EF_Krux_Heft 1_2016
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KRUX REPORT<br />
13<br />
Hüftarthrose - was nun ?<br />
Von Dr. med. Gregor Moßbrucker, Leitender Oberarzt<br />
Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Mittelbaden Rastatt<br />
Die Arthrose ist eine Erkrankung des Gelenkes, bei der die<br />
knorpeltragende Schicht zugrunde geht. Im Fall der Hüftarthrose entsteht<br />
ein unmittelbarer Knochenkontakt zwischen Hüftkopf und Pfanne.<br />
Schätzungen zufolge zeigen in der Bundesrepublik 80 Prozent der über<br />
50-Jährigen degenerative Veränderungen des Hüftgelenkes.<br />
Die Ursachen sind vielfältig. Als Beispiele<br />
seien eine frühere Verletzung des<br />
Gelenkes, Beinlängendifferenz oder<br />
auch schlicht Übergewicht genannt.<br />
Zahlenmäßig am häufigsten ist jedoch<br />
die primäre Coxarthrose, das heißt der<br />
Gelenkverschleiß ohne erkennbare Ursache.<br />
Die Degeneration ist begleitet von einem<br />
Einreißen der Gelenkinnenhaut (Synovia).<br />
Die Folge ist eine Flüssigkeitsansammlung<br />
im Gelenk. In dieser Flüssigkeit befinden<br />
sich Substanzen, die Schmerzen vermitteln.<br />
Über den entstehenden Entzündungsreiz<br />
schrumpft die Gelenkkapsel und die<br />
Muskulatur verkürzt sich; an den Rändern<br />
des Hüftkopfes und der Pfanne bildet<br />
sich ein so genannter Osteophytenkranz.<br />
Hierdurch versucht der Körper, die<br />
Oberfläche des Gelenkes zu vergrößern und<br />
damit eine Druckentlastung zu erzielen.<br />
Im Röntgenbild ist eine Deformierung<br />
des Gelenkes und die Aufhebung des<br />
Gelenkspaltes zu erkennen.<br />
Patienten mit Hüftarthrose (Coxarthrose)<br />
haben zum Beispiel Schwierigkeiten,<br />
sich die Schuhe zu binden. Die Rotation<br />
im Hüftgelenk geht als erstes verloren,<br />
die Beugefähigkeit bleibt am längsten<br />
erhalten, so dass Fahrrad fahren trotz<br />
fortgeschrittener Arthrose noch gut<br />
möglich ist.<br />
Einen möglichen Weg aus dem<br />
Schmerz bietet die Implantation einer<br />
Hüftprothese: Solche Prothesen bestehen<br />
aus verschiedenen Materialien. So werden<br />
Chrom-Vanadium-Stähle sowie Titan für die<br />
Schäfte verwendet. Die Pfannen bestehen<br />
aus Polyethylen oder aus Titanschalen mit<br />
verschiedenen Einsätzen, die Gelenkkugel,<br />
der so genannte Kopf, aus Stahl oder<br />
Keramik.<br />
Zementiert oder unzementiert? – das<br />
ist eine der Fragen, die sich im Vorfeld<br />
der Oeration stellt: Wurden die ersten<br />
Prothesen unzementiert eingebracht, so<br />
verhalf Mitte des 20. Jahrhunderts Sir J.<br />
Charnley der Einführung des Zements<br />
zum Durchbruch. Erstmals waren<br />
reproduzierbare stabile Verankerungen der<br />
Pfanne und des Schaftes möglich. Probleme<br />
bei Wechseloperationen von zementierten<br />
Prothesen und verbesserte Materialien der<br />
Prothesenkomponenten führten in den<br />
80er-Jahren jedoch zu einer Favorisierung<br />
der unzementierten Technik. Bisher konnte<br />
hierdurch allerdings kein entscheidender<br />
Einfluss auf die Langzeitergebnisse<br />
nachgewiesen werden.<br />
Mehr als 500<br />
Prothesenmodelle<br />
Weltweit gibt es mehr als 500 verschiedene<br />
Prothesenmodelle. Grundsätzlich stehen<br />
zementierte, teilzementierte (Hybrid)<br />
und unzementierte Komponenten zur<br />
Verfügung. Die Entscheidung für das eine<br />
oder andere Verfahren richtet sich nach<br />
der Gegebenheit beim Patienten. Als<br />
Grundregel gilt, dass bei älteren Patienten<br />
eher eine zementierte Schaftkomponente<br />
gewählt wird, da dieser Schaft keine<br />
Zeit zur Einheilung benötigt und der<br />
Patient sofort voll belasten kann. Ein<br />
unzementierter Schaft ist mit einer<br />
angerauten Oberfläche versehen, die zur<br />
Einheilung eine gewisse Zeit braucht. Für<br />
sehr junge Patienten stehen so genannte<br />
Kurzschaftprothesen (zum Beispiel Typ<br />
Mayo) zur Verfügung. Diese halten den<br />
Knochenverlust gering, um für eventuelle<br />
spätere Wechseloperationen ein weiterhin<br />
gutes Knochenlager zur Verfügung zu<br />
Unzementiert (Titanschale, Polyethylen-Pfannenschale,<br />
Keramikkopf, Titanschaft)<br />
haben. Die Industrie stellt in zunehmendem<br />
Maße größere Hüftköpfe zur Verfügung, so<br />
dass das Bewegungsausmaß immer besser<br />
wird und eine nahezu freie Beweglichkeit<br />
erreichbar ist. Welche aller möglichen<br />
Lösungen für den Patienten am sinnvollsten<br />
ist, wird im Klinikum Mittelbaden Rastatt in<br />
der Endoprothesensprechstunde geplant<br />
und abgestimmt.<br />
Im Klinikum Mittelbaden Rastatt werden<br />
die Hüftendoprothesen entweder<br />
konventionell über den so genannten<br />
hinteren Zugang oder minimal invasiv<br />
implantiert. Minimal invasive Operation<br />
bedeutet, dass über einen möglichst<br />
kleinen Zugangsweg unter Schonung<br />
der Muskulatur sowie der Sehnen das<br />
Kunstgelenk implantiert wird. Die Vorteile:<br />
Für den Patienten zunächst augenscheinlich<br />
ist es der kurze Hautschnitt, der letztlich<br />
in einer kleineren unauffälligeren<br />
Narbe resultiert. Weitere Vorteile sind<br />
geringere postoperative Schmerzen, eine<br />
möglicherweise raschere Heilung und eine<br />
dadurch schneller erreichte Rehabilitation.<br />
Allerdings ist nicht jeder Patient hierfür<br />
geeignet. So ist zum Beispiel muskulösen<br />
Männern sowie stark übergewichtigen<br />
Patienten diese Methode eher nicht zu<br />
empfehlen. Ebenso sind angeborene<br />
Hüftluxationen, Längendifferenzen,<br />
hochgradige Fehlstellungen im Hüftgelenk<br />
und schwierige Wechseloperationen ein<br />
Grund, den Standardzugang zu wählen.<br />
Beispiele von im Klinikum Mittelbaden Rastatt implantierten Hüftendoprothesen<br />
Hybrid (Pfanne unzementiert, Polyethylen-Pfannenschale,<br />
Keramikkopf, zementierter Schaft)