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[ Kanupolo – Spiel mit riesigem Spaßfaktor ] [ Elegantes Verfahren ...

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[JOGU]<br />

Nr. 194 November 2005<br />

Das Magazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />

[ <strong>Kanupolo</strong> <strong>–</strong> <strong>Spiel</strong> <strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong> ]<br />

[ <strong>Elegantes</strong> <strong>Verfahren</strong>: Lasertherapie für Krampfadern ]<br />

[ Bambi und der Holocaust <strong>–</strong> Jüdische Kinderliteratur ]<br />

[ Botschafter Deutschlands <strong>–</strong> Wissenschaftselite in Mainz ]


Inhalt<br />

Titelbild: Wer im <strong>Kanupolo</strong> punkten will, braucht Kondition und<br />

muss gut <strong>mit</strong> einem Paddelboot umgehen können. Der außergewöhnliche<br />

Wassersport ist eine Art Mischung aus Handball,<br />

Paddeln und Basketball und gehört an der Mainzer Johannes<br />

Gutenberg-Universität zum Angebot des Allgemeinen Hochschulsports.<br />

Mehr dazu auf Seite 11.<br />

3<br />

4<br />

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[JOGU] 194/2005<br />

Editorial<br />

Bewerber-Boom<br />

Campus aktuell<br />

Ferrari-Sprinter statt müder Amtsschimmel<br />

Einsteins Erben<br />

Performance, Spektakel und Metamorphosen<br />

Kleiner aber feiner<br />

Studium & Lehre<br />

„Optimale Bildungsbiografie“<br />

Programmiert auf Mathe & Co.<br />

Ohne Seepferde<br />

Konfrontiert <strong>mit</strong> der sich globalisierenden Welt<br />

Wissenschaft & Forschung<br />

Der Dreckapotheke auf der Spur<br />

„Botschafter Deutschlands“<br />

Endoluminale Lasertherapie<br />

Chronische Darmerkrankungen<br />

20 Jahre Mainzer Mikrotron<br />

Campus international<br />

Kelten und Römer in Burgund<br />

Von Schamanen und Zwetschgendatschi<br />

Kultur auf dem Campus<br />

Ossuare aus dem Heiligen Land<br />

Bambi und der Holocaust<br />

Die Kannibalen sind los<br />

Personen & Positionen<br />

Herausragendes Engagement gewürdigt<br />

„Zukunft der Wissensgesellschaft<br />

liegt in unseren Händen“<br />

Neu an der Uni<br />

Kurz & bündig<br />

Veranstaltungstipp<br />

„Sucht in der Arbeitswelt“<br />

Impressum<br />

Foto: Thomas Hartmann<br />

Abb.: © Botanischer Garten<br />

Foto: Andreas Jankowiak<br />

Foto: Peter Pulkowski<br />

Foto: Peter Thomas<br />

2<br />

Dienstleistungsmarathon:<br />

Studierenden Service<br />

Center eröffnet<br />

Seite 4<br />

Kleiner aber<br />

feiner: Umbau<br />

des Botanischen<br />

Gartens<br />

Seite 8<br />

20 Jahre Mainzer<br />

Mikrotron:<br />

Vierte Beschleunigungsstufe<br />

geht<br />

in Betrieb<br />

Seite 20<br />

Hightechland<br />

Korea: Von<br />

Schamanen und<br />

Zwetschgendatschi<br />

Seite 22<br />

Einmalige<br />

Sammlung:<br />

Ossuare aus dem<br />

Heiligen Land<br />

Seite 24


Foto: Thomas Hartmann<br />

Mehr als 20.000 junge Frauen und Männer wollten 2005 an der Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz studieren. Zehntausende Zeugnisse, Anträge,<br />

Lebensläufe, die durch die Hände der Mitarbeiterinnen im Studierendensekretariat<br />

gingen. 30 Minuten brauchen sie im Schnitt, um eine einzige<br />

Bewerbung zu bearbeiten, das machte rund 10.000 Bearbeitungsstunden <strong>–</strong><br />

in Stellen ausgedrückt: 6 Ganztagskräfte wären in diesem Jahr notwendig<br />

gewesen, nur um allein diese Bewerbungsberge zu bewältigen. Im Studierendensekretariat<br />

stehen hierfür aber nur 3,25 Kolleginnen zur Verfügung;<br />

die fehlenden Personalkapazitäten mussten wir <strong>mit</strong> dem Einsatz von Hilfskräften<br />

wettmachen. Von den knapp 20.000 „potenziellen“ Studierenden<br />

hat aber nur knapp ein Drittel Ihr Studium an der Johannes Gutenberg-Universität<br />

tatsächlich begonnen.<br />

Um jedem möglichen Missverständnis zu wehren: Die Universität freut sich<br />

über dieses rege Interesse an einem Studium an der Universität Mainz.<br />

Unserer Überzeugung nach müssten eher noch mehr Schulabgängerinnen<br />

und <strong>–</strong>abgänger die Möglichkeit bekommen, ein Hochschulstudium zu beginnen,<br />

denn Deutschland hat hier eindeutig Nachholbedarf. Aber leider<br />

sind hierfür die Rahmenbedingungen nicht gegeben <strong>–</strong> sehr zum Leidwesen<br />

sowohl der Hochschule als auch der Bewerberinnen und Bewerber.<br />

Das obige Beispiel beschreibt anschaulich die Problematik des Bewerbungs-<br />

Booms: Von Effizienz ist beim derzeit an deutschen Universitäten praktizierten<br />

Bewerbungsverfahren keine Spur. Deutschlands Abiturienten bewerben<br />

sich direkt an den Hochschulen <strong>–</strong> und das gleich mehrfach quer<br />

durch die Republik. In Zeiten der Online-Bewerbung bedeutet dies keinen<br />

großen organisatorischen Aufwand. Die Zahl der zu bearbeitenden Bewerbungen<br />

schnellt dadurch in die Höhe <strong>–</strong> und leider auch die der Absagen<br />

zugelassener Bewerber nach erteilten Zulassungen! An der Johannes<br />

Gutenberg-Universität zum Beispiel, verdreifachte sich die Bewerbungszahl<br />

innerhalb von vier Jahren <strong>–</strong> von 6.600 im Jahr 2001 auf über 20.000 in die-<br />

Bewerber-Boom<br />

3<br />

Editorial<br />

sem Jahr. Gleichzeitig sank die Quote der angenommenen Zulassungen von<br />

97 Prozent in 2001 auf 37 Prozent in 2005. Die Nachrückverfahren ziehen<br />

sich in die Länge und nehmen groteske Formen an. Das kostet nicht nur<br />

Geld, sondern bindet auch Personalressourcen, die beispielsweise in der<br />

Studienberatung weit sinnvoller eingesetzt werden könnten. Und alle sind<br />

unzufrieden, denn die meisten Bewerber müssen zunächst eine Absage<br />

erhalten, um dann, zum Teil erst nach Beginn der Vorlesungszeit, die<br />

Mitteilung zu bekommen, dass sie nun doch ihr gewünschtes Studium an<br />

der Universität Mainz aufnehmen können. Wenn überhaupt, ist dann ein<br />

ordentlicher Studienbeginn nur noch unter größten Kraftanstrengungen<br />

möglich.<br />

Um die Zahl der Vielfachbewerbungen in den Griff zu bekommen, ist eine<br />

zentrale Lösung dringend notwendig. Gerne plädiere ich daher für die Umwandlung<br />

der ZVS in eine bundesweite Servicestelle. Hiervon würden alle<br />

Beteiligten, Bewerberinnen, Bewerber und Hochschulen, profitieren. Statt<br />

die ZVS aufzulösen, sollte ihr Leistungsspektrum besser den aktuellen<br />

Erfordernissen angepasst werden. Das heißt: Das Abklären von Doppel- und<br />

Mehrfachbewerbungen, die Berücksichtigung der Priorisierung seitens der<br />

Bewerber, kurz die gesamte Abwicklung könnte in ihren Händen liegen. Die<br />

Universitäten hätten dann lediglich über die Zulassung zu entscheiden.<br />

Bis es aber so weit ist, bleibt uns nur, weiterhin Personal<strong>mit</strong>tel für zusätzliche<br />

Bearbeitungskapazitäten bereitzustellen. Geld, das wir in diesem Jahr<br />

aus den Einnahmen durch Gebühren von Langzeitstudierenden genommen<br />

haben. Geld, das für Verbesserungen in der Lehre, beispielsweise für Tutorien,<br />

bitter nötig wäre.<br />

Univ.-Prof. Dr. med. Jörg Michaelis<br />

Präsident<br />

[JOGU] 194/2005


Fotos: Thomas Hartmann<br />

Campus aktuell<br />

Ferrari-Sprinter statt<br />

müder Amtsschimmel<br />

Dienstleistungsmarathon abgeschlossen<br />

Am ersten August hat<br />

das neue Studierenden Service Center<br />

seinen Betrieb aufgenommen. Nach<br />

der Einrichtung der Telefon-Hotline<br />

und der Installierung des Internetportals<br />

vervollständigt das Service-<br />

Center nun die rundum erneuerte<br />

Studierenden-Beratung der Mainzer<br />

Universität.<br />

Über eine Stunde in der Schlange stehen? Ohne<br />

zu wissen, ob es das gewünschte Formular hier<br />

überhaupt gibt? Oder fünf Mal am Vor<strong>mit</strong>tag im<br />

Studi-Sekretariat anrufen, ohne jemanden an die<br />

Strippe zu kriegen? Es ist noch nicht allzu lange<br />

her, da gehörten genau diese Fitnessübungen in<br />

Sachen Geduld und Eigenrecherche zum Mainzer<br />

Studierenden-Alltag. Bürokratische Hürden waren<br />

eben dazu da, um sportlich genommen zu<br />

werden, beim nächsten Anlauf kam man vielleicht<br />

weiter und irgendwann dann auch ans Ziel.<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Back-Office: Die Hälfte der Ratsuchenden<br />

erhält eine intensive Beratung<br />

Mit Blick auf die wachsenden Studierendenzahlen,<br />

sprich, das explodierende Verwaltungsaufkommen,<br />

holten die Mainzer Uni-Verantwortlichen<br />

tief Luft und sagten der Misere, sprich<br />

dem organisatorischen Systemfehler, den Drei-<br />

Kampf an.<br />

Die Mainzer Uni-Verantwortlichen<br />

holten tief Luft und<br />

sagten der Misere, sprich dem<br />

organisatorischen Systemfehler,<br />

den Drei-Kampf an.<br />

Mit dem Willen, deutscher Meister zu werden,<br />

ging man 2001 an den Start. Die Leistungs-Analyse<br />

ergab, dass sieben verschiedene Einrichtungen<br />

zu jeweils anderen Zeiten unterschiedliche<br />

Leistungen für verschiedene Studierendengruppen<br />

anboten. Eine erste Koordinierungsmaßnahme<br />

war bereits ein Jahr später realisiert <strong>–</strong> die<br />

Telefon-Hotline. Wer Fragen hat, kann seitdem<br />

<strong>mit</strong> schnellen Antworten rechnen. Das Call-Center<br />

räumt 90 Prozent der allgemeinen Verunsicherung<br />

aus, die Mitarbeiter schicken auch Info-<br />

Material zu. Ist das Problem komplex, wird zum<br />

Experten durchgestellt.<br />

4<br />

Phase zwei des Dienstleistungsmarathons war im<br />

Oktober 2003 erreicht, und pünktlich zu Weihnachten<br />

konnten die User auf das Geschenk einer<br />

„Bürokratie light“ zugreifen: das neue Internetportal,<br />

das übrigens Anliegen- und nicht Einrichtungsorientiert<br />

ist. Eine Hauptfunktion des neuen<br />

Internetdienstes besteht in der Möglichkeit der<br />

Online-Bewerbung. 75 Prozent aller Interessenten<br />

an einem Studienplatz nutzen <strong>mit</strong>tlerweile<br />

diese Direkt-Chance.<br />

Der endgültige Erfolg in der Drei-Kampf-Disziplin<br />

konnte im August dieses Jahres errungen werden:<br />

Nach gut zweijähriger Planungs- und Bauzeit ist<br />

am Ersten des Monats das neue Studierenden<br />

Service Center in Betrieb gegangen. Die neuen<br />

Räume schimmern nicht in üblichem Grauweiß,<br />

sondern leuchten in positivem Rot <strong>–</strong> und signalisieren<br />

so schon im Eingangsbereich eine offensive<br />

Devise, die da zu lauten scheint: Ferrari-<br />

Sprinter statt Amtsschimmel. Im umgebauten<br />

„Hörsaal 8“ <strong>–</strong> direkt gegenüber der Alten Mensa,<br />

noch genauer, Taberna Academica <strong>–</strong> empfängt<br />

den Ratsuchenden ein Info-Desk, wo’s Standardauskünfte,<br />

Info-Materialien und Anträge, kurz, einen<br />

Unterlagencheck gibt. Sind weitere Anliegen<br />

zu klären <strong>–</strong> was bei der Hälfte der Ratsuchenden<br />

der Fall ist <strong>–</strong> wird gezielt zum Experten ins Back-<br />

Office weiterver<strong>mit</strong>telt. Oder der Studierende<br />

wird eine Etage tiefer geschickt, denn auch die<br />

Beratungsstellen der Universität sind, <strong>mit</strong> Ausnahme<br />

des Amtes für Ausbildungsförderung, ins<br />

Forum 1 gezogen. Zwischen dem Problem und<br />

seiner Lösung liegt also allenfalls das Treppenhaus<br />

<strong>–</strong> doch wird auch an dieser Barriere gearbeitet,<br />

der behindertengerechte Aufzug ist bereits<br />

im Bau.<br />

„Wir haben uns das Modell<br />

des Bürgerbüros zum Vorbild<br />

genommen.“<br />

Wie notwendig es war, sich dem Service-Wettbewerb<br />

zu stellen <strong>–</strong> der Mainz übrigens tatsächlich<br />

eine deutsche Vorreiterrolle eingetragen hat <strong>–</strong><br />

zeigt ein Blick auf die Zahl der aktuell Studieninteressierten.<br />

16.300 waren es für das laufende<br />

Wintersemester 2005/2006. Vor genau einem<br />

Jahr bemühten sich genau 1531 Bewerber weniger.<br />

Mainz wird jedes Jahr stärker nachgefragt,<br />

wie stark dieser Anstieg ist, zeigt der Vergleich<br />

<strong>mit</strong> den Zahlen im Wintersemester 2001/2002:<br />

Damals trafen beim Studierendensekretariat insgesamt<br />

5.084 Bewerbungen ein; heute sind es<br />

also mehr als dreimal so viele.


Dies bedeutet nicht nur, dass der innerhalb derselben<br />

Zeit und <strong>mit</strong> der nahezu gleichen Personalstärke<br />

zu bewältigende Arbeitsaufwand<br />

für die Studierendenverwaltung extrem angestiegen<br />

ist <strong>–</strong> ein Problem, das die Verantwortlichen<br />

inzwischen vor eine fast unlösbare Aufgabe<br />

stellt <strong>–</strong>, angesichts der li<strong>mit</strong>ierten Kapazitäten<br />

in den Fächern müssen auch immer mehr Fächer<br />

<strong>mit</strong> einer Zulassungsbeschränkung (umgangssprachlich<br />

als „NC“ bezeichnet) belegt werden.<br />

2001 waren es gerade einmal 16 Fächer, heute<br />

sind es bereits 48 <strong>–</strong> eine Entwicklung, <strong>mit</strong> der<br />

niemand wirklich zufrieden sein kann.<br />

„Was wir in den bundesweit<br />

stark nachgefragten Studienfächer<br />

dringend brauchen,<br />

ist eine Zentrale Koordinierungsstelle.“<br />

Auch in diesem Jahr war der Run auf die uniintern<br />

zulassungsbeschränkten Studiengänge<br />

wie Publizistik und Filmwissenschaft groß. Am<br />

beliebtesten aber ist der in Dortmund zentral vergebene<br />

Studiengang Medizin, dicht gefolgt von<br />

der Zahnmedizin. 23 zukünftige Dentisten konkurrieren<br />

um einen Mainzer Studienplatz. Der<br />

Numerus clausus spielt insgesamt eine immer<br />

wichtigere Rolle. Immer notenstärkere Abiturienten<br />

bewerben sich in Mainz um eine akademische<br />

Ausbildung <strong>–</strong> das erhöht auch den internen<br />

NC. Mittlerweile sind die Hälfte aller Studiengänge<br />

zulassungsbeschränkt. Die Chancen, durch<br />

Wartezeiten einen der begehrten Studienplätze<br />

Das Studierenden Service Center befindet<br />

sich im Forum universitatis 1, im ersten Stock.<br />

Öffnungszeiten des Info-Desks: Montag bis<br />

Donnerstag, 9-16 Uhr, Freitag 9-13 Uhr. Öffnungszeiten<br />

Sachbearbeitung: Montag bis<br />

Freitag 10-12 Uhr, Dienstag und Donnerstag<br />

zusätzlich 13.30 bis 15.30 Uhr.<br />

Fachübergreifende Studienberatung: offene<br />

Sprechstunde Montag und Mittwoch<br />

10-11 Uhr und Dienstag und Donnerstag<br />

14-15 Uhr, persönliche Beratung nach Terminvereinbarung.<br />

Telefon-Hotline für Studierende und Studieninteressierte:<br />

Tel. 0 61 31/39-22 122.<br />

zu bekommen, werden immer geringer. Gleichzeitig<br />

wird der Verwaltungsaufwand immer höher.<br />

Probleme bereiten hier besonders die Mehrfachbewerbungen.<br />

Bedauerlich, so Dr. Bernhard<br />

Einig, Leiter der Abteilung Studium und Lehre, sei<br />

die Möglichkeit hier unterhalb der Hochschulen<br />

die Bewerbungen abzustimmen. „Was wir in den<br />

bundesweit stark nachgefragten Studienfächer<br />

dringend brauchen, ist eine Zentrale Koordinierungsstelle,<br />

die dafür sorgt, dass dieselben Arbeiten<br />

nicht identisch an sechs Hochschulen gleichzeitig<br />

gemacht werden müssen, wobei dann aber<br />

letztlich nur an einer Hochschule die Einschreibung<br />

erfolgt. „Wenn dann ein sehr hoher Anteil<br />

der Studienbewerber ihren Platz nicht annehmen,<br />

bleiben in einigen Studiengängen immer<br />

wieder wertvolle Studienplätze frei“, so Einig, der<br />

hier dringenden bundesweiten Handlungsbedarf<br />

Nostalgie: Die alte<br />

Stuhlreihe erinnert an den<br />

ehemaligen Hörsaal 8<br />

5<br />

Campus aktuell<br />

auf hochschulpolitischer Ebene sieht. „Wir versuchen<br />

zwar, diesem Problem durch differenzierte<br />

Überbuchungen gegen zu steuern, da das Annahmeverhalten<br />

aber zur Zeit stark schwankt,<br />

handeln wir uns aber dadurch stellenweise wieder<br />

andere Probleme ein, die für die betreffenden<br />

Fächer zu einer kaum zu bewältigenden Überlastsituation<br />

führt.“<br />

Dennoch, in der ursprünglich auf 18.000 Studierende<br />

ausgerichteten Mainzer Universität wird<br />

die magische Zahl von 35.000 Studierenden wohl<br />

noch in diesem Wintersemester überschritten. Die<br />

Investitionen für den neuen Service kamen da gerade<br />

recht. 900.000 Euro haben die Maßnahmen<br />

insgesamt gekostet. 100.000 Euro wurden für die<br />

Einrichtung des Internetportals ausgegeben,<br />

535.000 Euro stellten Universität und Land für<br />

die Altlastensanierung und den Innenausbau des<br />

neuen Service-Centers bereit. Die laufenden Jahreskosten<br />

für das Call-Center betragen 150.000<br />

Euro. Auch für Personal wird mehr Geld ausgegeben:<br />

Das Team des Studierenden-Services wird<br />

demnächst um einen neuen Mitarbeiter auf<br />

25 Personen aufgestockt.<br />

Über eine Stunde auf Beratung zu warten braucht<br />

also hoffentlich in Zukunft niemand mehr. „Wir<br />

haben uns“, so Tanja Meyer, Leiterin des Mainzer<br />

Studierenden Service Centers, „das Modell des<br />

Bürgerbüros zum Vorbild genommen, und wir<br />

haben bereits positive Resonanz erhalten.“ Das<br />

Service-Wettrennen in Ferrari-Rot gewinnen ...<br />

Ulrike BRANDENBURG ■<br />

Intensive Beratung: Die Hälfte<br />

der Ratsuchenden wird hier betreut<br />

[JOGU] 194/2005


Foto: Peter Pulkowski<br />

Campus aktuell<br />

Einsteins<br />

Erben<br />

Wissenschaft hautnah Die bahnbrechenden<br />

Gedanken von Albert Einstein<br />

endlich einmal nachvollziehen können?<br />

Den originalgroßen NASA-Marsrover<br />

erkunden? Eine Zeitreise <strong>mit</strong> dem eigenen<br />

Körper im Age Explorer erleben?<br />

Oder: Im Fahrsimulator den Einfluss<br />

von Drogen auf die Fahrweise testen?<br />

„Wissenschaft zum Anfassen und Mitmachen“<br />

rund um den Gutenbergplatz<br />

und Tritonplatz präsentierte die Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz bereits<br />

