitzer<br />

sowie der beteiligten Fachleute aus Architektur und<br />

Handwerk zusammen mit der Denkmalpflege macht es<br />

möglich, dass unsere Baudenkmäler langfristig erhalten<br />

werden können. Eine gute Zusammenarbeit zwischen den<br />

Beteiligten führt zu fruchtbaren Lösungen. Die 30 Objekte<br />

illustrieren dies exemplarisch, sie zeigen aber auch<br />

das breite Spektrum der Tätigkeit der Bauberatung und<br />

der sie unterstützenden Bauforschung und Inventarisation.<br />

Die Denkmalpflege kommt damit ihrer gesetzlich<br />

verankerten Berichterstattungspflicht nach. Die Berichterstattung<br />

ist nicht nur Pflicht, sondern ein wichtiges<br />

Mittel zum Dialog mit der Öffentlichkeit und mit den<br />

Partnern und Bauherrschaften.<br />

La collection de monuments historiques fraîchement<br />

restaurés présentée cette année nous emmène aux<br />

quatre coins du canton à la rencontre des bâtiments<br />

les plus divers.<br />

Ce n’est que grâce à l’engagement conjoint des propriétaires,<br />

des professionnels de l’architecture et de l’artisanat<br />

et du Service des monuments historiques que nos<br />

monuments historiques peuvent être conservés à long<br />

terme. D’une collaboration étroite entre l’ensemble des<br />

parties prenantes naissent des solutions fructueuses. Les<br />

30 objets présentés illustrent bien l’importance de cette<br />

collaboration et montrent aussi toute la diversité des activités<br />

de conseil technique du Service des monuments<br />

historiques ainsi que des activités de recherche et de<br />

recensement qui les accompagnent. En présentant ces<br />

monuments, le Service des monuments historiques satisfait<br />

à son obligation légale de rendre compte de son<br />

travail. Cette tâche ne constitue toutefois pas uniquement<br />

un devoir, c’est aussi un important moyen de dialoguer<br />

avec le grand public, avec nos partenaires et avec les<br />

maîtres d’ouvrage.


OBJEKTE | OBJETS<br />

45<br />

KORNHAUS VON 1616/17<br />

Umnutzung: Im Kornhaus wird<br />

Whisky gebrannt<br />

Das ehemalige Kornhaus in Aarwangen<br />

stammt aus dem frühen 17.<br />

Jahrhundert. Es wurde 2013 von der<br />

Gemeinde Aarwangen an einen privaten<br />

Eigentümer verkauft. Dieser<br />

beabsichtigte, seine Whiskybrennerei<br />

in einer historischen Liegenschaft<br />

zu installieren. Nachdem die Umnutzung<br />

bewilligt werden konnte, wurde<br />

im Erdgeschoss des Kornhauses<br />

die eigentliche Brennerei eingerichtet.<br />

Dank der Saalnutzung der Obergeschosse<br />

war es möglich, ungeeignete<br />

jüngere Einbauten zu entfernen.<br />

Die markantesten Veränderungen<br />

sind aber bereits von aussen zu<br />

sehen: Eines der beiden später eingebauten,<br />

nordseitigen Garagentore<br />

konnte geschlossen werden. Aus<br />

Gründen des Brandschutzes wurde<br />

die bereits bestehende Türöffnung<br />

im 1. Obergeschoss wieder mit einer<br />

Aussentreppe erschlossen, die als<br />

abgelöste Betonskulptur konstruiert<br />

wurde. EMS<br />

MEHRFAMILIENHAUS VON 1898/99<br />

Eine Fassade als Visitenkarte<br />

eines Malermeisters<br />

Das Wohnhaus mit zugehörigem<br />

Laden wurde 1898/99 nach Plänen<br />

des Architekten Ed. Hasenfratz im<br />

Auftrag von Conrad Bolliger und<br />

Fr. Grüring erbaut. Der Massivbau<br />

unter Mansarddach zeigt eine im Stil<br />

des Historimus gestaltete Quaifassade<br />

mit reicher Gliederung durch<br />

Gesimse, Wandpfeiler und anspruchsvolle<br />

Fensterrahmungen und<br />

-verdachungen sowie zwei Balkone<br />

mit kunstvollen Schmiedeeisengeländern.<br />

Die schlichte Südostfassade<br />

erhielt bei der Renovierung 2008<br />

eine hellgelbe Fassung und neue<br />

Balkonvorbauten. An der Nordwestfassade<br />

wurden 2014 neben der<br />

Sanierung der Schaufensterfront die<br />

bisher verdeckten Malereien und<br />

Inschriften aus der Bauzeit wieder<br />

ans Licht geholt. Die feinen Malereien<br />

in der Art des Jugendstils waren<br />

einst wirkungsvolle Reklame für das<br />

Malergeschäft des Bauherrn Conrad<br />

Bolliger. PB<br />

MEHRFAMILIENHAUS VON 1932<br />

Das farbige Biel<br />

Das Mehrfamilienhaus präsentiert<br />

sich als markanter Kopfbau einer<br />

fünfteiligen Wohnhauszeile entlang<br />

der Mattenstrasse. Das auf der Basis<br />

eines Gestaltungskonzepts des<br />

Architekturbüros Alfred Leuenberger<br />

1932 von der Baufirma Calori & Corti<br />

erstellte Gebäude ist der bestechenden<br />

Formensprache des Neuen<br />

Bauens verpflichtet. Die an sich<br />

flächige Fassade des turmartigen<br />

Gebäudes wird durch gradlinige<br />

Details wie Balkone und Fensterband<br />

des Treppenhauses belebt. Unter<br />

dem später aufgetragenen kunststoffhaltigen<br />

Verputz wies der Restaurator<br />

einzig an den westseitigen<br />

Balkonen Verputz und Farbspuren<br />

aus der Bauzeit nach. Bei der<br />

Fassadenrenovierung 2014 erhielt<br />

das Gebäude wieder die ursprüngliche<br />

gelblichrote Fassung. In die<br />

Metallrahmen des Treppenhausfensters<br />

setzte man neue Wärmedämmgläser<br />

ein. PB<br />

Aarwangen, Eyhalde 10<br />

Massnahmen: Umnutzung und Innenausbau,<br />

Anbau Treppe, 2014/15<br />

Bauherrschaft: LANGATUN Kornhaus AG<br />

Architekten: Patrick Müller, Gerold Dietrich<br />

Architekturbüro, Lotzwil<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 1999<br />

Biel, Unterer Quai 90<br />

Massnahmen: Fassadenrestaurierung,<br />

2008/2014<br />

Bauherrschaft: Vital und Alice Epelbaum, Biel,<br />

und Dina Epelbaum, Bern<br />

Architekten: Mäder + Partner, Architekten AG,<br />

Biel (2008); Harttig Architekten GmbH, Biel (2014)<br />

Restauratoren: Blonski Art Restaurationen,<br />

Zollikofen<br />

Handwerker: Hans-Jörg Gerber (Farbuntersuchung),<br />

Nidau, 2008<br />

Denkmalpflege: Rolf Weber (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2008<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Biel, Murtenstrasse 59<br />

Massnahmen: Fassadenrenovierung, 2014<br />

Bauherschaft: Nicolas Campana, Aarberg<br />

Restauratoren: Hans-Jörg Gerber, Nidau<br />

(Farbuntersuchung)<br />

Handwerker: Kiefer Roten AG, Lyss<br />

(Malerarbeiten); Glas Nussbaum AG, Aarberg<br />

Denkmalpflege: Rolf Weber (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


46<br />

OBJEKTE | OBJETS<br />

KIRCHE MARIA HIMMELFAHRT, 1901/1902<br />

Zurück auf Start<br />

Anlässlich der Restaurierung von<br />

1986 wurden die zuvor weiss gestrichenen<br />

Wände wieder mit Dekorationsmalereien<br />

versehen und die<br />

Sockelmalerei in Grautönen ersetzt.<br />

Die wegen bauphysikalischer Mängel<br />

zunehmende massive Verschmutzung<br />

der Wände führte mit den Jahren<br />

zu einer fast unerträglich tristen<br />

Stimmung im Kirchenraum. Im<br />

Rahmen einer Gesamterneuerung<br />

wurden die Baumängel durch eine<br />

dünne Hochleistungsdämmung an<br />

den Innenwänden eliminiert. Auf<br />

dem neuen Verputz konnte anschliessend<br />

die originale Innendekoration<br />

von 1902 anhand von Farbuntersuchungen,<br />

bauhistorischen<br />

Untersuchungen und alten Fotografien<br />

vollständig und korrekt rekonstruiert<br />

werden. Heute erstrahlt der<br />

Kirchenraum wieder in der üppigen<br />

Formen- und Farbenpracht, wie<br />

sie Architekt Armin Stöcklin 1902<br />

vorgesehen hatte. MG<br />

VILLA SONNEGG VON 1893<br />

Nach 120 Jahren vollendet<br />

Die notwendige Dachsanierung war<br />

der Anlass zu umfassenden Recherchen<br />

zur ursprünglichen Gestaltung<br />

der Villa Sonnegg. Dabei erwiesen<br />

sich die Baupläne von 1893 als<br />

wichtigste Quelle. Es stellte sich<br />

heraus, dass die ursprünglich<br />

vorgesehene reiche Dachgestaltung<br />

nie ausgeführt worden war: Auf die<br />

schmucken Blechverzierungen an<br />

den Dachlukarnen und Firstgraten<br />

hatte man wohl aus Kostengründen<br />

verzichtet. Diese Haltung widerspricht<br />

aber gänzlich den bis heute<br />

hervorragend erhaltenen, äusserst<br />

aufwendigen Innenausstattungen.<br />

2014 wurde nun das Dach gemäss<br />

den alten Plänen wiederhergestellt.<br />

Zudem erhielt die Fassade den<br />

hellen Ockerton aus der Bauzeit<br />

zurück. Die vorbildliche Gesamtsanierung<br />

gelang nicht zuletzt dank<br />

des ausserordentlichen Engagements<br />

der Bauherrschaft. MG<br />

VILLA DE FABRICANT DU XIX E SIÈCLE<br />

Les fenêtres : un élément patrimonial<br />

d'importance<br />

Le patrimoine ancien doit de plus<br />

en plus donner une réponse positive<br />

aux nouvelles normes d’isolation<br />

thermique. Les fenêtres sont au cœur<br />

des préoccupations dans ce domaine<br />

délicat. En 2014, une solution<br />

intéressante a été trouvée dans la<br />

sauvegarde et le remplacement<br />

du fenestrage de cette maison de<br />

maître de la seconde moitié du XIX e<br />

siècle, afin de conserver une lisibilité<br />

architecturale de qualité. Les<br />

fenêtres anciennes de la façade sud<br />

ont été conservées, restaurées et<br />

munies d’un verre isolant. Celles des<br />

façades est, nord et ouest ont été<br />

remplacées par des fenêtres en bois<br />

créées sur le modèle des anciennes<br />

encore en place sur la façade sud.<br />

En plus des fenêtres, d’autres travaux<br />

ont été effectués sur la façade,<br />

avec la restauration des contrevents.<br />

RK<br />

Burgdorf, Friedeggstrasse 10<br />

Massnahmen: Innensanierung, 2014<br />

Bauherrschaft: Römisch Katholische<br />

Kirchgemeinde Burgdorf<br />

Bauleitung: Lilian Schönauer, Bürogemeinschaft<br />

Hohengasse, Burgdorf<br />

Restauratoren: Walter Ochsner, Bern;<br />

Ernst Baumann, Bundesexperte, Bazenheid<br />

(Bauphysikalisches Gutachten)<br />

Denkmalpflege: Michael Gerber, Hanspeter<br />

Ruch (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 1985<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Burgdorf, Technikumstrasse 6<br />

Massnahmen: Restaurierung Fassade und<br />

Dach, 2014/15<br />

Bauherrschaft: Albertine und Jörg Amport<br />

Historische Untersuchung: Roger Tinguely,<br />

Steffisburg<br />

Denkmalpflege: Michael Gerber (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2002<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Courtelary, Grand-Rue 49<br />

Mesures : Restauration et rénovation des<br />

fenêtres, 2014<br />

Maître d‘ouvrage : Liliane Wernli-Langel,<br />

Les Breuleux<br />

Architectes : MBR Architecture SA, St-Imier<br />

Restaurateurs : Roland von Gunten, Renan<br />

Artisans : Surmely, Tramelan et Jérôme<br />

Ganguillet, Cormoret (ferblanterie-couverture ) ;<br />

Fenêtres Bassin SA, Reconvilier<br />

Service des monuments historiques :<br />

Olivier Burri (conseiller technique)<br />

Mise sous protection : Canton 2003<br />

Contributions : Canton (Fonds de loterie/POM)


