hugo-maria-ross-zauberer
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Räume. Von einem Zeitpunkt zum anderen. Der Zauberer musste parallel zwei ganz<br />
unterschiedliche Szenarien koordinieren und sich durch ein Uhrwerk bewegen, in dem<br />
mehr Zahnräder als sonst ineinander griffen. Dass es hier insgesamt um nichts Böses<br />
ging, verlor sich mehr und mehr in den vorauseilenden Konstrukten der Illusion. Er fühlte<br />
sich noch erhabener als bei einer seiner magischen Bühnenshows. Ist es Macht? Und ist es<br />
nur deshalb Macht, weil Liebe ins Spiel gekommen ist? Weil Finn hier ist? Der Finn, der<br />
ihm gerade bedingungsloses Vertrauen entgegen bringt? Wie weit wird er gehen wollen?<br />
Er schließt die Tür hinter sich und betritt den Raum, der für Finn noch im Dunkeln liegt. Er<br />
hört daraus über Lautsprecher nur ein gequältes Keuchen und das Klingen von Ketten,<br />
die teils zu baumeln, teils unter Spannung zu stehen scheinen. Die ganze Zeit waren<br />
schon Windgeräusche und das ferne Treiben einer Großstadt zu hören. Das hatte er nur<br />
nicht wahrgenommen bis zu diesem Moment, als noch die gemächlich voreinander<br />
gesetzten, dennoch sehr festen Schritte von Gregory hinzukommen. Finn strengt sich an,<br />
in der Dunkelheit etwas zu erspähen. Dann wird es mit einem Mal gleißend hell, so dass<br />
er sich die Hand vor die Augen hält und etwas zurückweicht. Der Raum ist eine 3 D<br />
Projektion. Das Schwein mit dem Sack über dem Kopf hängt kopfüber im Wind an einem<br />
Kran und unter ihm tut sich ein schwindelerregender Abgrund auf. Dass in dem Raum<br />
wirklich Wind weht, sieht Finn an Gregs schwarzem Hemd. Rein optisch steht Gregory an<br />
der Kante eines Wolkenkratzers und zieht den Mann an der Kette zu sich herüber. Er<br />
schreit ihn an, dass er ein Schweinemörder ist und dass ihm eine entsetzliche Strafe<br />
droht. Dann löst er mit einem geschickten Handgriff das Seil, das am Hals den Sack<br />
zusammenhält und packt den Kerl am Schopf. Er ist schätzungsweise Mitte 30 und sieht<br />
wie ein smarter Geschäftsmann aus. Wie ein intelligenter Mann, denkt Finn. Nicht wie ein<br />
Schweinemörder mit Latzhose, Gummistiefeln und Schmerbauch. Dem Mann triefen<br />
Sabberfäden aus dem Mund. »Ein Schweinemörder?« Er wirkt kurz sehr<br />
geistesgegenwärtig und schaut Gregory an, als hätte der gerade einen falschen Text<br />
aufgesagt. »Tu bloß nicht so!«, faucht der ihn an. »Ich werde die Wahrheit aus dir<br />
herausholen, die ICH für die Richtige halte!« Mit der flachen Hand holt er aus. Es klatscht<br />
gewaltig und der Schweinemann wird von dem Klatscher mit der Kette über den Abgrund<br />
geschwungen. Er schreit. Er bettelt. Er wimmert. »Ich sollte dir die Zähne ziehen und die<br />
Ohren kürzen. Da! Sieh hin. Da unten ist die Welt, für die du hilflose Tiere mordest. Da<br />
unten ist die Welt, die dich selbst zu einem Monster gemacht hat, weil du gerne schicke<br />
Autos fährst. Du hast dein Leben auf Kosten anderer Lebewesen genossen. Bis jetzt.<br />
Damit ist nun Schluss.« Er zieht ihn wieder zu sich her und spuckt ihm ins Gesicht. Dann<br />
zückt er ein Schnappmesser.<br />
»Bitte, bitte nicht. Ich werde was anderes machen. Ich gebe das Geschäft auf. Ich spende<br />
auch für Tierschutz und so!«<br />
Finn erschrickt. Er hatte für einen Moment gedacht, dass er sich in einem Kino befindet.<br />
Wird er jetzt Zeuge einer Gewalttat? Muss er einschreiten? Was verlangt Greg da bloß von<br />
ihm?<br />
Das Messer zerschneidet den Maßanzug und der wird dem Schwein vom Leib gezogen wie<br />
Haut. Bis nur noch Socken und Unterhose daran erinnern, dass dieser Typ ein ganz