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Traveller's World Heft 37

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cORNwaLL<br />

stellen, hat zumindest seine Stellung behalten. Hervorgehoben übers rauschende Meer auf<br />

einer weit ins Meer hinausgeschobenen Klippe, wirkt das Headland wie ein maritimes Pendant<br />

des Hotels, das neben Jack Nicholson die Hauptrolle in „The Shining“ spielte (Apropos: Der<br />

diabolische Mime war hier Dauergast, als seine Freundin Angelica Huston hier die Hoch- und<br />

Großmeisterhexe gab).<br />

Um die Ecke des Fistral Beach (der einen magischen Klang hat in einer eingeschworenen<br />

Gemeinschaft von Menschen, denen schmale Bretter die Welt bedeuten) bezog früher der<br />

huer Stellung, dessen Aufgabe nicht geringer war, als den Bewohnern des Fischerdorfes<br />

Newquay den Lebensunterhalt zu sichern. Denn sobald ihm die typischen kleinen Wellen<br />

draußen vor der Küste signalisierten, dass große Sardinenschwärme unterwegs waren, rief er<br />

mit einer Art Megaphon die Männer zu den Booten, um den Fang zu machen.<br />

die Prideaux-brunes gehören heute sicher nicht zum<br />

verarmten adel. aber vor Geld stinken tun sie auch nicht<br />

Das ist natürlich Vergangenheit; ganz so dramatisch ist die Gegenwart nicht. Wenn die<br />

Wolken tief hängen, die Farben der Landschaft nivellieren und das Grau des Granits, aus dem<br />

hier vieles bis alles gebaut ist, ins Triste changiert, kann Cornwall sogar auf die Stimmung schlagen.<br />

Aber die Chance ist groß, dass der Wind ein Loch, viele Löcher in den Himmel reißt, durch<br />

die sich die Strahlen der Sonne kämpfen können, um die Landschaft zum Leben zu erwecken.<br />

Und es ist gerade diese dauernd wechselnde Kulisse, die Filmleute, Maler und Schreiber Englands<br />

äußers ten Südwesten immer wieder als Inspiration ihrer Erzählungen nutzen lässt.<br />

Dass ganz Cornwall für viele Besucher aus Deutschland einen hohen Wiedererkennungswert<br />

hat, liegt an einer Frau, die seit 70 Jahren gute zehn Autostunden entfernt in<br />

Schottland lebt und im Aktionsraum ihrer Romane so gut wie kein local kennt, nicht mal<br />

in ihrem Geburtsort Lelant südostlich von St. Ives. Von dort waren wir hergekommen,<br />

genauer: fortgeflüchtet, weil wir in der angeblichen Künstlerhochburg statt der erwarteten<br />

Musenküsse eines leichtfüßig-intellektuellen Flairs schmerzhafte Backpfeifen eines adipösen,<br />

körperbemalten, rollatorbewegten Tourismus empfangen haben. Einzig am Porthminster<br />

Beach illustrieren ein makelloser, goldgelber Sand, ein paar Palmen und ein prächtiges Café die<br />

vergeudeten Möglichkeiten.<br />

Hier jedenfalls begegnen wir Rosamunde Pilcher nicht.<br />

In einem bezaubernden Herrenhaus nordöstlich von<br />

New quay dagegen, jenseits der dramatischen Felsküste<br />

Bedruthan Steps, ist sie unausweichlich. Als wir vor der<br />

schweren Eichentür von Prideaux Place ankommen,<br />

müs sen wir zwischen zwei Besichtigungsangeboten<br />

wählen. Das besser gebuchte streicht – in deutscher Sprache<br />

– die Rolle des Schlosses als Schauplatz von gut 20 der inzwischen über 130 Folgen der Rosa -<br />

munde-Pilcher-Verfilmungen heraus. Die Tour auf Englisch übernimmt Elizabeth Prideaux-Brune,<br />

die ger tenschlanke Dame des Hauses. Und erzählt, wie die ins 11. Jahrhundert zurückreichende<br />

wFamilie politisch immer auf der falschen Seite stand, hin und wieder mit Freibeutern gemeinsame<br />

Sache machte, eher aus Versehen Premierministerin Margaret Thatcher gefangen hielt und immer<br />

wieder gegen Schwämme und Wucherungen in den alten Mauern zu kämpfen hat.<br />

Was Lady Elizabeth auch durchblicken lässt: Die Prideaux-Brunes sind heute nicht<br />

unbedingt das, was man verarmten Adel nennen müsste. Aber vor Geld stinken tun sie auch<br />

nicht. Und deshalb sind sie nicht unglücklich, wenn die deutschen TV-Exegeten der Pilcher-<br />

Romantik ihren Besitz hin und wieder als Bühne nutzen. Nicht unglücklich und durchaus ein<br />

bisschen amüsiert. Zum Beispiel, wenn die deutsche Fernsehprominenz nach Ende des Drehtages<br />

die Promenade des fast ein wenig quirligen Hafenstädtchens Padstow entlang stolziert – in<br />

der Sonne eines Ruhmes, der im Einzelfall ausreicht, der Frau eines Bundesministers den Mann<br />

auszuspannen – und von den locals nicht erkannt wird.<br />

ThiNk piNk<br />

Weil das Wetter nicht immer<br />

mitspielt, beleben die Briten<br />

ihren alltag, wie hier in einer<br />

seitengasse des Hafenstädtchens<br />

Padstow, mit kräftigen<br />

Farben. der „dornenauszieher”<br />

an einer außenmauer<br />

von Prideaux Place dagegen<br />

hat sich im lauf der Jahrhunderte<br />

immer mehr seiner<br />

Umgebung angepasst<br />

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