OBJEKTE | OBJETS<br />

47<br />

SPEICHER AUS DEM 18. JAHRHUNDERT<br />

Schmuckstück des Weilers<br />

Der Weiler Unterberg, auf einer<br />

flachen Hügelkuppe westlich von<br />

Fraubrunnen gelegen, ist eine<br />

intakte, von Obstbäumen umgebene<br />

Hofgruppe mit prächtigen Bauernhöfen<br />

und qualitätsvollen Nebengebäuden.<br />

Der vorzüglich dekorierte<br />

Speicher in der Mitte der Gruppe war<br />

vor seiner Sanierung in schlechtem<br />

Zustand: Das Dach war undicht, der<br />

rückwärtige Gebäudeteil baufällig.<br />

Mit grosser Sorgfalt restaurierte der<br />

Zimmermann, unterstützt vom Bauherrn,<br />

die alten Bauteile, ersetzte das<br />

Holzwerk wo nötig und ergänzte<br />

fehlende Brüstungs- und Deckbretter.<br />

Durch die Entfernung der seitlichen<br />

und rückwärtigen Anbauten<br />

erhielt der Speicher seine ursprüngliche,<br />

elegante Erscheinung zurück.<br />

Er ist wieder das unumstrittene<br />

Schmuckstück der Hofgruppe. BaF<br />

FERME DE 1826<br />

Renaître des cendres<br />

En février 2011, cette ferme a été la<br />

proie d’un incendie qui a entièrement<br />

dévasté la grange, mais épargné une<br />

partie de l’habitation. Les éléments<br />

historiques sauvés des flammes ont<br />

été restaurés lors de la reconstruction.<br />

Il s’agit de deux poêles, du sol<br />

et du plafond de la chambre principale<br />

située au nord. Des boiseries<br />

anciennes ont également été posées<br />

dans cette pièce. Les murs endommagés<br />

par les flammes ont été recrépis<br />

à la chaux afin de redonner<br />

à l’ensemble son aspect d’avant<br />

l’incendie. Les propriétaires ont pris<br />

le parti de ne pas installer de chauffage<br />

central, mais de chauffer la<br />

maison à l’aide des poêles restaurés.<br />

L’architecte en charge du chantier<br />

a réalisé un projet où le plan initial<br />

est respecté et où dialoguent éléments<br />

contemporains et éléments<br />

anciens. RK<br />

BAUERNHAUSHÄLFTE 18. JAHRHUNDERT<br />

Gsteigwiler Schulstube im Bauernhaus<br />

Im Rahmen der Gesamtrenovierung<br />

der rechten Haushälfte wurde die<br />

früher störend veränderte Befensterung<br />

der Hauptfront rückgeführt,<br />

der bestehende Wohnteil restauriert<br />

und der kleine Ökonomieteil für zusätzlichen<br />

Wohnraum ausgebaut. Die<br />

Arbeiten erfolgten mit viel Sorgfalt<br />

und Sinn fürs Detail und grossem<br />

persönlichem Engagement der Bauherrschaft.<br />

Neue Bauteile wie Treppe<br />

und Sanitäreinbauten wurden auf<br />

unspektakuläre Art in zeitgenössischer<br />

Gestaltung ergänzt. Mit besonderer<br />

Umsicht wurde die im<br />

frühen 19. Jahrhundert eingebaute<br />

erste Schulstube von Gsteigwiler<br />

restauriert. Die Täferungen wurden<br />

vorsichtig demontiert, aufgefrischt<br />

und über einer Isolationsschicht<br />

wieder eingebaut. Die ehemalige<br />

Schulstube dient nun in idealer Weise<br />

als grosszügiger, heller Wohnraum.<br />

SMO<br />

Fraubrunnen, Unterberg 2B<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung, 2014<br />

Bauherrschaft: Evelyne und Philipp Böhlen<br />

Handwerker: Philipp Böhlen; Andreas Gosteli,<br />

Bolligen/Geristein (Zimmerarbeiten)<br />

Denkmalpflege: Hanspeter Ruch<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2013<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Grandval, Champs des Coeudres 52<br />

Mesures : Reconstruction et restauration après<br />

incendie, 2012<br />

Maître d‘ouvrage : Sylvie et Fabien Charmillot<br />

Architectes : Luc Bron, Delémont<br />

Artisans : Guy Froidevaux, St-Ursanne (constructions)<br />

; A. Hauser SA, Moutier (charpenterie)<br />

; Zbinden-Joye SA, Moutier (ferblanteriecouverture)<br />

Service des monuments historiques :<br />

Olivier Burri (conseiller technique)<br />

Mise sous protection : 1994<br />

Contributions : Canton (Fonds de loterie/POM)<br />

Gsteigwiler, Hobacher 102<br />

Massnahmen: Gesamtrenovierung der rechten<br />

Haushälfte, 2013/14<br />

Bauherrschaft: Edith Biedermann<br />

Handwerker: Zurbuchen Holzbau GmbH,<br />

Goldswil; Albert Blatter Holz- und Treppenbau,<br />

Unterseen<br />

Denkmalpflege: Stefan Moser (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


48 OBJEKTE | OBJETS<br />

STÖCKLI VON 1836<br />

Aussenfassade instand gesetzt<br />

Das hinter dem Gasthof Kreuz<br />

etwas versteckt liegende Stöckli aus<br />

dem frühen 19. Jahrhundert war im<br />

Inneren in den letzten Jahren von<br />

der Eigentümerfamilie in Etappen<br />

um- und ausgebaut worden. In einem<br />

weiteren Schritt sollte die äussere<br />

Erscheinung des Gebäudes wiederhergestellt<br />

werden. Nach einer<br />

Befunduntersuchung am Gebäude<br />

wurde das Stöckli wieder in seiner<br />

ursprünglichen Farbigkeit gestrichen.<br />

Da der Eigentümer Baufachmann<br />

ist, legte er nicht nur selbst Hand an,<br />

sondern fungierte auch als engagierter<br />

Koordinator. So wurden nicht<br />

nur gedrechselte Holzsäulen unter<br />

der westseitigen Laube erstellt, auch<br />

die Verwendung einer besonders<br />

guten skandinavischen Leinölfarbe<br />

organisierte er selbst. EMS<br />

WOHNHAUS VON 1894<br />

Detektivische Vorarbeiten für<br />

die «Seehalde»<br />

Das Wohnhaus Seehalde präsentierte<br />

sich vor der Restaurierung ohne<br />

die originalen Zierelemente im zeittypischen<br />

Schweizer Holzstil und mit<br />

einem wenig attraktiven bräunlichen<br />

Anstrich. Als Vorbereitung wurde<br />

in detektivischer Arbeit anhand von<br />

Farbspuren, eines Vergleichsobjektes<br />

in der Nachbarschaft sowie gestützt<br />

auf historische Fotoaufnahmen das<br />

originale Erscheinungsbild eruiert<br />

und detailliert aufgezeichnet. Die<br />

Zierelemente wurden rekonstruiert<br />

und das Haus in den ursprünglichen<br />

bunten Farbtönen gestrichen. Erst<br />

während der Ausführung kam im<br />

Laubenbereich unter einer nachträglichen<br />

Verschalung eine weitere,<br />

aufwendig ausgesägte Brüstung<br />

zum Vorschein, welche lediglich<br />

aufgefrischt werden musste. Auch<br />

die originellen multifunktionalen<br />

Vorfenster mit integrierten Fensterläden<br />

konnten restauriert werden. SMO<br />

INDUSTRIEGEBÄUDE VON 1876<br />

Wohnen neben dem Hochkamin<br />

Wo ursprünglich Schnaps gebrannt<br />

und später jahrzehntelang Presshefe<br />

produziert wurde, kann nun grosszügig<br />

logiert werden. Dafür wurden<br />

die nachträglich teils zugemauerten<br />

Fenster- und Türöffnungen wieder<br />

vollständig geöffnet und rückwärtig<br />

zwei Balkonachsen angefügt. Für<br />

die sorgfältige Aussensanierung des<br />

ursprünglich nicht gefassten Sandsteinbaus<br />

diente der Zustand um<br />

1920, als das Walmdach einseitig<br />

durch einen Giebel geöffnet, das<br />

Kesselhaus beim Hochkamin durch<br />

einen Neubau ersetzt, alle Fenster<br />

der Hauptgeschosse in Metall<br />

erneuert und der Sandstein partiell<br />

verputzt worden war. Damit ist nun<br />

auch noch der letzte und wichtigste<br />

Industriezeuge auf dem ehemaligen<br />

Hefeareal saniert und einer neuen<br />

Nutzung zugeführt worden – unübersehbar<br />

wegen des bereits 2009 fachgerecht<br />

sanierten Hochkamins. IMR<br />

Herzogenbuchsee, Kirchgasse 5<br />

Massnahmen: Aussenrestaurierung, 2013<br />

Bauherrschaft: Familie Wyss Ricklin<br />

Restauratoren: Walter Ochsner, Bern<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Hilterfingen, Dorfstrasse 49<br />

Massnahmen: Restaurierung Gebäudehülle,<br />

2014/15<br />

Bauherrschaft: Hotel Schönbühl AG<br />

Architekten: Seger Architekten AG, Hünibach<br />

Restauratoren: Roger Tinguely, Steffisburg<br />

Historische Untersuchung: Kurt Keller,<br />

Herznach<br />

Handwerker: von Allmen Holzbau GmbH,<br />

Oberhofen; Maler Koller AG, Oberhofen<br />

Denkmalpflege: Stefan Moser (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Hindelbank, Krauchthalstrasse 2<br />

Massnahmen: Sanierung und Umbau, 2014/15<br />

Bauherrschaft: René Lanz, Niederscherli<br />

Architekten: Renato Buzzi, Montavit Bau<br />

GmbH, Bern<br />

Restauratoren: Blonski Art Restaurationen<br />

(Jozef Blonski), Zollikofen<br />

Handwerker: Guggisberg Dachtechnik AG,<br />

Wabern; Kurt Iseli AG, Bern (Steinhauerarbeiten);<br />

MLG, Metall und Planung AG, Bern<br />

Denkmalpflege: Isabella Meili-Rigert<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2009<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


OBJEKTE | OBJETS<br />

49<br />

EHEM. ABSONDERUNGSHAUS, UM 1912<br />

Ein Miteinander von Alt und Neu<br />

Im Zuge des Neubaus des Pflegeheims<br />

Sonnegg wurde intensiv<br />

darüber diskutiert, wie das ehemalige<br />

Absonderungshaus weiterhin<br />

genutzt werden kann. Dem Einsatz<br />

der Bauherrschaft und der Architekten<br />

ist es zu verdanken, dass der<br />

lokalgeschichtlich und für die allgemeine<br />

Spitalgeschichte bedeutende<br />

Bau erhalten bleibt, indem sie<br />

das Gebäude geschickt in die neue<br />

Gartengestaltung integriert haben.<br />

Heute dient es als Rückzugsort für<br />

Bewohner/innen des Alters- und<br />

Pflegeheims Sonnegg. Die originalen<br />

Bauteile wurden anlässlich der<br />

Renovierung lediglich stabilisiert.<br />

Im Innern wurden störende jüngere<br />

Einbauten entfernt. Die überzeugende<br />

räumliche Wirkung ist mit den<br />

zweigeschossigen Räumen wiederhergestellt.<br />

Gestützt auf die Farbuntersuchung<br />

durch den Restaurator<br />

ist zudem das bauzeitliche Farbkonzept<br />

wieder sicht- und erlebbar. STZ<br />

EHEM. BAUERNHAUS, UM 1700<br />

Vorbildliche energetische Sanierung<br />

Das «Güetli» auf der Nyffenegg<br />

weist mehrere, deutlich ablesbare<br />

Bauphasen auf: Die steilen Büge des<br />

eindrücklichen Ständerbaus sind<br />

über 300-jährig, die Fassade stammt<br />

von 1838. Das Gut wurde seit den<br />

1940er Jahren nicht mehr bewirtschaftet<br />

und später als Ferienhaus<br />

genutzt. Bevor die neue Besitzerfamilie<br />

einzog, stand es leer und war<br />

in schlechtem Zustand. Der Bauherr<br />

erbrachte die Gesamtsanierung<br />

nahezu in Eigenleistung. In der Tenne<br />

entstand neuer grosszügiger Wohnraum,<br />

die ehemalige Rauchküche<br />

ist nach oben wieder geöffnet. Mit<br />

grosser Sorgfalt wurden die alten<br />

Hölzer geprüft, restauriert und bei<br />

Bedarf ersetzt. Die historische Gestaltung<br />

blieb weitgehend erhalten.<br />

Dank einer neuen inneren Holzkonstruktion<br />

und schlauer Dämmung<br />

ist das Haus energetisch in bestem<br />

Zustand. BaF<br />

HOTEL INTERLAKEN VON 1906<br />

Ein neuer Farbtupfer am Höheweg<br />

in Interlaken<br />

Die Fassade des Hotels Interlaken<br />

war in die Jahre gekommen. Bei der<br />

letzten Fassadenrenovierung wurde<br />

ein Fassadenputz in Altrosa mit<br />

Ecklisenen, Holzfassungen und<br />

Jalousien in Grau gewählt. Sondierungsarbeiten<br />

durch den Restaurator<br />

sowie alte Fotos liessen auf eine<br />

ganz andere bauzeitliche Farbgebung<br />

schliessen: heller Putz, hellgraue<br />

Fenstereinfassungen und Ecklisenen,<br />

grüne Jalousien mit bunten Fenstern.<br />

Die Bauherrschaft liess sich vom<br />

ursprünglichen Konzept überzeugen.<br />

Damit sich das Hotel vom Schloss<br />

abhebt, wurden die Fensterläden in<br />

einem helleren Grünton und die<br />

Fensterrahmen in Ockerrot gestrichen,<br />

was die Ergänzung mit<br />

aussenliegenden Sprossen bedingte.<br />

Gleichzeitig mit der Fassadenrestaurierung<br />

wurden auch die Absturzsicherungen<br />

der Balkone ergänzt<br />

und das Wappenrelief am Turm auf<br />

der Südseite aufgefrischt. RHA<br />

Huttwil, Hohlenstrasse 4d<br />

Massnahmen: Renovierung und Wiederherstellung,<br />

2014<br />

Bauherrschaft: Stiftung Sonnegg Huttwil<br />

Architekten: A. Furrer und Partner, Bern<br />

Restauratoren: Walter Ochsner, Bern<br />

Handwerker: Habisreutinger Gebäudehülle<br />

GmbH, Huttwil; Burkhalter Malerei, Huttwil;<br />

Tolusso AG Stein-Industrie, Willisau; Peter Lüthi<br />

Holzhandwerk, Schwarzenbach<br />

Denkmalpflege: Stephan Zahno (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Huttwil, Nyffenegg 13<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung, 2010–2013<br />

