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cORNwaLL<br />
stellen, hat zumindest seine Stellung behalten. Hervorgehoben übers rauschende Meer auf<br />
einer weit ins Meer hinausgeschobenen Klippe, wirkt das Headland wie ein maritimes Pendant<br />
des Hotels, das neben Jack Nicholson die Hauptrolle in „The Shining“ spielte (Apropos: Der<br />
diabolische Mime war hier Dauergast, als seine Freundin Angelica Huston hier die Hoch- und<br />
Großmeisterhexe gab).<br />
Um die Ecke des Fistral Beach (der einen magischen Klang hat in einer eingeschworenen<br />
Gemeinschaft von Menschen, denen schmale Bretter die Welt bedeuten) bezog früher der<br />
huer Stellung, dessen Aufgabe nicht geringer war, als den Bewohnern des Fischerdorfes<br />
Newquay den Lebensunterhalt zu sichern. Denn sobald ihm die typischen kleinen Wellen<br />
draußen vor der Küste signalisierten, dass große Sardinenschwärme unterwegs waren, rief er<br />
mit einer Art Megaphon die Männer zu den Booten, um den Fang zu machen.<br />
die Prideaux-brunes gehören heute sicher nicht zum<br />
verarmten adel. aber vor Geld stinken tun sie auch nicht<br />
Das ist natürlich Vergangenheit; ganz so dramatisch ist die Gegenwart nicht. Wenn die<br />
Wolken tief hängen, die Farben der Landschaft nivellieren und das Grau des Granits, aus dem<br />
hier vieles bis alles gebaut ist, ins Triste changiert, kann Cornwall sogar auf die Stimmung schlagen.<br />
Aber die Chance ist groß, dass der Wind ein Loch, viele Löcher in den Himmel reißt, durch<br />
die sich die Strahlen der Sonne kämpfen können, um die Landschaft zum Leben zu erwecken.<br />
Und es ist gerade diese dauernd wechselnde Kulisse, die Filmleute, Maler und Schreiber Englands<br />
äußers ten Südwesten immer wieder als Inspiration ihrer Erzählungen nutzen lässt.<br />
Dass ganz Cornwall für viele Besucher aus Deutschland einen hohen Wiedererkennungswert<br />
hat, liegt an einer Frau, die seit 70 Jahren gute zehn Autostunden entfernt in<br />
Schottland lebt und im Aktionsraum ihrer Romane so gut wie kein local kennt, nicht mal<br />
in ihrem Geburtsort Lelant südostlich von St. Ives. Von dort waren wir hergekommen,<br />
genauer: fortgeflüchtet, weil wir in der angeblichen Künstlerhochburg statt der erwarteten<br />
Musenküsse eines leichtfüßig-intellektuellen Flairs schmerzhafte Backpfeifen eines adipösen,<br />
körperbemalten, rollatorbewegten Tourismus empfangen haben. Einzig am Porthminster<br />
Beach illustrieren ein makelloser, goldgelber Sand, ein paar Palmen und ein prächtiges Café die<br />
vergeudeten Möglichkeiten.<br />
Hier jedenfalls begegnen wir Rosamunde Pilcher nicht.<br />
In einem bezaubernden Herrenhaus nordöstlich von<br />
New quay dagegen, jenseits der dramatischen Felsküste<br />
Bedruthan Steps, ist sie unausweichlich. Als wir vor der<br />
schweren Eichentür von Prideaux Place ankommen,<br />
müs sen wir zwischen zwei Besichtigungsangeboten<br />
wählen. Das besser gebuchte streicht – in deutscher Sprache<br />
– die Rolle des Schlosses als Schauplatz von gut 20 der inzwischen über 130 Folgen der Rosa -<br />
munde-Pilcher-Verfilmungen heraus. Die Tour auf Englisch übernimmt Elizabeth Prideaux-Brune,<br />
die ger tenschlanke Dame des Hauses. Und erzählt, wie die ins 11. Jahrhundert zurückreichende<br />
wFamilie politisch immer auf der falschen Seite stand, hin und wieder mit Freibeutern gemeinsame<br />
Sache machte, eher aus Versehen Premierministerin Margaret Thatcher gefangen hielt und immer<br />
wieder gegen Schwämme und Wucherungen in den alten Mauern zu kämpfen hat.<br />
Was Lady Elizabeth auch durchblicken lässt: Die Prideaux-Brunes sind heute nicht<br />
unbedingt das, was man verarmten Adel nennen müsste. Aber vor Geld stinken tun sie auch<br />
nicht. Und deshalb sind sie nicht unglücklich, wenn die deutschen TV-Exegeten der Pilcher-<br />
Romantik ihren Besitz hin und wieder als Bühne nutzen. Nicht unglücklich und durchaus ein<br />
bisschen amüsiert. Zum Beispiel, wenn die deutsche Fernsehprominenz nach Ende des Drehtages<br />
die Promenade des fast ein wenig quirligen Hafenstädtchens Padstow entlang stolziert – in<br />
der Sonne eines Ruhmes, der im Einzelfall ausreicht, der Frau eines Bundesministers den Mann<br />
auszuspannen – und von den locals nicht erkannt wird.<br />
ThiNk piNk<br />
Weil das Wetter nicht immer<br />
mitspielt, beleben die Briten<br />
ihren alltag, wie hier in einer<br />
seitengasse des Hafenstädtchens<br />
Padstow, mit kräftigen<br />
Farben. der „dornenauszieher”<br />
an einer außenmauer<br />
von Prideaux Place dagegen<br />
hat sich im lauf der Jahrhunderte<br />
immer mehr seiner<br />
Umgebung angepasst<br />
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