Winter in Berlin Sonderbeilage zum Winterdienst

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Winterdienst Was tun, wenn der Winterdienst nichts tut? Ihre Rechte gegenüber der Schneebeseitigungsfirma Die gesetzlichen Regelungen machen den Grundstückseigentümer für Verstöße gegen die Winterdienst-Pflicht verantwortlich, wenn er seine Winterdienstfirma nicht kontrolliert. Welche Rechte hat der Eigentümer aber gegenüber der Winterdienstfirma? Wir erinnern uns: Im Winter 2009/2010 fanden starke Schneefälle statt. Eigentümern und beauftragten Schneebeseiti gungsfirmen war es flächendeckend nicht möglich, der Schneemassen Herr zu werden und den Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes nachzukommen. Doch nicht nur die privaten Eigentümer, sondern auch die Wohnungsbauunternehmen und die Öffentliche Hand als Eigentümerin ihrer Gebäude sowie die Berliner Stadtreinigungsbetriebe blieben hinter ihren Pflichten zurück. Nach diesen Erfahrungen verfiel die Berliner Landespolitik in Aktionismus und nahm nach kontroverser Diskussion eine Änderung des Straßenreinigungsgesetzes vor. Aufgrund der geänderten Pflichten und starker Beanspruchung kündigten die Räumdienste viele Verträge und boten den Eigentümern neue Verträge zu geänderten Preisen an. Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Regelungen Bei der Ermittlung der Pflichten des Eigentümers im Zusammenhang mit der Schneebeseitigung, der Möglichkeit der Übertragung dieser Pflichten und der Folgen im Falle der Verletzung von Pflichten ist zwischen der öffentlich-rechtlichen und der zivilrechtlichen Grundlage zu unterscheiden. Was für ein Vertrag? Unterschiedlich wird die Rechtsnatur des zwischen Eigentümer und Schneeräumdienst geschlossenen Vertrags beurteilt. Nach einer Ansicht handelt es sich um einen Dienstleistungsvertrag. Nach einer neueren Entscheidung des Landgerichts Berlin und vielen Abteilungen der Berliner Amtsgerichte handelt es sich bei einem Schneebeseitigungsvertrag um einen Werkvertrag (die Auffassung ist auf dem Vormarsch). Die Unterscheidung ist wichtig für die Folgen. Von der unterschiedlichen Betrachtungsweise der Rechtsnatur des mit der Firma abgeschlossenen Vertrags hängt es ab, was der Grundstückseigentümer im Falle der Leistungsstörung durch die beauftragte Firma für Rechte hat, und was er unternehmen muss, um sich die ihm zustehenden Rechte zu sichern. Was steht im Vertrag? Eine Leistungsstörung des Schneebeseitigungsvertrages liegt dann vor, wenn die Firma die von ihr übernommenen Arbeiten überhaupt nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ausführt. Maßgebend für den Umfang der von der Firma übernommenen Pflichten sind zunächst die im schriftlich geschlossenen Vertrag getroffenen Vereinbarungen. Hier ist in den meisten Fällen genau beschrieben, was die Firma zu leisten hat. Wichtig ist, dass die von der Firma übernommenen Pflichten mit den vom Berliner Straßenreinigungsgesetz beschriebenen Pflichten des Grundstückseigentümers übereinstimmen. Dies ist zunächst dann der Fall, wenn die vertragliche Regelung auf das Gesetz ausdrücklich Bezug nimmt. Hierdurch werden die Pflichten des Grundstückseigentümers auch zu Pflichten der Firma. Zu beachten ist, dass im Zuge des Neuabschlusses der Verträge oft die Pflicht zur Beseitigung von Eis (-glätte) zunächst von den Firmen aus den von ihnen übernommenen Pflichten herausgenommen wurde und hierfür jeweils eine gesonderte Vereinbarung notwendig ist. Die Firma kann sich also von Fall zu Fall aussuchen, ob sie einen gesonderten Auftrag zur Eisbeseitigung annimmt. Die Art des Vertrags und ihre Folgen Geht man davon aus, dass es sich bei dem Schneebeseitigungsvertrag um einen Dienstvertrag handelt, kann von der Firma die zunächst versäumte Leistung jederzeit (das ist aber nur Theorie) nachgeholt werden. Minderungs- und Rücktrittsrechte sind im Dienstvertragsverhältnis