Bauherrschaft: Ruth Leuenberger und<br />

Beat Berger<br />

Handwerker: Beat Berger; Dubach Holzbau<br />

AG, Hüswil; Sägesser Fenster AG, Aarwangen<br />

Denkmalpflege: Hanspeter Ruch<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2010<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Interlaken, Höheweg 74<br />

Massnahmen: Fassadenrestaurierung, 2015<br />

Bauherrschaft: Hotel Interlaken AG<br />

Architekten: ateliermarti architekten ag,<br />

unterseen<br />

Restauratoren: Roger Tinguely, Steffisburg<br />

Handwerker: Jesus Dapena AG, Interlaken;<br />

Frutiger Holzbau AG, Ringgenberg (Fenster);<br />

Peter Rüegsegger AG, Interlaken; Dällenbach +<br />

Co. AG, Interlaken (Malerarbeiten)<br />

Denkmalpflege: Renate Haueter (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2015<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


50 OBJEKTE | OBJETS<br />

SCHULHAUS VON 1955<br />

Annäherung statt Kontrast<br />

FABRIKGEBÄUDE VON 1888<br />

«Nachgerüstete» Fenster<br />

WOHNSTOCK VON 1788<br />

Altes Amtshaus – aufgefrischt<br />

Nach sechzig Jahren im täglichen<br />

Gebrauch standen für die Schulanlage<br />

Wandermatte eine Ertüchtigung,<br />

eine energetische Sanierung sowie<br />

Umstrukturierungen für eine zeitgemässe<br />

Schulnutzung an. Um eine<br />

überzeugende Gesamtlösung zu<br />

erreichen, wurde 2011 ein offener<br />

Wettbewerb ausgelobt, bei dem das<br />

Projekt von Bienert Kintat aus Zürich<br />

mit dem 1. Rang prämiert wurde.<br />

Das Projekt und die Realisierung<br />

zeichnen sich durch zurückhaltende<br />

und präzise gestaltete Eingriffe im<br />

Innen- und Aussenraum aus, welche<br />

die Annäherung statt den Kontrast<br />

zum Bestehenden suchen. Die Abtrennungen<br />

der Gruppenräume<br />

orientieren sich bspw. am Bestand<br />

und der neu eingebaute Lift ist kaum<br />

erkennbar und fügt sich selbstverständlich<br />

in den Korridor. Diese Eingriffsstrategie<br />

verstärkt den ursprünglichen<br />

Charakter der Anlage<br />

und ein harmonisches Ganzes ist<br />

entstanden. FAS<br />

Gleich bei zwei Liegenschaften in<br />

Langenthal gelang es in den vergangenen<br />

Jahren Fenster nachzurüsten,<br />

ohne die bauzeitlichen Fenster vollständig<br />

ersetzen und die Gestaltung<br />

der Aussenfassade verändern zu<br />

müssen. Zum einen betrifft dies das<br />

«Nyffelerhaus» am Wuhrplatz, das<br />

ursprünglich als Tabak- und Kaffeeersatzfabrik<br />

errichtet wurde. Dort<br />

konnten die äusseren Vorfenster<br />

detailgetreu ersetzt werden, während<br />

die Innenfenster beibehalten werden<br />

konnten, sodass diese die Fassaden<br />

des ehemaligen Fabrik- und heutigen<br />

Wohnhauses nach wie vor prägen.<br />

Zum andern ist dies auch beim reformierten<br />

Kirchengemeindehaus<br />

gelungen, das aus den 1950er Jahren<br />

von Architekt Hans Müller aus<br />

Burgdorf stammt und das auf der<br />

Südseite grossflächige Fenster<br />

aufweist. Im Zuge der Gesamtsanierung<br />

konnten diese Fenster von<br />

einem Schreiner mit IV-Scheiben<br />

nachgerüstet werden. EMS<br />

1788 lassen Vater und Sohn Niklaus<br />

Joost, Löwenwirte, Textilhändler<br />

und Baumwollfabrikanten in Langnau,<br />

diesen ausgezeichneten Vertreter<br />

eines repräsentativen grossgewerblichen<br />

Wohnstocks erbauen.<br />

In grösseren Dörfern entstehen<br />

zwischen 1780 und 1830 Wohn- und<br />

Gewerbehäuser im Stil und Dekor<br />

patrizischer Landsitze. Diese werden<br />

von einflussreichen und begüterten<br />

Wirten, Gerbern, Müllern, Tuch- und<br />

Käseherren in Auftrag gegeben.<br />

Von 1803 bis 1817 ist der Stock Sitz<br />

des neu geschaffenen Oberamtes<br />

Signau, von daher auch die Bezeichnung<br />

«Altes Amtshaus». Mit der<br />

Erneuerung der Dachhaut, der Neueinkleidung<br />

der Lukarnen, der Bereinigung<br />

der Kamine und dem Neuanstrich<br />

der Fassaden wurde die<br />

Gebäudehülle in einen neuwertigen<br />

Stand versetzt. Das Gebäude dient<br />

heute als Wohnhaus und Bäckerei.<br />

DOP<br />

Köniz, Wabern, Eichholzstrasse 29<br />

Massnahmen: Sanierung und Ertüchtigung<br />

Schulanlage, 2013–2015<br />

Bauherrschaft: Gemeinde Köniz<br />

Architekten: Bienert Kintat Architekten, Zürich<br />

Denkmalpflege: Fabian Schwarz<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2015<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Langenthal, Wuhrplatz 1 und<br />

Melchnaustrasse 9<br />

Massnahmen: Neue Vorfenster, 2013/14<br />

Bauherrschaft: Eigentümergemeinschaft<br />

Wuhrplatz 1, Reformierte Kirchgemeinde<br />

Langenthal<br />

Handwerker: studer holz raum werk gmbh,<br />

Utzenstorf<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2007<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Langnau, Bernstrasse 12<br />

Massnahmen: Dach- und Fassadenrestaurierung,<br />

2013<br />

Bauherrschaft: Johann Eichenberger<br />

Architekten: ATS-Architektur GmbH, Anne<br />

Tritten, Langnau<br />

Restauratoren: Walter Ochsner, Bern<br />

Handwerker: Stettler Polybau AG, Eggiwil<br />

(Dachdecker- und Spenglerarbeiten), Bigler<br />

Maler und Gipser AG, Langnau<br />

Denkmalpflege: Dominique Plüss<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 1987<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


OBJEKTE | OBJETS<br />

51<br />

STÖCKLI VON 1866<br />

Minergie im Speicherstöckli<br />

REFORMIERTE KIRCHE VON 1709<br />

Vorbild Berner Münsterchor?<br />

SALLE DE SPECTACLE DE 1951/52<br />

Pour que la fête continue<br />

Die vorgefundene Grundrisseinteilung<br />

sowie die Kornkästen im Obergeschoss<br />

des solide gearbeiteten<br />

Holzständerbaus von 1866 deuten<br />

darauf hin, dass das Gebäude,<br />

zumindest zeitweise, gleichzeitig als<br />

Wohn- und Vorratsraum, als sogenanntes<br />

Speicherstöckli genutzt<br />

wurde. Auf der Anhöhe, hinter<br />

Bauernhaus (datiert um 1750) und<br />

Stöckli, steht die dem Ort namensgebende<br />

«Hochwacht», das ehemalige<br />

Wachthaus, von wo aus die<br />

Einwohner bis Anfang des 19.<br />

Jahrhunderts mit Höhenfeuern vor<br />

Überfällen und Feuersbrünsten<br />

gewarnt wurden. Das Stöckli wurde<br />

mit grosser Sorgfalt, Detailtreue<br />

und Eigenleistung der Bauherrschaft<br />

so saniert, dass es (mit entsprechenden<br />

inneren Dämmschichten, kontrollierter<br />

Lüftung und Anlage für<br />

erneuerbare Energien) nebst dem<br />

üblichen Wohnkomfort heute auch<br />

den Minergie-Standard erfüllt. DOP<br />

1907 zog der damalige Münsterbaumeister<br />

Karl Indermühle im Chor<br />

der Pfarrkirche Münsingen eine<br />

Stuckdecke mit Kreuzgratgewölbe<br />

ein. Die Schlusssteine erhielten<br />

farbige Evangelistensymbole, die<br />

Gewölbeflächen Frucht- und Pflanzenranken<br />

über Goldfriesen, alles<br />

auf tiefblauem Grund. Während das<br />

Farbkonzept zeittypisch war, erinnerten<br />

die Ornamente stark an die Gewölbeausmalung<br />

des Berner Münsterchors.<br />

Später verschwand die<br />

ganze Farbigkeit dieser Scheinarchitektur<br />

unter einer weissen Übertünchung,<br />

so dass das Kreuzgratgewölbe<br />

ohne die gliedernde Malerei<br />

künstlich und verloren erschien. Im<br />

Rahmen der Modernisierungsarbeiten<br />

von 2015 im Innern der Kirche<br />

wurde im Chor der Zustand von 1907<br />

wieder hergestellt. Damit wirkt hier<br />

nun erneut die alte Einheit von Raum<br />

und spektakulärer Farbigkeit. MG<br />

Cette salle de spectacles construite<br />

en 1951-1952 est une réalisation<br />

intéressante de l’architecte Otto<br />

Brechbühl (1889–1984). La rénovation<br />

du bâtiment a fait suite à un<br />

incendie survenu en 1990. De cette<br />

architecture résolument contemporaine<br />

au moment de sa construction<br />

ont été conservées la structure<br />

en béton et les baies groupées qui<br />

soulignent la verticalité du bâtiment<br />

et lui assurent un éclairage généreux.<br />

Le propriétaire a décidé de<br />

changer les fenêtres des façades<br />

sud et nord. Une analyse des<br />

couleurs a permis de restituer la<br />

polychromie des années 1950.<br />

Les fenêtres ont été reconstruites<br />

avec des profils multicolores. RK<br />

Langnau, Hochwacht 170a<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung, Aus- und<br />

Umbau, 2013/14<br />

Bauherrschaft: Anita und Roy Bachmann<br />

Architekten: Roy Bachmann, Langnau<br />

Handwerker: Enz Holzbau GmbH, Huttwil;<br />

Elektro Liechti AG, Langnau; Wenger Fenster<br />

AG, Wimmis<br />

Denkmalpflege: Dominique Plüss<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2012<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Münsingen, Bernstrasse 23<br />

Massnahmen: Innenrenovierung, 2014/15<br />

Bauherrschaft: Reformierte Kirchgemeinde<br />

Münsingen<br />

Architekten: Gassner & Leuenberger<br />

Architekten, Thun<br />

Restauratoren: Fischer & Partner AG<br />

Restauratoren, Bern<br />

Handwerker: Farbwerk Herren AG, Münsingen<br />

Denkmalpflege: Michael Gerber, Hanspeter<br />

Ruch (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2006<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Saint-Imier, Rue des Jonchères 64<br />

Mesures : Changement des fenêtres, 2014<br />

Maître d‘ouvrage : Commune de Saint-Imier<br />

Restaurateurs : Roland von Gunten, Renan<br />

Artisans : J.-P. Gerber, menuiserie, Saint-Imier<br />

Service des monuments historiques :<br />

Laurie Lehmann (conseillère technique)<br />

Mise sous protection : Canton 2014<br />

Contributions : Canton (Fonds de loterie/POM)


