Ausgabe Dezember 2016
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GESUNDHEIT<br />
Tiere helfen Tieren – die Blutegeltherapie<br />
erlebt eine Renaissance<br />
Unscheinbar und gar nicht ekelig schlängelt der<br />
Blutegel an bunten Steinen vorbei durch sein<br />
Aquarium. Diese Steine benötigt er, um sich von Zeit<br />
zu Zeit an ihnen zu scheuern, um sich so von seiner<br />
alten Haut zu befreien. Derart ausgeglichen ist er<br />
bestens bereit für seinen nächsten<br />
und damit letzten Einsatz,<br />
denn der Gesetzgeber sieht vor,<br />
dass er nach getaner Arbeit vernichtet<br />
werden muss.<br />
Tierheilpraktikerin Pia Kabierske<br />
wendet die Blutegeltherapie<br />
regelmäßig in ihrer Praxis an.<br />
Ein besonderer Fall ist der vierjährige<br />
Rottweiler Barnie. „Der<br />
Rüde leidet schon seit mehreren<br />
Jahren an Epilepsie, die mittlerweile<br />
ganz gut eingestellt ist. Als<br />
der Halterin vor einiger Zeit sein<br />
unrundes Gangbild auffiel, ließ<br />
sie ihn untersuchen. Dabei<br />
wurden arthrotische Veränderungen<br />
im Lendenwirbelbereich<br />
und an seinen Hüften festgestellt",<br />
sagt Pia Kabierske. Ein<br />
kleiner Schock für seine Besitzerin.<br />
Sie hatte Bedenken, ihn<br />
wegen seiner Epilepsie nun auch noch unter eine<br />
weitere Medikation zu stellen. „So entschied sie sich,<br />
Barnie mit Blutegeln behandeln zu lassen. Ihre<br />
Grundbefürchtung, Barnie könnte sich die fleißigen<br />
Helferlein abbeißen, war unbegründet. Der nicht<br />
ganz einfache Rüde ließ die Sitzung völlig entspannt<br />
über sich ergehen und läuft nun schon seit mehreren<br />
Monaten augenscheinlich schmerzfrei und in keiner<br />
Schonhaltung" freut sich die Tierheilpraktikerin.<br />
Bei der Behandlung mit den Egeln entscheidet die<br />
Therapeutin zunächst, an welchen Stellen sie<br />
angesetzt werden sollen. Dann rasiert sie das<br />
entsprechende Areal vom Fell frei und ritzt die Haut<br />
mit einer Kanüle an, um dem Egel mit den<br />
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austretenden Blutstropfen die Arbeit schmackhaft<br />
zu machen.<br />
Was ist das Geheimnis der Wirkweise? „Wenn die<br />
Blutsauger dann angebissen haben, vermischt sich<br />
deren Speichel mit dem Blut des Patienten.<br />
In diesem Speichel befinden sich verschiedene<br />
Stoffe, die in der Lage sind, zunächst die Blutgerinnung<br />
des Wirtstieres herabzusetzen, um möglichst<br />
lange Zeit freien Zugang zu dessen Blut zu<br />
haben.<br />
Dann werden schmerzstillende und entzündungshemmende<br />
Substanzen in die Blutbahn abgegeben,<br />
welche wiederum von Enzymen geschultert werden<br />
und dann zu den entzündlichen Orten transportiert<br />
und dort abgegeben werden", erklärt die Expertin.<br />
Entzündungen würden so gestoppt und Schmerzen<br />
gelindert. Der Vorteil bestehe darin, dass mit dieser<br />
Methode keinerlei Nebenwirkungen an anderen<br />
Organen produziert werden und mitunter schon