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<strong>Teterower</strong> <strong>Zeitung</strong> - 41 - Nr. 7 - 25. Juli 2016<br />
Fortsetzung: <strong>Teterower</strong> Schüleraktivitäten in Kriegszeiten<br />
monaten Heilkräuter. Wenn auch zahlenmäßig hier keine imponierenden<br />
Erfolge aufgewiesen werden können, so weiß doch jeder Eingeweihte,<br />
was es heißt, ein Kilogramm getrocknete Blätter zusammenzubringen.<br />
Aber steter Fleiß führt auch hier zum Ziel. So konnte die Volksschule an<br />
die NSV an getrockneten Heilkräutern abführen: ½ kg Taubnesselblüten,<br />
1 kg Kleeblüten, 2 ½ kg Scharfgabenblätter, 4 kg Huflattichblätter, 6 ½ kg<br />
Schlüsselblumenblüten, 3 ½ kg Holunderblüten, 12,5 kg Kamillenblüten,<br />
55 kg Ackerschachtelhalme. Die Kamillenblüten waren auf der <strong>Teterower</strong><br />
Feldmark nicht zu finden, sondern mußten aus Gr. Köthel geholt werden.<br />
So haben unsere Schüler wieder ein gutes StückArbeit aufzuweisen.Alle,<br />
die sich mit Fleiß und Ausdauer dieser zusätzlichen Tätigkeit widmeten,<br />
können mit freudiger Genugtuung in die schönen Sommerferien gehen.<br />
Und das Schulzeugnis, das u. a. auch über die Haltung des Schülers in<br />
charakterlicher Hinsicht Aufschluss geben soll, möge all den braven<br />
Sammlern, die in uneigennütziger Weise ihre Einsatzbereitschaft unter<br />
Beweis stellten, eine freundliche Beurteilung gewähren, denn gerade der<br />
Fleiß, so ungeheuer schwer er auch schulmäßig zu beurteilen ist, gehört<br />
zu jenen Charaktereigenschaften, die letzten Endes den Wert eines Menschen<br />
ausmachen.“<br />
Frau Anni Lorenz (heute 88 Jahre alt) kann sich heute noch gut erinnern,<br />
wie solch eine Sammlung, die dringend benötigte Rohstoffe für die Kriegswirtschaft<br />
erbringen sollte, ablief. Die Kinder gingen damals mit ihren<br />
Handwagen von Haus zu Haus und machten mit folgendem Lied auf sich<br />
und ihre Absicht aufmerksam: „Lumpen, Eisen, Knochen und Papier, ausgeschlag'ne<br />
Zähne / ausgeriss'ne Haare sammeln wir. Onkel Hermann<br />
braucht den Kram für den Vierjahresplan.“ (Mit Onkel Hermann war Hermann<br />
Göring gemeint.)<br />
Die gesammelten „Sekundärrohstoffe“ wurden in der Gasstraße beim<br />
Lumpenhändler Dreier abgeliefert und erfasst. Dafür gab es Belege, die<br />
von den Kindern wiederum in der Schule abgeliefert wurden.<br />
Die von ihnen gesammelten Knochen wurden wahrscheinlich gleich an<br />
Ort und Stelle in Teterow in den vormals Mecklenburgischen Fleischwarenwerken;<br />
Außenstelle Teterow (Volksmund Timm'sche Wurstfabrik), die<br />
1941 aber wohl nur noch als Fettschmelze arbeitete, zu sogenannter<br />
„grauer Seife“ verarbeitet.<br />
Übrigens arbeitete diese „Seifenfabrik“ noch weit bis in die 1980er Jahre<br />
hinein und war immer von (gelinde gesagt) sehr unangenehmen Gerüchen<br />
umgeben.<br />
Wolfgang Blanck<br />
Teterow vor 100 Jahren - Herward Müller hat<br />
recherchiert...<br />
Was geschah vor 100 Jahren – Juli 1916<br />
Nun dauerte der Krieg schon fast zwei Jahre und ein Ende war nicht abzusehen.<br />
Dagegen nahm die Zahl der Toten, Verwundeten und Versehrten<br />
auf beiden kriegführenden Seiten erschreckende Ausmaße an. Auch in<br />
Teterow gab es ein Vereinslazarett, von dem in der Artikelserie bereits<br />
berichtet wurde. Hohen Besuch hatte dieses am 29.6., wie die TZ am 1.7.<br />
berichtete. „Auf einer Inspektionsreise durch Mecklenburg begriffen, traf<br />
