Neuner, Ausgabe 19: 20. August - Linz

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Klangbilder Es geht der Sommer, der nie da war, dafür kommt der audiovisuelle Nachsommer mit nie Dagewesenem. Wo die beiden aufeinandertreffen wird es spannend: In Linz. Texte: Hannes Höttl Video Killed the Radio Star von der New-Wave- Band The Buggles war das erste Musikvideo, das auf MTV ausgestrahlt wurde. Die sympathische Todsagung war weder ernst gemeint, noch ernstzunehmend. Denn die Verschmelzung einzelner Kunstgattungen endet fast unweigerlich befruchtend – das würden Ihnen die Marketing-Beauftragten berühmter Pop- Stars jederzeit bestätigen. Denken Sie daran, wenn Sie sich die nächste Live-DVD kaufen… Was hat das nun alles mit dem Linz09-Schwerpunkt Audiovisuelle Medien zu tun? Dessen Anliegen ist es, die Verschmelzung der einzelnen Kunstgattungen während der letzten hundert Jahre auch und gerade mithilfe von Technologie zu dokumentieren. Denn schließ- lich wird es Zeit, auch einmal für dehnbare Begriffe wie „Medienkunst“ eine Kunstgeschichte zu entwickeln, zu erzählen. Und wie das mit der Beziehung zwischen Bildern und Tönen ist, hat sich eben stark gewandelt, auch in Sachen Wahrnehmung. Natürlich hätte Rembrandt einen Kirchglockenimitator neben seine „Nachtwache“ stellen können, aber so richtig entertaining wäre das nicht gewesen. Ebenso wenig, wie wenn jemand beim Kammerkonzert zur Illustration einen Zierteller mit Jagdmotiven durchs Zimmer trägt. Die Technik war eben noch nicht ganz reif für audiovisuelle Medien. In jenen Bereichen, in denen die Wahrnehmung (und ihre Beeinfl us- Zwischen den Sinnen Gemeinsam mit vier wunderbaren Partnern geht Linz09 in den nächsten Wochen daran, das elektronisch/künstlerische Kulturgefl echt zu entwirren. Vier Partner, fünf Veranstaltungsreihen, zahlreiche Einzelveranstaltungen und Nebenschauplätze machen aus der komplexen Thematik einen interaktiven Vergnügungspark für ein interessiertes Publikum, mit Ausstellungen, Symposien, Konzerten, Tanzabenden und Festivals. 4 Mehr dazu im nächsten Neuner am 3. September Die fünf Komponenten im Überblick: SEE THIS SOUND Im Lentos Kunstmuseum setzt sich eine Ausstellung mit der Verbindung von Bild und Ton in Kunst, Medien und Wahrnehmung auseinander. (siehe Seite 6) CHALLENGING Gemeinsam mit dem Lentos und dem Ludwig Boltzmann-Institut für Medien.Kunst. Forschung veranstaltet die Anton Bruckner Privatuniversität ein dreitägiges Symposium sowie einen Tanzperformanceabend. (siehe Seite 6) sung) im Vordergrund steht, war man da schon weiter. Seit vielen Jahrhunderten ist die katholische Messe eine drogenbefeuerte (Wein, Weihrauch!) Multimediashow. Sounds, Lichteffekte, Bilder, Statuen, Musik, Choreografi e, alles da – in der Kirche weiß man seit jeher, wie das geht. Die Entwicklung der Technik erweitert die künstlerischen Möglichkeiten und befl ügelt dadurch auch die Kreativität. Gleichzeitig haben es immer mehr KünstlerInnen auf immer mehr Sinnesorgane abgesehen. Neue Zeitalter brechen an. Was ist noch Bildende Kunst und was eine Performance? Von dort zum Konzert mit Showelementen und wieder zurück ins Museum zur Cyber-Art ist es nicht einmal mehr KLANGWOLKE Eine langjährige Tradition in Linz, bei der in diesem Jahr alles anders bleibt. Am 5. September wird in Linz Unglaubliches geschehen. Auf Plakaten stand es schon zu lesen: Die Tiere wissen es immer zuerst; die Flut wird kommen; hunderte von Tieren werden durch die Straßen und Gassen streifen. Auch eigens für diesen Anlass komponierte Musik wird Linz fl uten. ARS ELECTRONICA FESTIVAL Mittlerweile weltberühmt, findet dieses Festival heuer unter dem Titel HUMAN NATURE vom 3. bis zum 8. September statt. Der Mensch verändert nicht mehr nur seine
