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er an der Stelle in seinem Leben angekommen, an dem ihn seine Eltern aus dem Haus<br />
geworfen hatten.<br />
Ein paar flüchtige Gedanken huschten ihm durch den Kopf – einer schrecklicher als<br />
der andere. Die Arbeit auf dem Hof würde unvorstellbar schwer werden. Allein schon der<br />
Gedanke daran war mehr als nur herausfordernd. Dann zog ihn aber auch schon das<br />
gleichmäßige Rattern des Zuges in einen wenig erholsamen Schlaf.<br />
Rauschend fuhr ein Auto an ihm vorbei. Na toll. Wie sollte er jetzt zu dem Reiterhof<br />
kommen? Sein Koffer holperte über die Pflastersteine des Dorfplatzes. Die Gleise hatten<br />
urplötzlich geendet. Hier war Endstation. Aber es waren doch noch mindestens fünfzehn<br />
Kilometer, die er vor sich hatte! Zumindest zeigte das seine Karte auf, die seine Mutter ihm<br />
wohlweißlich eingepackt hatte. Aber warum hatte sie nicht gesagt, dass der Zug ihn<br />
nicht bis zu dem Reiterstall bringen würde? Oder hatte sie?<br />
Eine Rolle seines Koffers verhakte sich in dem Kopfsteinpflaster. Ein schleifendes<br />
Geräusch ließ ihn zu Recht annehmen, dass sein Gepäck umgekippt war. „Och, man!“<br />
Genervt fuhr er sich mit der Hand über sein Gesicht. Was sollte das hier nur werden? Wie<br />
konnte seine Mutter ihn nur in diese Einöde schicken?<br />
Mit gerunzelter Stirn schaute Sebastian auf sein Handy. Nur Sekundenbruchteile<br />
später legte er stöhnend seinen Kopf in den Nacken. Hatte er sich doch gedacht. Nicht<br />
einmal Empfang hatte er hier und seine mobilen Daten waren schon am Anfang des<br />
Monats zur Neige gegangen. Eine schwere Hand auf seiner Schulter ließ ihn aufschrecken.<br />
„Sebastian? Mensch, bist du groß geworden.“ Der große, breit gebaute Mann musterte<br />
ihn und umschloss dann mit seiner Hand einen seiner Oberarme. Als wollte er seine Geste<br />
unterstreichen, sprach er: „Aber an Muskeln hast du nicht zugenommen“, und lachte, „Na,<br />
komm‘.“<br />
Der Schwarzhaarige führte ihn zu einem hohen Jeep. Nur dunkel erinnerte sich<br />
Sebastian, den Mann schon einmal gesehen zu haben. Es musste der Ehemann von einer<br />
von seiner Mutters besten Freundinnen sein und zeitgleich auch der Besitzer des<br />
Reiterhofes.<br />
Die Fahrt verlief schweigend und nach nicht einmal zwanzig Minuten erreichten sie<br />
einen alten Bauernhof. Die Weide hatte einen weißen Zaun und einzelne große Pferde<br />
schauten auf, als sie mit dem Auto an ihnen vorbeifuhren. Sebastian schauderte. Wie<br />
konnten Menschen sich nur freiwillig mit ihnen abgeben?<br />
Das Anwesen war riesig. „Neben dem Hauptgebäude gab es einen großen Stall und<br />
anschließend daran eine Reiterhalle“, erklärte der Mann, der sich als Steve vorgestellt<br />
hatte. Allerdings würde diese nur im Winter genutzt werden oder im späten Herbst, wenn<br />
es schnell kalt und dunkel werden würde.<br />
Trotzdem hörten sie leises Gelächter aus der Halle, als sie an ihr vorbei liefen. „Markus<br />
muss wohl mit der Anfängergruppe drinnen arbeiten“, erklärte Steve achselzuckend, „Er<br />
arbeitet hier auch für ein paar Wochen. Quasi als Saisonkraft. Er reist viel in der<br />
Welt<strong>geschichte</strong> herum und verdient sich momentan ein wenig Geld dazu.“<br />
Entsetzt schaute Sebastian zu dem Mann neben ihm auf: „A-Aber ich muss keine<br />
Reitergruppe trainieren ... oder?“<br />
„Wenn du nicht bereit dazu bist ...“<br />
Was nur hatte seine Mutter ihren Freunden erzählt?! Dass er ein Meister im Reiten