zum vierten Mal.<br />

Tausende Besucher strömten <strong>–</strong> trotz zeitweise<br />

sintflutartiger Regenfälle <strong>–</strong> durch die Zelte, begeistert<br />

von den anschaulichen Experimenten,<br />

die auf 800 Quadratmetern geboten wurden. Besonders<br />

das Einsteinzelt erlebte einen wahren<br />

Besucherandrang von Groß und Klein. Der Star<br />

unter den Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts<br />

<strong>–</strong> Albert Einstein <strong>–</strong> erklärte das Universum <strong>–</strong> aber<br />

nur wenige folgten seiner Gedankenwelt. Gemeinsam<br />

<strong>mit</strong> den Mainzer Physikern konnten die<br />

Besucher den „Mythos Einstein“ erkunden und<br />

die bahnbrechenden Gedanken nachvollziehen:<br />

Spannende Experimente und faszinierende Computersimulationen<br />

ver<strong>mit</strong>telten die grundlegenden<br />

Gedanken von Einsteins Theorien und zeigten,<br />

zu welchen technischen Innovationen sie<br />

geführt haben. Manch ein Physiklehrer<br />

wird sich solche Versuchsaufbauten<br />

für seinen Unterricht<br />

gewünscht haben.<br />

Aber auch Einsteins „Erben“ konnten die Besucher<br />

kennen lernen: Die Mainzer Physiker gehören<br />

international zur Forschungselite und gaben<br />

im Einstein-Zelt einen Einblick in ihre aktuellen<br />

Forschungsprojekte.<br />

In Zelt 1 war das Gedränge ebenso groß: Der detailgetreue<br />

Nachbau des NASA-Mars-Rover ließ<br />

die Besucher staunen. Fast zwei Jahre sind die<br />

beiden Rover Spirit und Opportunity bereits auf<br />

dem roten Planten im Einsatz <strong>–</strong> ein Zeitraum, <strong>mit</strong><br />

dem kein an der Mission beteiligter Forscher gerechnet<br />

hat. Nun senden die beiden Rover <strong>mit</strong><br />

den in Mainz entwickelten Spektrometern täglich<br />

Messdaten, die bereits zu spektakulären Ergebnissen<br />

geführt haben. So ist der Nachweis des<br />

eisenhaltigen Minerals Goethit ein eindeutiger<br />

Beweis, das Wasser auf dem Mars vorhanden<br />

war. Der Vater des Mössbauer-Spektrometers, der<br />

Mainzer Marsforscher Göstar Klingelhöfer, war<br />

dann auch zwei Tage von interessierten Besuchern<br />

umlagert.<br />

Marsforscher war<br />

zwei Tage umlagert.<br />

Geduldiges Anstehen war in Zelt 2 angesagt:Wer<br />

einmal in die Haut eines alten Menschen schlüpfen<br />

wollte, musste Zeit <strong>mit</strong>bringen. „Körper-<br />

Reise“ in die Zukunft nannten die Wissenschaftler<br />

vom Institut für Arbeits-, Sozial- und<br />

Umweltmedizin den Versuch <strong>mit</strong> dem Age Explorer.<br />

Das klang abenteuerlich, aber <strong>mit</strong> dem klobigen<br />

Einteiler am Körper, den zusätzlichen<br />

Gewichten an Armen und Beinen, dem eingeschränkten<br />

Gesichtsfeld, dem Helm, der einem<br />

das Hören raubte, war schnell klar, was alte Menschen<br />

ertragen und erdulden. Mit den innen stachelig<br />

beschichteten Handschuhen wurde selbst<br />

das Aufschlagen einer Telefonbuchseite zur Qual.<br />

Mit mehr Verständnis für die älteren Mitmenschen<br />

und dem einen oder anderen guten Vorsatz,<br />

mehr für die körperliche Fitness zu tun, haben<br />

die Testpersonen den Stand verlassen.<br />

Lange Schlangen auch vor dem Fahrsimulator:<br />

Meist Jugendliche Fahranfänger erlebten nach einer<br />

ersten nüchternen Autofahrt, wie bereits <strong>mit</strong><br />

0,3 Promille das Sichtfeld, die Wahrnehmung und<br />

das Reaktionsvermögen sich schlagartig verändern.<br />

Selbst den Zuschauenden wurde angesichts<br />

der heiklen Fahrmanöver der Testfahrer schwindelig.<br />

Viele Attraktionen gab es auch für die kleinen Besucher:<br />

chemische Experimente aus der Hexenküche,<br />

Herstellung von Perlen wie im frühen Mittelalter<br />

oder die Fossilien-Suche, Mini-Sprachkurse<br />

in Arabisch und Türkisch. Aber die Sensation war<br />

der gelbe Rettungshubschrauber des ADAC direkt<br />

vor dem Theater.Allein der Standort brachte viele<br />

Kinder ins Grübeln:Wie mag der wohl hier gelandet<br />

sein? Aber wer sich erst einen Sitzplatz im<br />

Cockpit ergattert hatte, der wollte nicht mehr<br />

raus. Zeit für die Eltern, sich ausführlich über Notfallmedizin<br />

informieren zulassen.<br />

Rund 100 Wissenschaftler <strong>mit</strong> mehr als 50 Projekten<br />

und Aktionen waren an beiden Tagen im<br />

Einsatz. Das Tor zur faszinierenden Welt der Wissenschaften<br />

zu öffnen lag allen Beteiligten am<br />

Herzen.Teils wochenlange Vorbereitungen für die<br />

Experimente waren notwendig, um die schwierige<br />

wissenschaftliche Materie allgemeinverständlich<br />

und zugleich spannend demonstrieren<br />

zu können. Der Einsatz wurde wieder einmal<br />

durch die hohe Besucherzahl und das große Interesse<br />

der Mainzer belohnt.<br />

Annette SPOHN-HOFMANN ■<br />

Kinderaugen staunen:<br />

Wie konnte der Rettungshubschrauber<br />

hier landen?


Performance, Spektakel<br />

und Metamorphosen<br />

Highlight der Langen Nacht Farbenspiele von Licht und Laser, spektakuläre<br />

Schauexperimente, Theater und Performance: Im Rahmen des Kultursommers<br />

2005 öffnete der Fachbereich Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften der<br />

Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Kooperation <strong>mit</strong> dem Max-Planck-<br />

Institut für Polymerforschung die Türen bis tief in die Nacht und gewährte<br />

faszinierende Einblicke unter dem Motto „Kultur schafft Wissen <strong>–</strong> was die Welt<br />

im Innersten zusammenhält“.<br />

Obwohl seit alters eng <strong>mit</strong>einander verbunden,<br />

laufen heute Wissenschaft und Kunst oft getrennt.<br />

Mit dieser Veranstaltung sollte daher eine<br />

Brücke zwischen diesen Disziplinen geschlagen<br />

werden: in der Kunst spiegelt sich die Wissenschaft<br />

und in der Wissenschaft die Kunst.<br />

Zum Auftakt der Langen Nacht der Chemie gab es<br />

Performance, Spektakel und Metamorphosen: Ein<br />

roter Faden zieht sich durch eine weiße Papierlandschaft.<br />

Gleißendes Sonnenlicht verursacht<br />

spiegelnde Lichtreflexe auf weißen Kegeln und<br />

Papierfaltungen. 1.200 Einzelmodule, ursprünglich<br />

für den Garten des Museums für Angewandte<br />

Kunst in Frankfurt am Main konzipiert, bedecken<br />

den Grashügel im Hof des Gebäudes der Neuen<br />

Chemie.<br />

In der Mitte des roten Tunnels<br />

begegnen sich die Künstlerinnen<br />

und für einen Moment<br />

verschmelzen sie <strong>mit</strong>einander<br />

zu einer Form.<br />

Im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften<br />

wurde die Papierinstallation von Studentinnen<br />

der Papier/Textil Klasse von Prof. Elfi Knoche-<br />

Wendel der Akademie für Bildende Künste der<br />

Universität Mainz neu installiert. Licht und Schatten<br />

bespielen die Flächen der Papierelemente. Immer<br />

wieder eröffnen sich dem Betrachter neue<br />

Bilder und Wahrnehmungen. Er wird eingeladen,<br />

sich durch Standortwechsel auf das Perspektivenspiel<br />

der Papierplastiken einzulassen.<br />

In einem 50 Meter langen Schlauch bewegen sich<br />

mal langsam und in einer Position verharrend,<br />

mal schneller zwei Körper aufeinander zu. Das<br />

dabei entstehende Formenspiel ist vielfältig und<br />

lässt verschiedensten Assoziationen freien Raum.<br />

Die zweidimensional daliegende rote Linie wird<br />

durch die Performancekünstlerinnen Ines Dunemann<br />

und Clara Wicke gefüllt, bewegt, gedehnt,<br />

verformt und gemeinsam erscheinen sie als<br />

skulpturale Einheit. In der Mitte des roten Tunnels<br />

begegnen sich die Künstlerinnen und für einen<br />

Moment verschmelzen sie <strong>mit</strong>einander zu einer<br />

7<br />

Campus aktuell<br />

Form. Dann trennen sie sich wieder, schälen sich<br />

aus dem purpurroten Schlauch heraus und schreiten<br />

schließlich den Stoff hinter sich herziehend<br />

wie Königinnen aus dem Papiergarten.<br />

Durch die Schlauchperformance von Clara Wicke<br />

und Ines Dunemann wurde die Verbindung zwischen<br />

den Papierskulpuren und dem Gesamtprojekt<br />

„Europa Metamorphosen“ von Wilfried<br />

Fiebig und Helen Körte geschaffen. Unter der Leitung<br />

der zwei Theatermacher und der Professorin<br />

Knoche-Wendel wurde ein Kulturprojekt initiiert,<br />

in dem Schauspieler des Ensemble 9. November,<br />

Musiker, Sänger, ein Komponist, ein Choreograph,<br />

Studierende der Hochschule für Gestaltung in<br />

Offenbach und die Künstler der Mainzer Universität<br />

teilhatten.<br />

Königinnen aus dem Papiergarten: Die Künstlerinnen Clara Wicke (r.) und Ines Dunemann<br />

Thema war die Entstehung und der Wandel Europas<br />

von der antiken Mythologie bis hin zum gemeinsamen<br />

Industriekulturkontinent. In ihren<br />

Aufführungen nahmen die Künstler den Dialog<br />

<strong>mit</strong> den Werken der angewandten Kunst auf. Sie<br />

schufen da<strong>mit</strong> ein Gesamtkunstwerk, das über<br />

die Grenzen der angewandten Kunst weit hinausging.<br />

■<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Foto: Thomas Hartmann


Campus aktuell<br />

Kleiner aber feiner<br />

Viel Herzblut im <strong>Spiel</strong> Mit den ersten Kulturtagen feierte der Botanische<br />

Garten Anfang Juli den Beginn der großflächigen Umgestaltung seines Freilandgeländes.<br />

Durch den Umbau soll der Garten nicht nur attraktiver für Besucher,<br />

sondern auch wissenschaftlich auf den neuesten Stand gebracht werden.<br />

Knirschend wird ein Garteneimer<br />

über den rauen Sandweg<br />

gezogen. Pflanzpaletten aus<br />

Plastik reiben rhythmisch aneinander.<br />

Harke, Spaten und sogar<br />

Gieskanne steuern weitere<br />

Töne bei. Harmonisch verbinden<br />

sich die Klänge unter der<br />

Leitung von Annemarie Roelofs,<br />

Professorin an der Frankfurter<br />

Hochschule für Musik und Darstellende<br />

Kunst, zu einer kleinen<br />

Gartenmusik. Dieses Freiluftkonzert<br />

besonderer Art<br />

begleitete Anfang Juli den<br />

„Prolog im Garten“, Auftaktveranstaltung<br />

der ersten Kulturtage<br />

im Botanischen Garten.<br />

Studierende der Akademie für Bildende<br />

Künste präsentierten dazu im Rahmen des Campusprojekts<br />

„Umweltgestaltung“ von Prof. Peter<br />

Lieser an verschiedenen Orten ihre Arbeiten.<br />

Daran, dass der Botanische Garten vor den größten<br />

konzeptionellen Veränderungen seit seiner<br />

Gründung im Jahre 1946 steht, erinnerte vor allem<br />

ein von Armin Löffler errichtetes Tor aus<br />

Stahl. „Als Durchgang für die Kastanien symbolisiert<br />

es den letzten Weg der Bäume“, so der<br />

Künstler zu der Bedeutung seines Werkes. Gemeint<br />

ist die Rosskastanienallee dahinter. Schon<br />

bald wird sie der Axt zum Opfer fallen.<br />

„Tor aus Stahl symbolisiert den<br />

letzten Weg der Bäume.“<br />

Das stimmt zwar wehmütig, macht unter biologischen<br />

Gesichtspunkten aber Sinn. „Die Bäume<br />

sind krank, ihre Stämme <strong>mit</strong> Geschwüren<br />

übersäht, die Rinde<br />

ist an manchen Stellen porös<br />

und löst sich. Einige abgestorbene<br />

Exemplare haben<br />

bereits Lücken in der<br />

Baumreihe hinterlas-<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Abb.: © Botanischer Garten<br />

Chance: Umgestaltung eröffnet viele Möglichkeiten zur Verbesserung<br />

sen“, sagt der Kustos des Gartens, Dr. Ralf Omlor,<br />

bei einem Rundgang einige Wochen später.<br />

Die Rodung der maroden Hölzer ist bei weitem<br />

nicht die einzige Veränderung, die den Botanischen<br />

Garten bis zum Frühjahr 2007 treffen wird.<br />

Das Erweiterungsgelände <strong>mit</strong> der Nachbildung<br />

des „Mainzer Sandes“ soll aufgegeben und dessen<br />

seltene und geschützte Flora in das Gartenzentrum<br />

verlagert werden. Die ursprüngliche Fläche<br />

des Gartens wird da<strong>mit</strong> von 10 auf etwa 8,8<br />

Hektar reduziert. Den frei werdenden Platz benötigt<br />

die Uni für den Neubau der Zentralen Tierversuchseinrichtung<br />

samt einer Straße, die den<br />

Ackermannweg direkt <strong>mit</strong> dem Bentzelweg verbindet.<br />

Der im Herbst 2004 gefasste Universitätsbeschluss<br />

löste bei den Garten<strong>mit</strong>arbeitern zuerst<br />

tiefe Besorgnis aus. Mittlerweile begreift man ihn<br />

als Chance: „Die erforderliche Umgestaltung eröffnet<br />

viele Möglichkeiten zur Verbesserung.<br />

Endlich können wir die Pflanzstellen der<br />

systematischen Abteilung, in der die Verwandtschaft<br />

und Stammesgeschichte der<br />

Blütenpflanzen dargestellt wird, nach neuesten<br />

Erkenntnissen anordnen.“ Zusätzlich zu der<br />

wissenschaftlichen Aufwertung erfolgt auch eine<br />

8<br />

gestalterische: „Die ursprüngliche Fläche der systematischen<br />

Abteilung wird halbiert und neu<br />

strukturiert.Auf der einen Hälfte wird <strong>mit</strong> einigen<br />

zusätzlichen Beeten das neue System untergebracht.<br />

Auf der anderen Hälfte legen wir verschiedene<br />

Landschaftsbereiche zum ersten Mal<br />

auch nach gartenarchitektonischen Gesichtspunkten<br />

an.“ Direkt neben der Neuanlage des<br />

„Mainzer Sandes“ wird der südosteuropäische<br />

Steppenwald, der ebenfalls Tierhaus und Straße<br />

Platz machen musste, neu gepflanzt. Zudem können<br />

sich Besucher zukünftig an einer Streuobstwiese,<br />

einem Weinberg und Ackerkulturen <strong>mit</strong><br />

charakteristischen, heute selten gewordenen<br />

Unkräutern erfreuen. Für den Umbau hat die<br />

Universität 300.000 Euro locker gemacht. Die<br />

Summe reicht aus, um das Nötigste, Transportarbeiten<br />

und Gartenbaufirma, zu bezahlen. Alles<br />

andere erstellen die Mitarbeiter in Eigenleistung.<br />

Neben großem Engagement ist viel Herzblut <strong>mit</strong><br />

im <strong>Spiel</strong>, denn nicht alle Pflanzen, die umgesiedelt<br />

und gegebenenfalls zwischengelagert werden,<br />

vertragen diese Behandlung auch. Im Zuge<br />

der Neuordnung der systematischen Abteilung<br />

sollen die 3.600 Pflanzstellen auf etwa 2.000 reduziert<br />

werden. „Es werden die Arten herausgenommen,<br />

die bei uns nur schwer gedeihen oder<br />

seit langem kaum zu beschaffen sind“, erklärt der<br />

Kustos. „Pflanzengattungen, die <strong>mit</strong> 20 bis 30 Arten<br />

vertreten waren wie etwa der Klee werden<br />

auf halb so viele Arten verdichtet. Die Vielfalt der<br />

Familien und Gattungen hingegen wollen wir erhalten<br />

und ausbauen. Unser Garten wird kleiner<br />

aber feiner.“<br />

Wer derzeit durch den Botanischen Garten läuft,<br />

kann die Grundzüge der Umgestaltung schon erkennen,<br />

findet aber nach wie vor viele vertraute<br />

Ecken wieder. „Gehölzsammlung (Arboretum)<br />

und Gewächshäuser sind von den Veränderungen<br />

nicht betroffen“, bestätigt Omlor. Besuchern<br />

steht der Garten auch während des Umbaus offen,<br />

zu Veranstaltungen und Führungen wird<br />

weiterhin herzlich eingeladen.<br />

Zwei der vier zur Rodung frei gegebenen Alleeabschnitte<br />

sollen später durch Lindenalleen ersetzt<br />

werden. Die Linde ist eine Baumart, die sich<br />

für diese Art der Pflanzung besser eignet als die<br />

Rosskastanie. Das Holz der gefällten Bäume allerdings<br />

wurde bereits der Bildenden Kunst versprochen.<br />

Vielleicht wird es <strong>–</strong> von Künstlerhand<br />

bearbeitet <strong>–</strong> irgendwann den Garten wieder<br />

schmücken. Sabine KIESLICH ■<br />

Information: www.botgarten.uni-mainz.de


„Optimale Bildungsbiografie“<br />

Der Prozess gewinnt an Fahrt Die Einführung eines gestuften Studiensystems<br />

läuft in Rheinland-Pfalz sehr gut. Das gilt gerade auch für die Mainzer<br />

Johannes Gutenberg-Universität. Dieser positive Zwischenbericht war Teil eines<br />

Ergebnisses der Tagung „Die Chance nutzen <strong>–</strong> Zur Gestaltung von Bachelorund<br />