Linz hört und sieht – einerseits eine Frage der Wahrnehmung, andererseits eine der Technologie. ein Katzensprung. Die Genres verschmelzen ineinander, ein Prozess, der zahlreiche Fragen für KünstlerInnen und KonsumentInnen aufwirft. Denn auch die Position und der „Mitmachfaktor“ des Publikums haben sich gewaltig geändert. Frontal war gestern. Die Möglichkeiten, sinnliche Wahrnehmungen manipulieren zu können, haben sich gleichzeitig mit der Entwicklung der Technik exorbitant vergrößert. Aber mit einer simplen Erklärung wie „künstlerische = technische Entwicklung“ ist es da nicht getan. Die Veränderungen in Malerei, Tanz und Musik, inklusive der ungeheuren Menge an neuen technologischen Möglichkeiten, bilden wie so oft Umwelt, sondern erstmals alles Sein auf dieser Welt. Auch in diesem Bereich werden althergebrachte Grenzziehungen zwischen Natur und Kultur brüchig und abermals ist da die Frage nach dem Wesen des Menschlichen, nach der Natur des Menschen. Ein großes Begleitprogramm, unter anderem die Sternennacht am 3. September, wird Linzer Köpfe hinreichend zum Leuchten und Strahlen bringen. BRUCKNERFEST: AUGENMUSIK Angesichts des Titels dürfte es wohl keinen Zweifel darüber geben, worauf das Brucknerfest 2009 den Schwerpunkt gesetzt hat. Auf vielerlei überraschende und spannende Möglichkeiten der Umsetzung kann man sich jetzt schon freuen. in der Geschichte die Speerspitze jener Veränderungen, die bald unseren Alltag bestimmen. Filme, Musik, Kunst von, an, über, mit elektronischen Geräten vom Laptop bis zum Roboter sind selbstverständlicher Teil der Alltagskultur geworden. Das ändert aber nichts daran, dass – nur um ein paar Beispiele zu nennen – Musik von (je nachdem) Pink Floyd oder Richard Wagner, Bilder von M.C. Escher und Bücher von Boris Vian gänzlich undigital in der Lage sind, das Gehirn derart zu verbiegen, dass man vermeint, Gerüche zu sehen, ein sattes Karmesinrot zu hören – und könnte es sein, dass dieser Artikel nach Kupferdrahtlutschern mit Brombeer- Aroma duftet? SEE THIS SOUND Na was gibt’s denn da zu sehen? Die Ausstellung SEE THIS SOUND ist in acht unterschiedliche Bereiche gegliedert. Sie sind, zwar nicht streng, aber doch chronologisch aufgebaut. Am Anfang stehen Filmkünstler der Zwanzigerjahre, die den Film als Mittel nutzten, Licht in Form und Rhythmus zu takten. Von diesen technikbedingt noch recht ungelenken Multimediaexperimenten geht es über den Tonfi lm zu Komponisten und KünstlerInnen, die sich mit diesem Themenkreis systematisch auseinandersetzten. Die psychedelische Kunst und Musik Ende der Sechzigerjahre spielt naturgemäß ebenfalls eine große Rolle. Von dort zu den aktuellen Strömungen in den eben aufgrund der technischen Möglichkeiten immer weniger trennbaren Kunstgenres ist es bisweilen nur noch ein Mausklick. Namen von in dieser Ausstellung vertretenen KünstlerInnen wie Sergej Eisenstein, John Cage, Valie Export, Edgar Varese, Nam June Paik, Yoko Ono und Brion Gysin zeigen sowohl die Vielfalt, als auch die Wertigkeit von SEE THIS SOUND auf. Was dort als Zukunft gezeigt wird, fi ndet sich nächstes Jahr in der Werbung und in drei Jahren als umjubelte Innovation auf den neuen Alben von Depeche Mode und U2. Wir LinzerInnen werden es besser wissen. 5
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