52 OBJEKTE | OBJETS<br />

EHEM. KEGELBAHN AUS DEM 19. JH.<br />

Filigraner Ständerbau<br />

Die ehemalige Kegelbahn mit<br />

Anklängen an den Schweizer Holzstil<br />

vervollständigt die gastronomisch<br />

geprägte Baugruppe Regenhaldenstrasse<br />

mit dem ehemaligen Gasthof<br />

Regenhalde von 1888 (Haus Nr. 35)<br />

und der Liqueur-Fabrik von 1890<br />

(Haus Nr. 36). Der filigran wirkende<br />

Ständerbau mit den beiden Pyramidendächern<br />

und dem dazwischen<br />

liegenden Satteldach ist ein rar gewordener<br />

Vertreter seiner Baugattung.<br />

Die für das Kegelspiel benötigten<br />

Einrichtungen wie Abstossplatz,<br />

Kegelbahn und Kegelhaus sind nicht<br />

mehr vorhanden. Umso erfreulicher<br />

ist es, dass mit viel Enthusiasmus,<br />

Eigenleistung, Einfühlungsvermögen<br />

und Liebe zum Detail die neuen<br />

Eigentümer den Bau restauriert<br />

haben. Dank dieses aussergewöhnlichen<br />

Engagements und der einvernehmlichen<br />

Zusammenarbeit aller<br />

Beteiligten bleibt dieser Zeitzeuge für<br />

künftige Generationen erhalten. STZ<br />

PFERDEREGIEANSTALT VON 1890/92<br />

Neue Nutzung in der Pferderegieanstalt<br />

Steffisburg<br />

Die eidgenössische Pferderegieanstalt,<br />

erstellt von 1890 bis1892, in<br />

Steffisburg, ursprünglich für bis zu<br />

600 Pferde gebaut und zwischenzeitlich<br />

als Armeemotorfahrzeugpark<br />

AMP für fast ebenso viele Militärfahrzeuge<br />

dienend, konnte einer neuen<br />

Nutzung zugeführt werden. Die<br />

schweizweit einzigartige Anlage<br />

dient nun als «Schau»-lager für historisches<br />

Armeematerial. Die hierzu<br />

notwendigen Eingriffe und Einbauten<br />

wurden allesamt reversibel (d.h., sie<br />

können ohne Beschädigung der<br />

Originalsubstanz wieder rückgängig<br />

gemacht werden) ausgeführt. Die<br />

Oberflächen der Stallungen blieben<br />

mit ihren jahrzehntealten Gebrauchsspuren<br />

erhalten. Die wertvollen<br />

Wandbilder der Reithalle hingegen<br />

wurden fachgerecht und sorgfältig<br />

restauriert. FAS<br />

BRUNNEN VON 1904<br />

Seltene patentierte Mechanik ist<br />

wieder in Betrieb<br />

Während der Restaurierung der<br />

malerischen Fabrikantenvilla im<br />

Montlig wunderte sich der Bauberater<br />

der Denkmalpflege über den<br />

kuriosen Brunnen in ihrem Garten.<br />

Es stellte sich heraus, dass der ovale<br />

Aufbau über dem Tuffbrunnen mit<br />

einer seltenen Mechanik ausgestattet<br />

ist, dem patentierten System<br />

der französischen Firma L. Jonet &<br />

Cie in Raismes, Département Nord,<br />

für einen «élévateur d’eau». Über<br />

eine handbetriebene Kurbelmechanik<br />

wird das Wasser in zwei Eimern<br />

gefördert und in das Brunnenbecken<br />

entleert. Eimer und Mechanik waren<br />

stark verrostet. Einen Metallbauspezialisten<br />

zu finden war nun die<br />

grosse Herausforderung. Dies<br />

gelang: Der Fachmann reinigte und<br />

restaurierte die Metallteile sorgfältig<br />

und setzte die Mechanik neu zusammen.<br />

Der Brunnen funktioniert<br />

wieder einwandfrei. BaF<br />

Seeberg, Regenhaldenstrasse 35b<br />

Massnahmen: Restaurierung ehemalige Kegelbahn,<br />

2013/14<br />

Bauherrschaft: Stephanie Stotz und<br />

Andrew Simons<br />

Handwerker: Andrew Simons (Projektleitung<br />

und Zimmerarbeiten); Hannes Pulfer, Burgdorf<br />

(Schreinereiarbeiten); Erich Gygax, Seeberg<br />

(Spenglerarbeiten); Jörg GmbH, Bedachungen<br />

und Fassaden, Grasswil<br />

Denkmalpflege: Stephan Zahno (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2013<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Steffisburg, Motorparkstrasse Nr. 103/104<br />

Massnahmen: Umnutzung, 2015<br />

Bauherrschaft: armasuisse Immobilien, Bern<br />

Architekten: Gähler und Partner AG,<br />

Ennetbaden<br />

Denkmalpflege: Fabian Schwarz<br />

(Bauberatung Kanton), Daniel Külling (KOMZ<br />

Denkmalschutz VBS)<br />

Täuffelen, Montligstrasse N.N.<br />

Massnahmen: Restaurierung der Brunnenmechanik<br />

und des Trogs, 2014/2015<br />

Bauherrschaft: Hélène Sironi und Lukas Weiss<br />

Handwerker: metal Carlo von Ballmoos, Biel/<br />

Bienne; Heinz Lehmann, Steinbildhauer,<br />

Leuzigen<br />

Denkmalpflege: Rolf Weber (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2015<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


OBJEKTE | OBJETS<br />

53<br />

WOHNHAUS UND GARAGE VON 1907/1932<br />

Ungleiches Paar am Thuner<br />

Aarebecken<br />

Bei der Gesamtsanierung der<br />

chaletartigen «Villa Choisy» wurden<br />

im Inneren in aufwendiger Arbeit<br />

die erhaltenen Täferungen und Parkettböden<br />

der Wohnräume restauriert.<br />

Die qualitätsvollen, geschwungenen<br />

und differenziert sprossierten<br />

originalen Fenster wurden restauriert,<br />

jene gegen die lärmbelastete Hofstettenstrasse<br />

hin detailgetreu ersetzt.<br />

Die Farbzier am gut erhaltenen<br />

Holzwerk wurde aufgefrischt. Als<br />

eigentliche Trouvaille erwies sich das<br />

originelle Garagengebäude von 1932,<br />

welches zusätzlich einen Wintergarten-<br />

und Atelierbereich mit Spindeltreppe<br />

aufweist. Auch dieses grau<br />

gefasste Nebengebäude in Massivbauweise<br />

wurde originalgetreu<br />

restauriert, Tore und Fenster aufgefrischt.<br />

Die beiden ungleichen<br />

Gebäude bilden trotz ihrer völlig<br />

verschiedenen Baustile ein harmonisches<br />

Paar. SMO<br />

FABRIQUE D’HORLOGERIE DE 1923<br />

Et elles basculent toujours<br />

Cette ancienne fabrique d’horlogerie<br />

construite vers 1923 a été transformée<br />

en appartement-atelier afin de<br />

redonner une nouvelle vie à un objet<br />

intéressant du patrimoine architectural.<br />

Le remplacement des fenêtres<br />

a fait l’objet d’une réflexion approfondie.<br />

Les anciennes fenêtres<br />

basculantes ne répondant plus aux<br />

normes d’isolation thermique, la<br />

propriétaire a souhaité les remplacer.<br />

Après de nombreuses discussions,<br />

une solution a été trouvée. Les<br />

fenêtres à bascule ont été remplacées<br />

par de nouvelles, identiques,<br />

sans possibilité toutefois d’insérer un<br />

store entre deux verres comme<br />

c’était le cas dans les anciennes.<br />

A ce détail près, le travail de remplacement<br />

a tenu ses promesses et<br />

les nouvelles fenêtres à bascule en<br />

bois ont pu être posées. RK<br />

SPEICHER AUS DEM 17. JAHRHUNDERT<br />

Imposanter Speicher mit Malereien<br />

instand gesetzt<br />

Der grosse, teilweise massive Speicher<br />

stammt mit seinem gemauerten<br />

Kern aus dem 17. Jahrhundert. Der<br />

Holzaufbau muss im späten 18.<br />

Jahrhundert aufgesetzt worden sein.<br />

Der zum Gehöft Hofen 116 gehörende,<br />

gut gelegene Speicher hatte<br />

ein defektes Dach. Der hangseitige<br />

Laubenteil hatte wegen eines Holzschopfanbaus<br />

statische Schäden<br />

erlitten. Diese Defekte mussten behoben<br />

werden. Im Zuge dieser<br />

Massnahmen wurde auch der später<br />

angebaute Hühnerstall entfernt und<br />

der Putz des gemauerten Erdgeschosses<br />

restauriert. Die nur noch<br />

fragmentarisch erhaltenen Kugelfriesmalereien<br />

aus der Bauzeit<br />

wurden gesichert und konserviert.<br />

Die reibungslose Zusammenarbeit<br />

der Eigentümerschaft mit der Denkmalpflege,<br />

den beteiligten Handwerkern<br />

und Restauratoren basierte<br />

auf der Sympathie für dieses ungewöhnliche<br />

Speichergebäude. EMS<br />

Thun, Hofstettenstrasse 16 + 16b<br />

Massnahmen: Restaurierung Wohnhaus und<br />

Garagengebäude, 2013/14<br />

Bauherrschaft: Katharina und Erich<br />

Zimmermann, Gümligen<br />

Architekten: beat huss gmbh architektur +<br />

planung, Thun<br />

Restauratoren: Roger Tinguely, Steffisburg<br />

Handwerker: Pulfer Maler + Gipser AG, Thun;<br />

Brenzikofer Holzbau AG, Wichtrach; Fritz Hänni,<br />

Schreinerei, Belpberg<br />

Denkmalpflege: Stefan Moser (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Tramelan, Rue des prés 6<br />

Mesures : Remplacement des fenêtres,<br />

2012–2014<br />

Maître d‘ouvrage : Esther-Lisette Ganz<br />

Architectes : JDF. raum und kunst, Bienne<br />

Artisans : Gallina-Lus SA, menuiserie, Péry<br />

Service des monuments historiques :<br />

Olivier Burri (conseiller technique)<br />

Mise sous protection : Canton 2013<br />

Contributions : Canton (Fonds de loterie/POM)<br />

Ursenbach, Hofen 116a<br />

Massnahmen: Aussenrestaurierung, 2014/15<br />

Bauherrschaft: Monika und Andreas Bernhard<br />

Restauratoren: Fischer und Partner AG<br />

Restauratoren, Bern<br />

Handwerker: P. Graf AG, Bedachungen und<br />

Fassaden, Ursenbach/Madiswil; ZAHO Zaugg +<br />

Co, Zimmerei/Holzbau, Ursenbach<br />

Denkmalpflege: Eva Schäfer (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


54 OBJEKTE | OBJETS<br />

KIRCHE URTENEN VON 1966–1968<br />

Meisterliche Lösung für den Chor<br />

WASSERRAD- UND PUMPENHAUS, 19. JH.<br />

Kein Trinkwasser<br />

STÖCKLI VON 1817<br />

Fast zerfallen – nun wieder bewohnt<br />

Der frei komponierte Sichtbetonbau<br />

des Architekten Edwin Rausser<br />

wirkt auf der höchsten Erhebung von<br />

Urtenen wie eine Skulptur. Beton,<br />

Klinker, Holz und Glas prägen die<br />

Stimmung des Kirchenraums. Für die<br />

zeitgemässe Nutzung wünschte<br />

sich die Kirchgemeinde insbesondere<br />

eine praktischere Konzeption<br />

des leicht ansteigenden Chors. Der<br />

Architekt fand mit einem multifunktionalen<br />

Podest eine meisterliche<br />

Lösung: Das Holzmöbel ist stufenartig<br />

für Chor- wie auch als flache<br />

Ebene für Theateraufführungen nutzbar.<br />

Den zentralen Gottesdienstort<br />

unter monumentalem Leuchter<br />

rahmen die originale Kanzel und ein<br />

neuer, verschiebbarer Abendmahlstisch.<br />

Seine einmalige Atmosphäre<br />

verdankt der Kirchenraum dem<br />

sorgfältigen Umgang mit alten und<br />

neuen Elementen und einer ausgeklügelten<br />

Lichtanlage. BaF<br />

Wer wachen Auges durch Utzenstorf<br />

streift, findet an mehreren Orten<br />

über dem Bachlauf kleine steinerne<br />

Häuschen; eines davon, gemauert<br />

aus grossen Jurasteinquadern, steht<br />

gleich vis-à-vis des Gasthofs Bären.<br />

Dank dem lokalen Verein Radwerk<br />

Landshut ist heute wieder für jedermann<br />

augenfällig, wozu es einst gedient<br />

hatte; es hat sein Innenleben<br />

in Form eines aus Eisen und Holz<br />

gebauten Wasser- und eines Schöpfrades<br />

zurückerhalten. Aufgrund der<br />

heute geringen Wassermenge im<br />

Dorfbach wird das Rad zwar nicht<br />

mehr zur Energiegewinnung genutzt,<br />

aber das Schöpfrad füllt wieder<br />

ein Brunnenbecken, das so selbstverständlich<br />

an der Hausmauer steht,<br />

als wäre es schon immer da gewesen<br />

– nur trinkbar ist das Wasser<br />

leider nicht. IMR<br />

Das einzigartige Stöckli besteht aus<br />

einem Wohngeschoss in Riegbauweise<br />

über einem massiven, ehemals<br />

verputzten Erdgeschoss. Der Bau<br />

besticht durch seine qualitätsvollen<br />

spätbarocken Elemente und durch<br />

die grösstenteils erhaltene originale<br />

Bausubstanz. Das Stöckli präsentierte<br />

sich vor der Renovierung in<br />

einem sehr schlechten Zustand.<br />

Es war längere Zeit unbewohnt und<br />

verlotterte zusehends. Nur durch<br />

den aussergewöhnlichen Einsatz<br />

der Bauherrschaft – von der Denkmalpflege<br />

nach Kräften unterstützt –<br />

gelang es, einen Grossteil der<br />

historischen Substanz zu erhalten<br />

und diesen bedeutenden Bau zu<br />

retten. Das Gebäude wurde sorgfältig<br />

renoviert und an die heutigen<br />

Wohnbedürfnisse angepasst. Heute<br />

dient es wieder als Stöckli, als<br />

sogenannter Altenteil. STZ<br />

Urtenen-Schönbühl, Friedhofweg 9<br />

Massnahmen: Gesamtsanierung, 2010–2012<br />

Bauherrschaft: Reformierte Kirchgemeinde<br />

Jegenstorf Urtenen<br />

Architekten: Architekturbüro Patrick Thurston,<br />

Bern<br />

Handwerker: Indermühle Bauingenieure, Thun;<br />

David Normann, Ipsach (Akustik- und<br />

Audioplanung); Amstein + Walthert AG, Zürich<br />

(Lichtgestaltung & Bauphysik)<br />

Denkmalpflege: Hanspeter Ruch<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Utzenstorf, Hauptstrasse 21b<br />