Masterstudiengängen in Rheinland-Pfalz“, die im Oktober an der Mainzer<br />

Universität stattfand.<br />

„Die Einschreibungszahlen für Bachelor- und<br />

Masterstudiengänge werden einschneidend steigen“.<br />

So beschrieb Dr. Bernhard Einig von der Abteilung<br />

„Studium und Lehre“ der Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz die Zukunft des<br />

gestuften Studiensystems. Um den aktuellen<br />

Stand und die Perspektiven dieser Studiengänge<br />

ging es bei der Tagung „Die Chance nutzen <strong>–</strong> Zur<br />

Gestaltung von Bachelor- und Masterstudiengängen<br />

in Rheinland-Pfalz“, die am 7. Oktober in der<br />

Mainzer Universität stattfand. Nachdem im März<br />

bereits eine interne Tagung der Johannes Gutenberg-Universität<br />

zum gleichen Thema stattgefunden<br />

hatte, trat die Hochschule nun als Gastgeber<br />

für den Informationsaustausch zwischen Vertretern<br />

von Universitäten, Fachhochschulen,<br />

bildungspolitischen Einrichtungen und Ministerien<br />

auf.<br />

„Wir haben uns für Qualität<br />

statt Quantität entschieden.“<br />

Professor Dr. Jörg Michaelis, Präsident der Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz, unterstrich in<br />

seiner Begrüßung die Bedeutung der neuen Studiengänge<br />

für die künftige Entwicklung der<br />

Hochschulausbildung in Deutschland: „Es gibt<br />

kaum einen bildungspolitischen Reformansatz,<br />

der die deutschen Hochschulen so beschäftigt<br />

hat“, sagte Michaelis. Als wichtigste Ziele der<br />

Umstellung nannte der Präsident die internationale<br />

Anerkennung der Abschlüsse als Maßnahme<br />

zur Harmonisierung des europäischen Bildungsraums,<br />

sowie Flexibilität, Strukturierung, Effizienz<br />

und Profilierung. So böte sich beispielsweise die<br />

Chance, Qualifikationen grundsätzlich neu zu bestimmen,<br />

statt „einfach das klassische Fach in ein<br />

neues Gewand zu kleiden“. Die stärkere wissenschaftliche<br />

Profilierung gerade durch Master-Studiengänge<br />

in Forschung und Lehre werde solche<br />

Angebote für die Studierenden ebenso attrakti-<br />

ver machen wie die Möglichkeit der Flexibilisierung<br />

der Lernwege. Denn <strong>mit</strong> gestuften Studiengängen<br />

sei es möglich, nach dem ersten Abschluss<br />

direkt in den Beruf zu wechseln und<br />

später eine höhere Qualifikation anzuschließen.<br />

Zufrieden zeigte sich Michaelis auch <strong>mit</strong> der Dynamik<br />

der Umstellung: „Der Prozess gewinnt immer<br />

mehr an Fahrt“, sagte der Präsident zur Eröffnung<br />

der Tagung. Ähnlich fiel auch das Urteil<br />

von Professor Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für<br />

Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur<br />

des Landes Rheinland-Pfalz, aus: „Die Hochschulen<br />

in Rheinland-Pfalz werden den Termin<br />

2010 für die Umstellung der Studiengänge unterschreiten“,<br />

so Zöllner zufrieden.<br />

In Mainz und Trier soll die Neuordnung<br />

im Wintersemester<br />

2007/08 abgeschlossen sein, an<br />

den Fachhochschulen bereits<br />

früher. Das Land hat für die Umstellung<br />

allein in diesem und<br />

dem kommenden Jahr 28,3<br />

Millionen Euro zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Zöllner verteidigte an dieser<br />

Stelle die bisher vergleichsweise<br />

langsame Umsetzung von Bachelor-<br />

und Masterstudiengängen<br />

in Rheinland-Pfalz <strong>–</strong> zurzeit<br />

ist etwa ein Viertel des Studienangebots<br />

umgestellt. Grund dafür<br />

sei, dass in Rheinland-Pfalz<br />

fast alle Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

eine Akkreditierung durchlaufen,<br />

während im Bundesdurchschnitt weniger als ein<br />

Drittel der Abschlüsse so zertifiziert werden. „Wir<br />

haben uns für Qualität statt Quantität entschieden“,<br />

betonte der Minister, „denn die Akkreditierung<br />

ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel der<br />

9<br />

Studium & Lehre<br />

Qualitätssicherung für die Lehre.“ Dabei greife<br />

das Land nicht in den Handlungsspielraum der<br />

Universitäten ein, wenn es um die Gestaltung der<br />

Inhalte und Anforderungen für neue Bachelorund<br />

Masterstudiengänge geht. Im Gegenteil,<br />

so Zöllner, sollte die freie Ausbildung von Profilen<br />

im Dialog <strong>mit</strong> Wirtschaft und Absolventen gestärkt<br />

werden. So hätten Studienanfänger die<br />

Chance, sich eine „optimale Bildungsbiografie“<br />

zu erarbeiten: Beispielsweise erst den Bachelor,<br />

dann Berufserfahrung, schließlich Spezialisierung<br />

durch einen Masterstudiengang. „Ich bin der<br />

festen Überzeugung, dass die Hochschulen in<br />

Rheinland-Pfalz die Herausforderung der Umstellung<br />

meistern werden“, sagte Zöllner abschließend.<br />

Dr. Bernhard Einig stellte vor dem Beginn der Arbeit<br />

in parallelen Diskussionsforen die Umsetzung<br />

von Bachelor- und Masterstudiengängen an<br />

der Universität Mainz vor. Auch Einig unterstrich<br />

die Bedeutung akkreditierter Abschlüsse für die<br />

Zukunft: „Den Wettbewerb zwischen den Hochschulen<br />

wird der gewinnen, der in Lehre und Forschung<br />

die beste Qualität bietet, nicht der, der die<br />

Wissenschaftsminister Zöllner: Hochschulen<br />

werden die Umstellung meistern<br />

Etiketten am schnellsten umklebt.“ Als Herausforderungen<br />

für jede Hochschule neben der eigentlichen<br />

Neuorganisation der Studiengänge<br />

nannte Einig vor allem die gute Beratung aller Beteiligten<br />

und die effiziente Verwaltung durch ein<br />

modernes EDV-System. Peter THOMAS ■<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Foto: Peter Thomas


Studium & Lehre<br />

Foto: C. Kirch<br />

Programmiert auf Mathe & Co.<br />

Netzwerk bilden Seit acht Jahren beteiligt sich die Mainzer Universität am „Ada-Lovelace-Projekt“ zur Förderung von<br />

Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik. Unter dem Motto „Übergänge erfolgreich gestalten“ fand Anfang<br />

Oktober eine Herbsttagung statt. In Podiumsdiskussionen und Workshops setzten sich die TeilnehmerInnen <strong>mit</strong> den<br />

Karrieremöglichkeiten von Absolventinnen der Naturwissenschaften auseinander.<br />

Der Impuls ging von der Koblenzer Universität<br />

aus, und das Land Rheinland-Pfalz wirkte bei der<br />

Gründung und Finanzierung des Projektes <strong>mit</strong>.<br />

Engagiert beteiligten sich die Ministerien für<br />

Bildung, Frauen und Jugend, für Wissenschaft,<br />

Weiterbildung, Forschung und Kultur und für<br />

Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Mittlerweile<br />

wird im Namen der Mathematikerin Ada<br />

Lovelace (1815-1852) an allen Schulen des<br />

Bundeslandes das Interesse der Mädchen an der<br />

Mathematik und den Naturwissenschaften gefördert,<br />

die Schülerinnen werden hierbei von Studentinnen<br />

betreut. Mehrtägige Workshop-Angebote<br />

haben neben der Studienentscheidung<br />

inzwischen auch die Wahl des Ausbildungsberufes,<br />

zur Informatik-Kauffrau etwa, beeinflusst.<br />

An der Mainzer Uni existiert das Projekt seit<br />

1997. „Wichtig ist der Vernetzungs-Gedanke“,<br />

weiß Sozialwissenschaftlerin Birte Peter, welche<br />

<strong>mit</strong> der Koordinierung aller Mainzer Aktivitäten<br />

betraut ist. „Wir bilden Studentinnen der Naturwissenschaften<br />

zu Mentorinnen aus. Als Ansprechpartnerinnen<br />

stehen sie dann Schülerinnen<br />

und jüngeren Studentinnen zur Verfügung.“ Die<br />

Hilfe bei praktischen, das Studium betreffenden<br />

Fragen sei wichtig. „Das Wesentliche aber ist,<br />

dass die Mentorinnen <strong>–</strong> 300 sind es im Laufe der<br />

Jahre geworden <strong>–</strong> ihre Biografie einbringen.<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Workshop-Angebote: Interesse an<br />

Naturwissenschaften frühzeitig wecken<br />

Denn den Schülerinnen fehlen Vorbilder“, so<br />

Peter. Vorbilder wie das der Namensgeberin des<br />

Projektes: In einer Zeit, in der Frauen der Besuch<br />

öffentlicher Bibliotheken verboten war, beschäftigte<br />

sich Ada Byron King, Countess of Lovelace<br />

<strong>mit</strong> der Frage, wie aus mathematischen Formeln<br />

Funktionsschritte abgeleitet werden können. Mit<br />

dem Mathematiker Charles Babbage teilte sie<br />

den Traum einer eigenständig arbeitenden<br />

Maschine. Der Bau der so genannten „Analytical<br />

Engine“ scheiterte am Mangel von Geld und<br />

Know-how. Mit ihren weiter gehenden Überlegungen<br />

zur Verbesserung der Funktionsweise jenes<br />

Automaten aber hat Ada Lovelace den<br />

Grundstein zur Computerprogrammierung gelegt<br />

<strong>–</strong> in Erinnerung an diese Leistung verlieh das<br />

Pentagon im Jahre 1980 seiner neu entwickelten<br />

Programmiersprache den Namen ADA.<br />

Mit der Vita von Ada Lovelace konnten sich seit<br />

dem Start des Projektes 40.000 Schülerinnen<br />

vertraut machen. Was aber, wenn das Interesse<br />

an den Naturwissenschaften tatsächlich geweckt<br />

werden, wenn das Studium der Physik oder Chemie<br />

erfolgreich abgeschlossen werden konnte?<br />

Wie geht es dann weiter?<br />

Wo Vorbilder, insbesondere moderne, rar sind,<br />

existieren kaum Netzwerke. Der Einstieg ins Berufsleben<br />

geht alles andere als leicht von statten.<br />

„Erfolgsstrategien für Frauen in Naturwissenschaft<br />

und Technik“ lautete deswegen auch das<br />

Motto der nach fünf Jahren zweiten Ada Lovelace-Tagung.<br />

Ein Themenschwerpunkt war die<br />

Strategie der Managing Diversity, das heißt der<br />

Nutzung gender-spezifischer Eigenschaften im<br />

Unternehmensprozess. In weiteren Workshops<br />

ging es um Wege der Zusammenarbeit zwischen<br />

Hochschule und Wirtschaft, um eine Kooperation<br />

also, die eine berufliche Laufbahn erfolgreicher<br />

Absolventinnen erlauben soll. Weiterhin wurde<br />

auf die Chance verwiesen, die der Fachkräftemangel<br />

in Deutschland für qualifizierte Frauen<br />

bietet.<br />

10<br />

„Von einer zweiten Phase des Ada-Lovelace-Projektes<br />

zu sprechen, ist eigentlich noch zu früh“,<br />

erläutert Judith Ebach, Diplompsychologin und<br />

verantwortlich für die zentrale Koordinierung des<br />

Projektes in Rheinland-Pfalz. „Allerdings planen<br />

wir einen Förderverein für die Übergangsphase<br />

vom Studium zum Beruf zu gründen und das Absolventinnen-Netzwerk<br />

auszubauen.“ Erste Kontinuitäten<br />

haben sich bereits etabliert. So hatten<br />

manche der Studentinnen, die aktuell als Mentorin<br />

tätig sind, bereits zu Schulzeiten Kontakt zum<br />

Projekt. Beruflich etabliert, könnten sie weiterhin<br />

für das Netzwerk zur Verfügung stehen <strong>–</strong> und<br />

eventuell in Kolleginnen neue Mentorinnen<br />

gewinnen.<br />

„Das Wesentliche aber ist, dass<br />

die Mentorinnen ihre Biografie<br />

einbringen. Denn den Schülerinnen<br />

fehlen Vorbilder.“<br />

Das Ziel, Fachfrauen an die Hochschulen zu holen,<br />

ist <strong>mit</strong> der Herbsttagung fürs Erste gelungen<br />

<strong>–</strong> Gast war unter anderem Dr. Ingeborg Bachner,<br />

Leiterin der Personal- und Organisationsentwicklung<br />

bei Boehringer Ingelheim. Dass Kontakte<br />

zwischen Fachhochschule, Universität und Wirtschaft<br />

fest etabliert werden müssen, steht auch<br />

für Ebach außer Frage. Eine erste Chance für die<br />

MultiplikatorInnen, über entsprechende Strategien<br />

zu beraten, bot hier die Tagung. 70 VertreterInnen<br />

aus Ministerien, Hochschul-Frauenbüros,<br />

Schulen und Organisationen wie „Soroptimist<br />

International“, der weltweit größten Service-<br />

Organisation berufstätiger Frauen, waren gekommen,<br />

um sich der Aufgabe zu stellen <strong>–</strong> es sieht<br />

also gut aus für Phase zwei des Ada-Lovelace-<br />

Projektes, das längst nicht nur auf Mathe & Co.,<br />

sondern eben auch auf Erfolg programmiert ist.<br />

Ulrike BRANDENBURG ■<br />

Information: www.ada-lovelace.com


Ohne<br />

Seepferde<br />

<strong>Spiel</strong> <strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong><br />

Wer im <strong>Kanupolo</strong> punkten will,<br />

braucht Kondition und muss gut <strong>mit</strong><br />

einem Paddelboot umgehen können.<br />

Der außergewöhnliche Wassersport<br />

ist eine Art Mischung aus Handball,<br />

Paddeln und Basketball und gehört<br />

an der Mainzer Johannes Gutenberg-<br />

Universität zum Angebot des Allgemeinen<br />

Hochschulsports.<br />

Die Mannschaften stecken in Helmen und dicken<br />

Schwimmwesten, ihre kurzen und wendigen<br />

Boote sind an Bug und Heck dick gepolstert. Beim<br />

<strong>Kanupolo</strong> geht es blitzschnell und manchmal<br />

auch ruppig zu <strong>–</strong> das macht schon die Ausrüstung<br />

deutlich. „Ein paar Elemente hat der Sport wohl<br />

tatsächlich aus dem Rugby übernommen“, sagt<br />

denn auch Ralf Thierfelder schmunzelnd. Der<br />

Mainzer <strong>Kanupolo</strong>-<strong>Spiel</strong>er trainiert gerade <strong>mit</strong><br />

Mannschaftskollege Maik Biegler im Winterhafen<br />

Würfe auf das Tor. Die anderen <strong>Spiel</strong>er sind <strong>mit</strong> ihren<br />

Booten noch auf dem Rhein unterwegs und<br />

wärmen sich auf für das Übungsspiel zwischen<br />

Yachten und dem Bootshaus des Mainzer Kanu-<br />

Clubs.<br />

Das Training der Mainzer Universitätsmannschaft<br />

bietet<br />

blitzschnelle Sprints und Ballwechsel<br />

<strong>mit</strong> fliegenden Tropfen,<br />

die wie Diamanten im<br />

Sonnenlicht glitzern.<br />

<strong>Kanupolo</strong> wird an der Mainzer Universität schon<br />

seit rund 15 Jahren gespielt. Es ist ein schneller<br />

Sport „<strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong>“, wie die jungen<br />

Frauen und Männer in den bunten Plastikbooten<br />

erklären. Gespielt wird in Mannschaften, Ziel sind<br />

Würfe auf die hoch über dem Wasser angebrachten<br />

Körbe des gegnerischen Teams. Immer wenn<br />

ein <strong>Spiel</strong>er auf das Netz zielt, springt einer der<br />

Paddler als Tormann ein und versucht, den Ball<br />

Blitzschnelle Reaktion gefordert:<br />

Wurf auf das gegnerische Tor<br />

<strong>mit</strong> seinem Paddel abzuwehren. Das ist aber auch<br />

schon der wichtigste Kontakt zwischen Paddel<br />

und Ball, der im <strong>Kanupolo</strong> vorgesehen ist. Insofern<br />

täuscht der Name des Sports also. Denn während<br />

beim echten Polo auf Ponys geritten und der<br />

Ball <strong>mit</strong> einem Schläger über den Rasen gejagt<br />

wird, stoppen die <strong>Spiel</strong>er in den Booten die Gummikugel<br />

nur <strong>mit</strong> dem Paddel, geworfen wird aber<br />

<strong>mit</strong> der Hand, und weder Ponys noch Seepferde<br />

werden für das <strong>Spiel</strong> gebraucht.<br />

Das <strong>Spiel</strong>feld für Turniere ist 23 Meter breit und<br />

35 Meter lang, an den beiden Schmalseiten stehen<br />

oder schwimmen Tore,<br />

deren Öffnungen zwei Meter<br />

über dem Wasser liegen. Die<br />

Turniere dauern zweimal sieben<br />

Minuten, bei den Begegnungen<br />

zwischen Universi-<br />

Foto: Peter Thomas<br />

Studium & Lehre<br />

tätsmannschaften wird grundsätzlich <strong>mit</strong> gemischten<br />

Mannschaften gespielt.<br />

Einsteiger brauchen für diesen Sport nur Badekleidung<br />

<strong>mit</strong>zubringen. Die eigentliche Ausrüstung<br />

(Kajak samt Paddel, ein Helm <strong>mit</strong> Gittervisier<br />

als Gesichtsschutz und eine dicke<br />

Schwimmweste) hält der Allgemeine Hochschulsport<br />

vor.Auch Vorkenntnisse muss niemand <strong>mit</strong>bringen,<br />

der <strong>mit</strong> dem <strong>Kanupolo</strong> beginnen möchte.<br />

„Am Anfang lernen Einsteiger erst einmal den<br />

Umgang <strong>mit</strong> dem Kajak“, erläutert Ralf Thierfelder.<br />

Dazu gehört nicht nur die Navigation der<br />

wendigen und schnellen Paddelboote, sondern<br />

auch das sichere Aussteigen unter Wasser und die<br />

Eskimorolle. Denn in der Hitze der Turniergefechte<br />

kippt ein Boot schnell mal um <strong>–</strong> das geschieht<br />

umso schneller, als <strong>Spiel</strong>er in Ballbesitz<br />

von der gegnerischen Mannschaft auch umgestoßen<br />

werden dürfen.<br />

Das Regelwerk ist nicht ganz einfach zu durchschauen.<br />

Darin gleicht das <strong>Kanupolo</strong> jenen britischen<br />

Sportarten auf dem Rasen wie Rugby und<br />

Polo, <strong>mit</strong> denen es gewisse Merkmale teilt. Entstanden<br />

ist der Sport auch in England vor mehr<br />

als 100 Jahren, gespielt wurde allerdings nicht in<br />

eigens gebauten Kunststoffbooten, sondern in<br />

Faltbooten. Die Paddelboote <strong>mit</strong> Stoffbezug waren<br />

auch noch das Sportgerät der Wahl, als das<br />

<strong>Kanupolo</strong> 1926 in Deutschland eingeführt wurde.<br />

In der NS-Zeit verschwand der Sport in Deutschland<br />

aus dem Angebot der Kanuvereine, erst 30<br />

Jahre danach erlebte das <strong>Kanupolo</strong> eine Renaissance<br />

in Deutschland.<br />

In den angelsächsischen Ländern hatte sich das<br />

<strong>Spiel</strong> seither weiter entwickelt. Kleinere <strong>Spiel</strong>felder,<br />

schnellere Boote und neue Regeln sorgen<br />

seither für spannende <strong>Spiel</strong>züge, schnelle Angriffe<br />

und eine packende Dynamik der Begegnungen<br />

auf dem Wasser. Auch das Training der<br />

Mainzer Universitätsmannschaft bietet blitzschnelle<br />

Sprints und Ballwechsel <strong>mit</strong> fliegenden<br />

Tropfen, die wie Diamanten im Sonnenlicht glitzern.Turniere<br />

können die Kanuten der Universität<br />

im graugrünen Wasser des Mainzer Winterhafens<br />

aber nicht ausrichten <strong>–</strong> dafür reicht der<br />

Platz nicht aus. Peter THOMAS ■<br />

11 [JOGU] 194/2005


Studium & Lehre<br />

Konfrontiert <strong>mit</strong> der sich<br />

globalisierenden Welt<br />

Studium generale im Wintersemester 2005/06 Kulturen <strong>mit</strong> ihren divergierenden<br />

Lebensformen, Denkweisen und Glaubensrichtungen stehen im<br />

Zentrum des Studium generale. Gelegenheit zum Dialog über die Pluralität von<br />

Normen und Werten, über kulturelle und biologische Aspekte des Gedächtnisses<br />

und über variierende Vorstellungen von Endzeit und Zeitenende bieten<br />

zahlreiche interdisziplinäre Veranstaltungen <strong>mit</strong> renommierten Gästen.<br />

