Dorfblatt GEMEINDE KIENS
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Chronik<br />
Gefahr ihres eigenen Lebens in und außer der Stadt und auf<br />
den Bergen bei Tag und Nacht unverdrossen gedient; unter<br />
ihnen hat sich P. Albert mit größter Erbauung des Volkes<br />
ausgezeichnet; eine kleine mißlungene Arbeit wird nicht die<br />
Arbeit, das Verdienst ebensovieler Zeiten vernichten. Geruhen<br />
doch Ew. Gnaden dies alles als einen Nachtrag mit dem<br />
Eingereichten zu beherzigen, mit Ihren Worten am hohen Ort<br />
zu verschließen.“ Es geschah so, und das Ergebnis war, daß<br />
das Kreisamt in Bozen am 4. August 1798 dem Provinzial<br />
eröffnen konnte, Se. Majestät habe durch ein Hofdekret vom<br />
19. Juli zu gestatten geruht, daß P. Albert einstweilen im Kloster<br />
Bozen belassen und dem Probste zur Aushilfe im Predigen<br />
gebraucht werden könne, aber unter der ausdrücklichen<br />
Bedingung, daß der Pater alle seine Predigten „vorläufi g<br />
dem Herrn Probsten und Stadtpfarrer um dessen Erinnerung<br />
vorzulegen und hiernach ohne eigene weitere Beisätze seine<br />
Predigten abzuhalten habe“. Jedoch sei er „bei Betreten<br />
eines unklugen Benehmens ohne weiteres von der Kanzel zu<br />
entfernen und in ein Kapuzinerkloster nach Österreich ob der<br />
Enns der allerhöchsten Anordnung gemäß sogleich zu übersetzen“.<br />
Nicht genug. Zum zweiten Male wurde P. Albert seines Amtes<br />
entsetzt unter der bayrischen Illuminatenregierung im Jahre<br />
1808. Um Mitternacht wurde er ergriffen, und mit acht andern<br />
Ordensbrüdern unverhört unter polizeilicher Eskorte<br />
nach Altötting in Baiern abgeführt. Ohne Klagen nahm er<br />
alle Beschwerden der Landesverweisung hin und tat so selbst,<br />
was er andere lehrte. Nach sieben Monaten des Exils, welche<br />
Pater Albert durchgängig dem hl. Gebete widmete und der<br />
Betrachtung göttlicher Dinge, bei jenen weltbekannten politischen<br />
Veränderungen des Jahres 1809 rief das prov. Gubernium<br />
von Innsbruck „jene frommen und erbaulichen Priester“<br />
(siehe Pöckl „die Kapuziner in Baiern“) durch einen<br />
eigens abgeschickten Boten in die Heimat zurück.<br />
Mit welch freudigem Enthusiasmus Pater Albert zu Bozen, wo<br />
er neunzehn volle Jahre ununterbrochen Allen Alles zu werden<br />
strebte, um Alle Christo zu gewinnen, bei seiner Rückkunft<br />
von Hohen und Niedern empfangen wurde, läßt sich<br />
kaum beschreiben. War der Zulauf des Volkes, so oft er die<br />
hl. Stätte betrat, immer ein sehr großer, so schien jetzt die<br />
unstreitig sehr geräumige Stiftskirche zu klein, die von Nah<br />
und Fern eindringenden Scharen zu fassen, die jedes Wort,<br />
das der Bekenner Christi oder Martyrer der Wahrheit, wie<br />
man ihn nun nannte, von der Kanzel sprach, um so begieriger<br />
auffi ngen, als man fürchten mußte, daß dieser goldene Mund<br />
bald für immer verstummen werde.<br />
Unter so vielen schweren Kränkungen und Leiden, die er<br />
duldete, unter den andauernden Arbeiten auf der Kanzel, im<br />
Beichtstuhle, am Krankenbette, erlag endlich sein ohnehin<br />
schwächlicher, nun mehr und mehr leidend gewordener Kör-<br />
