Wagnereinmalig No. 1
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1639. Die Meierei<br />
Nina Rettenbacher, bestens bekannt aus dem „crumble“<br />
am Wiltener Platzl, kocht im ersten Stock der Wagner’schen.<br />
Ein neuer kulinarischer Leckerbissen in der Mitte der Stadt.<br />
Ein Gespräch mit Robert Renk.<br />
Ich bin<br />
sozusagen<br />
ein begehbares<br />
Kochbuch.<br />
Nina Rettenbacher<br />
Wir betreten die Buchhandlung und folgen<br />
den Treppen in den ersten Stock. Eine<br />
gut sortierte Fachbuch abteilung rund ums<br />
Kochen veranlasst uns zum Schmökern –<br />
mit einigen ausgesuchten Büchern betreten<br />
wir das „1639“.<br />
Am Fenster ist Platz für den Bücherturm,<br />
dazu gesellen sich alsbald eine große<br />
Tasse Kaffee und ein köstlicher Imbiss.<br />
Am großen Tisch, der das Zentrum des<br />
Raumes bildet, beobachten wir ein entspanntes<br />
Kommen und Gehen verschiedenster<br />
Menschen, die sich bei gutem Essen<br />
kurz aus ihrem Alltag ausklinken wollen.<br />
Zum „1639“ gehört auch der einzigartige<br />
Dachgarten mit einer urbanen Kleinstlandwirtschaft.<br />
Hier wachsen – natürlich biologisch<br />
– schon fast vergessene Nutzpflanzen,<br />
Salate, Beeren und Kräuter. Mitten drinnen<br />
stehen gedeckte Tische und gemüt liche<br />
Liegestühle ... und: Nina Rettenbacher.<br />
Seit 2008 lebt die gebürtige Wienerin in<br />
Innsbruck und hat ab 2010 im „crumble“<br />
den Brunch nach Innsbruck gebracht und<br />
das Wiltener Platzl gastronomisch geprägt.<br />
Seit Mitte Oktober kocht sie in ihrer „Meierei“<br />
im ersten Stock der Wagner’schen.<br />
Du bist vom Wiltener Platzl in die<br />
Innenstadt übersiedelt, 1997 war<br />
der Weg von Wien, wo du geboren<br />
bist, wohl etwas weiter.<br />
Ja, vor 23 bin ich in Lermoos gelandet und<br />
war dort plötzlich mit einem Tourismusbetrieb<br />
konfrontiert. Aber auch in Wien war<br />
ich früh in der Gastronomie, servierte mit<br />
12 schon die ersten Kaffees, war mit meiner<br />
Mutter auf Reisen, wenn sie Lebensmittel<br />
in Südafrika oder der Türkei kaufte. Meine<br />
Mutter hat beruflich Lebensmittel aus der<br />
ganzen Welt nach Österreich importiert.<br />
Das klingt aufregend.<br />
Nein, gar nicht so. Das war nicht meine Welt,<br />
meine Welt war die Küche meiner Tante in<br />
der Steiermark. Meine Mutter hat immer<br />
gesagt: Ich koche schön, die Tante kocht gut.<br />
Und du kochst schön und gut?<br />
Ich koche anders. Aber ich komme aus einer<br />
Familie, in der die Qualität von Lebensmitteln<br />
immer einen hohen Stellenwert hatte.<br />
In Lermoos hast du alle Stationen<br />
des Hotelgewerbes durchgemacht?<br />
Ja, ich habe geputzt, serviert, gekocht,<br />
auf Gästekinder aufgepasst, war an<br />
der Rezeption und habe in Spitzenzeiten<br />
mit bis zu 30 Mitarbeitern gearbeitet.<br />
Wir haben damals gegen viele Regeln der<br />
traditionellen Tourismusbranche verstoßen,<br />
aber wir waren überzeugt, konsequent –<br />
und es hat sich gelohnt!<br />
Und als du 2008 schließlich<br />
nach Innsbruck kamst,<br />
was hast du dir dann überlegt?<br />
Mein Ziel war, einen Ort zu schaffen,<br />
wo du gut frühstücken kannst. Das war für<br />
unsere Familie die wichtigste Mahlzeit.<br />
So etwas hat es in Innsbruck nicht gegeben,<br />
das hab ich schnell gemerkt. Es gab immer<br />
nur Semmerl mit Darbomarmelade im<br />
Glaserl und Honig aus der Plastikdose. Und<br />
der ganze Müll auf dem Tisch nach dem<br />
Frühstück hat mich am meisten aufgeregt.<br />
Ja, das stimmt, dieser ewige<br />
Plastikmüll am Esstisch, das gab<br />
es im „crumble“ tatsächlich nicht.<br />
Genau. Aber mir war auch wichtig, einen<br />
Ort zu schaffen, wo auch Frauen allein oder<br />
mit Kindern sich zuhause fühlen.<br />
Und das ist dir für das<br />
„1639“ auch wichtig?<br />
Natürlich. Aber es soll mehr sein.<br />
Wie mehr? Was soll die „Meierei<br />
in der Wagner’schen“ sein?<br />
Ein Platz zum gut Essen und zum zu Gast<br />
Sein, zum Schmökern, oder einfach ein<br />
Freiraum für kulinarische Zeitgeister, immer<br />
begleitet von einem großen Bewusstsein für<br />
unsere Natur und dem Anspruch an höchste<br />
Qualität.<br />
ihn, möchte ich erzählen können, was<br />
ich koche und woher die Sachen kommen.<br />
Die Terrasse allerdings ist ganzjährig<br />
benutzbar, dort wächst alles Gemüse, das<br />
man für die Küche braucht, von Zucchini<br />
über Feigen bis zum Safran.<br />
Wie es ursprünglich bei<br />
einer Meierei sein soll – oder?<br />
Genau.<br />
Und das Essen …<br />
… wird die Hauptrolle spielen: Der Gast<br />
kann kommen, kosten, schauen.<br />
Auch in die Küche?<br />
Ja klar, du kommst mit einem Kochbuch<br />
und fragst: Kennst du das? Hast du das<br />
schon mal probiert? Das ist mir früher bei<br />
Stammgästen oft passiert. Ich möchte mir<br />
den Spielraum geben, das zu probieren –<br />
wenn es die Zeit erlaubt. Meine Gäste<br />
können in die Küche und gern in die Töpfe<br />
schauen und wir können gemeinsam auch<br />
das eine oder andere Rezept eigenwillig und<br />
kreativ starten, mit den Zutaten, die hier<br />
lagern oder wachsen. Ich bin sozusagen ein<br />
begehbares Kochbuch!<br />
Öffnungszeiten<br />
Montag bis Freitag: 9 – 17 Uhr<br />
Samstag: 9 – 14 Uhr<br />
Sonn- & Feiertage geschlossen<br />
An den 4 Adventsamstagen<br />
jeweils bis 17 Uhr geöffnet<br />
© Thomas Schrott<br />
14<br />
Wagner’sche.<br />
Bücher seit 1639<br />
15<br />
Du bist räumlich nicht größer<br />
geworden. Wieso?<br />
Ich möchte meinen Gästen gerne erklären,<br />
was sie essen, woher das Essen kommt.<br />
Ich möchte jedem erzählen können, was<br />
ich mache. Vorausgesetzt, es interessiert<br />
Ninas Buchtipp:<br />
Margareta Schildt-Landgren:<br />
Die neue nordische Küche<br />
AT-Verlag, 238 Seiten, € 25,60