Kulturelle Vielfalt wird in einigen Kulturen als<br />

Chance, in anderen hingegen als Bedrohung angesehen.<br />

„Der Dialog zwischen den Kulturen ist<br />

ein zentraler Eckpfeiler der weltweiten Antwort<br />

auf Konflikte und Gewalt jeder Art, ganz besonders,<br />

wenn diese auf Engstirnigkeit und Intoleranz<br />

basieren“, sagte Kofi A. Annan im November<br />

2001. Das Wissen über die kulturelle Vielfalt<br />

zu erweitern und Verständnis für die „kulturelle<br />

Diversität“ zu wecken, dafür ist die Mainzer Universität<br />

<strong>mit</strong> ihrer reichen Wissenschaftskultur und<br />

ihrer kulturellen Offenheit angesichts der etwa<br />

5.000 ausländischen Studierenden und zahlreichen<br />

ausländischen Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftlern sicherlich ein geeigneter Ort.<br />

Was kann eine weltweit tragende Grundlage für<br />

die Verständigung zwischen den Kulturen bilden?<br />

Welche Bedeutung kommt „Menschenrechten“<br />

und „Weltethos“ zu? Angesichts der Probleme<br />

des Zusammenlebens in einer sich globalisierenden<br />

Welt geht das Studium generale in den<br />

„Mainzer Universitätsgesprächen“ der Frage<br />

nach, ob die Vielfalt der Kulturen zwangsläufig<br />

eine Pluralität von Werten und Normen zur Folge<br />

hat. Die Vorlesungsreihe zeigt die Historizität von<br />

Normen auf, analysiert Phänomene des Wertewandels,<br />

vergleicht Normen unterschiedlicher<br />

kultureller Traditionen und fragt nach der transkulturellen<br />

Verbindlichkeit von Normen. So werden<br />

Prof. Dr. Ram Adhar Mall, München, und Prof.<br />

Dr. Claudia Bickmann, Köln, Normen und Werte<br />

aus Sicht der interkulturellen Philosophie analysieren.<br />

Vielfalt der Kulturen:<br />

Vielzahl von Normen<br />

Darüber hinaus zeigt der Themenschwerpunkt<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Normenbegründung<br />

sowie Strategien der Konsensfindung bei<br />

Normenkonflikten auf. Hermann Lübbe, Professor<br />

für Philosophie und Politische Theorie in Zürich,<br />

stellt vor allem die „Normenbildung in der wissenschaftlich-technischen<br />

Zivilisation“ vor. Als<br />

weitere Aspekte kommen die „Wertegemeinschaften“<br />

und die Debatte über Werte Europas<br />

und Werte Asiens zur Sprache. Den Anspruch der<br />

Menschenrechte, normative Grundlage der Weltgemeinschaft<br />

zu sein, prüft PD Dr. Alfred Hirsch,<br />

KWI Essen, in seinem Vortrag „Frieden versus<br />

Menschenrechte“. Prof. Dr. Hermann Häring,<br />

Wissenschaftstheoretiker und Theologe, erörtert<br />

die Frage, ob das „Weltethos“ eine Werteorientierung<br />

für Kulturen sein kann.<br />

Kulturelle Gemeinschaften sind nicht nur auf Innovation<br />

und Zukunft ausgerichtet; sie sind als<br />

Erinnerungsgemeinschaften durch ihr kulturelles<br />

Gedächtnis geprägt und bestimmt. Mit dieser<br />

Dimension des Themenschwerpunktes „Das Gedächtnis:<br />

Lernen und Erinnern“ setzt sich der<br />

Ägyptologe Prof. Dr. Jan Assmann, Heidelberg, in<br />

seinem Vortrag auseinander. Zum Aspekt des<br />

„Kommunikativen Gedächtnisses“ spricht der<br />

Sozialpsychologe Prof. Dr. Harald Welzer, KWI Essen.<br />

Prof. Dr. Ansgar F. Nünning, Gießen, vertritt<br />

die literaturwissenschaftliche Sicht zu „Erzählung<br />

<strong>–</strong> Erinnerung <strong>–</strong> Identität“. Grundlage des<br />

Gedächtnisses sind die Nervenzellen im Gehirn.<br />

Daher werden auch die neuesten Ergebnisse der<br />

neurowissenschaftlichen und psychologischen<br />

Hirn- und Gedächtnisforschung in der Vorlesungsreihe<br />

besondere Berücksichtigung<br />

finden.<br />

Vielfalt der Kulturen:<br />

Kulturelle<br />

Erinnerungen<br />

Das Gedächtnis als die Fähigkeit, Informationen<br />

abrufbar zu speichern<br />

und zu reproduzieren, zählt zu den<br />

komplexesten und zu den faszinierendsten<br />

Gegenständen der wissenschaftlichen<br />

Forschung. Gedanken, Worte,


Handlungen, Gefühle verdanken wir unserem Gedächtnis.<br />

Das Verständnis des Gedächtnisses<br />

wurde durch die Forschungsergebnisse der letzten<br />

beiden Jahrzehnte revolutioniert: Wie funktioniert<br />

das Gedächtnis? Was ist seine biologische<br />

Basis? Prof. Dr. Hans J. Markowitsch,<br />

Physiologische Psychologie, Bielefeld, erläutert<br />

„Gedächtnis und Gedächtnisstörungen“.Wie das<br />

Gehirn lernt und ob lernen grenzenlos ist, thematisieren<br />

aus neurowissenschaftlicher Perspektive<br />

Prof. Dr. Manfred Spitzer, Ulm, und Prof. Dr.<br />

Henning Scheich, Magdeburg.<br />

Ein allgemeines kulturgeschichtliches Phänomen<br />

sind die Vorstellungen vom Ende der Zeit und<br />

vom Ende der Welt. Sie finden heute eine Entsprechung<br />

in den Aussagen der Naturwissenschaften<br />

über das Ende des Kosmos. In zahlreichen<br />

Religionen verbindet sich <strong>mit</strong> der Aussicht<br />

auf die Zerstörung der alten die Erwartung einer<br />

neuen Welt. Dies ist die Denkform der Apokalyptik.<br />

In der christlichen Tradition wird sie vor allem<br />

durch die Apokalypse des Johannes repräsentiert,<br />

die am Anfang des Themenschwerpunktes „End-<br />

zeit und Zeitenende“ von den Mainzer Theologen<br />

Prof. Dr. Otto Böcher, <strong>mit</strong> Blick auf die bildende<br />

Kunst, und Prof. Dr. Marius Reiser, als Katastrophentheorie,<br />

behandelt wird.<br />

Vielfalt der Kulturen:<br />

Endzeitvorstellungen<br />

Exemplarisch werden von Leipziger Religionswissenschaftlern<br />

die Endzeitvorstellungen im sunnitischen<br />

Islam, Prof. Dr. Holger Preißler, und in den<br />

chinesischen Volksreligionen, Prof. Dr. Hubert<br />

Seiwert, erörtert. Auch im säkularisierten Denken<br />

der Moderne wird immer wieder die Frage nach<br />

dem Ende allen Seins gestellt, sei es in der Vision<br />

der atomaren Selbstzerstörung des Menschen,<br />

sei es in Erzählungen von großen Katastrophen.<br />

Den Bogen „Von Hegels ‘Ende der Geschichte’ zu<br />

Fukuyama“ spannt Otto Pöggeler, Professor für<br />

Philosophie in Bochum. Trifft auch auf unsere<br />

Gegenwart zu, was die Kulturgeschichte für die<br />

Vergangenheit zeigt, dass Endzeitstimmungen<br />

soziale, politische und kulturelle Krisen widerspiegeln?<br />

13<br />

Studium & Lehre<br />

„Naturschutz durch Nutzung“ heißt das brisante<br />

Thema einer Tagung, die das Studium generale<br />

gemeinsam <strong>mit</strong> der „Stiftung Natur und Umwelt<br />

Rheinland-Pfalz“ am 10. November 2005 durchführt.<br />

Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter<br />

des Ministeriums für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz,<br />

des Naturschutzbundes, des Landwirtschafts-Verbandes<br />

etc. bringen ihre jeweiligen<br />

Sichtweisen in die Debatte ein, um einen Konsens<br />

zwischen den Anliegen der land- bzw. forstwirtschaftlichen<br />

Nutzer und den Anliegen des Naturschutzes<br />

zu finden. (Linke Aula, Alte Mensa, 9.30<br />

bis 18.15 Uhr) ■<br />

Information: Die Teilnahme an den genannten<br />

Veranstaltungen steht allen Interessierten offen.<br />

Für das in der Regel kostenlose Veranstaltungsangebot<br />

des Studium generale gelten keine Zulassungsbedingungen.<br />

Ein ausführliches Programmheft<br />

<strong>mit</strong> weiteren Veranstaltungen liegt<br />

auf dem Campus aus. Das ständig aktualisierte<br />

Programm finden Sie auf der Homepage unter<br />

http://www.studgen.uni-mainz.de.<br />

[JOGU] 194/2005


Wissenschaft & Forschung<br />

Der Dreckapotheke auf der Spur<br />

Mediziner Paullini: Zwei Jahrhunderte<br />

später als Quacksalber<br />

dargestellt<br />

War er nun Quacksalber oder ernst zu nehmender<br />

Mediziner? Christian Franz Paullini,Autor der<br />

barocken „Dreckapotheke“, wurde von der modernen<br />

Schulmedizin wegen seiner heute kurios<br />

anmutenden Rezepte als Volksmediziner, ja als<br />

Scharlatan abgetan. Doch aus zeitgenössischer<br />

Perspektive erscheint der Mann, der <strong>mit</strong> Gottfried<br />

Wilhelm Leibniz korrespondierte und <strong>mit</strong> Athanasius<br />

Kircher bekannt war, als streng wissenschaftlich<br />

arbeitender Arzt. Der heute wenig bekannten<br />

Person Paullinis hat sich Anne-Christin<br />

Lux angenommen. Über den barocken Universalgelehrten<br />

schrieb die Studentin der Johannes<br />

Gutenberg-Universität ihre Magisterarbeit im<br />

Fach Kulturanthropologie, gerade stellte sie Ergebnisse<br />

ihrer Auseinandersetzung <strong>mit</strong> Leben<br />

und Werk des schillernden Mediziners im Wella-<br />

Museum Darmstadt unter dem Titel „Ungewöhnliche<br />

Schönheitspflege: Die Dreckapotheke des<br />

Christian Franz Paullini“ vor.<br />

„Paullini war alles andere als ein ungebildeter<br />

Quacksalber“, erzählt die 1979 geborene Kulturwissenschaftlerin<br />

von ihrem Forschungsgegenstand.<br />

1643 in Eisenach geboren, machte sich<br />

Paullini nicht nur als Arzt, sondern auch als<br />

Schriftsteller, Historiker, Philosoph und Ethnograph<br />

einen Namen. „Er war einer der letzten<br />

Polyhistoren“, ordnet Anne-Christin Lux Paullini<br />

in die Reihe der vielseitig gebildeten Wissenschaftler<br />

seiner Zeit ein.<br />

Dass der Sohn eines Kaufmanns und einer Pfarrerstochter<br />

seit dem 19. Jahrhundert abschätzig<br />

als typischer Vertreter der Volksmedizin einge-<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Zeitgenössische Medizin im Barock Heilen <strong>mit</strong><br />

Hundekot, kurieren <strong>mit</strong> Kuhmist? Einige Rezepte aus<br />

der „Dreckapotheke“ des barocken Arztes Christian<br />

Franz Paullini muten heute eher abstoßend an. Doch<br />

der Mediziner und Philosoph war kein Kurpfuscher,<br />

sondern ein unter seinen Zeitgenossen angesehener<br />

Wissenschaftler. Das hat die Mainzer Kulturwissenschaftlerin<br />

Anne-Christin Lux <strong>mit</strong> ihren Forschungen<br />

zu Paullini gezeigt und dabei das in der Medizingeschichte<br />

überlieferte Bild des Eisenacher Universalgelehrten<br />

revidiert.<br />

ordnet wird, sieht Anne-Christin Lux vor allem<br />

durch die Beurteilung einer Ära lange nach dem<br />

Tod Paullinis gegeben. In Danzig und Königsberg,<br />

in Rostock, Lübeck, Kiel und Kopenhagen studierte<br />

der junge Eisenacher. Seine akademischen<br />

Grade erlangte er in ausgesuchten Universitäten:<br />

Magister in Wittenberg, Doktor in Leiden. Dazwischen<br />

lagen Reisen nach England, wo Paullini in<br />

Cambridge und Oxford wichtige Kontakte<br />

knüpfte. Von dieser exzellenten akademischen<br />

Ausbildung war nicht mehr die Rede, als Paullini<br />

von Medizinhistorikern zwei Jahrhunderte später<br />

als Quacksalber und bloßer Kompilator von Rezepten<br />

aus dem Volk dargestellt wurde.<br />

Paullini reiste durch ganz Europa, wurde Leibarzt<br />

und Historiograf des Bischofs von Münster und<br />

später „Leib-Medicus“ von Wolfenbüttel. 1685<br />

kehrte er in seine Geburtsstadt zurück und nahm<br />

den Posten eines „Herzoglichen Stadtphysicus“<br />

in Eisenach an, wo er auch 1712 starb.<br />

Alle Abb.: © Stadtarchiv Eisenach<br />

14<br />

Im Lauf seines Lebens publizierte Paullini 61<br />

Werke in deutscher und lateinischer Sprache, darunter<br />

auch <strong>–</strong> in einem Zeitalter der fast ausschließlich<br />

männlich dominierten Wissenschaft -<br />

eine Sammlung von Biografien bedeutender Wissenschaftlerinnen.<br />

„Paullini war alles andere als<br />

ein ungebildeter Quacksalber“<br />

Mit seiner „Dreckapotheke“, die noch im 18.<br />

Jahrhundert Neuauflagen erlebte, versuchte<br />

Paullini Rezepte zu verbreiten, die gerade den ärmeren<br />

Schichten Zugang zu wirksamen Heilmethoden<br />

bieten sollten. In seinen Rezepten richtete<br />

sich der Arzt nach der antiken Humoralpathologie<br />

(der so genannten „Vier-Säfte-Lehre“) und<br />

stand da<strong>mit</strong> ganz im Einklang <strong>mit</strong> dem medizinischen<br />

Diskurs seiner Zeit.<br />

Von seinen Ansätzen und Zielen, so Anne-Christin<br />

Lux, darf man Paullini zwar noch nicht zu den<br />

medizinischen Aufklärern rechnen, aber einige<br />

seiner Ansätze gehen bereits in diese Richtung.<br />

Die spätere Einordnung als Volksmediziner einfachster<br />

Stufe und Scharlatan hat der Eisenacher<br />

Arzt also nicht verdient. Sowieso seien solche<br />

Unterscheidungen gar nicht zulässig, argumentiert<br />

die Mainzer Kulturwissenschaftlerin: „In<br />

Paullinis Zeiten waren seine Methoden anerkannte<br />

<strong>Verfahren</strong>sweisen der zeitgenössischen<br />

Medizin. Eine Unterscheidung zwischen Schulund<br />

Volksmedizin im Barock hat es sowieso nicht<br />

gegeben, das sind Zuordnungen aus dem 19. und<br />

20. Jahrhundert.“ Peter THOMAS ■<br />

Die Dreckapotheke: 1734 bereits<br />

in der 4. Auflage erschienen


„Botschafter Deutschlands“<br />

Internationale Wissenschaftselite trifft sich in Mainz Eine Stiftung zur<br />

Förderung herausragender Talente und der völkerverbindenden Wissenschaft <strong>–</strong><br />

<strong>mit</strong> diesem Anspruch sind vor etwa 145 Jahren Freunde des Naturforschers und<br />

Weltreisenden Alexander von Humboldt angetreten, um eine Stiftung zum<br />

Gedenken an den großen Universalgelehrten einzurichten. Die Zielsetzung hat<br />

über die Jahre und über die wechselhafte Geschichte der Stiftung <strong>mit</strong> Schließung<br />

und Neugründung hinweg<br />

nichts an Aktualität verloren.<br />

Wenn sich Humboldtianer heute an einem Ort<br />

der Welt treffen, so geschieht dies dank und im<br />

Geiste einer freien, grenzüberschreitenden Forschung<br />

und Wissenschaft. So auch in Mainz,<br />

wo sich vom 13. bis 14. Oktober 100 internationale<br />

Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler<br />

auf Einladung der Alexander<br />

von Humboldt-Stiftung eingefunden haben.<br />

Als Forschungsstipendiaten der Stiftung kommen<br />

die ausländischen Wissenschaftler für sechs bis<br />

zwölf Monate nach Deutschland und arbeiten<br />

hier zusammen <strong>mit</strong> einem deutschen Gastgeber<br />

an einem eigenen Forschungsprojekt. Die Forschungseinrichtung<br />

hierfür können sich die Stipendiaten<br />

selbst aussuchen. Bei den so genannten<br />

Einführungstagungen haben die Teilnehmer<br />

die Chance, sich untereinander kennen zu lernen,<br />

sich auszutauschen und zu vernetzen und so<br />

auch in die große „Humboldt-Familie“ hineinzuwachsen.<br />

„Die Einführungstagungen legen den<br />

Grundstein für unser weltweites Netzwerk der<br />

wissenschaftlichen Exzellenz“, erläutert der Generalsekretär<br />

der Humboldt-Stiftung, Dr. Georg<br />

Schütte.<br />

„Die Einführungstagungen<br />

legen den Grundstein für unser<br />

weltweites Netzwerk der wissenschaftlichen<br />

Exzellenz.“<br />

„Exzellenz“ ist das Fundament, auf dem die Stiftung<br />

steht und weiter aufbaut. Gefördert wird die<br />

Elite, junge Spitzenwissenschaftler, unabhängig<br />

von ihrem Herkunftsland und ihrem Forschungsgebiet.<br />

Die Stipendien werden, so der Auftrag der<br />

Stiftung, ohne Ansehen der ethnischen Herkunft,<br />

der Religion, des Geschlechts oder der Weltanschauung<br />

vergeben. Der Wettbewerb ist hart: Nur<br />

Abb. ©: SMPK, Nationalgalerie Berlin<br />

jeder dritte Antrag der hoch qualifizierten Bewerber<br />

ist erfolgreich. Bis zu 500 Forschungsstipendien<br />

werden so jährlich vergeben, darüber hinaus<br />

auch rund 70 verschiedene Forschungspreise.<br />

Zwei Stipendiaten sind derzeit an der Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz <strong>–</strong> eine Auszeichnung<br />

für die jeweiligen Einrichtungen<br />

und ein Zeichen<br />

der Anerkennung wissenschaftlicher<br />

Leistungen über<br />

die Grenzen des eigenen Landes<br />

hinweg. Dr. Peter Dubruel,<br />

einer der Stipendiaten,<br />

forscht seit März dieses Jahres<br />

am Institut für Pathologie<br />

bei Prof. Dr. James Kirkpatrick.<br />

Er hat zuvor an der Universität<br />

im belgischen Gent in<br />

der Entwicklung von Polyme-<br />

15<br />

Wissenschaft & Forschung<br />

ren für den medizinischen Bereich gearbeitet und<br />

untersucht nun noch bis Ende November in Mainz<br />

die Interaktion von Polymeren <strong>mit</strong> Zellen: tissue<br />

engineering. „Auf meinem Gebiet bestanden bereits<br />

gute Kontakte zwischen den Universitäten in<br />

Gent und Mainz“, erklärt Dubruel zu seiner<br />

Standortwahl in fließendem Deutsch. Hier fand<br />

auch seine Frau, auf dem gleichen Forschungsgebiet<br />

tätig, eine Stelle am Max-Planck-Institut für<br />

Polymerforschung.<br />

Indem sie hoch qualifizierte ausländische<br />

Wissenschaftler fördert, unterstützt die Humboldt-Stiftung<br />

auch den Wissenschaftsstandort<br />

Deutschland: Mitarbeiter und Studierende vor Ort<br />

profitieren von dem frischen Wind und den neuen<br />

Projekten, die ein Humboldt-Stipendiat <strong>mit</strong> an<br />

das Institut bringt. Mindestens genauso wichtig<br />

ist es der Stiftung, einen Beitrag zum weltweit<br />

besseren Verstehen und Verständigen zu leisten,<br />

durch die direkten Kontakte und die Ver<strong>mit</strong>tlung<br />

von Wissenschaft und Kultur nach einer Rückkehr<br />

ins Heimatland. „Die Humboldtianer sind da<strong>mit</strong><br />

im besten Sinne auch Botschafter Deutschlands“,<br />

so der Generalsekretär der Stiftung.<br />

Einmal Humboldtianer <strong>–</strong> immer Humboldtianer:<br />

Die Stiftung versteht sich als lebenslanger Partner,<br />

der seine Ehemaligen immer wieder nach<br />

Deutschland holt. Das stärkt die Bindung, die<br />

Rede von der „großen Humboldt-Familie“ ist<br />

nicht nur Floskel, sondern Programm. Die Alexander<br />

von Humboldt-Stiftung hat so ein Netz über<br />

die ganze Welt gespannt, dem 20.000 Humboldtianer<br />

aller Fachgebiete in 130 Ländern der Erde<br />

angehören <strong>–</strong> darunter auch 40 Nobelpreisträger.<br />

Bettina LEINAUER ■<br />

[JOGU] 194/2005


Wissenschaft & Forschung<br />

Alle Fotos: © Hautklinik<br />

Endoluminale<br />

Lasertherapie<br />

<strong>Elegantes</strong> <strong>Verfahren</strong> zur Behandlung von Krampfadern<br />