Massnahmen: Sanierung Wasserrad und<br />

Schöpfrad, 2014/15<br />

Bauherrschaft: Verein Radwerk Landshut,<br />

Eigentümer: Johannes Hubler-Burkhalter<br />

Architekten: Verein Radwerk Landshut,<br />

Utzenstorf<br />

Handwerker: Verein Radwerk Landshut,<br />

Utzenstorf<br />

Denkmalpflege: Isabella Meili-Rigert<br />

(Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2014<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)<br />

Wynigen, Breitslohn 157b<br />

Massnahmen: Gesamtrenovierung, 2013–2015<br />

Bauherrschaft: Familie Walter Zurflüh<br />

Architekten: A+W Architekten AG, Kirchberg<br />

Handwerker: Holzbau Riesen AG, Grasswil;<br />

Beat Hubschmied, Langnau i.E. (Steinhauerarbeiten)<br />

Denkmalpflege: Stephan Zahno (Bauberatung)<br />

Unterschutzstellung: Kanton 2007<br />

Beiträge: Kanton (Lotteriefonds/POM)


ENTDECKUNG | DECOUVERTE<br />

55<br />

Pionierhafte Stromproduktion<br />

Das Kraftwerk Schattenhalb 2 am Reichenbach<br />

Die Entwicklung im Strommarkt<br />

und anstehende Konzessionserneuerungen<br />

führten dazu, dass<br />

in der Schweiz innerhalb weniger<br />

Jahre fast alle kleinen Kraftwerke<br />

aus der Frühzeit der Elektrizität<br />

ausser Betrieb gesetzt<br />

oder modernisisert wurden.<br />

Nicht so das Kraftwerk Schattenhalb<br />

2, das samt Turbinen und<br />

Generatoren glücklicherweise<br />

vollständig erhalten bleibt.<br />

Die Zentrale 2 des Kraftwerks<br />

Schattenhalb liegt hoch über dem<br />

Talgrund und ist nur zu Fuss oder<br />

über eine Betriebs-Haltestelle kurz<br />

vor der Bergstation der Reichenbachfallbahn<br />

erreichbar. Die Anlage<br />

ist mit Pelton-Turbinen der «Ateliers<br />

de construction mécaniques de Vevey»<br />

und Generatoren der «Maschinenfabrik<br />

Oerlikon» ausgestattet,<br />

zwei Pionierfirmen der Schweizer<br />

Maschinen- und Elektroindustrie.<br />

Die grössere Turbinen-Generator-<br />

Gruppe wurde seit 1926 kaum verändert,<br />

die kleinere 1940 ersetzt.<br />

Wie die Reichenbachfallbahn gehen<br />

auch die Kraftwerke Schattenhalb<br />

auf die Initiative der Hoteliers Elias<br />

Flotron und Franz Josef Bucher zurück.<br />

Das «Elektrizitätswerk Schattenhalb<br />

AG» ging 1909 ans Netz.<br />

1917 wurde das Werk vom Besitzer<br />

einer Kalziumkarbidfabrik übernommen,<br />

der 1926 die Zentrale Schattenhalb<br />

2 als obere Stufe der Kraftwerksanlage<br />

errichten liess. Seit<br />

2010 vereint das Kraftwerk Schattenhalb<br />

3 die beiden alten Druckstufen<br />

in einer einzigen Anlage; der<br />

Betrieb der Zentrale 2 wurde eingestellt,<br />

die Zentrale 1 mit reduzierter<br />

Produktion weiterbetrieben.<br />

2015 nahm die BKW-Tochter EWR<br />

Energie die Gesamterneuerung des<br />

Kraftwerks Schattenhalb 1 in Angriff,<br />

Turbinen- und Generatoren wurden<br />

entfernt. Dasselbe war im Kraftwerk<br />

Schattenhalb 2 vorgesehen. Kurz<br />

vor der Demontage konnten Vertreter<br />

von Denkmalpflege und Heimatschutz<br />

das Gebäude erstmals auch<br />

im Innern besichtigen. Die Begeisterung<br />

über die vollständig erhaltene<br />

Apparatur und den hohen industriegeschichtlichen<br />

Wert der<br />

gesamten Anlage war gross. Es gelang<br />

in letzter Minute, die Bauarbeiten<br />

zu stoppen und stattdessen<br />

nach Möglichkeiten für den Erhalt zu<br />

suchen. Eine neu gegründete Stiftung<br />

prüft nun gangbare Wege, die<br />

eindrückliche Maschinerie nachhaltig<br />

zu bewahren und der Öffentlichkeit<br />

zugänglich zu machen. BaF


56 AUSWAHL | SELECTION<br />

Auswahl weiterer Bauprojekte 2014–2015<br />

Biel/Bienne<br />

- Albrecht-Haller-Str. 11<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Restaurierung Fassade<br />

und ausgemaltes<br />

Treppenhaus, Dachsanierung<br />

- Alpenstrasse 33/35<br />

Doppeleinfamilienhaus<br />

Fassaden- und Fensterrenovierung,<br />

Dachsanierung<br />

- Bahnhofstrasse 1<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Umbau Erdgeschoss,<br />

Einbau Tabakladen<br />

- Bahnhofstrasse 11<br />

Volkshaus<br />

Restaurierung Saal und<br />

Treppenhaus<br />

- Champagneallee<br />

Schulanlage Champagne<br />

Beton- und Dachsanierung<br />

- General-Dufour-Str. 30<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Renovierung Fassade<br />

und Fenster, Dachsanierung<br />

- General-Dufour-Str. 64a<br />

Mehrfamilienhaus<br />

Gesamtrenovierung<br />

innen, Fassadenrenovierung<br />

- Jakob-Rosius-Strasse 3<br />

Villa<br />

Renovierung Wohnung<br />

Erdgeschoss<br />

- Neuenburgstrasse 48<br />

Ehem. Pächterhaus<br />

Umbau und Renovierung<br />

Wohnung 1. OG<br />

- Nidaugasse 39<br />

Wohnhaus mit Laden<br />

Fassadenrenovierung<br />

und Dachsanierung<br />

- Paul-Robert-Weg 16<br />

Kinderheim Ried<br />

Gesamtsanierung<br />

- Rennweg 68–82<br />

Genossenschaftssiedlung<br />

Fensterersatz in Holz<br />

- Ring N.N.<br />

Vennerbrunnen<br />

Restaurierung Brunnenschale<br />

und Pflästerung<br />

- Schlösslistr. 35/37/39<br />

Schulhaus Bözingen-<br />

Mett «Chatelet»<br />

Gesamtsanierung<br />

- Seevorstadt N.N.<br />

Strassenbauliche<br />

Sanierung Nordachse<br />

West<br />

Restaurierung Mauern,<br />

Zäune, Brunnen,<br />

Einfassungen Rasenflächen<br />

an Promenade<br />

- Solothurnstrasse 1<br />

Ehem. Drahtwerk,<br />

Schraubenfabrik<br />

Gesamtsanierung, neue<br />

Nutzung<br />

- Unterer Quai 23<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Umnutzung Erdgeschoss<br />

- Unterer Quai 31a<br />

Atelier<br />

Fassadenrenovierung<br />

- Wasenstrasse 34–46<br />

Wohnüberbauung<br />

Umbau, Sanierung und<br />

Fassadenrenovierung<br />

Büren an der Aare<br />

- Aareweg 65<br />

Bauernhaus<br />

Umbau und Sanierung<br />

- Hauptgasse 6<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Ausbau Dachgeschoss<br />

