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44 | DER MAINZER 02.2017 | WIRTSCHAFT
QUALITATIV HOCHWERTIG –
ABER KEINE NACHFRAGE
Vor gut 20 Jahren waren Produkte aus Rattan, Binsen und Weiden absolut
im Trend. Heute sind sie fast komplett aus dem Möbel- und
Korbwarensortiment der Händler verschwunden.
Nicht zu übersehen war Mitte der 1970er
Jahre der so genannte Pfauenthron in der
Unterhaltungsshow »Am laufenden Band«,
auf dem die Gewinner am Ende der Sendung
saßen. Der riesige Rattansessel galt
zur damaligen Zeit als sehr populär und
war in kleinerer Ausführung auch in privaten
Wohnräumen zu sehen. Generell sind
Möbel aus der ostasiatischen Rotangpalme
oder aus Binsen noch bis Anfang der
1990er Jahre voll im Trend gewesen, das
galt ebenso für Körbe aus Weide.
ERINNERUNG AN DIE ANFÄNGE
An diese Zeit erinnert sich Wolfgang
Schneider, Inhaber des ältesten Korbwaren-
und Rattanmöbel-Geschäftes in Mainz,
gut. »Die ersten Möbel aus Rattan kamen
aus Indonesien, das noch heute Haupterzeuger
von Rattan ist. Allerdings waren
sie meist zu klein. Mit Zeichnungen und
neuen Maßangaben konnten die Importeure
die Größen den westlichen Größenstandards
anpassen lassen.«
In der vierten Generation führt Schneider
das Geschäft, das sein Urgroßvater 1856
in der Mailandsgasse als »Mainzer Korbwarenhaus
Georg Schneider« gründete.
Obwohl die Familie seitdem mit den Naturartikeln
handelt, haben weder sein Großvater
und Vater noch er selbst das Handwerk
eines Korbmachers erlernt, sondern waren
Kaufleute. Dabei sei es ein beeindruckender
Beruf, meint er, bei dem allein mit den
Händen ohne zusätzliche Elemente ein
robuster Gebrauchsgegenstand gefertigt
werde.
HERSTELLER UND NATURWAREN
WERDEN WENIGER
Der Korbmachmeister in der Lausitz,
der ihn bis vor zwei Jahren belieferte,
hätte genau so gearbeitet. »Ungefähr drei
Stunden hat er für einen Korb gebraucht,
den ich für 60 Euro verkaufen konnte.
Das waren alles qualitativ hochwertige Produkte«,
erzählt Schneider. »Leider ist der
Mann verstorben und das Geschäft wurde
mangels Nachfolge aufgelöst.« Zwar lässt
er in Ostdeutschland bei einer Korbmacherin
Spezialreparaturen durchführen,
Präsentkörbe allerdings bezieht er inzwischen
aus China und Einkaufskörbe von
einer Manufaktur in Polen, wo das Handwerk
noch verbreiteter ist als hierzulande.
Doch nicht nur selbstständige Korbmacher
werden immer weniger, in Mainz und Umgebung
gibt es, so Schneider, schon lange
keine mehr. Auch die Anzahl der Hersteller
für Körbe in Deutschland und der Importeure
für Rattanmöbel hat sich seit Ende
der 1990er stark verringert. Zudem finden
sich im Handel nur noch vereinzelt Körbe
und Möbelstücke aus den Naturmaterialien.
Längst bestimmen Kunststoffmaterialien
wie Polyrattan aus Polyethylen den Markt.
Insbesondere für den Außenbereich sind
die witterungsbeständigen Materialien
gefragt, denn im Gegensatz zu den anfälligen
Naturgeflechten kommen sie unbeschadet
durch jede Jahreszeit.
RETRO-TREND NICHT ERKENNBAR
Früher waren Rattanmöbel im Wohnbereich,
im Garten, auf der Terrasse und im
Wintergarten zu finden. Heute verkauft
Schneider seine Rattanmöbel fast ausschließlich
für den Wintergarten, und »eher
an die ältere Generation«, wie er sagt.
»Laut der Importeure, mit denen ich zusammenarbeite,
ist der Boom an Kunststoff-
Möbeln zwar überschritten. Dennoch ist
eine zunehmende Nachfrage nach Rattan
und Weide nicht zu erkennen«, stellt er
fest, und das, obwohl er beobachten könne,
dass einige Produkte von damals ein Revival
erleben und das Interesse, naturbelassener
zu leben, wachse.
| KH
www.korbwaren.net/schneider