Seit gut vier Jahren gibt es dieses Therapieverfahren, das erstmals<br />

an der Mainzer Hautklinik angewendet wurde. Mittlerweile wird<br />

die Methode in ganz Deutschland praktiziert. Allein in Mainz profitierten<br />

schon mehr als 1.000 Patienten von dieser schonenden<br />

Behandlung.<br />

Immer montags werden Krampfadern per Lasertherapie<br />

operiert und zwar von Dr. Bettina Kleis-<br />

Fischer, der verantwortlichen Oberärztin für den<br />

Bereich Phlebologie (Lehre von den Venen). Sie ist<br />

seit 1998 in der Mainzer Hautklinik tätig und wird<br />

von Dr. Döndü Gül unterstützt, die ebenfalls umfassende<br />

Kenntnisse im Bereich der endoluminalen<br />

Lasertherapie (ELT) hat. Ihr Know-how haben<br />

beide vom ehemaligen Oberarzt PD Dr. Thomas<br />

Pröbstle gelernt, der jüngst nach Heidelberg<br />

übersiedelte. Der Arzt und Physiker Pröbstle hatte<br />

die ELT maßgeblich <strong>mit</strong> entwickelt und sie durch<br />

zahlreiche Publikationen und Vorträge auch unter<br />

Experten in Deutschland salonfähig gemacht.<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Mittlerweile bieten verschiedene Kliniken und<br />

Praxen in Deutschland dieses elegante <strong>Verfahren</strong><br />

zum künstlichen Verschluss defekter Venen an.<br />

Patienten sind von der Behandlung begeistert,<br />

denn sie erfordert keinen stationären Aufenthalt,<br />

und es wird nur örtlich betäubt. Nach knapp einer<br />

Stunde können die Patienten wieder nach<br />

Hause gehen, so dass die Bezeichnung Operation<br />

eigentlich viel zu dramatisch klingt. Am nächsten<br />

Tag erfolgt dann noch eine routinemäßige Nachkontrolle.<br />

Obwohl der Begriff Krampfadern eigentlich jedem<br />

geläufig ist und viele Menschen weltweit<br />

16<br />

Kleiner OP: Dr. Kleis-Fischer und Dr. Gül demonstrieren den Endolaser<br />

davon betroffen sind <strong>–</strong> in einer Tübinger Studie<br />

von 1981 konnten nur bei 14 Prozent der Untersuchten<br />

keinerlei Venenveränderungen festgestellt<br />

werden und eine aktuelle Venenstudie<br />

(Rabe et al. 2003) aus Bonn belegt, dass zirka<br />

20 Millionen Bundesbürger betroffen sind <strong>–</strong> sind<br />

die eigentlichen Ursachen für diesen Defekt des<br />

Venen- systems im Bein noch nicht geklärt. Aufgrund<br />

der bisherigen Forschung geht man jedoch<br />

davon aus, dass eine genetische Komponente<br />

<strong>mit</strong>spielt. Krampfadern treten vor allem familiär<br />

gehäuft auf, so dass vielfach schon junge Patienten<br />

betroffen sind. Weitere begünstigende Faktoren<br />

sind eine stehende Tätigkeit, Übergewicht<br />

und Schwangerschaften. Daher empfiehlt Kleis-<br />

Fischer für werdende Mütter generell das Tragen<br />

von Kompressionstrümpfen. Für Menschen <strong>mit</strong><br />

familiärer Neigung zu Krampfadern gilt allgemein:<br />

lieber laufen und liegen als sitzen und<br />

stehen.<br />

Venenbehandlung erfordert<br />

keinen stationären Aufenthalt<br />

Weitgehend bekannt sind hingegen die anatomischen<br />

Verhältnisse und die physiologischen Vorgänge,<br />

die zu den sichtbaren Krampfadern führen.<br />

Betroffen ist hauptsächlich das System der<br />

großen und kleinen Stammvene im Bein, der<br />

Vena saphena magna und der Vena saphena<br />

Vor der Lasertherapie: Krampfadern sind am rechten<br />

Schienbein des Patienten sichtbar. (linkes Bild)<br />

Einen Tag nach der Lasertherapie: Die große<br />

Stammvene wurde am rechten Bein von der Leiste bis<br />

unter das Knie gelasert; die Krampfadern des Schienbeins<br />

sind nun vom Blutkreislauf abgeschnitten und<br />

werden vom Körper resorbiert. Zu sehen sind nur minimale<br />

Narben und Blutergüsse, die bald verschwinden.<br />

Foto: Frank Erdnüss


parva. Die große Stammvene zieht vom Innenknöchel<br />

an der Innenseite des Beines hinauf bis<br />

zur Leiste, die kleine vom Außenknöchel über die<br />

Wade bis zur Kniekehle. Zusammen <strong>mit</strong> ihren<br />

Seitengefäßen transportieren diese Venen etwa<br />

10 Prozent des Blutes aus den Beinen zurück zum<br />

Herzen. Die übrigen 90 Prozent Rücktransport<br />

werden von den tiefen Venen bewerkstelligt. Vor<br />

einer Behandlung der oberflächlichen Stammvenen<br />

sollte daher geprüft werden, ob die tiefen<br />

Beinvenen in Ordnung sind. Sie müssen ja zukünftig<br />

den Part der Stammvenen übernehmen,<br />

die künstlich verschlossen (ELT) oder gar herausgezogen<br />

werden (Stripping).<br />

Ein Krampfaderleiden zeichnet sich durch undichte<br />

Venenklappen aus, die normalerweise den<br />

Rückstrom des Blutes ins Bein verhindern. Wenn<br />

die Klappen nicht mehr schließen, sackt das Blut<br />

aufgrund der Schwerkraft in die Beine zurück und<br />

die Venen „leiern aus“. Dieser Prozess beginnt<br />

meist in den etwa 5 mm dicken Stammvenen und<br />

kann sich dann auf die kleinen Seitengefäße ausdehnen,<br />

die schließlich als Krampfadern sichtbar<br />

werden. Dabei ist es wissenschaftlich noch nicht<br />

klar, ob, wie beschrieben, ein Klappendefekt zur<br />

Weitung der Gefäße führt oder ob eine genetisch<br />

bedingte Wandschwäche vorliegt, die dann die<br />

Funktion der Venenklappen beeinträchtigt. In<br />

jedem Fall spricht man jetzt von venöser Insuffizienz<br />

oder Varikose, die möglicherweise zu verschiedenen<br />

Folgeschäden führt. Neben subjektiven<br />

Beschwerden der Patienten, wie Schweregefühl<br />

und Schmerzen in den Beinen, werden andere<br />

Folgeschäden auch sichtbar. Durch die Belastung<br />

der Haut kann es vorkommen, dass sich<br />

Rötungen und Ekzeme entwickeln und sich Wasser<br />

in den Beinen einlagert (Ödeme). Außerdem<br />

können sich die Krampfadern entzünden (Venenentzündung<br />

oder Thrombophlebitis), was ernst zu<br />

nehmen ist, da dies auch zu einer Thrombose der<br />

tiefen Venen führen kann. Bei manchen Patienten<br />

entsteht auch ein „offenes Bein“, ein sehr<br />

schlecht abheilendes Geschwür (Ulcus). Da der<br />

menschliche Körper nur begrenzte Fähigkeiten<br />

zur Selbstheilung solcher Defekte besitzt, sollten<br />

sich Betroffene frühzeitig zu einem Facharzt begeben<br />

und auch im Alltag entsprechend vorbeugen.<br />

Neben einer ausgewogenen Ernährung und<br />

regelmäßiger Bewegung <strong>–</strong> empfehlenswerte<br />

Sportarten sind Schwimmen, Wandern, Walken,<br />

Skilanglauf, Radfahren und Tanzen <strong>–</strong> können<br />

Kneipp’sche Bäder und auch verschiedene Heilpflanzen,<br />

zum Beispiel Rosskastanie und Weinlaubextrakt,<br />

unterstützend wirken.<br />

Wodurch zeichnet sich nun die<br />

ELT im Einzelnen aus? Neben<br />

dem Vorteil der ambulanten Behandlung<br />

ist hier vor allem die<br />

kosmetische Komponente zu erwähnen.<br />

Ähnlich wie bei einer<br />

Blutentnahme wird die betroffene<br />

Vene lediglich punktiert<br />

und von innen <strong>mit</strong> einer Laserfaser<br />

verklebt. So bleiben keine<br />

hässlichen Narben zurück. „Ei- ELT-<strong>Verfahren</strong>: Die biegsame Laserglasfaser wird eingeführt<br />

nen Zugang legen“, nennt das und bis in die Leistengegend vorgeschoben.<br />

Kleis-Fischer und betont, dass es<br />

bei der ELT auch zu erheblich geringeren<br />

Einblutungen ins Gewebe<br />

und in die Haut kommt.<br />

Bei dem seit mehreren Jahrzehnten<br />

angewandten Standardverfahren<br />

der Krampfaderbehandlung,<br />

dem so genannten<br />

„Stripping“, wird die Haut dagegen<br />

in der Leistengegend aufgeschnitten<br />

und das kranke Gefäß<br />

herausgezogen. Das führt<br />

dann zu Narben und zu unan-<br />

Anschließend wird der Führungsdraht wieder entfernt.<br />

sehnlichen Blutergüssen, weil<br />

die Seitengefäße abgerissen<br />

werden. So scheint das Stripping für den Patienten<br />

allenfalls monetär von Vorteil zu sein, denn es<br />

wird von allen Krankenkassen bezahlt. Dagegen<br />

muss für die ELT tief in die eigene Tasche gegriffen<br />

werden. Ungefähr 900 Euro kostet die Behandlung<br />

pro Gefäß, wobei zwei Gefäße durchaus<br />

für 1.200 bis 1.500 Euro gelasert werden.<br />

Kombipackung sozusagen, denn wenn beide<br />

Stammvenen betroffen sind, kann auch alles in<br />

einer Sitzung geschehen und die teure Laserfaser<br />

zweimal verwendet werden. Das sterile Einmalprodukt<br />

kostet allein schon 150 bis 200 Euro.<br />

Die Lasertherapie läuft in Mainz folgendermaßen<br />

ab: Durch den erwähnten Zugang, üblicherweise<br />

am unteren Ende des defekten Venenabschnittes,<br />

wird ein Katheter <strong>mit</strong> einer biegsamen Laserglasfaser<br />

eingeführt und bis in die Leistengegend<br />

vorgeschoben. Dieses Prozedere läuft unter<br />

Ultraschallkontrolle ab, da<strong>mit</strong> die Lage der Laserfaser<br />

auch korrekt ist und der Verschluss des<br />

kranken Gefäßes genau an der richtigen Stelle<br />

beginnen kann. Die Laserfaser wird im Katheter<br />

so weit vorgeschoben, dass sie etwa 10 mm aus<br />

diesem heraus ragt. Wenn alle Vorbereitungen<br />

getroffen worden sind, erfolgt die örtliche Betäubung.<br />

Dabei wenden die Mainzer ein spezielles<br />

<strong>Verfahren</strong> an, die so genannte Tumeszenz-Lokal-<br />

17<br />

Wissenschaft & Forschung<br />

Nun kommt es zur Laseranwendung unter<br />

Zurückziehen von Katheter und Laserfaser<br />

anästhesie. Sie verhindert nicht nur die Schmerzen<br />

des Patienten, sondern schont auch die das<br />

Gefäß umgebenden Bereiche, indem sie kühlend<br />

wirkt. Denn der Laser erzeugt an seiner Spitze in<br />

der Vene Temperaturen von zirka 1.000 °C.<br />

Durchschnittlich einen halben Liter des verdünnten<br />

Betäubungs<strong>mit</strong>tels spritzen die Ärzte entlang<br />

der Vene unter die Haut <strong>–</strong> so bildet sich ein<br />

[JOGU] 194/2005


Wissenschaft & Forschung<br />

regelrechter Kühlmantel um das Gefäß, der Haut<br />

und Nerven schont. Kontrollmessungen im umliegenden<br />

Gewebe ergaben <strong>mit</strong>hin keine wesentliche<br />

Temperaturerhöhung außerhalb der Vene.<br />

Jetzt beginnt die eigentliche Verödung, indem<br />

Kleis-Fischer die Laserfaser <strong>mit</strong>samt dem Katheter<br />

zurückzieht <strong>–</strong> 2 bis 3 mm in der Sekunde.<br />

Durch die hohen Temperaturen des Lasers entstehen<br />

Dampfblasen im Blut, die die innere Gefäßwand<br />

schädigen; das Blut „kocht“ sozusagen<br />

in der Vene und verklebt die Venenwand, ähnlich<br />

wie bei einer Thrombose. Am Ende ist das<br />

Gefäß im gesamten gelaserten Bereich (meist<br />

50-60 cm) verschlossen und wird dem Körper zur<br />

Resorption überlassen. Nur sehr selten löst der<br />

Körper diese künstliche Thrombose wieder auf<br />

und die Behandlung muss wiederholt werden.<br />

Dr. Gül klebt ein Pflaster auf die Punktionsstelle<br />

und legt im Bereich der behandelten Vene einen<br />

Druckverband an. Je nach Ausmaß der sichtbaren<br />

Krampfadern werden anschließend noch die <strong>–</strong><br />

nun auch vom Blutkreislauf abgeschnittenen <strong>–</strong><br />

Seitengefäße gehäkelt, das heißt <strong>mit</strong> einer<br />

kleinen „Häkelnadel“ durch die Haut herausge-<br />

[JOGU] 194/2005<br />

zogen. Dabei entstehen nur winzige Narben. Der<br />

Patient muss nach der OP für eine Woche Kompressionsstrümpfe<br />

tragen und erhält täglich eine<br />

Thrombosespritze.<br />

Betroffene Vene wird lediglich<br />

punktiert und von innen <strong>mit</strong><br />

einer Laserfaser verklebt.<br />

Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist<br />

die Energiedichte, die der Laser in der Vene erzeugt.<br />

Sie muss groß genug sein, um die Vene zu<br />

verkleben, aber nicht zu groß, da<strong>mit</strong> keine Schäden<br />

an Nerven entstehen. Dazu kann der Laser<br />

verschieden eingestellt und benutzt werden,<br />

wobei die Wellenlänge (Nanometer), die Leistung<br />

(Watt) und die Rückzugsgeschwindigkeit (mm/<br />

Sekunde) wichtig sind. Sie unterscheiden sich<br />

zwischen den Kliniken, da die ELT noch kein standardisiertes<br />

<strong>Verfahren</strong> ist; dies erschwert auch die<br />

Vergleichbarkeit der verschiedenen Studienergebnisse.<br />

In Mainz arbeitet der Laser <strong>mit</strong> 940 nm,<br />

15 (V. s. parva) bis 30 Watt (V. s. magna) und wird<br />

pro Sekunde 2-3 mm zurückgezogen.<br />

18<br />

Ein weiteres endoluminales <strong>Verfahren</strong>, <strong>mit</strong> dem in<br />

Mainz Krampfadern behandelt werden, ist die<br />

Ultraschall-gesteuerte Schaumverödung (synonym:<br />

Schaumsklerosierung). Sie wird auf Überweisungsschein<br />

durchgeführt und stellt nach Angaben<br />

von Kleis-Fischer in bestimmten Fällen<br />

eine Alternative zur ELT dar. Insgesamt sei die<br />

Schaumverödung jedoch schlechter steuerbar als<br />

die ELT, da der namengebende Schaum <strong>–</strong> er wird<br />

in die Vene gespritzt und soll sie verkleben <strong>–</strong> den<br />

betroffenen Venenabschnitt eventuell nicht vollständig<br />

ausfüllt. Dann muss die Verödung nach<br />

einigen Wochen noch einmal wiederholt werden.<br />

Im Vergleich zur ELT sind die Eröffnungsraten generell<br />

höher. Ein drittes <strong>Verfahren</strong>, <strong>mit</strong> dem die<br />

Vene von innen behandelt werden kann, wenden<br />

die Mainzer nicht an: die Radiowellen-Therapie.<br />

Sie ist bei vergleichbaren Ergebnissen teurer als<br />

die ELT und muss ebenfalls vom Patienten selbst<br />

bezahlt werden. Frank ERDNÜSS ■<br />

Information:<br />

http://www.hautklinik-mainz.de/index.php?id=368<br />

Fürs Leben<br />

gerne Blutspenden<br />

Spendeort Universität<br />

Mainz, Linke Aula<br />

Alte Mensa <strong>–</strong> Becher-Weg 5<br />

Spendetermine 2005<br />

Donnerstag, den 22. Dez.<br />

Spendetermine 2006<br />

Dienstag, 14. März<br />

Dienstag, 16. Mai<br />

Donnerstag, 13. Juli<br />

Dienstag, 19. Dezember<br />

Spendezeit<br />

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Erbliche Disposition vorhanden Bis zu 300.000 Bundesbürger<br />

leiden unter so genannten chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen (CED), ein Sammelbegriff für die Krankheiten<br />