zu Ärztezentrum<br />

Burgdorf<br />

- Bahnhofstrasse 35<br />

Postgebäude<br />

Aussensanierung,<br />

Dachausbau und<br />

Ertüchtigung Treppengeländer<br />

- Bernstrasse 9<br />

Ehem. Lager- und<br />

Bürogebäude<br />

Umbau und sanfte<br />

Sanierung<br />

- Hohengasse 13<br />

Wohnhaus<br />

Innenrenovierung und<br />

Wiederherstellung<br />

Alkovenzimmer mit<br />

Böden und Ofen<br />

- Kornhausgasse 7<br />

Ehem. Städt. Kornhaus<br />

Fassadensanierung<br />

2. Etappe<br />

- Metzgergasse 20<br />

Wohnhaus<br />

Umbau und Sanierung<br />

- Oberburgstrasse 4<br />

Villa, heute Wohnheim<br />

Aussensanierung<br />

Dotzigen<br />

- Lyssstrasse 24<br />

Alte Mühle<br />

Sanierung Mahlanlage,<br />

Dach und Verputz<br />

Fassade<br />

Erlach<br />

- Amthausgasse 16<br />

Pfarrhaus<br />

Renovierung hinterer Teil<br />

Herzogenbuchsee<br />

- Bernstrasse 15<br />

Umnutzung Erdgeschoss,<br />

Fassaden- und<br />

Dachsanierung<br />

- Oberstrasse 2<br />

Wohnhaus<br />

Ausbau und Sanierung<br />

Dachgeschoss, Fassadenrenovierung<br />

und<br />

Fensterersatz, Restaurierung<br />

Gartenzaun<br />

Hilterfingen<br />

- Dorfstrasse 49<br />

Mehrfamilienhaus<br />

Gesamtsanierung<br />

- Staatsstrasse 52<br />

Schloss Hünegg,<br />

Grottenanlage<br />

Wiederherstellung in<br />

drei Etappen<br />

Iseltwald<br />

- Dorf 29<br />

Haus Bären<br />

Gesamtsanierung<br />

Jegenstorf<br />

- General-Guisanstr. 5<br />

Schloss Jegenstorf<br />

Restaurierung Südfassade<br />

Kiesen<br />

- Bahnhofstrasse 22<br />

Bauernhaus<br />

Um- und Ausbau<br />

Kirchberg<br />

- Eystrasse N.N.<br />

Sonntagsschullokal der<br />

Fabrik Elsässer<br />

Umbau und Renovierung<br />

Köniz<br />

- Juchstrasse 9<br />

Altes Schulhaus Niederwangen<br />

Sanierung der Fassaden<br />

und der Innenräume<br />

- Liebewilstrasse 162<br />

Ofenhaus<br />

Renovierung<br />

- Muhlernstrasse N.N.<br />

Historische Schlossmauer<br />

Sanierung<br />

- Muhlernstrasse 3<br />

Pfarrhaus<br />

Sanierung Riegausfachung,<br />

neue Fenster<br />

nach historischem<br />

Vorbild, neue Bodenbeläge,<br />

Restaurierung


AUSWAHL | SELECTION<br />

57<br />

Festsaal inkl. Wiedereinbau<br />

Kachelofen<br />

Koppigen<br />

- Hauptstrasse 3<br />

Kirche<br />

Gesamtsanierung<br />

Krauchthal<br />

- Dorfstrasse 21<br />

Bauernhaus<br />

Umbau und Sanierung<br />

- Ey 144<br />

Stöckli<br />

Ausbau und Gesamtsanierung<br />

Leuzigen<br />

- Bürenstrasse 27<br />

Kirche<br />

Sanierung Kirchturm<br />

und Glockenstuhl<br />

Ligerz<br />

- Dorfgasse 19<br />

Ehem. Herbsthaus der<br />

Klosterlandvogtei<br />

Thorberg<br />

Um- und Ausbau<br />

Dachgeschoss<br />

Linden<br />

- Egglishäusern 141a<br />

Ofenhausspeicher<br />

Gesamtsanierung<br />

Moosseedorf<br />

- Schlössliweg 6<br />

Wohnstock<br />

Fassadenrenovierung<br />

Moutier<br />

- Rue Industrielle 18<br />

Usine<br />

Assainissement et<br />

amélioration thermique<br />

du toit<br />

Mühleberg<br />

- Buchstrasse 5<br />

Kirche<br />

Sanierung Kirchturm<br />

Nidau<br />

- Balainenweg 25<br />

Schule Balainen<br />

Renovierung<br />

- Hauptstrasse 28<br />

Wohn- und Geschäftshaus<br />

Umbau und Sanierung,<br />

Restaurierung des<br />

Interieurs<br />

Oberdiessbach<br />

- Schloss-Strasse 125<br />

Bauernhaus<br />

Um- und Ausbau<br />

- Thunstrasse 5<br />

Ehem. Rest. Bären<br />

Umfassende Teilsanierung<br />

Renan<br />

- Envers des Convers 40<br />

Pigeonnier<br />

Restauration<br />

- Place Ami-Girard 3<br />

Restauration des<br />

façades et de la toiture<br />

Rüdtligen-Alchenflüh<br />

- Hauptstrasse 9<br />

Villa<br />

Um- und Ausbau<br />

Rüegsau<br />

- Rüegsaustrasse 1<br />

Restaurant Sonne<br />

Fenstersanierung,<br />

Abbruch Saal<br />

Saanen<br />

- Chilchgasse 5<br />

Kirche<br />

Schindeleindeckung von<br />

Kirchenschiff und Turm<br />

Saint-Imier<br />

- Rue Francillon 2<br />

Restauration de<br />

l'enveloppe, aménagement<br />

d’une boutique<br />

Schüpfen<br />

- Schwanden 49a<br />

Speicher und Ofenhaus<br />

Umnutzung<br />

Seeberg<br />

- Bergstrasse 11<br />

Kirche<br />

Sanierung Kirchhofmauer<br />

Spiez<br />

- Bahnhofstrasse 12<br />

Bahnhof<br />

Gesamtsanierung und<br />

Restaurierung Fassaden<br />

Steffisburg<br />

- Bernstrasse 96<br />

Schulhaus<br />

Erweiterung und Sanierung<br />

Sumiswald<br />

- Eichholzstrasse 6<br />

Bauernhaus<br />

Sanierung Wohnteil und<br />

Umbau Ökonomieteil<br />

Tavannes<br />

- Rue du Général Voirol 7<br />

Eglise<br />

Restauration des vitraux<br />

et sauvegarde du<br />

clocher<br />

- Rue du Foyer 4<br />

Immeuble<br />

Réfection de la toiture,<br />

remplacement des<br />

volets et peinture des<br />

façades et toiture<br />

Thun<br />

- Scheibenstrasse 25<br />

Wohlfahrtshaus<br />

Gesamtsanierung<br />

- Schlossberg 12<br />

Stadtkirche Thun<br />

Gesamtsanierung<br />

Tramelan<br />

- Collège 13<br />

Halle de gymnastique<br />

Transformations et<br />

restaurations<br />

Twann-Tüscherz<br />

- Burgweg 8<br />

Ehem. Rebhaus<br />

Um- und Ausbau,<br />

Fassadenrenovierung<br />

Wangen an der Aare<br />

- Vorstadt 15/17<br />

ehem. Bauernhaus<br />

Gesamtsanierung


58 VERLUSTE | PERTES<br />

Verlorene Bauten<br />

TRACHSELWALD, ÄBNIT 46<br />

Bauernhaus von 1832<br />

Das als erhaltenswert eingestufte<br />

Bauernhaus ist Mitte April 2015 bis<br />

auf die Grundmauern abgebrannt.<br />

Die Bewohnerinnen und Bewohner<br />

verloren ihr ganzes Hab und Gut.<br />

Anfang <strong>2016</strong> haben die Arbeiten für<br />

den Ersatzneubau begonnen.<br />

OBERBURG, KRAUCHTHALSTRASSE 26A<br />

Stöckli mit Kern von 1703<br />

Trotz diverser Gutachten, Kostengutsprachen<br />

und einer vorfinanzierten<br />

Machbarkeitsstudie für einen<br />

Wohn- und Atelierumbau konnte das<br />

Stöckli, das nach jahrzehntelangem<br />

Leerstand und ungenügendem<br />

Dachunterhalt zu einer Gefahr für<br />

die Passanten geworden war, nicht<br />

gerettet werden.<br />

SCHATTENHALB, GRIMSELSTRASSE 53/53A<br />

Doppelwohnhaus von 1851<br />

Das schützenswerte Wohnhaus und<br />

die dazugehörige Scheune fielen im<br />

November 2015 einem verheerenden<br />

Brand zum Opfer. Einige Teile der<br />

reich verzierten Hauptfront und der<br />

Sockelbereich blieben zwar verschont,<br />

konnten jedoch aufgrund der<br />

insgesamt starken Zerstörung und<br />

der grossen Löschwasserschäden<br />

nicht erhalten werden.<br />

SCHWANDEN, OBERSCHWANDERSTR. 42<br />

Bauernhaus von 1728<br />

Das Bauernhaus in Schwanden<br />

bei Brienz gehörte zu den ältesten<br />

datierten Bauten in der Gemeinde.<br />

Trotz einer Baubewilligung für<br />

die Restaurierung wurden zuerst<br />

der Blockbau und anschliessend die<br />

Bruchsteinmauern vollständig<br />

abgebrochen. Ein für das Ortsbild<br />

von Schwanden wertvolles Gebäude<br />

ist unwiederbringlich zerstört.


EINBLICKE | APERÇUS<br />

59<br />

Von Ofenkacheln umgeben<br />

Einblick in den Arbeitsalltag von Ivana Wyniger<br />

Ivana Wyniger erfasst und dokumentiert<br />

eine umfangreiche historische<br />

Ofensammlung. Diese<br />

beinhaltet Werke des bekannten<br />

Kachelofenmalers Johann Heinrich<br />

Egli und viele weitere Ofenvariationen.<br />

Der Raum im obersten Geschoss eines<br />

Gewerbebaus ist gross, wird<br />

jedoch nahezu bis zum letzten Zentimeter<br />

genutzt: Unzählige Bananenschachteln<br />

und Holzharassen türmen<br />

sich im vorderen Bereich, dahinter<br />

stehen ordentlich aufgereiht stabile<br />

Holzkisten neueren Datums. «Hier<br />

befinden sich über hundert Öfen»,<br />

erklärt Ivana. Das vermeintliche Sammelsurium<br />

hat System: «In den Bananenkisten<br />

und Harassen befinden<br />

sich Ofenkacheln, die ich noch nicht<br />

erfasst und dokumentiert habe. Sobald<br />

ein Ofen bearbeitet ist, verpacke<br />

ich die einzelnen Kacheln in eine neue<br />

Holzkiste und lege das Datenblatt bei.»<br />

Die Kachelöfen stammen aus verschiedenen<br />

Regionen der Schweiz,<br />

hauptsächlich aber aus dem Kanton<br />

Bern. Als es darum ging, die bedeutsame<br />

Sammlung aufzulösen, wurde<br />

sie deshalb der Denkmalpflege des<br />

Kantons Bern angeboten. Immer wieder<br />

werden Kachelöfen aus dem Bauteillager<br />

der Denkmalpflege in geeignete<br />

Gebäude eingebaut, daher<br />

schien es sinnvoll, die Sammlung in<br />

den Bestand aufzunehmen.<br />

Die Sammlung wurde in der Folge<br />

vorübergehend eingelagert. Die Aufarbeitung<br />

und Eingliederung ins<br />

Bauteillager stand vorerst nicht zur<br />

Diskussion, wurde jedoch aktuell, als<br />

Ivana Wyniger bei der Denkmalpflege<br />

ein Praktikum absolvieren wollte. Sie<br />

ist gelernte Steinbildhauerin und belegt<br />

zurzeit den Masterlehrgang<br />

Denkmalpflege und Umnutzung an<br />

der Fachhochschule Burgdorf. Ein<br />

Glücksfall für die Denkmalpflege:<br />

Ivana verlängerte ihr Praktikum und<br />

nahm unter Anleitung der Ofenspezialisten<br />

der Denkmalpflege die Dokumentation<br />

der Öfen in Angriff.<br />

Im Moment liegen alle Kacheln des<br />

Ofens Nummer 54 ausgebreitet auf<br />

dem Boden. «Es ist jeweils wie Weihnachten,<br />

wenn ich einen neuen Ofen<br />

angehe und die Kacheln auspacke»,<br />

erzählt Ivana. Sie prüft dann die Vollständigkeit<br />

des Ofens und erstellt<br />

eine massgenaue Zeichnung des aufgebauten<br />

Zustands und der Profilschnitte.<br />

Die Kacheln werden fotografiert,<br />

nummeriert und digital erfasst,<br />

was auch wissenschaftlichen Zwecken<br />

dient. «Mit dieser Bauanleitung<br />

kann man einen Ofen relativ einfach<br />

einbauen», erläutert Ivana. Einer der<br />

Öfen soll demnächst in der Propstei<br />

Interlaken installiert werden – die beste<br />

Art, Kulturgüter zu bewahren. BaF


60 ZAHLEN | CHIFFRES<br />

Die Denkmalpflege in Zahlen – 2015<br />

ARBEITSGEBIET<br />

BAUBERATUNG<br />

UND SCHUTZ-<br />

OBJEKTE<br />

CHAMP D’ACTION<br />

DES CONSEILLERS<br />

TECHNIQUES ET<br />

OBJETS CLASSÉS<br />

BEHANDELTE<br />

GESCHÄFTE<br />

Objekte der Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern (ohne Stadt<br />

Bern)<br />

AFFAIRES<br />

TRAITÉES<br />

Objets du Service des monuments<br />

historiques (sans la<br />

ville de Berne)<br />

3734 478<br />

117<br />

403’567<br />

100%<br />

Total Bauten im Kanton Bern<br />

(ohne Stadt Bern)<br />

Total des bâtiments en canton de<br />

Berne (sans la ville de Berne)<br />

30’000<br />

7,4%<br />

Von der Denkmalpflege<br />

betreute Bauten<br />

(ohne Stadt Bern)<br />

6’073<br />

1,5%<br />

Bauten unter Schutz des<br />

Kantons oder des Bundes<br />

(ohne Stadt Bern)<br />

Bâtiments sous la<br />

protection du Canton<br />

ou de la Confédération<br />

(sans la ville de Berne)<br />

Bâtiments et projets de<br />

construction accompagnés par<br />

le Service des monuments<br />

historiques (sans la ville de Berne)<br />

Quellen | Sources: 1*, 2*, 3*<br />

Betreute Bauten und<br />

Bauvorhaben<br />

Bâtiments et projets<br />

de construction<br />

accompagnés<br />

ABKLÄRUNGEN<br />

ARCHIV, FOR-<br />

SCHUNG & BAU-<br />

DOKUMENTATION<br />

Anzahl Abklärungen<br />

Nombre de clarifications<br />

332<br />

Beitragsgeschäfte<br />

(ausbezahlt durch<br />

Lotteriefonds)<br />

Dossiers de<br />

contribution<br />

financière<br />

(versés par le<br />

Fonds de loterie)<br />

CLARIFICATIONS<br />

ARCHIVES,<br />

RECHERCHE &<br />

DOCUMENTATION<br />

TECHNIQUE<br />

Externe<br />

Anfragen<br />

Archiv und<br />

Forschung<br />

Stellungnahmen zu<br />

Wettbewerben und<br />

Planungsvorhaben<br />

Prises de position<br />

concernant des<br />

concours et projets<br />

de planification<br />

Quellen | Sources: 2*, 3*<br />

Demandes<br />

extérieures<br />

archives et<br />

recherches<br />

1525<br />

Total<br />

1193<br />

Interne Abklärungen<br />

Archiv,<br />

Forschung und<br />

Baudokumentation<br />

zu Geschäften<br />

der Bauberatung<br />

Demandes<br />

internes archives,<br />

recherche et<br />

documentation<br />

technique<br />

concernant des<br />

dossiers actuels<br />

des conseillers<br />

techniques<br />

Quellen | Sources: 2*


ZAHLEN | CHIFFRES<br />

61<br />

Le Service des monuments historiques<br />

en chiffres – 2015<br />

FINANZHILFEN<br />

CONTRIBUTIONS<br />

FINANCIÈRES<br />

FOLGE-<br />

INVESTITIONEN<br />

INVESTISSE-<br />

MENTS<br />

Objekte der Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern (ohne Stadt<br />

Bern)<br />

Ausbezahlte Finanzhilfen<br />

aus Mitteln des kantonalen<br />

Lotteriefonds<br />

12,6 Mio. CHF<br />

Contributions financières<br />

versées grâce à des<br />

prélèvements opérés sur<br />

le Fonds de loterie<br />

Ausbezahlte Finanzhilfen<br />

des Bundesamts für Kultur<br />

Objets du Service des monuments<br />

historiques (sans la<br />

ville de Berne)<br />

Der Schutz und die Pflege von<br />

Baudenkmälern, geschichtlichen<br />

Stätten und Ortsbildern tragen<br />

wesentlich zur Erhaltung der<br />

kulturellen Identität und Vielfalt<br />

unseres Kantons bei. Die Vielfalt<br />

des gebauten Erbes bildet eine<br />

wichtige Grundlage für den Tourismus<br />

und ist volkswirtschaftlich<br />

von Bedeutung. Die öffentliche<br />

Hand löst mit dem Beitrag in der<br />

Höhe eines Frankens Investitionen<br />

von acht weiteren Franken<br />

im Zusammenhang mit der Erhaltung<br />

des gebauten Erbes aus.<br />

La protection et la conservation<br />

du patrimoine bâti (monuments<br />

historiques, sites historiques,<br />

sites construits) font partie des<br />

tâches qui contribuent de<br />

manière significative au maintien<br />

de l’identité et de la diversité<br />

culturelles de notre pays. Des<br />

enquêtes portant sur les intérêts<br />

culturels du public montrent que<br />

les Suisses sont attachés à la<br />

conservation de leur patrimoine.<br />

Le tourisme et l’économie tirent<br />

un grand bénéfice de la diversité<br />

exceptionnelle des monuments<br />

et des paysages culturels.<br />

Chaque franc alloué par les<br />

pouvoirs publics à la conservation<br />

du patrimoine bâti génère huit<br />

francs d’investissement.<br />

1,6 Mio. CHF<br />

Contributions financières<br />

versées de l’Office fédéral<br />

de la culture<br />

Quellen | Sources: 2*, 3*<br />

1 CHF<br />

8 CHF<br />

KOSTEN<br />

PRO KOPF<br />

Pro Kopf der Kantonsbevölkerung<br />

generiert die Denkmalpflege<br />

einen Kostenaufwand<br />

von rund 7 Franken.<br />

COÛTS PAR<br />

HABITANT<br />

Le service des monuments<br />

historiques génère des coûts<br />

de 7 francs par habitant de la<br />

population du canton.<br />

Beitrag<br />

Contribution<br />

Folgeinvestitionen<br />

Investissements<br />

Quellen | Sources: 4*<br />

7,16<br />

CHF<br />

Quellen | Sources: 3*, 5*<br />

*Quellen | Sources:<br />

1 Amt für Geoinformation, BEGID, Total Gebäude 2015 |<br />

Office de l'information géographique, BEGID, bâtiments Total 2015<br />

2 Geschäftsstatistik der Denkmalpflege des Kantons Bern |<br />

Statistiques du Service des monuments historiques du canton de Berne<br />

3 Datenbank Lotteriefonds/Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern |<br />

Base de données du Fonds de loterie/Direction de la police et des<br />

affaires militaires<br />

4 Zitiert in der Kulturbotschaft 2012–2015. Quelle: NIKE, Die volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung der Denkmalpflege in der Schweiz, Bern und Zürich, Mai<br />