nicht gesetzlich geregelt. Der Eigentümer kann bei erheblichen Verstößen des Verpflichteten gegen die vertraglichen Pflichten den Dienstvertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen, § 626 BGB. Stellt der Eigentümer fest, dass die Firma nicht entsprechend den Pflichten des Straßenreinigungsgesetzes den gefallenen Schnee beseitigt hat, muss er die Firma darauf hinweisen und zur Erfüllung der Leistung eine angemessene Frist setzen. Läuft die Frist ab, ohne dass die beauftragte Firma tätig geworden ist, kann der Eigentümer die notwendigen Arbeiten im Wege der Ersatzvornahme selbst durchführen 6 Winterdienst-Sonderbeilage (lassen) und die hierfür aufgewendeten Kosten als Schadensersatz gegenüber der Firma geltend machen. Geht man dagegen davon aus, dass es sich bei dem Schneebeseitigungsvertrag um einen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB handelt, hat der Eigentümer umfangreichere Rechte gegenüber der Firma. Da die Leistung des Verpflichteten nicht nachgeholt werden kann, mindert sich das vom Eigentümer zu zahlende Entgelt dann, wenn das Unternehmen nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder gar nicht tätig geworden ist. Es handelt sich dann um ein Risikogeschäft, bei dem der Unternehmer die vereinbarte Vergütung je nach Witterung fast ohne Aufwand oder auch mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verdienen kann. Tritt der vereinbarte Erfolg nicht in dem vorgesehenen Zeitrahmen ein, wird dadurch die Leistung unmöglich. Auch wenn das Schneebeseitigungsunternehmen die Darlegungs- und Beweislast für eine ordnungsgemäße Erfüllung der übernommenen Verpflichtung trägt, sollte der Eigentümer etwaige Pflichtverstöße dokumentieren. Nach Ansicht des Landgerichts Berlin ist der Eigentümer nicht verpflichtet, das Schneebeseitigungsunternehmen zeitnah zur Nachbesserung aufzufordern, da die Überwachung der Witterungsverhältnisse dem Werkunternehmer und damit der beauftragten Firma obliegt. Trotzdem muss (schon aus seiner Verpflichtung durch das Straßenreinigungsgesetz) der Eigentümer die Arbeiten der Firma kontrollieren und das eventuelle Ausbleiben der ihm zugesagten Leistung unverzüglich anmahnen. Hier gilt die Schadensminderungspflicht des Grundstückseigentümers – denn die Firma muss die Möglichkeit haben, die Leistung doch noch zu erbringen, was Auswirkungen auf den Umfang der etwaigen Schadensersatzpflicht haben kann. AGB-Klausel unwirksam? Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Schneeräum unterneh mens, wonach der Auftraggeber (Grundstückseigentümer) zunächst nur Nachbesserung und erst im Falle des wiederholten Fehlschlagens der Nachbesserung Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages verlangen kann, soll nach § 307 Abs. 1 Satz 1, § 308 Nr. 2 BGB unwirksam sein, da sie den Grundstückseigentümer unangemessen benachteiligt. Sinn und Zweck des Vertrags ist es nämlich, dass die Firma bei Bedarf selbständig und nicht erst auf Aufforderung und nach Mahnung durch den Auftrag- DAS GRUNDEIGENTUM Nr. 22/2011
Winterdienst geber tätig wird. Die Überwachung der Witterungsverhältnisse und das unverzügliche Tätigwerden bei Ende des Schneefalls macht gerade das Wesen der von der Firma übernommenen Verpflichtung aus. Kann der Besteller sich hierauf nicht verlassen, sondern muss er selbst oder durch Vertreter vor Ort ständig das Wetter beobachten und bei Bedarf die Schnee- und Eisbeseitigung erst abrufen, verliert deren Verpflichtung für ihn ihren Wert. Die Art des von der Firma versprochenen Erfolgs bedingt, dass sie ihre Leistungen nur fristgerecht oder gar nicht mehr ordnungsgemäß erbringen kann. Haftung des Eigentümers Bei der Haftung des Eigentümers für Unfälle im Zusammenhang mit der Schnee- und Eisbeseitigung ist zwischen der öffentlichrechtlichen Haftung und der zivilrechtlichen Haftung sowie der jeweiligen Rechtsfolge zu