Enteritis regionalis Crohn (Morbus Crohn) und Colitis Ulcerosa.<br />

Mit einem alljährlichen Arzt-Patienten-Seminar wird an der<br />

Mainzer Uniklinik aktive Aufklärungsarbeit geleistet.<br />

Bereits zum 15. Mal haben die Deutsche Morbus<br />

Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV e.V.)<br />

und die I. Medizinische Klinik und Poliklinik der<br />

Johannes Gutenberg-Universität Mainz in diesem<br />

Jahr zu ihrer traditionellen Informationsveranstaltung<br />

eingeladen. Mit großem Erfolg, wenn<br />

man allein die mehr als 400 Besucher betrachtet,<br />

die sich im Hörsaal des Gebäudes 707 einfanden.<br />

Sie lauschten interessiert den Vorträgen der Experten<br />

und nutzten die Gelegenheit, sich in den<br />

Pausen über neue Möglichkeiten von Diagnostik<br />

und Therapie zu informieren. Bei der diesjährigen<br />

Veranstaltung standen zwei Themen im Mittelpunkt:<br />

Zum einen die neuen Aspekte von Diagnostik<br />

und Therapie, wobei im Bereich der Diagnostik<br />

insbesondere die Kernspin-Tomographie,<br />

die Kapsel-Endoskopie, die Chromo-Endoskopie<br />

(endoskopische Färbetechniken) und die hochauflösende<br />

konfokale Laser-Endoskopie angesprochen<br />

wurden. Im therapeutischen Themenkomplex<br />

stellten die Referenten neben neuen<br />

<strong>Verfahren</strong> zur medikamentösen Behandlung<br />

durch Antikörper auch Ergebnisse alternativer<br />

Behandlungskonzepte vor. Dazu gehörten etwa<br />

Hormontherapien, die Behandlung <strong>mit</strong> Weihrauch<br />

(Boswellia) und die Apherese, die gezielte<br />

Entfernung bestimmter Stoffe aus dem<br />

Blut. Ferner wurden Möglichkeiten und Grenzen<br />

der Selbstbehandlung und der chirurgischen Therapie<br />

diskutiert. Zum anderen beschäftigten sich<br />

die Referenten und Diskutanten schwerpunktmäßig<br />

<strong>mit</strong> einer möglichen Krebsentstehung bei<br />

chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Dabei<br />

wurden auch neue Möglichkeiten zur Früherkennung<br />

und Krebsvorsorge dargestellt.<br />

Was verbirgt sich aber hinter den Fachbegriffen<br />

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa? Beide Krankheiten<br />

sind durch schubartig verlaufende zerstörerische<br />

Entzündungsreaktionen der Darmschleimhaut<br />

gekennzeichnet. Bei Morbus Crohn<br />

können alle Abschnitte des Magen-Darm-Traktes<br />

betroffen sein; in 80 Prozent der Fälle beschränkt<br />

sich die Entzündung jedoch auf den letzten Abschnitt<br />

des Dünndarms und teilweise auch den<br />

Dickdarm. Colitis ulcerosa zeichnet sich dagegen<br />

durch eine chronische Entzündung der Dickdarm-<br />

Schleimhaut aus, die sich nur in seltenen Fällen<br />

auf den Dünndarm ausweitet. Neben verschiedensten<br />

Beschwerden wie Schmerzen, Durchfall,<br />

Verstopfung und blutigem Stuhl steigt bei den<br />

Betroffenen auch das Risiko für Darmkrebs. Daher<br />

ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung<br />

der Krankheit extrem wichtig.<br />

„Die Veranlagung zur Entstehung<br />

der Erkrankungen ist<br />

teilweise erblich, so dass auch<br />

schon Kinder betroffen sein<br />

können.“<br />

Generell können CED’s in ganz verschiedenen<br />

Schweregraden auftreten beziehungsweise verlaufen.<br />

Die Mediziner beschreiben dies zum Beispiel<br />

<strong>mit</strong> unterschiedlichen Aktivitätsindizes, die<br />

dann auch die Therapie bestimmen. So wird eine<br />

chirurgische Entfernung des betroffenen Darmabschnittes<br />

nur im Notfall oder bei sehr schwerem<br />

Krankheitsverlauf vorgenommen, wenn eine<br />

medikamentöse Therapie versagt hat.<br />

Nach den Ursachen für CED<br />

befragt, erklärt Prof. Dr. Markus<br />

Friedrich Neurath: „Die<br />

Ereignisse, die zur Entstehung<br />

dieser lebensbedrohenden<br />

und bisher nur<br />

symptomatisch behandelbaren<br />

Krankheiten führen, sind<br />

noch weitgehend unbekannt.<br />

Wir wissen jedoch,<br />

dass infektiöse, genetische<br />

und immunologische Faktoren<br />

eine wichtige Rolle spielen.“<br />

Die Veranlagung zur<br />

Entstehung der Erkrankun-<br />

19<br />

Wissenschaft & Forschung<br />

gen ist also teilweise erblich, so dass auch schon<br />

Kinder betroffen sein können.<br />

Aufgrund der beschränkten wissenschaftlichen<br />

Kenntnis läuft die Ursachenforschung CED auf<br />

Hochtouren. Aktuell sind 14 Studien zu unterschiedlichen<br />

Fragestellungen in ganz Deutschland<br />

im Gange. So untersucht die Münchner Uniklinik<br />

die Wirkung und Verträglichkeit eines<br />

Cannabispräparates bei Morbus Crohn-Patienten<br />

und gleich zwei Mainzer Krankenhäuser (Universitätsklinikum<br />

und St. Hildegardis-Krankenhaus)<br />

beteiligen sich an einer Studie, die sich dem Einfluss<br />

einer sportlichen Betätigung auf den Krankheitsverlauf<br />

des Morbus Crohn widmet. Freiwillige<br />

Studienteilnehmer sind stets gesucht (Info<br />

siehe unten). An der I. Medizinischen Klinik und<br />

Poliklinik in Mainz hat sich zudem eine interdisziplinäre<br />

Arbeitsgruppe CED etabliert, die unter<br />

der Leitung von Prof. Neurath die Rolle des Immunsystems<br />

bei Entstehung und Verlauf von<br />

chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erforscht<br />

und mögliche neuartige Therapieformen<br />

entwickelt. Eine Studie zur Behandlung von Morbus<br />

Crohn <strong>mit</strong> so genannten monoklonalen Antikörpern<br />

steht gerade kurz vor ihrem Abschluss.<br />

Frank ERDNÜSS ■<br />

Information: Das nächste Arzt-Patienten-Seminar<br />

zum Thema CED findet am 18. März 2006 an<br />

der Mainzer Uniklinik statt. Informationen, auch<br />

zur Teilnahme an einer der klinischen Studien,<br />

bietet die DCCV auf ihrer Internetseite unter<br />

http://www.dccv.de/.<br />

[JOGU] 194/2005


Wissenschaft & Forschung<br />

20 Jahre<br />

Mainzer<br />

Mikrotron<br />

Ausbau der Anlage <strong>mit</strong><br />

vierter Beschleunigerstufe<br />

Am Elektronenbeschleuniger der<br />

Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz, dem Mainzer Mikrotron<br />

(MAMI), wird seit 20 Jahren auf international<br />

höchstem Niveau geforscht.<br />

Entdeckungen über den Aufbau der<br />

kleinsten Teilchen unserer Materie<br />

brachten die MAMI-Wissenschaftler<br />

an die Weltspitze. Ende des Jahres<br />

enthält das Mikroton eine vierte Beschleunigerstufe.<br />

Die Geschichte des Elektronenbeschleunigers ist<br />

eine 20-jährige Erfolgsgeschichte. Wissenschaftler<br />

kommen aus der ganzen Welt, um am Mainzer<br />

Mikrotron zu experimentieren. Die Experimente<br />

liefern vor allem Grundlagenwissen über den<br />

Aufbau unserer Materie, besonders der Protonen<br />

und Neutronen. Sie sind aber auch für Anwendungen<br />

etwa in der Röntgentechnik oder der<br />

Magnetresonanztomographie <strong>mit</strong> Helium-3 nutzbar.<br />

Die unterirdische Forschungsanlage <strong>–</strong> Aufzüge<br />

führen etwa 10 Meter tief unter die Erde <strong>–</strong><br />

[JOGU] 194/2005<br />

Foto: Andreas Jankowiak<br />

besteht aus<br />

einer weltweit einzigartigen<br />

Kaskade von Rennbahn-Mikrotronen.<br />

Hierbei wird der Elektronenstrahl durch wiederholte<br />

Ablenkung <strong>mit</strong> Hilfe von Magneten immer<br />

wieder durch die gleiche Linearbeschleunigerstruktur<br />

geführt. Dadurch gewinnen die Elektronen<br />

beständig an Energie. Das besondere Merkmal<br />

von MAMI ist die außerordentlich hohe<br />

Qualität des erzeugten Elektronenstrahls. Zwar<br />

wird der Elektronenbeschleuniger „nur“ <strong>mit</strong> einer<br />

<strong>mit</strong>tleren Energie von maximal 850 Megaelektronenvolt<br />

(MeV) betrieben. „Da<strong>mit</strong> können<br />

wir nur Teilchen wie Nukleonen oder Pionen, aber<br />

keine Quarks sehen“, erklärt Prof. Dr. Thomas<br />

Walcher, Geschäftsführender Direktor des Instituts<br />

für Kernphysik. „Der Strahl ist allerdings sehr<br />

intensiv und erlaubt extrem genaue Messungen.“<br />

Am Ende seiner „Rennstrecke“ trifft der Elektronenstrahl<br />

auf den Gegenstand der kernphysikalischen<br />

Forschung: den Atomkern. Er besteht aus<br />

Nukleonen, die als Protonen oder Neutronen vorliegen<br />

können und die selbst wiederum aus noch<br />

kleineren Quarks aufgebaut sind. Quarks werden<br />

als punktförmig angenommen und gelten als unteilbar,<br />

so<strong>mit</strong> als elementare Bausteine. „Wir können<br />

hier Protonen oder Neutronen besonders gut<br />

als ganze Teilchen untersuchen und dann Rückschlüsse<br />

auf die vorhandenen Quarks ziehen“, erläutert<br />

Walcher. Prallt nun ein Elektron auf den<br />

Atomkern, so kann das Ergebnis der Kollision gemessen<br />

werden. Hierfür steht eine Anlage aus<br />

drei magnetischen Spektrometern zur Verfügung.<br />

20<br />

Der bereits vollständig aufgebaute<br />

2.45GHz Linearbeschleuniger des<br />

HDSM (Harmonisches-Doppelseitiges-Mikrotron)<br />

ist bereits<br />

unter Vakuum und die Hochleistungs-Hochfrequenzsysteme<br />

(5 mal 50kW bei<br />

2.45GHz) sind erfolgreich<br />

in Betrieb genommen<br />

worden.<br />

Da<strong>mit</strong> können <strong>–</strong><br />

auch dies ist einmalig<br />

in der Welt <strong>–</strong> gleichzeitig<br />

drei geladene Reaktionsprodukte<br />

hochpräzise nachgewiesen<br />

werden. Jedes der drei<br />

Spektrometer ist etwa 300 Tonnen<br />

schwer, das größte ist 13 Meter hoch.<br />

„MAMI C eröffnet uns Perspektiven<br />

für die kommenden<br />

zehn Jahre.“<br />

Nun erhält das Mainzer Mikrotron für rund 15<br />

Millionen Euro eine neue Beschleunigerstufe.<br />

Ende des Jahres wird diese vierte Stufe, MAMI C<br />

genannt, den Betrieb aufnehmen und den<br />

Elektronenstrahl auf eine Energie von 1.500 MeV<br />

bringen. Dazu wird in einem doppelseitigen<br />

Mikrotron der Elektronenstrahl durch zwei parallel<br />

angeordnete Linearbeschleuniger geschickt.<br />

Die Umlenkung des Strahls erfolgt durch zwei<br />

Magnetpaare. Für die Kernphysiker in Mainz<br />

bricht da<strong>mit</strong> ein neues Forschungszeitalter an.<br />

„MAMI C“, so Walcher, „eröffnet uns Perspektiven<br />

für die kommenden zehn Jahre.“ Es können<br />

da<strong>mit</strong> ganz andere Teilchensorten untersucht<br />

werden: andere Mesonen und Baryonen,<br />

Strange-Teilchen, Hyperonen, Kaonen und Eta-<br />

Teilchen. Parallel dazu soll in der theoretischen<br />

Physik eine neue Art von Modell, die Gittereichtheorie,<br />

etabliert werden. „Es gelingt uns heute<br />

ganz gut, immer tiefer in die Materie einzudringen<br />

und sie bis in die kleinsten Teilchen zu verstehen.<br />

Umgekehrt aber schaffen wir es nicht, aus<br />

den einfachsten Gesetzen eine Synthese zu bilden.<br />

Das heißt wir wissen nicht, wie man aus den<br />

einfachen Bausteinen und Kräften komplexe Systeme<br />

erzeugt. Hier liegt die zukünftige Herausforderung.“<br />

■<br />

Information: http://www.kph.uni-mainz.de/


Kelten und Römer<br />

in Burgund<br />

Zur Geschichte der keltischen<br />

Stadt Bibracte Seit den 80er Jahren<br />

des letzten Jahrhunderts besteht in<br />

dem kleinen Weiler Glux-en-Glenne<br />

das Forschungszentrum BIBRACTE,<br />

dessen Installation vom damaligen<br />

französischen Präsidenten Mitterand<br />

maßgeblich forciert wurde. Es koordiniert<br />

die multinationalen Forschungen<br />

in und um das keltische Oppidum<br />

Bibracte; seit Jahren ist es dank hervorragender<br />

Ausstattung und regem<br />

Austausch <strong>mit</strong> in- und ausländischen<br />

Forschern zum wichtigsten Zentrum für<br />

die Archäologie der Kelten geworden.<br />

Bibracte ist der Name einer keltischen Stadt (lat.<br />

oppidum) ganz in der Nähe des Forschungszentrums,<br />

auf dem Mont Beuvray. Sie war eine der<br />

bedeutendsten keltischen Städte im 1. Jahrhundert<br />

v. Chr. <strong>–</strong> bekannt vor allem durch Caesar, der<br />

dort seine Kommentare zum Gallischen Krieg verfaßte.<br />

Von 2005 bis 2008 wird in einem Projekt<br />

des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der<br />

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des<br />

Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz<br />

sowie der Université de Bourgogne gezielt das<br />

Umland der keltischen Stadt erforscht.<br />

Eine Gruppe von sechs Studierenden hat bereits<br />

Anfang des Jahres vier Wochen lang archäolo-<br />

gische Prospektionen in Burgund<br />

durchgeführt. Geleitet wurde<br />

diese Kampagne, die aus Mitteln des<br />

Forschungsfonds der Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz und<br />

der Freunde der Universität Mainz<br />

e.V. für das Jahr 2005 finanziert<br />

wurde, von Dr. Peter Haupt vom Institut<br />

für Vor- und Frühgeschichte und<br />

Dr. Martin Schönfelder vom Römisch-GermanischenZentralmuseum<br />

Mainz.<br />

Modernstes Vermessungsgerät:<br />

Geländeaufnahme im Wald<br />

Im Naturpark des Morvan, einem Mittelgebirge<br />

<strong>mit</strong> Höhen über 900 Meter, werden hierzu rund<br />

um das Bergmassiv des Mont Beuvray spätkeltische<br />

und frührömische Fundstellen aufgespürt.<br />

Das Arbeitsgebiet der diesjährigen, ersten Kampagne<br />

lag nur wenige Kilometer nördlich des keltischen<br />

Bibracte.<br />

Die archäologischen Feldarbeiten umfaßten drei<br />

Bereiche: Zum einen wurde das Gelände mikrotopographisch<br />

vermessen. Hierbei wurden alle<br />

wesentlichen Veränderungen des natürlichen Reliefs<br />

dokumentiert: ehemalige Wege, Gräben und<br />

vor allem Siedlungsterrassen, die treppenartig in<br />

die Hänge eingearbeitet sind. Die Geländeaufnahme<br />

erfolgte im tiefverschneiten Wald- und<br />

Wiesenareal <strong>mit</strong>tels modernsten Vermessungsgerätes,<br />

das hierbei gleich einem Belastungstest<br />

21<br />

Fotos: Peter Haupt<br />

Campus international<br />

ausgesetzt wurde. Alle Daten sind in ein Geographisches<br />

Informationssystem (GIS) eingearbeitet<br />

und da<strong>mit</strong> vielfältig auswertbar.<br />

Zum anderen wurden <strong>–</strong> nach der Schneeschmelze<br />

<strong>–</strong> Bodenaufschlüsse überprüft, die in Form von<br />

Wurzeltellern umgestürzter Bäume, Hohlwegwänden,<br />

Bachbetten sowie als Maulwurfshügel<br />

vorliegen. Gerade bei diesen Arbeiten ist der<br />

nicht geringe Weingenuß der Kelten zu Caesars<br />

Zeiten von Bedeutung: Der Wein wurde in hunderttausenden<br />

Amphoren importiert, die danach<br />

als Müll behandelt und entsorgt wurden. Deren<br />

ziegelrote Scherben finden sich nun überall im<br />

Bereich der Siedlungen und können als guter Anzeiger<br />

menschlicher Aktivität betrachtet werden.<br />

Schließlich trug eine studentische Arbeitsgruppe<br />

aus Dijon <strong>mit</strong> geomagnetischen Untersuchungen<br />

auf den Wiesen, deren Maulwurfshügel gleichzeitig<br />

erkundet wurden, zum Gelingen der Kampagne<br />

bei.<br />

Bodenaufschlüsse wurden überprüft,<br />

die in Form von Wurzeltellern<br />

umgestürzter Bäume,<br />

Hohlwegwänden, Bachbetten<br />

sowie als Maulwurfshügel<br />

vorliegen.<br />

Im Rahmen der Kampagne 2005 konnten 162<br />

Wurzelteller sowie 1864 Maulwurfshügel untersucht<br />

werden; in jedem zweiten Untersuchungsobjekt<br />

waren Scherben und andere Funde als<br />

Spuren von Siedlungen der zweiten Hälfte des<br />

1. Jahrhunderts v. Chr. nachweisbar. Hierdurch<br />

gelang es, eine mindestens 80 Hectar große<br />

Siedlungsfläche festzustellen <strong>–</strong> ein spektakuläres<br />

Ergebnis, betrachtet man die geringe Distanz von<br />

nur wenigen Kilometern bis zur keltischen Stadt<br />

Bibracte auf dem Mont Beuvray.<br />

In den nächsten Jahren werden die archäologischen<br />

Untersuchungen schrittweise auf das<br />

gesamte Areal um das Oppidum ausgeweitet<br />

werden. Nach erster Sichtung älterer Fundmeldungen<br />

ist <strong>mit</strong> wichtigen Ergebnissen zur Geschichte<br />

der keltischen Stadt am Ende der keltischen<br />

Eisenzeit und am Beginn der römischen<br />

Herrschaft zu rechnen. Zudem werden <strong>–</strong> fast<br />

beiläufig <strong>–</strong> neue archäologische Untersuchungsmethoden<br />

entwickelt. ■<br />

Auf den Spuren Caesars:<br />

Scherben von römischen Weinamphoren<br />

<strong>mit</strong> Herstellerstempeln<br />

aus dem Musée Bibracte in<br />

Burgund.<br />

[JOGU] 194/2005


Fotos: Peter Pulkowski<br />

Campus international<br />

Von Schamanen und<br />

Zwetschgendatschi<br />

Hightechland <strong>mit</strong> einer Jahrtausende<br />

alten Kultur Mit einer<br />

südkoreanischen Woche ließ das<br />

Fremdsprachenzentrum das Sommersemester<br />

ausklingen. Die Veranstaltungen<br />

machten deutlich, dass das<br />

„Land der Morgenstille“ mehr zu<br />

bieten hat als moderne Elektronik.<br />

Für die Mainzer Organisatoren von<br />

Austauschprogrammen und für ihre<br />

Studenten übrigens keine neue<br />

Erkenntnis...<br />

Der Klangrhythmus der Trommeln<br />

ist ebenso durchdringend wie ohrenbetäubend.Was<br />

das Publikum als Härtetest<br />

empfindet, zieht die weiß gekleidete<br />

Tänzerin in den Sog der Trance. Plötzlich geschieht<br />

es: Eine rasche Bewegung, und die Koreanerin<br />

hebt <strong>mit</strong> dem Mund eine kiloschwere<br />

Metallschale auf. Das ist kein Zirkustrick, sondern<br />

ein religiöses, genauer, schamanistisches Ritual.<br />

Ort des Geschehens war allerdings nicht der<br />

Schauplatz einer fernwehmütigen TV-Serie, sondern<br />

der Hörsaal P1 im Mainzer Philosophicum.<br />

Entsprechend betraf die magische Handlung<br />

nicht nur die koreanischen Tänzer, sondern auch<br />

einen Vertreter der Universität. Zum Zwecke der<br />

Segnung nämlich holte die Schamanin den Vizepräsidenten<br />

Jürgen Oldenstein auf die Bühne. Der<br />

Uni-Vize, der eben auch Archäologe ist, trug das<br />

Risiko dessen, der in der ersten Reihe sitzt, gelassen.<br />

An römische Rituale habe ihn die koreanische<br />

Zeremonie erinnert. Nachdenken über die<br />

ertanzte Geisterbeschwörung von Abgesandten<br />

des Gangneung Danoje-Festivals, das wichtiger<br />

Bestandteil der offiziellen Kulturszene Süd-Koreas<br />

ist. Und Philosophieren über mentale weltweite<br />

Kontinuitäten, die sich eben auch auf die<br />

wissenschaftliche Zusammenarbeit erstrecken.<br />

Das Zahlenwerk zum Thema lässt weitergehende<br />

Aktivitäten kaum vermuten. Im Mainzer Jahresbericht<br />

2004 nehmen China und Japan deutlich<br />

mehr Platz ein als Korea. Dennoch: Der Austausch<br />

zwischen der Mainzer Universität und koreanischen<br />

Schwesterinstitutionen findet statt, oft weniger<br />

auf der Grundlage von Kooperationsverträgen<br />

als auf der Basis des persönlichen Kontaktes.<br />

Jenseits offizieller Übereinkommen arbeitet das<br />

Institut „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) <strong>mit</strong><br />

