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Welten [W] S 6 „Mitleid kann ich überhaupt nicht ab!“ Eigene Wohnung, schicke Klamotten, ein cooler Haarschnitt – Jana (23) sieht aus und lebt wie eine ganz normale junge Frau. Doch Jana ist krank. Sie hat Mukoviszidose, eine Krankheit, die Körperflüssigkeiten zähflüssig macht. Der Schleim aus der Lunge fließt nicht gut ab und führt zu starker Atemnot. Außerdem ist Jana durch einen Diagnosefehler halbseitig gelähmt. Doch eines kommt für Jana nach den Schicksals- schlägen nicht infrage: Aufgeben. „Ich habe immer gekämpft. Eingeigelt habe ich mich nicht und das werde ich auch nicht“, sagt sie bestimmt. Gerade einmal vier Jahre alt ist Jana, als Ärzte durch einen Schweißtest Mukoviszidose feststel- len. „Nachdem ich in den Kindergarten gekommen bin, hatte ich eine Lungenentzündung nach der an- deren“, erzählt die 23-Jährige. Der erste Mukovis- zidose-Test bei einer Bremerhavener Kinderärztin ist negativ. Die Gewissheit bringt erst ein zweiter � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Steckbrief Name: Jana aus Bremerhaven • Alter: 23 • Beruf: Mediengestal- terin • Lieblingslied: Songs von Ich & Ich und Silbermond • Lieblingsessen: Spaghetti von Oma • Lieblingsfilm: Mamma Mia, Fluch der Karibik • Lieblingsplatz in der Stadt: Bodega � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Von Alexandra Strathmann � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Test, gemacht bei ei- nem Kinderarzt in Bremen. Die Diagnose trifft Jana und ihre Fami- lie hart. „Mukoviszi- dose ist eine Erb- krankheit, doch in meiner Familie hatte
das noch nie jemand“, sagt Jana und fragt sich heute noch manchmal, warum gerade sie diese nicht heilbare Krankheit bekommen hat. „Damals konnte ich noch ganz normal weiterleben, doch im Lau- fe der Jahre hat sich mein Zustand verschlechtert“, erzählt Jana. Sie leidet zunehmend an Atemnot. „Zurzeit ist es ganz schlimm. Ich kann nachts nicht schlafen und tagsüber bin ich gerädert und habe keine Kraft mehr.“ Ir- gendwann wird Jana nachts mit � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Sauerstoff versorgt werden müssen und wenn das nicht mehr hilft, kann sie nur noch eine Lungen- transplantation am Leben halten. „Als Kind habe ich Leichtathletik gemacht. Auch mit Mukoviszidose ging das ganz gut“, erzählt Ja- na stolz. Der Schulsport war kein Problem, trotz Krankheit war Jana noch leistungsfähig. Als sie neun Jahre alt ist, ist das plötzlich vorbei. Ein weiterer Schicksalsschlag trifft das kleine Mädchen: Die Medikamente einer Antibiotika-Therapie ver- trägt Jana nicht. Ihre Ärzte erkennen es zu spät. Die Folge: Nierenversagen. Jana liegt drei Wochen im Koma. Als sie wieder auf- wacht, ist eine Gehirnhälfte so stark beschädigt, dass ihre linke Körperhälfte gelähmt ist. „Ein Jahr lang war ich in der Reha und musste wieder gehen und sprechen lernen“, sagt Jana. Ihre Eltern verklagen die Klinik auf Schmer- zensgeld – erfolgreich. Jana interessiert das aber nicht. „Geld bringt meine Leistungsfähigkeit nicht zurück“, betont sie. Sie wehrt sich gegen den Vor- schlag der Ärzte, dass die auf eine Schule für Men- schen mit Behinderungen gehen soll – erfolgreich. „Ich wollte in eine normale Grundschule, damit ich so normal wie möglich weiterleben konnte“, erin- nert sich Jana. Doch so normal lebt Jana dann doch nicht weiter. „Ich wurde oft gehänselt und ge- mobbt, weil ich anders war“, sagt sie. Ein weiterer Schicksalsschlag � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Das wird erst in der Realschule besser. „Ich war zwar etwas langsamer als meine Mitschüler, aber die fanden mich alle normal. Der Zusammenhalt war da und ich hatte das Gefühl, dass ich dazuge- höre“, erzählt Jana. Als der Abschluss immer nä- her rückt, muss Jana sich entscheiden: Oberstufe oder Ausbildung. „Ich habe mich für eine Ausbil- dung entschieden, denn ich wollte selbstständig sein und Geld verdie- nen“, sagt sie bestimmt. Doch damals hat Jana noch über etwas an- deres nachgedacht: „Wa- rum soll ich Abitur ma- chen, drei Jahre ver- schwenden und dann ist mein gesundheitlicher Zu- stand so schlecht, dass ich nicht studieren kann. Wo- anders hätte ich nicht hin können, denn in meiner Situation ist es schwer alleine zu leben.“ Jetzt wohnt sie zwar auch in einer eigenen Wohnung, � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � „Ich wurde oft gehänselt“ � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � aber im Haus ihrer El- tern. Die unterstützen ihre Tochter wo sie nur können. Die junge Frau hat eine Ausbildung zur Mediengestalterin gabsolviert und arbeitet heute bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Sie entwirft Flyer und Prospekte. Durch ihre Be- hinderungen ist es im Berufsleben schwer eine Stelle zu finden, aber durch Eigeninitiative und den Integrationsfachdienst der Bundesagentur für Ar- beit hat Jana es geschafft, einen Job zu finden. „Ich will arbeiten. Faulheit und rumsitzen kann ich nicht ab“, betont Jana. Und es gibt noch etwas, dass Jana nicht gut aushalten kann: Mitleid. „Ich wünsche mir, dass mich alle wie eine normale junge Frau behandeln und mich nicht blöd angucken“, sagt sie mit fester Stimme. Die 23-Jährige geht ge- nauso gerne shoppen wie andere Frauen in ihrem Alter. „Früher war ich jedes Wochenende in der Jana liebt Sport und freut sich über die Bewegung. Wenn gutes Wetter ist, fährt Jana zusammen mit Hund „Jacky“ Fahrrad. [W] S 7
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