1991 (aktuellere Studien sind nicht verfügbar). |<br />

Cité dans le message sur la culture 2012–2015. Source: NIKE, Die volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung der Denkmalpflege in der Schweiz, Bern und<br />

Zürich, Mai 1991 (des études plus actuelles ne sont pas disponibles).<br />

5 FIS 2000


62 PUBLIKATIONEN | PUBLICATIONS<br />

Baukultur per App und<br />

Internet entdecken<br />

Baudenkmäler begleiten und prägen<br />

uns im Alltag. Sie sind die baulichen,<br />

authentischen Zeugnisse unserer Geschichte<br />

und Kultur. Die Baudenkmäler<br />

des Kantons Bern sind im Bauinventar<br />

erfasst, beschrieben und bewertet. Die<br />

Daten des Bauinventars sind online<br />

oder per Smartphone-Applikation einsehbar.<br />

Interessierten Privatpersonen,<br />

Gemeinden oder Bauschaffenden<br />

steht damit ein praktisches Recherche-Instrument<br />

zur Verfügung.<br />

Die digitale Abfrage präsentiert einen<br />

aktuellen, aber rechtlich nicht verbindlichen<br />

Datenauszug aus dem<br />

Bauinventar. Die rechtsgültige Ausgabe<br />

des kantonalen Bauinventars<br />

liegt auf den Gemeinden und auf<br />

den Regierungsstatthalterämtern in<br />

gedruckter Form vor.<br />

Bauinventar online<br />

Auf der Internetseite der Denkmalpflege<br />

ist das Inventar unter «Bauinventar<br />

online» zu finden. Die Suche<br />

erfolgt mit Hilfe einer einfachen<br />

Suchmaske. Via Gemeinde oder<br />

Adresse kann gezielt nach Baudenkmälern,<br />

nach ihrer Bewertung oder<br />

nach geschützten Baudenkmälern<br />

gesucht werden. Im Suchergebnis<br />

sind die Baudenkmäler mit einer<br />

Fotografie illustriert, dazu erläutert<br />

ein Kurztext die besonderen Qualitäten<br />

des Objekts sowie seine<br />

fachliche Bewertung.<br />

denkmappBE<br />

Per Smartphone oder Tablet erfolgt<br />

der Zugriff auf das Bauinventar mit<br />

der Applikation «denkmappBE».<br />

Diese kann in den Stores für Apple,<br />

Android und Windows kostenlos<br />

heruntergeladen werden. Die Suche<br />

erfolgt via Gemeinde oder Adresse.<br />

Das Suchergebnis liefert zusätzlich<br />

zum beschreibenden Kurztext<br />

mit Foto auch eine Kartenansicht<br />

des jeweiligen Objekts.<br />

Das Bauinventar im Geoportal<br />

Das Geoportal der Bau-, Verkehrsund<br />

Energiedirektion BVE ist die<br />

offizielle Publikationsplattform des<br />

Kantons Bern für Geoinformationen.<br />

Das Bauinventar ist im Kartenangebot<br />

des Geoportals zu finden.<br />

Die Kartenanwendung ermöglicht<br />

die übersichtliche Lokalisierung der<br />

Baudenkmäler und bietet einen<br />

Überblick über den ganzen Kanton.<br />

Die Suche nach Baudenkmälern,<br />

Baugruppen oder Strukturgruppen<br />

erfolgt über die Zoomfunktion oder<br />

über die Adresse.<br />

www.be.ch/geoportal<br />

www.be.ch/denkmalpflege


PUBLIKATIONEN | PUBLICATIONS<br />

63<br />

Découvrir le patrimoine bâti<br />

en ligne et sur App<br />

Les monuments historiques nous accompagnent<br />

au quotidien. Ils sont les<br />

témoins architecturaux authentiques<br />

de notre histoire et de notre culture.<br />

Les monuments historiques du canton<br />

de Berne sont recensés, décrits et<br />

évalués techniquement dans le recensement<br />

architectural. Ce dernier est<br />

disponible sur Internet et via une application<br />

mobile.<br />

Le recensement architectural constitue<br />

donc un outil de recherche<br />

pratique pour les particuliers intéressés,<br />

les communes et les spécialistes<br />

du bâtiment. Les données numériques<br />

sont un extrait actuel et non<br />

contraignant sur le plan juridique du<br />

recensement architectural. La version<br />

légalement valide de celui-ci est<br />

disponible au format papier dans les<br />

communes et dans les préfectures.<br />

Recensement architectural<br />

en ligne<br />

Sur la page Internet du Service des<br />

monuments historiques, l’application<br />

en ligne du recensement architectural<br />

se trouve sous la rubrique « Recensement<br />

architectural en ligne ».<br />

A l’aide d’un masque de recherche<br />

simple, elle permet une recherche<br />

par commune, adresse, appréciation<br />

ou par monument historique classé.<br />

Dans la liste des résultats, les monuments<br />

sont accompagnés d’une<br />

photo, d’un texte bref présentant<br />

leurs principales caractéristiques et<br />

d’une indication sur leur classement.<br />

denkmappBE<br />

L’application « denkmappBE »<br />

(en allemand) permet d’accéder au<br />

recensement architectural sur smartphone<br />

ou tablette. Elle peut être<br />

téléchargée gratuitement depuis<br />

l’App Store, l’Android Market et le<br />

Windows Store. La recherche est<br />

ciblée par commune ou par adresse.<br />

Les résultats sont présentés au<br />

moyen d’un texte succinct, d’une<br />

photo et d’une carte.<br />

Le recensement architectural sur<br />

le géoportail<br />

Les objets du recensement architectural<br />

figurent également dans l’offre<br />

cartographique du géoportail de<br />

la Direction des travaux publics, des<br />

transports et de l’énergie (TTE), la<br />

plate-forme officielle du canton de<br />

Berne pour la publication des informations<br />

géographiques. Grâce à<br />

l’utilitaire de carte, il est facile d’obtenir<br />

un aperçu de la localisation des<br />

monuments historiques sur tout<br />

le territoire cantonal. On trouve ainsi<br />

aisément les objets souhaités au<br />

moyen d’une fonction de recherche<br />

ciblée par monument, par ensemble<br />

bâti ou par ensemble structuré ou<br />

encore en les cherchant sur la carte<br />

par leur adresse ou en zoomant.<br />

www.be.ch/geoportail<br />

www.be.ch/monuments-historiques


64<br />

TERMINE | CALENDRIER<br />

Termine | Calendrier <strong>2016</strong><br />

Denkmalpflegepreis<br />

<strong>2016</strong> verleiht die Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern bereits zum<br />