koreanischen Universitäten zusammen. Die deutschen<br />

Studenten unterrichten zwei Monate lang<br />

ihre Muttersprache <strong>–</strong> das Korea-Praktikum bietet<br />

die idealen Bedingungen für den Praxistest.<br />

Die Lehramts-Studenten und DaFler Matthias<br />

Rehm und Heiko Hitzhuber haben im letzten Jahr<br />

22<br />

einschlägige Erfahrungen gemacht. Von Februar<br />

bis April 2004 gaben sie an einer Außenstelle der<br />

Seouler Chun-Ang-University Deutschkenntnisse<br />

weiter. Wegen ihrer Unterrichtsmethoden waren<br />

sie bald auf dem ganzen Campus von Anseong<br />

bekannt. „Wir haben nichts Ungewöhnliches getan.<br />

Allerdings ist es in Korea völlig unüblich, auf<br />

spielerische Weise an den Lernstoff heranzugehen“,<br />

erklärt Rehm. Was hierzulande zumindest<br />

im DaF-Bereich zum pädagogischen Standard gehört,<br />

war für koreanische Verhältnisse geradezu<br />

exotisch. „Sonder-Aktionen wie die Ostereier-Suche<br />

haben uns dann erst recht zu bunten Vögeln<br />

werden lassen“, schmunzelt Hitzhuber. Auch die<br />

handwerkliche Leistung war immerhin beträchtlich,<br />

in mehreren Nachtsitzungen haben die beiden<br />

70 Eier <strong>mit</strong> Wasserfarben marmoriert.<br />

Deutsch-koreanische Begegnungen.<br />

„Sonder-Aktionen wie die<br />

Ostereier-Suche haben uns<br />

dann erst recht zu bunten<br />

Vögeln werden lassen.“<br />

„Das Staunen war auf beiden Seiten groß“, erzählt<br />

auch Charlotte Krauß, die bereits 2001 zusammen<br />

<strong>mit</strong> einer Kommilitonin ein DaF-Praktikum<br />

in Korea absolviert hat. Angeregt berichtet<br />

sie von den Erlebnissen, die einen Auslandsaufenthalt<br />

würzen können. „Auf einem Ausflug ins<br />

Gebirge wurde uns eine Delikatesse angeboten.<br />

Lebende kleine Fische, in ein Salatblatt gewickelt.“<br />

Die Studentinnen verzichteten. Anderes<br />

war verdaulicher, so zum Beispiel die im Deutschkurs<br />

stattfindenden Diskussionen über Leben und<br />

Liebe. „Die Studenten, die konservativ sozialisiert<br />

worden sind, waren total gespannt auf die westliche<br />

Sicht der Dinge, im relativ kleinen Daegu


waren wir halt weit weg vom<br />

doch internationaleren Seoul....“<br />

Pinkfarbene Wimpel flattern an<br />

Neonröhren. Es riecht nach Bulgogi,<br />

gebratenem Rindfleisch<br />

also, und Kimchi, eingelegtem<br />

Kohl. Nationalgerichte, die bei<br />

keinem koreanischen Fest fehlen<br />

dürfen. In Mainz-Gonsenheim<br />

hat an diesem Julitag des<br />

Sommers 2005 eine Studentengruppe<br />

aus Seoul eine Feier organisiert.<br />

Normalerweise lernen<br />

sie an der Kangnam-Universität<br />

der Hauptstadt, jetzt absolvieren<br />

die 22 angehenden Sozialwissenschaftler<br />

vierzehn Tage<br />

lang Workshops und bereisen<br />

soziale Einrichtungen im ganzen<br />

Bundesgebiet. An diesem<br />

Freitagabend gönnen sie sich<br />

eine Atempause, sprich Rast im Hauptquartier,<br />

und genießen nach einer Woche des Staunens<br />

über deutsche Gerichte <strong>–</strong> insbesondere die Kombination<br />

von Pflaumen <strong>mit</strong> Teig, sprich Zwetschgendatschi<br />

<strong>–</strong> die eigene Kultur und Küche. Und<br />

<strong>mit</strong> ihnen die Organisatoren des Austausches.<br />

Professor Detlef Garz, seit dem Sommersemester<br />

2002 am Mainzer Pädagogischen Institut, hat<br />

seine Korea-Kontakte aus Oldenburg nach Mainz<br />

<strong>mit</strong>gebracht. Hyo-Seon Lee, eine seinerzeitige<br />

Doktorandin, ist inzwischen Professorin in Seoul<br />

und begleitet in den Sommerferien ihre Studenten<br />

nach Deutschland. In Mainz lernen sie den<br />

Umgang <strong>mit</strong> den sogenannten qualitativen Forschungsmethoden<br />

der sozialen Wissenschaften.<br />

Biographieforschung statt Statistik. Um aus Interviews<br />

<strong>mit</strong> Betroffenen brauchbare Erkenntnisse<br />

zu gewinnen, muss die Interviewführung allerdings<br />

erst einmal geübt werden. Dasselbe gilt für<br />

die Auswertung der notierten Aussagen.<br />

Es riecht nach Bulgogi, gebratenem<br />

Rindfleisch also, und<br />

Kimchi, eingelegtem Kohl.<br />

Im Rahmen der Ursachenforschung fremde Lebenswelten<br />

unter die Lupe zu nehmen, empfindet<br />

Teilnehmerin Hyun-Ju Yang als Herausforderung.<br />

Ihren Kommilitonen geht es nicht anders <strong>–</strong> qualitative<br />

Feldforschung hatte im Bereich der koreanischen<br />

Sozialwissenschaften bisher kaum Tradition.<br />

Bei der aktuellen Erforschung koreanischer<br />

Klangrhythmus der Trommeln:<br />

Ebenso durchdringend wie ohrenbetäubend<br />

Lebensläufe kann auch auf deutsche Erfahrungen<br />

zurückgegriffen werden. Dr. Sylke Bartmann vom<br />

Pädagogischen Institut verweist auf einen gerade<br />

laufenden DAAD-Antrag. Koreanische Studenten<br />

und Graduierte sollen dabei helfen, die Situation<br />

und den biographischen Weg der südkoreanischen<br />

Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach<br />

Deutschland kamen, zu erkunden.<br />

Darüber hinaus sind qualifikationsunabhängige<br />

Stipendien für den weiteren Austausch <strong>mit</strong><br />

Kangnam geplant. In diesem<br />

Jahr erschien eine<br />

gemeinsame Publikation<br />

zum Thema, weitere Reisen<br />

nach Seoul stehen an. Die<br />

koreanischen Studenten,<br />

die jedes Jahr im August<br />

nach Mainz kommen, bezahlen<br />

ihren Aufenthalt bisher<br />

aus eigener Tasche.<br />

Auch hier erhoffen sich die<br />

Organisatoren Zuschüsse.<br />

Aufgestockt wurde bereits<br />

das Koreanisch-Angebot<br />

des Mainzer Fremdsprachenzentrums.<br />

Dank<br />

der Unterstützung der Korean<br />

Research Foundation<br />

konnte die promovierte<br />

Germanistin Youngnam Lee<br />

23<br />

Campus international<br />

für den Sprach- und Landeskundeunterricht eingestellt<br />

werden. Deswegen können Interessierte<br />

jetzt auch den neuen Fortgeschrittenenkurs besuchen<br />

<strong>–</strong> und das übrigens auch ohne die schamanische<br />

Beratung, die koreanische Bewerber um<br />

ein Deutschlandstipendium durchaus schon in<br />

Anspruch genommen haben: Man wende allmorgendlich<br />

seinen Körper in die Himmels-Richtung<br />

des gewünschten Landes, wasche sich das Gesicht<br />

<strong>mit</strong> Wasser und gieße dieses anschließend<br />

über die Füße... Ulrike BRANDENBURG ■<br />

[JOGU] 194/2005


Kultur auf dem Campus<br />

Ossuare aus dem Heiligen Land<br />

Einmalige Sammlung Ossuare<br />

sind steinerne Knochenkästen, die<br />

zur Zweitbestattung der Skelette vor<br />

allem wohlhabender Einwohner von<br />

Jerusalem und Jericho um die Geburt<br />

Christi benutzt wurden. Zehn dieser<br />

Ossuare sind in Deutschland bekannt,<br />

sieben davon gehören seit Sommer<br />

2005 zur Sammlung des Seminars für<br />

Altes Testament und biblische Archäologie<br />

am Fachbereich Evangelische<br />

Theologie der Universität Mainz.<br />

Rote Farbe hebt die feinen Schnitzereien auf dem<br />

weißen Kalkstein hervor, in dieses Stück hat einst<br />

ein Handwerker im fernen Palästina viel Arbeit investiert.<br />

„So etwas konnte sich<br />

sicher nicht jeder leisten, denn<br />

die Bearbeitung und Verzierung<br />

des Steins kostete viel Geld“,<br />

bekräftigt Professor Dr. Wolfgang<br />

Zwickel. Der evangelische<br />

Theologe steht vor einer Vitrine<br />

in der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität,<br />

in der sieben<br />

Ossuare präsentiert werden, antike<br />

Knochenkisten für die<br />

Zweitbestattung von Verstorbenen<br />

aus Felsengräbern.<br />

Die Kästen sind im Durchschnitt<br />

25 Zentimeter breit, 30 Zentimeter<br />

hoch und gut 60 Zentimeter<br />

lang. Gleich sieben der<br />

Ossuare in einer Sammlung zu<br />

haben, ist eine große Ausnahme,<br />

in ganz Deutschland kennt Professor Zwickel nur<br />

drei weitere Knochenkästen. Der Bestand am<br />

Seminar für Altes Testament und biblische Archäologie<br />

am Fachbereich evangelische Theologie ist<br />

<strong>mit</strong> Mitteln der Kulturstiftung Rheinland-Pfalz<br />

von einem Sammler angekauft worden, der die<br />

Ossuare vor vielen Jahren in Jerusalem erworben<br />

hat.<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Im Juni sind die Steinkisten an der Universität angekommen,<br />

sechs davon haben etwa die gleiche<br />

Größe, ein Ossuar ist kleiner <strong>–</strong> wahrscheinlich lagen<br />

darin einst die Knochen eines Kindes. Die<br />

Maße der aufwändig verzierten Steinmetzarbeiten,<br />

die im Durchschnitt 30 Kilogramm wiegen,<br />

werden von der Größe der Knochen vorgegeben:<br />

„Der Schädel entscheidet über die Breite, der<br />

Unterschenkel über die Länge“, weiß Zwickel.<br />

Die Ossuare boten die Chance,<br />

wenigstens alle Knochen jedes<br />

Skeletts komplett zu bewahren,<br />

wenn die Verstorbenen<br />

verwest waren.<br />

Ossuare sind aus dem Heiligen Land nur aus zwei<br />

Epochen bekannt, erzählt Zwickel: Im 4. Jahrtausend<br />

vor Christus, dem so genannten Chalkolithikum,<br />

gab es erstmals die Bestattung der Knochen<br />

Verstorbener. Die Fundorte dieser frühen Ossuare<br />

beschränken sich auf die Küstenregionen Palästinas<br />

um Tel Aviv.<br />

Alttestamentler Zwickel: Gleich sieben der Ossuare in einer Sammlung<br />

zu haben, ist eine große Ausnahme.<br />

Die Mainzer Exemplare stammen jedoch alle aus<br />

einer zweiten Ära, den Jahren zwischen 20 vor<br />

Christus und 70 nach Christus. Vor allem um Jerusalem<br />

und Jericho finden sich diese Knochenkästen,<br />

die oft durch Schnitzereien und Bemalung<br />

reich verziert wurden. Einige Exemplare tragen<br />

auch den Namen desjenigen Menschen, dessen<br />

Knochen in der Kiste bestattet wurden. So fanden<br />

24<br />

in einem Mainzer Ossuar die Knochen von Ahabon<br />

ihre letzte Ruhe, ein anderer Kasten ist Jonathan,<br />

dem Sohn des Josef zugeordnet.<br />

Die Skelette sind allerdings nicht <strong>mit</strong> den Ossuaren<br />

überliefert worden: Die Knochenkisten stammen<br />

aus dem Antikenhandel, die genaue Herkunft<br />

und der Zustand beim Fund sind nicht<br />

überliefert.<br />

Dass die Ossuare vor allem in Jerusalem und Jericho<br />

gefunden wurden, wundert Professor Zwickel<br />

nicht: „Dort lebte eben die Oberschicht“, erzählt<br />

der Mainzer Alttestamentler. Jerusalem war<br />

damals eine junge, wachsende Weltstadt. Noch<br />

im 5. Jahrhundert vor Christus hatte Jerusalem<br />

gerade einmal 250 Einwohner, war nicht mehr als<br />

ein Heiligtum <strong>mit</strong> etwas Infrastruktur. Der Aufstieg<br />

der Stadt begann schließlich im 3. Jahrhundert<br />

vor Christus.<br />

Kurz darauf, so Zwickel, entwickelte sich eine<br />

Auslegung des jüdischen Auferstehungsglauben,<br />

die eng <strong>mit</strong> der Unversehrtheit des bestatteten<br />

Leichnams verbunden wurde.<br />

In einer Metropole wie Jerusalem konnten<br />

die Felsgräber aber nicht ewig belegt<br />

werden. Üblicherweise wurden die Gebeine<br />

der Toten an den Seiten der Gräber<br />

aufgereiht, wenn ein neuer Leichnam<br />

das Grab belegte.<br />

Foto: Peter Thomas<br />

Die Ossuare boten die Chance, wenigstens<br />

alle Knochen jedes Skeletts komplett<br />

zu bewahren, wenn die Verstorbenen<br />

verwest waren. Um 20 vor Christus<br />

setzte sich diese Form der Zweitbestattung<br />

durch. Mit der Eroberung und Zerstörung<br />

Jerusalems durch die Römer 70<br />

nach Christus wurde diese Tradition<br />

dann abrupt unterbrochen.<br />

Die Ossuare werden nun in Vitrinen im Forum 4<br />

der Johannes Gutenberg-Universität gezeigt,<br />

eine Bachelor-Arbeit zum Thema entsteht gerade.<br />

In der nächsten Zeit hofft Zwickel, die Neuerwerbungen<br />

des Seminars auch in der Stadt auszustellen.<br />

Langfristig träumt der Professor aber<br />

davon, ein eigenes Museum zur Kultur der biblischen<br />

Länder einzurichten.<br />

Peter THOMAS ■


Bambi und der Holocaust<br />

Ausstellung zeigt Klassiker und unbekannte jüdische<br />

Kinderbücher Die Welt jüdischer Kinderliteratur ist das<br />

Thema einer Ausstellung in der Mainzer Stadtbibliothek, die<br />

Studentinnen der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft<br />

der Universität Mainz unter der Leitung von<br />

Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer erarbeitet haben. Mainz<br />

