Bayerische Schafhalter - ALPINETGHEEP
Bayerische Schafhalter - ALPINETGHEEP
Bayerische Schafhalter - ALPINETGHEEP
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
22<br />
An die Wolle - Schafe selber scheren<br />
Gerade die Halter kleinerer Schafherden<br />
kennen das Problem: Nur wegen ein paar<br />
Tieren kommt kein Scherer gerne. Ob das<br />
selber Scheren eine Lösung ist, hat der<br />
Autor für Sie ausprobiert.<br />
Die Möglichkeiten um das Schafscheren<br />
zu lernen, sind rar. Bundesweit bieten<br />
zwar einige offizielle Einrichtungen<br />
Kurse an, aber nicht in Bayern. Dicht an<br />
der Grenze zu Unterfranken liegt Tauberbischofsheim.<br />
Dort betreibt die Familie<br />
Kleißner ein Geschäft für Scher- und<br />
Schäfereibedarf. „Auf die Idee mit den<br />
Kursen sind wir aufgrund von Kundenanfragen<br />
gekommen“, erzählt Michael<br />
Kleißner. Er und sein Vater sind beide er -<br />
fahrene Scherer und daher die richtigen<br />
Ansprechpartner, wenn es um Schermaschi<br />
nen und das entsprechende Zubehör<br />
geht. „Doch allein mit dem Verkaufen ist<br />
es nicht getan“, so Michael Kleißner weiter.<br />
„Vor allem Anfänger brauchen von<br />
Anfang an Anleitung, damit sie gleich die<br />
richtige Arbeitstechnik erlernen.“<br />
Scheren will gelernt sein<br />
Die Kurse von Johannes und Michael<br />
Kleißner dauern zweieinhalb Tage. Am<br />
Anreiseabend steht gleich einmal Theorie<br />
auf dem Programm. Es geht zunächst um<br />
die richtige Ausrüstung. Diese besteht aus<br />
einer aufgehängten Motoreinheit, einer<br />
Biegewelle oder einem Stangengelenk<br />
sowie einem Scherkopf. Kostenpunkt: ab<br />
1300 Euro. Solch professionelles Handwerkszeug<br />
steht zwar für die Kursteilnehmer<br />
zur Verfügung, doch wer nur wenige<br />
Schafe pro Jahr zu Scheren hat, ist – trotz<br />
leichter Einbußen bei der Ergonomie –<br />
mit einer elektrischen Handschermaschine<br />
für ungefähr 350 Euro bestens bedient.<br />
Beide müssen noch mit Messer und<br />
Kamm besetzt werden. Für verschiedene<br />
Anwendungen werden diese in unter-<br />
schiedlichen Ausführungen angeboten.<br />
Falls am Scherplatz kein Stromanschluss<br />
zur Verfügung steht, kann eine Zwölf-<br />
Volt-Handschermaschine benutzt werden,<br />
die ihre Energie aus einer Autobatterie<br />
bezieht.<br />
Grau ist alle Theorie<br />
Professionelle Scherer arbeiten mit einem solchen Scherkopf<br />
und einem aufgehängten Motor. Wer weniger Schafe zu scheren<br />
hat, kann auch eine elektrische Handschermaschine benutzen.<br />
Zwar wurde schon am Vorabend ein<br />
Video gezeigt und das System des Scherens<br />
erklärt, doch wer zum ersten Mal ein<br />
Schaf scheren soll, hat so seine Probleme.<br />
„Begonnen wird am Bauch, wobei es<br />
besonders wichtig ist, nicht die Zitzen zu<br />
verletzten“, erklärt Johannes Kleißner.<br />
„Dann wird der Afterbereich ausgeschoren,<br />
danach die linke Keule. Weiter geht<br />
es mit dem Hals und dem linken Vorderbein,<br />
es schließen sich die sogenannten<br />
langen Züge an, bei denen der Rücken<br />
von der hinteren Keule zum Kopf geschoren<br />
wird. Den Abschluss bildet die letzte<br />
Seite.“ Aber die Schertechnik ist nur das<br />
eine. Dazu kommt die richtige Führung<br />
des Scherkopfes. Schließlich soll die<br />
Wolle komplett entfernt werden, das<br />
Schaf aber nicht verletzt werden. Hier ist<br />
gefühlvolles Arbeiten gefragt. Und auch<br />
die Handhabung des Schafes hat Methode.<br />
Hierfür ist eine korrekte „Beinarbeit“<br />
nötig. Alles in allem ist das Scheren also<br />
eine recht komplexe Angelegenheit, die<br />
am Anfang einer ständigen Anleitung<br />
bedarf. Nur mit Zuschauen ist es lange<br />
nicht getan.<br />
Kleißners unterrichten übrigens als eine<br />
der wenigen das Bodenscheren. In<br />
Deutschland wurde zwar traditionell auf<br />
der Bank geschoren, doch international<br />
ist die schnellere Bodenschur vor allem in<br />
Großbritannien, aber auch den großen<br />
Schafländern Australien und Neuseeland,<br />
Standard.<br />
DER BAYERISCHE SCHAFHALTER 6/09<br />
Am zweiten Abend findet ein weiterer<br />
Theorieteil statt. Hier geht es vor allem<br />
um das Schleifen von Messer und Kamm.<br />
Am Morgen des zweiten Tages geht es<br />
wieder zu den Schafen. Nachdem sich die<br />
Eindrücke über Nacht etwas gesetzt<br />
haben, kann das Gelernte nochmals praktiziert<br />
und vertieft werden.<br />
Fazit<br />
Ganz klar: Nach zwei Tagen kann man<br />
noch nicht wirklich Schafe scheren. Doch<br />
Johannes und Michael Kleißner vermitteln<br />
in dieser Zeit das nötige theoretische<br />
und praktische Rüstzeug. Und dann gilt:<br />
Übung macht den Meister. Von der Wirtschaftlichkeit<br />
her ist die Schur der eigenen<br />
Herde sicherlich ein Grenzfall. Professionelle<br />
Scherer verlangen meist um<br />
die drei Euro pro Tier (ohne Anfahrt),<br />
doch es werden zum Teil auch schon neun<br />
Euro verlangt. Doch selbst dann müssen<br />
die Kosten für Material, Verschleiß und<br />
nicht zuletzt ein Lohnansatz gegen<br />
gerechnet werden. Trotzdem haben Schäfer<br />
die ihre Tiere selber scheren die<br />
Gewähr, dass die Schur zeitgerecht<br />
erfolgt und dieser Vorteil ist nicht zu<br />
unterschätzen.<br />
Ein Kurs zum Erlernen der richtigen<br />
Schurtechnik ist auf jeden Fall empfehlenswert.<br />
Teilnehmer an den Taubertäler Bodenscherkursen<br />
sind zumeist <strong>Schafhalter</strong>, die<br />
ihre Tiere selber scheren möchten sowie<br />
Umsteiger von der Bank- auf die Bodenschur.<br />
Und so mancher hat so viel Gefallen<br />
daran gefunden, dass das Scheren<br />
inzwischen in größerem Stil betrieben<br />
wird – der Bedarf ist bekanntlich da. Aber<br />
Vorsicht: Schafe scheren kann süchtig<br />
machen.<br />
Johannes Hädicke<br />
Um die richtige Technik der Schafschur zu erlernen, ist es vorteilhaft,<br />
wenn durch einen erfahrenen Scherer angeleitet wird<br />
Fotos: Hädicke