Der Traum der kleinen Schnee-Elfe
Ein kurzes Wintermärchen
Ein kurzes Wintermärchen
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ab zu dem nächtlichen Erlebnis. Trotzdem versuchte Siharida, dem Rat des Nordlichts Folge<br />
zu leisten und jede Sorge wegen ihres Geburtstages beiseite zu schieben.<br />
Dann war es soweit.<br />
Als Siharida erwachte, war es noch stockfinster, denn im Nordland zieht die Sonne im<br />
Winter erst sehr spät hoch, um dann, meistens ziemlich kraftlos, <strong>der</strong> Dunkelheit die Herrschaft<br />
streitig zu machen. Aber als das <strong>Elfe</strong>nmädchen aus ihrer Felsengrotte voller mühsam<br />
unterdrückter Anspannung nach draußen schwebte, begrüßte sie ein Nachtleuchten, das<br />
aussah wie ein lebendiges Gemälde. <strong>Der</strong> obsidianschwarze Himmel war mit Millionen von<br />
Sternen bestückt, die um die Wette zu funkeln schienen, als wollten sie dem Geburtstagskind<br />
eine beson<strong>der</strong>e Freude machen.<br />
Entzückt schlug Siharida mit ihren Flügeln, tanzte geradezu in <strong>der</strong> Luft im Kreis, um ja in alle<br />
Richtungen zu schauen, damit ihr nichts von diesem grandiosen Schauspiel entginge.<br />
Vergessen waren alle Bedenken, aller Trübsinn! Wenn <strong>der</strong> Tag so wun<strong>der</strong>bar begann, mochte<br />
es getrost so weitergehen, dachte sie. Eine fe<strong>der</strong>leichte, silberne Freude begann in ihrem<br />
Herzen aufzustieben wie <strong>Schnee</strong>flocken.<br />
Nach einer Weile strömten ihre Freunde zum Gratulieren herbei. Die mächtigen<br />
<strong>Schnee</strong>eulen verdeckten mit ihren Schwingen den Blick auf das glitzernde Firmament. Ein<br />
nicht enden wollen<strong>der</strong> Schwarm von Eis-Feen und <strong>Schnee</strong>-<strong>Elfe</strong>n erfüllte die Luft mit Schwirren<br />
und Flattern. Zwei riesige Polarbären trotteten gemächlich durch den Tiefschnee heran und<br />
trugen durchsichtige Eisblumensträuße als Geschenk. Von fern heulte ein Rudel Arktikwölfe<br />
Siharida ihren Glückwunsch zu. Sogar ein paar Weihnachtswichtel hatten sich auf die Rücken<br />
von Rentieren geschwungen, um von weit her zur Geburtstagsfeier kommen zu können. Die<br />
steingrauen Gebirgszwerge schienen extra ihre Hemden und Hosen gesäubert und gebügelt<br />
zu haben, denn diese hatten so scharfe Kanten und Falten wie Felsbrocken und schimmerten<br />
ganz hell. Zwischen all dem Volk hoppelten vergnügte <strong>Schnee</strong>hasen herum, und Eisfüchse mit<br />
dichtem weißem Fell rannten ihnen hinterher, um verspielt nach ihnen zu schnappen, denn<br />
heute war Frieden zwischen allen angesagt.<br />
Siharida konnte es gar nicht fassen, dass so viele Freunde extra lange Wege auf sich<br />
genommen hatten, nur um ihr zu gratulieren! Und was für wun<strong>der</strong>schöne Geschenke sie<br />
bekam! Fein gesponnene Umhänge aus Feenhaar, eiskristallbestickte Decken zum Schlafen,<br />
aus Sternenlicht gewirkte Kränze fürs Haar, geschliffene Gefäße aus reinstem<br />
Nordlandmarmor und noch vieles an<strong>der</strong>e.<br />
Bald war die ganze Ebene des <strong>Schnee</strong>-<strong>Elfe</strong>nvolkes von Geplapper, Gelächter, Gesängen und<br />
Jubelrufen erfüllt und wie eine Lawine schob sich ein Hüpfen, Drehen und Tanzen voran, das<br />
alle erfasste und mitriss.<br />
Das <strong>Elfe</strong>nmädchen wurde umarmt, geküsst, bejubelt und beglückwünscht, so dass die Zeit<br />
wie im Fluge verging. Die Freunde hatten hinter einer vereisten Felsennase heimlich eine<br />
Gletscherbar aus poliertem Eis aufgebaut, an <strong>der</strong> es Eiswein, Raureiflikör, Winterbier,<br />
<strong>Schnee</strong>torte und Frostfrikadellen gab, dazu in gewürztem Eiswasser mariniertes Seegras von<br />
<strong>der</strong> Küste des Nordmeeres und Salate aus köstlichen Polarbeeren und bitterscharf<br />
zubereiteten Moosen. Kurz, es war für alles gesorgt!<br />
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