gestern der Generaloberarzt aus Altona hier ein, um das hiesige Vereinslazarett<br />
zu besichtigen. Es wurden alle zu Lazarettzwecken eingerichteten<br />
Räume in Augenschein genommen. Gegen 5 Uhr verließ der Generalarzt<br />
in seinem Auto das Lazarett, um sich zurück nach Güstrow zu begeben.“<br />
Am gleichen Tag informiert die <strong>Zeitung</strong> über einen Schülerausflug. „Unsere<br />
höhere Mädchenschule unternahm gestern in Begleitung der Vorsteherin<br />
und mehrerer Lehrerinnen einen Ausflug nach Waren. Die Fahrt<br />
ging über Malchin nach dem Reiseziel. In Waren wurde eine Rundfahrt auf<br />
den dortigen Gewässern unternommen. Mit dem fahrplanmäßigen Zuge<br />
8.32 erfolgte die Rückkehr nach hier. DerAusflug war vom Wetter ziemlich<br />
begünstigt.“ Für Sonntag, den 2.7. 4 Uhr nachmittags, kündigte die TZ auf<br />
dem Sportplatz hinter der Zuckerfabrik ein Fußballwettspiel zwischen dem<br />
Fußballklub Malchin und „Obotritia“ Teterow an. Der Sportplatz befand<br />
sich gegenüber der heutigen Badestelle. Erschwerend wirkte sich der oft<br />
sehr hohe Grundwasserstand aus und das dieser „Platz“ noch als Kuhweide<br />
genutzt wurde. Trotzdem soll der Zuschauerbesuch stets sehr rege<br />
gewesen sein. Da fast alle wehrfähigen Männer im Felde standen, mussten<br />
wahrscheinlich viele jüngere Fußballer zu den Spielen antreten. Am<br />
2.7. verkündet die TZ den <strong>Teterower</strong>n, dass auch in ihrer Stadt eine Goldankaufstelle<br />
eingerichtet worden sei. Eine großeAnzeige und ein ausführlicher<br />
Text erläuterte Sinn und Zweck dieser Institution. Krieg kostete eben<br />
viel Geld!<br />
ehemalige Timm'sche Wurstfabrik; spätere <strong>Teterower</strong> „Seifenfabrik“<br />
(Archiv Dr. Christian Kunz)<br />
„Goldankauf. Eine Goldankaufstelle ist, wie aus dem Anzeigenteil ersichtlich,<br />
gleich wie in anderen Städten, jetzt auch in unserer Stadt errichtet<br />
worden. Sie hat die große und wichtige Aufgabe übernommen, durch den<br />
Ankauf von Goldsachen zur Stärkung des Goldschatzes der Reichsbank<br />
beizutragen. Viele Goldmünzen sind bereits in diesen Schatz zurückgeflossen.<br />
Will aber die Reichsbank den gewaltigen Anforderungen der Gegenwart<br />
gerecht bleiben, und zugleich vorsorgend an den nach Friedensschluß<br />
bei Wiederaufnahme des Handels einsetzenden Goldbedarf der<br />
Zukunft denken, so sind noch große Mittel erforderlich. … Die Goldankaufstelle<br />
befindet sich im Rathause (Stadtkasse) und ist in der Zeit vom 1. bis<br />
31. Juli geöffnet. Sie ist als Hilfsstelle gedacht, die die Sachen hier annimmt<br />
und dann an die Hauptankaufstelle in Güstrow abliefert. Dort werden<br />
die Sachen durch einen Fachmann abgeschätzt und hier demnächst<br />
die Vergütung zum vollen Goldwerte ausgezahlt. Jeder Einlieferer von<br />
Goldsachen wird mit einem Gedenkblatt bedacht.<br />
Des weiteren soll den Einlieferern von Goldsachen im Ankaufswerte von<br />
mindestens 5 Mk. eine künstlerisch schöne Plakette als besondere Anerkennung<br />
ausgehändigt werden, und wird den Veräußerern goldener Uhrketten<br />
als Gedenkstück an die große Zeit eine Uhrkette geschützten Musters<br />
aus Eisen gegen Erstattung des Selbstkostenpreises (etwa 1-2 Mark)<br />
zur Verfügung gestellt. Erwähnt sei noch, daß die Stelle selbstverständlich<br />
auch Goldmünzen entgegennimmt und gegen Papiergeld eintauscht.“ Ei-