siebten Mal einen Anerkennungspreis<br />

für die Restaurierung und<br />

Weiterentwicklung eines Baudenkmals.<br />

In diesem Jahr geht die Auszeichnung<br />

an die Besitzerinnen und<br />

Besitzer eines Doppel-Einfamilienhauses<br />

von 1903. Die beiden Bauherrschaften<br />

haben die Interieurs<br />

ihrer Hausteile unabhängig voneinander<br />

pragmatisch an die eigenen<br />

Bedürfnisse angepasst und<br />

sorgfältig restauriert. Bewährtes<br />

wurde belassen, die Infrastruktur<br />

mit wenigen Eingriffen optimiert.<br />

Genauso pragmatisch entwickelten<br />

die Bauherrschaften für die gemeinsame<br />

Fassadenrestaurierung<br />

ein Farb- und Materialkonzept, das<br />

auch bei zukünftigen Unterhaltsarbeiten<br />

den Rahmen vorgeben wird.<br />

Spezialpreis<br />

Der Spezialpreis <strong>2016</strong> würdigt das<br />

Engagement einer Bauherrin, die<br />

sich mit viel Elan für einen ehemaligen<br />

Lager- und Gewerbebau von<br />

1860 in Burgdorf eingesetzt hat.<br />

Das Porträt der beiden ausgezeichneten<br />

Objekte erscheint in<br />

der Zeitschrift UMBAUEN+<br />

RENOVIEREN. Das Separatum der<br />

Reportage kann bei der Denkmalpflege<br />

bestellt werden.<br />

Ausstellung in Bern<br />

vom 20. Mai bis 18. Juni <strong>2016</strong><br />

Galerie Kornhausforum<br />

Di–Fr 10–19 Uhr, Sa 10–17 Uhr<br />

Ausstellung in Biel<br />

vom 21. Juni bis 24. Juli <strong>2016</strong><br />

Neues Museum Biel<br />

Di–So 11–17 Uhr<br />

Prix des monuments<br />

historiques<br />

C’est la septième fois que le Service<br />

des monuments historiques<br />

du canton de Berne a décerné son<br />

prix, qui distingue la restauration<br />

et l’aménagement d’un bâtiment<br />

historique.<br />

En <strong>2016</strong>, le prix des monuments<br />

historiques est décerné aux deux<br />

maîtres d’ouvrage d’une maison<br />

jumelée de 1903 à Bienne. Les<br />

propriétaires ont restauré leur intérieur<br />

indépendamment les uns<br />

des autres avec beaucoup de soin<br />

et avec un approche pragmatique,<br />

axée sur la substance bâtie<br />

ancienne. Ils ont amélioré l’équipement<br />

en ménageant la substance,<br />

laissant des éléments éprouvés.<br />

Conjointement ils ont restauré la<br />

façade et créé pour cela une gamme<br />

de couleurs et de matériaux. Ce<br />

programme servira de guide pour<br />

de futurs travaux d’entretien.<br />

Prix spécial<br />

Le prix spécial <strong>2016</strong> récompense<br />

quant à lui l’engagement d’un<br />

maître d’ouvrage de Berthoud, qui<br />

s’est investi corps et âme dans la<br />

restauration d’un ancien bâtiment<br />

artisanal.<br />

Le portrait des deux objets récompensés<br />

paraîtra dans la revue<br />

UMBAUEN+RENOVIEREN. Le<br />

tiré à part du reportage peut être<br />

commandé auprès du Service des<br />

monuments historiques.<br />

Exposition à Berne<br />

du 20 mai au 18 juin <strong>2016</strong><br />

Galerie Kornhausforum<br />

ma–ve 10–19h, sa 10–17h<br />

Exposition à Bienne<br />

du 21 juin au 24 juillet <strong>2016</strong><br />

Nouveau Musée Bienne<br />

ma–di 11–17h<br />

Denkmalpflegepreis <strong>2016</strong>:<br />

Doppelwohnhaus in Biel |<br />

Prix des monuments historiques<br />

<strong>2016</strong> : maison jumelée à Bienne


TERMINE | CALENDRIER<br />

65<br />

Führungen <strong>2016</strong>:<br />

Ortstermin <strong>Fachwerk</strong><br />

Der neue Führungszyklus der<br />

kantonalen Denkmalpflege präsentiert<br />

von Juni bis November eine<br />

bunte Reihe von Besichtigungen.<br />

Treffen Sie uns vor Ort!<br />

Zusätzliche Informationen:<br />

www.be.ch/denkmalpflege<br />

Visites <strong>2016</strong> : <strong>Fachwerk</strong>,<br />

venir pour voir<br />

Dans le cadre de son nouveau<br />

cycle de visites, qui s’étendra de<br />

juin à novembre, le Service des<br />

monuments historiques permettra<br />

au public de découvrir toute une<br />

série de bâtiments uniques.<br />

N’hésitez pas à venir nous voir !<br />

Informations complémentaires :<br />

www.be.ch/monuments-historiques<br />

Burgdorf: Gewerbecharme<br />

und Gebrauchsspuren<br />

9. Juni, 18 Uhr, Bernstrasse 9<br />

Biel/Bienne: Ästhetik und<br />

Qualität | Esthetique et qualité<br />

16. Juni, 18 Uhr | 16 juin, 18 h,<br />

Alpenstrasse 33/35<br />

Taubenlochschlucht:<br />

Sommer-Schlucht-Wanderung<br />

21. Juli, 18 Uhr, Bushaltestelle<br />

«Taubenloch» (mit Anmeldung)<br />

La Neuveville:<br />

Le bon goût de vivre en ville<br />

25 aôut, 18 h, Rue du Marché 17<br />

Gsteig: Der Apfelschuss<br />

in Gsteig bei Gstaad<br />

20. Oktober, 18 Uhr, Müligässli 4<br />

Steffisburg: Pferderegieanstalt –<br />

neue Nutzung<br />

17. November, 17.45 Uhr, Schwäbisstrasse<br />

56 (mit Anmeldung)<br />

Spezialpreis <strong>2016</strong>: ehem. Lagerund<br />

Gewerbebau in Burgdorf |<br />

Prix spécial <strong>2016</strong> : ancien bâtiment<br />

artisanal à Berthoud<br />

Europäische Tage<br />

des Denkmals<br />

Journées européennes<br />

du patrimoine<br />

Die 23. Ausgabe der Europäischen<br />

Tage des Denkmals findet zum<br />

Thema «Oasen» statt und rückt<br />

Entspannungsorte aller Art ins<br />

Scheinwerferlicht: Von historischen<br />

Gärten, Landschaftsparks und<br />

urbanen Plätzen bis zu gestalteten<br />

Firmenarealen und Kulturlandschaften.<br />

Das detaillierte Programm ist ab<br />

Juli im Internet aufgeschaltet:<br />

www.be.ch/denkmalpflege<br />

La 23e édition des Journées<br />

européennes du patrimoine<br />

sera consacrée au thème « Oasis<br />

des villes, oasis des champs » et<br />

met en évidence toutes sortes<br />

de lieux de détente : jardins historiques,<br />

parcs paysagers, places,<br />

cités-jardins, jardins et parcs de<br />

grandes entreprises ou paysages<br />

humanisés.<br />

Le programme sera disponible sur<br />

notre site internet à partir de juillet :<br />

www.be.ch/monuments-historiques


66<br />

PERSONELLES | PERSONNEL<br />

Mitarbeitende | Employés<br />

Stand Anfang April <strong>2016</strong> |<br />

Etat début avril <strong>2016</strong><br />

59 Personen teilen sich 42 Vollzeitstellen<br />

(inklusive befristete Projektstellen)<br />

| 59 personnes se partagent<br />

42 postes à plein temps (postes de<br />

projet à durée déterminée inclus)<br />

Abteilungsleitung |<br />

Direction de la section<br />

Michael Gerber (MG)<br />

Stab | Etat-major<br />

Barbara Frutiger (BaF)<br />

Beat Käsermann<br />

Doris Sommer<br />

Beatrice Stadelmann<br />

Bau- und Ortsbildpflege |<br />

Conseils techniques et conservation<br />

des sites construits<br />

Tatiana Lori, Leitung | direction<br />

Lukas Auf der Maur<br />

Anne-Marie Biland<br />

Olivier Burri<br />

Peter Ernst<br />

Sandra Grossenbacher<br />

Renate Haueter (RHA)<br />

Fritz Hebeisen<br />

Laurie Lehmann<br />

Isabella Meili-Rigert (IMR)<br />

Stefan Moser (SMO)<br />

Dominique Plüss (DOP)<br />

Hanspeter Ruch<br />

Eduard Salzmann<br />

Eva-Maria Schäfer (EMS)<br />

Ralph Schmidt<br />

Fabian Schwarz (FAS)<br />

Adrian Stäheli<br />

Rolf Weber<br />

Ivana Wyniger<br />

Stephan Zahno (STZ)<br />

Forschung und Bauinventar |<br />

Recherche et recensement<br />

architectural<br />

Richard Buser, Leitung | direction<br />

Heinrich Christoph Affolter<br />

Zita Caviezel<br />

Maria D'Alessandro<br />

Jürg Hünerwadel<br />

Katrin Kaufmann<br />

Edith Keller<br />

Katja Köhler-Schneider<br />

René Kölliker (RK)<br />

Andrea Liechti<br />

Isabelle Roland<br />

Andrzej Rulka<br />

Ursula Schneeberger<br />

Robert Walker<br />

Matthias Walter<br />

Andrea Zellweger<br />

Baudokumentation und Archiv |<br />

Documentation technique et<br />

archives<br />

Barbara Imboden, Leitung | direction<br />

Ester Adeyemi<br />

Rolf Bachmann<br />

Peter Bannwart (PB)<br />

Jürg Frey<br />

Nicole Habegger<br />

Beat Schertenleib<br />

Elisabeth Schneeberger<br />

Nicole Wälti<br />

Esther Wetli<br />

Hans Peter Würsten<br />

Support<br />

Regina Fedele Gerber, Leitung |<br />

direction<br />

Karin Aufenast<br />

Karin Bolliger<br />

Sophie Burri<br />

Christina Mooser<br />

Ruth Thomet<br />

Ausblick | Perspectives<br />

In Szene gesetzt<br />

Oft sind es Details, die einen Bau<br />

wirksam in Szene setzen:<br />

Der repräsentative Bauschmuck<br />

demonstriert den Macht- und<br />

Prestigeanspruch seines Bauherrn<br />

oder seiner Bauherrin, die auffällige<br />

Beschriftung eines Industriebaus<br />

ist Teil des Marketingkonzepts, die<br />

Beleuchtung inszeniert die Architektur<br />

bei Nacht, das Wirtshausschild<br />

ist unentbehrlich für das<br />

Gasthaus. Das «<strong>Fachwerk</strong>» 2017<br />

rückt die Details ins Zentrum.<br />

Mise en scène<br />

Souvent, ce sont les détails qui<br />

mettent véritablement un bâtiment<br />

en scène : les décors ornant un<br />

bâtiment assoient le pouvoir d’un<br />

maître d’ouvrage, une inscription<br />

caractéristique apposée sur un<br />

bâtiment industriel fait partie intégrante<br />

du concept marketing, un<br />

éclairage subtil dévoile la nuit des<br />

éléments d’architecture insoupçonnés<br />

et que serait une auberge sans<br />

son enseigne typique ? Dans la revue<br />

« <strong>Fachwerk</strong> » 2017, les détails sont<br />

projetés sur le devant de la scène.


IMPRESSUM<br />

67<br />

Der Tipp<br />

Geschichten vom Bauen.<br />

Ein Sachbuch von Globi<br />

Globi entdeckt das Bauen. Er<br />

erkundet Baustellen, trifft Architekten<br />

und Bauleute, die ihm Einblicke<br />

in ihre Arbeit gewähren. Auf einfache<br />

und spannende Art wird Wissenswertes<br />

zu den Themen Bauen,<br />

Architektur, Heimatschutz und<br />

Stadtentwicklung vermittelt. Globi<br />

macht auch Bekanntschaft mit<br />

Ferien im Baudenkmal, der Stiftung<br />

des Schweizer Heimatschutzes, und<br />

lernt das Huberhaus in Bellwald<br />

kennen. Das Buch bietet Gross und<br />

Klein umfassende, spannende und<br />

unterhaltsame Informationen.<br />

Die verschiedenen Themen sind in<br />

Zusammenarbeit mit Köbi Gantenbein<br />

von der Zeitschrift Hochparterre,<br />

mit dem Heimatschutz Schweiz<br />

und mit weiteren Fachleuten aus den<br />

verschiedenen Bereichen erarbeitet<br />

worden.<br />

Ein Buch für Kinder von 7 bis 12<br />

Jahren – aber auch für interessierte<br />

Erwachsene.<br />

Geschichten vom Bauen.<br />

Ein Sachbuch von Globi<br />

Text: Hubert Bächler, Illustrationen:<br />

Daniel Müller. Globi Wissen Band 5, 2010.<br />

96 Seiten, gebunden, 17 x 28.5 cm,<br />

ISBN 978-3-85703-372-8.<br />

Impressum<br />

Herausgeber | Editeur<br />

Erziehungsdirektion des Kantons<br />

Bern, Amt für Kultur, Denkmalpflege<br />

| Direction de l’instruction<br />

publique du canton de Berne,<br />

Office de la culture, Service des<br />

monuments historiques<br />

Redaktionsteam |<br />

Equipe de rédaction<br />

Richard Buser<br />

Barbara Frutiger<br />

Michael Gerber<br />

Tatiana Lori<br />

Doris Sommer<br />

Beatrice Stadelmann<br />

Gestaltung | Graphisme<br />

Bernet & Schönenberger, Zürich<br />

Layout | Mise en page<br />

Katrin Kaufmann<br />

Druck | Impression<br />

Stämpfli Publikationen AG, Bern<br />

Bestellung | Commande<br />

Denkmalpflege des Kantons Bern<br />

031 633 40 30<br />

denkmalpflege@erz.be.ch<br />

Abbildungsnachweise |<br />

Crédits iconophiques<br />

Yves André, St-Aubin-Sauges: S. 6<br />

(rechts); Atelier Wehrlin, Wünnewil:<br />

S. 18, S. 19 (beide); Rolf Bachmann,<br />

Denkmalpflege des Kantons Bern:<br />

S. 23 (rechts); Bauinventar, Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern: S. 4, S. 5,<br />

S. 6 (links), S. 8, S. 26, S. 27, S. 50<br />

(Mitte), S. 58 (alle), S. 66; Jacques<br />

Bélat, Courtemautruy: S. 27 (unten),<br />

S. 47 (Mitte); Urs Bertschinger, Biel/<br />

Bienne: S. 23 (links); Markus Beyeler,<br />

Hinterkappelen: S. 2, S. 26 (unten);<br />

BHP Raumplan AG, Bern: S. 17<br />

(links); Christine Blaser, Schär Buri<br />

Architekten, Bern: S. 10 (beide);<br />

Daniel Brotschi, ars viridis GmbH,<br />

Biel/Bienne: S. 43 (beide), S. 65;<br />

Michael Fischer, Fischer & Partner AG<br />

Restauratoren, Bern: S. 40, S. 41<br />

(beide); GHZ Architekten AG, Belp:<br />

S. 20 (rechts); Christian Helmle, Thun:<br />

S. 55; Ralph Hut, Zürich: S. 54 (links);<br />

ISOS Bundesinventar der schützenswerten<br />

Ortsbilder der Schweiz,<br />

© Bundesamt für Kultur BAK, Bern:<br />

S. 7, S. 13 (links), S. 16 (rechts);<br />

Matthias Kilchhofer, Fischer & Partner<br />

AG Restauratoren, Bern: S. 53<br />

(rechts); René Koelliker, Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern: S. 7 (Mitte<br />

links); Isabella Meili-Rigert, Denkmal-<br />

pflege des Kantons Bern: S. 54<br />

(Mitte); Verena Menz, Burgdorf: S. 65<br />

(oben); Orthophotomosaik SWISS-<br />

IMAGE © swisstopo (DV5704002406/<br />

000010): S. 17 (rechts); Dominique<br />

Plüss, Denkmalpflege des Kantons<br />

Bern: S. 51 (links); Damian Poffet,<br />

Liebefeld-Bern: S. 50 (links); Richtplan<br />

2030 Kanton Bern, Amt für<br />

Gemeinden und Raumordnung: S. 7,<br />

S. 14; Beat Schertenleib, Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern: S. 9 (beide),<br />

S. 12 (beide), S. 20 (links), S. 21,<br />

S. 22, S. 24, S. 25, S. 27 (Mitte),<br />

S. 28, S. 29, S. 30, S. 32, S. 33 (alle),<br />

S. 34 (beide), S. 35, S. 36, S. 37<br />

(beide), S. 38, S. 39 (rechts), S. 42,<br />

S. 45 (alle), S. 46 (Mitte und rechts),<br />

S. 47 (links und rechts), S. 48 (alle),<br />

S. 49 (Mitte und rechts), S. 50 (Mitte),<br />

S. 50 (Mitte und rechts), S. 52 (links),<br />

S. 54 (rechts), S. 59; Marco Schibig,<br />

Bern: S. 44, S. 49 (links); Fabian<br />

Schwarz, Denkmalpflege des Kantons<br />

Bern: S. 52 (Mitte); Fotoatelier<br />

Spring GmbH, Oberburg: S. 46<br />

(links); Adrian Stäheli, Denkmalpflege<br />

des Kantons Bern: S. 15; Tourismus<br />

& Naturpark Diemtigtal: S. 13 (rechts);<br />

Rolf Weber, Denkmalpflege des<br />

Kantons Bern: S. 52 (rechts); Stefan<br />

Weber, Jens: S. 64.<br />

© Denkmalpflege des Kantons Bern<br />

<strong>2016</strong>. Der Nachdruck des Werks ist<br />

nur mit Bewilligung der Denkmalpflege<br />

gestattet.<br />

ISBN 978-3-9523701-4-8


Erziehungsdirektion<br />

des Kantons Bern<br />

Amt für Kultur<br />

Denkmalpflege<br />

Direction de l’instruction<br />

publique du canton de Berne<br />

Office de la culture<br />

Service des monuments<br />

historiques<br />

www.be.ch/denkmalpflege<br />

www.be.ch/monuments-historiques

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