unterscheiden. Die öffentlich-rechtliche Haftung ergibt sich aus der Verpflichtung zur Schnee- und Eisbeseitigung auf dem öffentlichen Straßenland im Berliner Straßenreinigungsgesetz. Wird – so die Rechtsauffassung des Landes Berlin – diese Pflicht durch den Eigentümer verletzt, wird also Schnee und Eis nicht (rechtzeitig) beseitigt, kann die zuständige Behörde eine Ersatzvornahme auf Kosten des Eigentümers veranlassen und zusätzlich ein Bußgeld verhängen. Der Gesetzgeber regelt ausdrücklich, dass die öffentlich-rechtliche Haftung des Eigentümers bei Beauftragung einer Firma nicht auf diese übergeht, sondern beim Eigentümer verbleibt (das war vor der Gesetzesnovelle noch anders). Nimmt KUSCHE & FROTSCHER GARTEN-, LANDSCHAFTS- UND SPORTPLATZBAU GMBH guten rutsch und ein gesundes neues Jahr! Wir machen auch diesen Winter wieder sicher. WINTERDIENST für Spandau - Gatow - Kladow die beauftragte Firma keine Schnee- und Eisräumung vor, erhält der Eigentümer hierfür ein Bußgeld. Inwieweit diese Rechtsauffassung des Landes Berlin trägt, wonach auch bei Übertragung des Winterdienstes auf Dritte der Anlieger „verantwortlich“ bleibt, ist fraglich. Nach der Rechtsprechung des BGH geht bei der zivilrechtlichen Übertragung auch die öffentlich-rechtliche über. Dieses Bußgeld könnte jedenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegenüber der mit der Schneebeseitigung beauftragten Firma geltend gemacht werden. Die zivilrechtliche Haftung ergibt sich aus der Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers für seine Immobilie. Der Eigentümer muss alles tun, damit andere durch die Immobilie und seine Umstände keinen Schaden nehmen, und zwar überall dort, wo andere Personen sich aufhalten (können). Wird diese Pflicht verletzt, wird also Schnee und Eis nicht (rechtzeitig) beseitigt und kommt es zu einem Schaden (Körperverletzung aufgrund ausrutschender Personen, Sachschaden an persönlichen Gegenständen von gestürzten Personen usw.), kann der Geschädigte Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Eigentümer verlangen. Hat der Eigentümer aber eine Firma beauftragt, so geht diese zivilrechtliche Haftung auf das beauftragte Unternehmen über, und der Eigentümer muss das Unternehmen nur noch ausreichend überwachen. Die zivilrechtliche Übernahme der Haftung durch die Firma stellt (neben der Schnee- und Eisbeseitigung) eine selbständige Nr. 22/2011 DAS GRUNDEIGENTUM Winterdienst-Sonderbeilage Sind Sie schon Mitglied in einem der Vereine von Haus & Grund Berlin? Wenn nicht, helfen wir Ihnen gern weiter. � 030/216 34 36 Leistung der Firma dar, die einen eigenen Wert hat, auch wenn diese bei der Berechnung der Vergütung nicht gesondert ausgewiesen ist. Hieraus folgt, dass die Firma auch dann zivilrechtlich in der Haftung steht, wenn sie keine Reinigungsarbeiten vornimmt. Hierfür kann die Firma ein Entgelt verlangen, auch wenn im Übrigen das Entgelt durch das Untätigbleiben der Firma (bei Annahme eines Werkvertrages) gemindert ist. Eigentümer haftet ggf. bei Eisbildung Hat die Firma in dem neuen Vertrag mit dem Eigentümer nicht die Pflicht zur Beseitigung der Eisbildung übernommen, verbleibt hierfür die Verkehrssicherungspflicht und damit auch die Haftung beim Eigentümer! Verletzt sich eine Person auf dem Gelände des Eigentümers, ist dann für die Frage nach der haftenden Person entscheidend, ob der Unfall durch Schnee (dann haftet die Firma) oder durch Eis (dann haftet der Eigentümer) ausgelöst wurde. Fraglich wird dann sein, ob das gebildete Eis auf die unterlassene Schneebeseitigung zurückzuführen ist oder andere Ursachen hat. Dr. Carsten Brückner Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Berlin, Vorsitzender des Landesverbandes Haus & Grund Berlin Mitglied im Berliner Verband gewerblicher Schneeräumbetriebe e.V. www.kusche-frotscher.de 7
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