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<strong>Dorfblatt</strong> <strong>GEMEINDE</strong> <strong>KIENS</strong><br />
per, nicht aber sein gewaltiger Geist. Längst schon konnte<br />
man nicht begreifen, wie es geschehe, daß Pater Albert der<br />
Menge nur jener Arbeiten, deren Zeuge das Volk sein konnte,<br />
nicht erliegen mußte. Starb doch selten Jemand in der Stadt,<br />
wozu nicht Albert gerufen war; war er ja fast täglich vor wie<br />
nach Mittag stundenlang im Beichtstuhle; lag doch für jeden<br />
Sonn- und Feiertag, häufi g auch für andere Tage, wozu man<br />
ihn einlud, eine vollkommen ausgearbeitete Predigt, deren<br />
wir jährlich achtzig zählten, fertig vor, ohne jene Stunden<br />
zu berechnen, die er dem täglichen hl. Gebete, dem weitern<br />
Studium, so häufi gen Besuchen und Anfragen zuwendete usw.<br />
Albert selbst schrieb es nur dem hl. Gebete gerechter, darum<br />
viel vermögender Seelen zu, insonderheit, daß er bei völlig<br />
gebrochenen Kräften nach seiner Rückkehr noch ein ganzes<br />
Jahr zum Wohl seines Nächsten so vieles Gute wirken konnte.<br />
Jetzt war der Feierabend da. An Kräften gänzlich erschöpft,<br />
ohne daß man eine eigentliche Krankheit bemerkte, wurde<br />
er in die ewige Ruhe eingeführt am 1. Mai 1810, und jenem<br />
unaussprechlichen Schmerzen enthoben, der in Kurzem seine<br />
Mitbrüder traf, da diesen die Aufhebung des Klosters zu Bozen,<br />
damit der Gewalttätigkeit auch Hohn beigefügt wurde,<br />
eben am hohen Namensfeste des hl. Ordensstifters Franz den<br />
4. Oktober desselben Jahres, und zwar unter dem Mittagessen<br />
eröffnet wurde!<br />
Wie, wird man schließlich fragen, wurde dieser edle Mann von<br />
Seite der Ordensvorstehung nicht auch zu Ordenswürden erhoben?<br />
Aus strengem Gehorsam nur übernahm Pater Albert<br />
auf kurze Zeit 1793-1796 das Amt eines Klosterobern, das ihm<br />
wohl als Ehrenrettung nach seiner erstern, verleumderischer<br />
Weise erwirkten Absetzung mußte aufgetragen werden, und<br />
das er baldmöglichst aus Herzensdemuth ablegte, um ja nur<br />
allzeit Andern unterthänig sein zu können. Der war er.<br />
Siehe! Da der arme, so sehr verleumdete, verfolgte Kapuziner<br />
auf der Leichenbahre liegt, wird es wieder notwendig, eine<br />
kräftige Wache dahin zu ordnen. Was doch? Auch nach dem<br />
Tode keine Ruhe!-Nein; nicht mehr aus Verfolgungssucht, sondern<br />
damit den Anstürmen und dem Unwesen des Volkes, das<br />
den Abgeschiedenen als einen Heiligen ehrt, und wenigstens<br />
ein Faden aus dessen Habit, oder ein Haar aus dem Barte zum<br />
theuern Andenken zu erobern auf alle mögliche Weise sich bemüht,<br />
Einhalt getan werde. Eine unzählige Menschenmenge<br />
beiderlei Geschlechts aus allen Ständen und jeden Alters umlagerte<br />
unter lautem Schluchzen, Wimmern und Wehklagen,<br />
daß ihnen ihr Freund, Lehrer, Führer und Vormann auf der<br />
Bahn zum ewigen Leben geraubt ward, die Leiche; und nur<br />
im sichern Dafürhalten, daß der Selige sich im Himmel als<br />
mächtigen Fürbitter erweisen werde, wie er auf der Erde zum<br />
nachahmungswürdigen Beispiele und gleich einem Orakel gewesen<br />
war, konnte der Leichnam den Umstehenden wie mit<br />
Gewalt entrissen in die Gruft gesenkt werden .