ist die zweite Station der Ausstellung, die viele neue Aspekte<br />

jüdischer Kinder- und Jugendbücher darstellt. Als nächstes<br />

geht die Schau nach München.<br />

Bunte Purim-Rasseln liegen zusammen <strong>mit</strong> anderem<br />

Kinderspielzeug für hohe jüdische Feiertage<br />

in einer Vitrine der Mainzer Stadtbibliothek. Der<br />

kleine Chanukka-Leuchter und der Kreisel „Dreydel“<br />

gehören zu der Ausstellung „Jüdische Kinderliteratur:<br />

Geschichte, Traditionen, Perspektiven“,<br />

die Studentinnen der Mainzer Universität in<br />

einem Seminar des Instituts für Allgemeine und<br />

Vergleichende Literaturwissenschaft unter Leitung<br />

der Tübinger Privatdozentin Dr. Bettina<br />

Kümmerling-Meibauer konzipiert und umgesetzt<br />

haben. Nach der Eröffnung in Wiesbaden im Aktiven<br />

Museum Spiegelgasse ist die Mainzer<br />

Stadtbibliothek die zweite Station der Schau.<br />

Die Ausstellung zeigt einen beeindruckend weiten<br />

Blick auf das Thema jüdischer Kinderliteratur.<br />

Natürlich gehören zentrale Werke wie das Tagebuch<br />

der Anne Frank, „Als Hitler das rosa Kaninchen<br />

stahl“ von Judith Kerr und Art Spiegelmans<br />

herausragender Comic „Maus“ zu den Büchern,<br />

die in den Vitrinen gezeigt und im Katalog kommentiert<br />

werden.<br />

Aber die Ausstellung legt gerade<br />

Wert auf solche Bücher, die<br />

wenig bekannt sind oder<br />

von denen die meisten<br />

Leser nicht wissen,<br />

dass sie von jüdischen<br />

Autoren geschrieben<br />

worden sind. Ein typisches<br />

Beispiel, so<br />

erzählt Dr. Bettina<br />

Bunte Purim-<br />

Rasseln: <strong>Spiel</strong>zeug für<br />

hohe jüdische Feiertage<br />

Kümmerling-Meibauer,<br />

ist die „Nesthäkchen“-<br />

Reihe: ein Klassiker der<br />

Kinderliteratur, der zwischen 1918 und 1927 in<br />

zehn Bänden erschien. Wer aber weiß, dass die<br />

Autorin der Reihe, Else Ury, 1943 in Auschwitz ermordet<br />

worden ist? Oder dass Felix Saltens<br />

Roman „Bambi“ (die literarische Vorlage für den<br />

Disney-Zeichentrickfilm) auch Motive der zionistischen<br />

Bewegung aufgreift?<br />

„Die Möglichkeit, wissenschaftliche<br />

Methoden in so praktischer<br />

Weise während des Studiums<br />

anwenden zu können, ist<br />

eine große Chance gewesen.“<br />

Über die Bücher hinaus, die sich <strong>mit</strong> dem Holocaust<br />

auseinandersetzen, zeigt die Ausstellung<br />

eine große Vielfalt der literarischen Themen und<br />

Formen. Berühmte Autoren wie Irene Dische,<br />

Amos Oz und Maurice Sendak stehen neben weniger<br />

bekannten Schriftstellern. Klassiker wie<br />

„Massel und Schlamassel“ von Isaac Bashevis<br />

Singer treten in einen Dialog <strong>mit</strong> unbekannten<br />

Werken wie dem zionistischen<br />

Kinderbuch „Benni fliegt<br />

ins gelobte Land“, dessen Titelblatt<br />

als Umschlagillustration<br />

des Kataloges dient.<br />

Unter den rund 100 Titeln<br />

finden sich auch Bücher<br />

von nichtjüdischen Autoren,<br />

deren Geschichten sich<br />

aber <strong>mit</strong> jüdischer Identität<br />

auseinandersetzen.<br />

25<br />

Fotos: Peter Thomas<br />

Kultur auf dem Campus<br />

Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer:<br />

„Nesthäkchen“-Reihe <strong>–</strong> ein Klassiker<br />

der Kinderliteratur<br />

Während des Blockseminars im Wintersemester<br />

2004/05 überlegten Studentinnen und Dozentin,<br />

wie das Thema jüdische Kinderliteratur als Ausstellung<br />

präsentiert werden könnte. Im folgenden<br />

Semester erarbeiteten Nicole Budzinski,Annamarie<br />

Gau, Verena Grein, Eva Gressnich, Diana Kabus,Adienne<br />

Karsten, Juliana Paul, Katja Schmidt,<br />

Hadassah Stichnothe, Christina Urlaub und Ulrike<br />

Weber dann unter der Leitung von Kümmerling-<br />

Meibauer die Ausstellung, die jetzt in Mainz zu<br />

sehen ist.<br />

Die Erfahrung der Konzeption und Realisation einer<br />

umfangreichen Ausstellung sei für die engagierte<br />

Gruppe sehr wichtig gewesen, resümiert<br />

Kümmerling-Meibauer: „Die Möglichkeit, wissenschaftliche<br />

Methoden in so praktischer Weise<br />

während des Studiums anwenden zu können, ist<br />

eine große Chance gewesen“. Die Mainzer Literaturwissenschaftlerinnen<br />

haben jene Chance<br />

genutzt: Die Präsentation der Ausstellung in der<br />

Bibliothek am Rheinufer überzeugt ebenso wie<br />

der ausführliche Katalog, in dem es zu jedem<br />

Buch eine Doppelseite gibt. Peter THOMAS ■<br />

Information: Die Ausstellung „Jüdische Kinderliteratur.<br />

Geschichte, Traditionen, Perspektive“ ist<br />

in der Stadtbibliothek Mainz (Rheinallee 3B) noch<br />

bis zum 26. November 2005 zu sehen.<br />

[JOGU] 194/2005


Kultur auf dem Campus<br />

Die Kannibalen sind los<br />

Hergen Schulz im Kulturcafé<br />

Mit seinen Hörspielen sprengt der<br />

Autor Hergen Schulz immer wieder<br />

die Grenzen des Mediums. Live aufgeführt<br />

balancieren die phantastischen<br />

Stücke auf dem Grat zwischen<br />

Theater und klassischem Hörspiel.<br />

Dazu kommen außergewöhnliche<br />

<strong>Spiel</strong>orte von der Kraftfahrzeugwerkstatt<br />

bis zum Palmenhaus. Jetzt war<br />

Schulz <strong>mit</strong> seinem Hörspiel „Legenden“<br />

im Kulturcafé der Johannes<br />

Gutenberg-Universität unter der alten<br />

Mensa zu Gast.<br />

Die Kannibalen sind los im Kulturcafé unter der<br />

alten Mensa. Hergen Schulz, Hörspielautor und<br />

Schöpfer des Hörspielprojekts Kolportage.com<br />

hat den mythischen Dschungel seines Stücks „Legenden“<br />

in den Keller am Forum verlegt. Draußen<br />

tobt ein Gewittersturm, auf der Bühne zieht die<br />

Geschichte eines Flugzeugabsturzes das Publikum<br />

in ihren Bann.<br />

Das Grauen beginnt erst nach dem Unglück.<br />

Denn die Insel, auf der Linéa P'lau (Christin Wehner),<br />

Ramona Glas (Gabi Hof), Canedrine Harshey<br />

Hergen Schulz (2.v.r): Blutrausch im<br />

Kulturcafé unter der alten Mensa.<br />

[JOGU] 194/2005<br />

(Alexandra Schlüter), Siblin Sahlins (Linda-Moran<br />

Braun), Kapitän Arthur Morris (Stefan Migge) und<br />

Rubens Baldrum (Hergen Schulz) abstürzen,<br />

beherbergt ein furchtbares Monster. Die ausweglose<br />

Situation schält die Charaktere der Flugzeuginsassen<br />

aus dem Korsett ihrer gesellschaftlichen<br />

Konventionen und lässt die Figuren<br />

<strong>mit</strong>einander kollidieren. Im Zentrum der Handlung<br />

stehen Linéa P'lau und ihre Träume: Der<br />

Blutrausch bringt sie ihrem verschollenen Geliebten<br />

Clayton Jones (Michael Masek) näher. Und so<br />

wird aus der netten Stewardess plötzlich ein mordendes<br />

Wesen <strong>–</strong> ähnlich dem Monster, das auf<br />

der Insel seine Kreise zieht und die Überlebenden<br />

des Flugzeugabsturzes tötet. Die Legenden und<br />

Mythen haben am Ende die im Dschungel gestrandeten<br />

Menschen aus der postmodernen<br />

Zivilisation eingeholt, <strong>mit</strong> tödlicher Folge.<br />

Die einzelnen Figuren reißen<br />

sich auch immer wieder aus der<br />

starren Pose ihrer Stühle los,<br />

erobern sprechend und<br />

spielend den Saal.<br />

Was nach dem Plot eines Horrorfilms klingt, wird<br />

durch die doppelte Abstraktion von Hörspiel und<br />

statischer Bühnensituation zur Grundlage eines<br />

außergewöhnlichen Theaterabends. Obwohl <strong>–</strong> ist<br />

es denn Theater, wenn die Figuren an einem Tisch<br />

sitzen und ihre Rollen in Mikrofone sprechen? Für<br />

ein reines Hörspiel wiederum ist der Anteil des<br />

schauspielerischen Ausdrucks zu groß <strong>–</strong> und die<br />

einzelnen Figuren reißen sich auch immer wieder<br />

aus der starren Pose ihrer Stühle los, erobern<br />

26<br />

sprechend und spielend den Saal. Einer eindeutigen<br />

Zuordnung entziehen sich die Produktionen<br />

von Kolportage.com auf diese Weise. Das gibt Autor<br />

und Regisseur Hergen Schulz selbst zu und<br />

nennt „Legenden“ ein „Hörspiel zum Hinsehen“.<br />

Die Spannung zwischen Sprache und <strong>Spiel</strong> fasziniert<br />

die Zuschauer. Überhaupt kommen die Produktionen<br />

von Kolportage.com bei einem Publikum<br />

gut an, das an den Konsum elektronischer<br />

Medien gewöhnt ist. Daher legt der Wiesbadener<br />

Regisseur Schulz auch Wert darauf, seine Hörspiele<br />

nicht einfach als Tonkonserven zu produzieren,<br />

sondern immer live zu spielen.Am liebsten<br />

entdeckt Kolportage.com dabei ungewöhnliche<br />

<strong>Spiel</strong>orte. Zu diesen zählt das Kellercafé unter der<br />

alten Mensa kaum. Aber Live-Hörspiele von Kolportage.com<br />

waren schon zu Gast auf Ausflugsdampfern<br />

auf dem Main („Acht Glasen“), „Legenden“<br />

hatte Premiere in einem Gewächshaus<br />

für tropische Pflanzen. Und die kleine Kneipe um<br />

die Ecke hat Schulz seit der Gründung von Kolportage.com<br />

im Jahr 1996 ebenso bespielt (<strong>mit</strong><br />

„Uncoole Wortwechsel im SMS-Zeitalter) wie<br />

Kraftfahrzeugwerkstätten (zur Premiere von<br />

„Flucht aus der Fabrik“) und Programmkinos.<br />

Als Balanceakt zwischen Dampfradio und Modernem<br />

Theater, zwischen Musik,Videokunst und<br />

Brecht'scher Dramaturgie haben die Stücke <strong>mit</strong><br />

ihren schrägen Figuren und abgründigen Handlungen<br />

eine große Fan-Gemeinde in der Rhein-<br />

Main Region gewonnen. Aber auch über den<br />

Großraum hinaus ist Kolportage.com ein Name in<br />

der Hörspielszene. So war Hergen Schulz eingeladen<br />

zum Leipziger Hörspielsommer und gab<br />

ein Gastspiel auf der dortigen Buchmesse.<br />

Peter THOMAS ■<br />

Foto: Peter Thomas


Herausragendes Engagement gewürdigt<br />

Alexander Karl erhält Diether von<br />

Isenburg-Medaille Die Johannes<br />

Gutenberg-Universität Mainz hat<br />

Alexander Karl für sein herausragendes<br />

Engagement um die un<strong>mit</strong>telbare<br />

Förderung von Wissenschaft und Forschung<br />

<strong>mit</strong> der Verleihung der Diether<br />

von Isenburg-Medaille gewürdigt.<br />

Alexander Karl ist Geschäftsführer und Inhaber<br />

des BMW-Autohauses Karl + Co, dessen Hauptsitz<br />

sich seit 1977 in Mainz an der Alten Mainzer<br />

Straße befindet. Niederlassungen bestehen in<br />

Mainz-Kastel (seit 1954) und in Wiesbaden (seit<br />

1990). Im Juli 2000 hat er die Alexander Karl-Stiftung<br />

ins Leben gerufen, die der un<strong>mit</strong>telbaren<br />

Förderung von Wissenschaft und Forschung auf<br />

den Gebieten der Betriebswirtschaftslehre, der<br />

Rechtswissenschaft und der Medizin dient. Insbesondere<br />

unterstützt die Stiftung konkrete Projekte<br />

der Fachbereiche Medizin sowie Recht und<br />

Wirtschaft <strong>mit</strong> der Zielrichtung Automobilwirtschaft,<br />

Automobiltechnik und medizinischer Aspekte<br />

der motorisierten Mobilität.<br />

Bislang hat die Stiftung drei Forschungsprojekte<br />

am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften<br />

und am Fachbereich Medizin <strong>mit</strong> einem<br />

Betrag von über 35.000 Euro gefördert. Thematisch<br />

handelt es sich dabei um Fragestellungen<br />

Da<strong>mit</strong> die Universitäten im internationalen Wettbewerb<br />

um die besten Köpfe auch künftig <strong>mit</strong>halten<br />

können, sind bürgerliche Mitverantwortung<br />

und Mitgestaltung stärker als bisher<br />

gefragt. Privates Engagement von Stifterinnen<br />

und Stiftern trägt entscheidend dazu bei, dass an<br />

den Hochschulen Forschung und Lehre auf höchstem<br />

Niveau betrieben werden können. „Wege in<br />

die Zukunft: Wissen stiften“ <strong>–</strong> das Motto der Johannes<br />

Gutenberg-Universitätsstiftung war auch<br />

das Motto des Stiftertages 2005 an der Mainzer<br />

Universität. 16 Stiftungen zur Förderung von Wissenschaft<br />

und Forschung stellten ihr Engagement<br />

vor und demonstrierten die große Vielfalt an Themen<br />

und Formen des Stiftens für die Universität.<br />

„Mit dieser Demonstration ist bereits ein wesentliches<br />

Ziel dieser Veranstaltung erreicht,<br />

nämlich für die Idee des Stiftens zugunsten von<br />

Wissenschaft und Forschung, Studium und Lehre<br />

an der Johannes Gutenberg-Universität zu werben“,<br />

erklärte der Vorsitzende des Vorstands der<br />

Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung, Dr. h.c.<br />

Klaus Adam, in seiner Begrüßung, „sollte der Stiftertag<br />

darüber hinaus zur Nachahmung oder zur<br />

Unterstützung einer der hier anwesenden Stiftungen<br />

anregen, wäre das eine ganz besondere<br />

Freude. Denn die Zukunft der Wissensgesellschaft<br />

liegt in unseren eigenen Händen.“ ■<br />

Personen & Positionen<br />

Nach Redaktionsschluss******Nach Redaktionsschluss******Nach Redaktionsschluss<br />

„Zukunft der Wissensgesellschaft liegt in unseren Händen“<br />

Stiftertag 2005<br />

aus den Bereichen innerstädtischer Verkehrspolitik,<br />

der steuerlichen Aspekte von automobiler<br />

Mobilität sowie um arbeitsmedizinische Schwerpunkte.<br />

Ins Auge gefasst hat die Stiftung zudem<br />

die Förderung von Projekten im Umkreis des<br />

Themenfeldes „Controlling in der Automobilbranche“.<br />

Alexander Karl übernahm nach dem Wirtschaftsabitur<br />

und einer Praktikantenzeit, zuletzt bei<br />

den Büssing-Werken in Braunschweig, 1954 als<br />

Juniorchef den Auf- und Ausbau des Betriebes,<br />

der seit 1953 auch als BMW-Händler fungierte. Er<br />

führte da<strong>mit</strong> den väterlichen Betrieb weiter, der<br />

1929 in Mainz gegründet worden war und zu-<br />

nächst amerikanische PKW, später auch die Marken<br />

Auto-Union und Büssing vertrieb.<br />

Alexander Karl konnte seine eigenen Studienwünsche<br />

aufgrund der Kriegs- und Nachkriegssituation<br />

und der da<strong>mit</strong> verbundenen Notwendigkeit,<br />

den väterlichen Automobilbetrieb zu<br />

übernehmen, nicht realisieren. „Dies und seine<br />

Verbundenheit zu seiner Vaterstadt Mainz und<br />

zu ihrer Universität motivierten ihn zur Gründung<br />

der Alexander Karl-Stiftung zugunsten der<br />

Johannes Gutenberg-Universität <strong>mit</strong> zunächst<br />

300.000 Euro Grundkapital“, so Universitätspräsident<br />

Prof. Dr. Jörg Michaelis bei der feierlichen<br />

Übergabe. ■<br />

Nachahmung erwünscht: Vorstandsvorsitzender<br />

Dr. h.c. Klaus Adam eröffnet Stiftertag 2005<br />

Foto: Peter Pulkowski<br />

Foto: Peter Pulkowski


Personen & Positionen<br />

Fotos: Peter Pulkowski<br />

Als neue W3-Professorin im Fach Klassische<br />

Philologie ist Prof. Dr. Christine Walde tätig.<br />

Christine Walde war nach dem Studium der<br />

Klassischen Philologie und der Anglistik sowie<br />

der 1990 folgenden Promotion zum pseudosenecanischen<br />

Hercules Oetaeus an der Eberhard<br />

Karls-Universität Tübingen wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin in einem ungewöhnlichen altertumswissenschaftlich-psychoanalytischenProjekt<br />

zu „Das antike Erbe in der psychoanalytischen<br />

Traumforschung Freuds“ am Sigmund<br />

Freud-Institut Frankfurt/Main. 1993-94 und<br />

1997-2001 war sie Assistentin am Lehrstuhl für<br />

Lateinische Philologie an der Universität<br />

Basel/CH, wo die Stipendiatin der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (1994-97) sich im November<br />

1998 in Klassischer Philologie <strong>mit</strong> einer<br />

Studie zu den Traumdarstellungen in der griechisch-römischen<br />

Dichtung auch habilitierte. Seit<br />

2001 beschäftigte sie sich im Rahmen ihrer<br />

Schweizer Nationalfonds-Förderungsprofessur<br />

<strong>mit</strong> der Darstellung menschengemachter Katastrophen<br />

in der römischen Dichtung. Von 1997-<br />

1999 war sie Mitherausgeberin des Neuen Pauly<br />

(Mythologie und Religion) und bereitet zur Zeit<br />

einen Pauly-Supplementband zur Komparatistik<br />

der Antike vor. Ihre durch zahlreiche Publikationen<br />

dokumentierten Forschungsschwerpunkte<br />

sind die römische Literatur der Republik und der<br />

frühen Kaiserzeit sowie unter anderem Rhetorik,<br />

Rezeption der antiken Literatur und Mythologie<br />

und Kulturwissenschaftliche Aspekte der Antike.<br />

■<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Neu an der Uni<br />

Prof. Dr. Christoph Düber wurde auf die W3-<br />

Professur für Diagnostische und Interventionelle<br />

Radiologie berufen.<br />

Christian Düber studierte als Stipendiat der Studienstiftung<br />

des Deutschen Volkes von 1976 bis<br />

1982 Humanmedizin an der Universität Mainz.<br />

Sein praktisches Jahr leistete er teils im Rüsselsheimer<br />

Stadtkrankenhaus, teils im Londoner St.<br />

Mary’s Hospital. Seine Doktorarbeit zu Herzuntersuchungen<br />

durch Computertomographie legte er<br />

1984 vor. 1989 erlangte Düber die Facharztanerkennung<br />

für Radiologie und wurde bereits 1991<br />

zum Oberarzt ernannt. Seine Habilitation erfolgte<br />

1993. Bevor Düber im November 2000 zum Direktor<br />

des Instituts für Klinische Radiologie und<br />

zum Lehrstuhlinhaber an der Mannheimer Fakultät<br />

für Klinische Medizin der Universität Heidelberg<br />

ernannt wurde, war er als Oberarzt in der<br />

Mainzer Klinik und Poliklinik für Radiologie tätig.<br />

Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen die Angiographie<br />

(Darstellung von Blutgefäßen <strong>mit</strong><br />

Hilfe Bild gebender <strong>Verfahren</strong>) und die Interventionelle<br />

Radiologie (bildgestützte Durchführung<br />

minimal-invasiver Behandlungen). Außerdem ist<br />

er ein Experte für Magnetresonanz- und Computertomographie.<br />

■<br />

28<br />

Prof. Dr. Michael Schreiber wurde auf die<br />

W3-Professur für Romanistik (Französische<br />

und Italienische Sprach- und Übersetzungswissenschaft)<br />

in Germersheim berufen.<br />

Michael Schreiber studierte am Fachbereich Angewandte<br />

Sprach- und Kulturwissenschaft der<br />

Universität Mainz in Germersheim im Studiengang<br />

Diplom-Übersetzer. Seine <strong>mit</strong> dem Preis der<br />

Universität Mainz ausgezeichnete Dissertation<br />

zur Differenzierung und Abgrenzung des Übersetzungsbegriffs<br />

legte Schreiber 1993 vor. Mit der<br />

Schrift „Textgrammatik <strong>–</strong> Gesprochene Sprache <strong>–</strong><br />

Sprachvergleich: Proformen im gesprochenen<br />

Französischen und Deutschen“ schloss er als<br />

Stipendiat der DFG 1998 seine Habilitation an der<br />

Neuphilologischen Fakultät der Universität Heidelberg<br />

ab. Zunächst übernahm Schreiber die<br />

Vertretung einer C4-Professur für Linguistik/<br />

Romanistik an der Universität Stuttgart, bevor er<br />

an das Institut für Übersetzen und Dolmetschen<br />

der Universität Heidelberg wechselte. Es folgten<br />

Gastprofessuren am Institut für Translationswissenschaft<br />

in Graz und Innsbruck. Im Wintersemester<br />

2003/2004 vertrat Schreiber eine C4-Professur<br />

am Institut für Romanistik in Germersheim.<br />

Ein Jahr später wurde er auf eine C2-Professur für<br />

Französische Sprach- und Übersetzungswissenschaft<br />

an der Fachhochschule Köln berufen. Seine<br />

Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der<br />

allgemeinen und sprachenpaarbezogenen Übersetzungswissenschaft<br />

(Romanisch-Deutsch). ■


Als neuer W3-Professor im Fachbereich<br />

Chemie ist Prof. Dr. Bernhard Witulski tätig.<br />

Bernhard Witulski, Jahrgang 1963, studierte im<br />

Wintersemester 1983/84 Physik an der RWTH-<br />

Aachen, bevor er an die TU Braunschweig ins<br />

Fach Chemie wechselte. Dort erlangte er 1989<br />

sein Diplom und schließlich seine Doktorwürde in<br />

Chemie für seine summa-cum-laude-Dissertation<br />

<strong>mit</strong> dem Titel „Cyanacetylen: Ein Cyclobutadien-<br />

Syntheseäquivalent“. Von November 1992 bis<br />

November 1994 war Witulski Postdoctoral<br />

Research Fellow an der Stanford University, USA.<br />

Seine Habilitation schloss er Ende 2001 an der<br />

Universität Kaiserlautern ab, wo er auch bis März<br />

2004 als Privatdozent tätig war. Zwischen Januar<br />

2002 und Juli 2003 übernahm Witulski Vertretungsprofessuren<br />

für Organische Chemie an den<br />

Universitäten Kaiserslautern und Saarbrücken.<br />

Nach einer Gastprofessur an der Cardiff University<br />

in Wales, UK, nahm Witulski im April 2004<br />

eine C3-Professur am Institut für Organische<br />

Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />

Münster an bevor er jetzt nach Mainz<br />

wechselte. ■<br />

In der letzten Ausgabe der JOGU 193 ist uns ein Fehler<br />

unterlaufen. Hier die richtige Bildzuordnung:<br />

Prof. Dr. Gerd Mielke<br />

Prof. Dr. Wolfgang Wilcke<br />

Zum Honorarprofessor für Privatrecht wurde<br />

Dr. Christopher Keim bestellt.<br />

Christopher Keim studierte von 1978 bis 1984<br />

Rechtswissenschaften an der Universität Mainz.<br />

Nach sehr erfolgreich abgelegter Erster Juristischer<br />

Staatsprüfung begab sich Keim bis 1987 in<br />

die Referendarausbildung im Justizdienst des<br />

Landes Rheinland-Pfalz. Gleichzeitig war er als<br />

Korrekturassistent und Arbeitsgemeinschaftsleiter<br />

an der Universität Mainz beschäftigt. Nach<br />

der Zweiten Juristischen Staatsprüfung war Keim<br />

als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung<br />

Rechtswissenschaften tätig. Hier war er unter<br />

anderem <strong>mit</strong> der Betreuung des Studierendenaustauschs<br />

<strong>mit</strong> der Universität Dijon betraut.<br />

1989 übernahm Keim die Stelle eines Notarassessors<br />

im Bereich der Notarkammer Pfalz. Seine<br />

Ernennung zum Notar erfolgte im August 1993 in<br />

Rockenhausen/Pfalz. Zum Sommersemester 1995<br />

übernahm Keim seinen ersten Lehrauftrag an der<br />

Universität Mainz. Seit 1997 ist er Prüfer im Ersten,<br />

seit 1999 auch im Zweiten Juristischen<br />

Staatsexamen beim Landesprüfungsamt für<br />

Juristen in Rheinland-Pfalz. Keim ist Mitglied des<br />

Ausschusses für Erb- und Familienrecht der<br />

Bundesnotarkammer. Seit 1999 ist er als Notar in<br />

Bingen am Rhein und Gau-Algesheim tätig. ■<br />

29<br />

Foto: © Bistum Mainz<br />

Personen & Positionen<br />

Als Honorarprofessor im Bereich Rechtswissenschaft<br />

ist Dr. Michael Andreas Ling tätig.<br />

Dr. Michael Andreas Ling, aufgewachsen in Ludwigshafen,<br />

nahm 1982 sein Studium der Rechtswissenschaften<br />

und der Katholischen Theologie<br />

an der Universität Mainz auf. Nach seiner erfolgreichen<br />

Promotion zum Dr. iur. und der 2. Juristischen<br />

Staatsprüfung erhielt Ling, Stipendiat der<br />

Lang-Hinrichsen-Stiftung sowie der Landesgraduiertenförderung<br />

Rheinland-Pfalz, hier einen<br />

Lehrauftrag für Strafrecht. Im Jahr 2000 wurde er<br />

zum Leitenden Rechtsdirektor und Justitiar des<br />

Bistums Mainz ernannt. Gleichzeitig erlangte<br />

Ling auch seine Prüfungsberechtigung für die<br />

1. Juristische Staatsprüfung des Landesprüfungsamtes<br />

für Juristen beim Ministerium der Justiz<br />

des Landes Rheinland-Pfalz. Ling ist Mitglied unter<br />

anderem der Deutsch-Ungarischen Juristischen<br />

Gesellschaft, des Verwaltungsrats der<br />

Diözese Mainz, des Verwaltungsrates der Gemeinnützigen<br />

Gesellschaft zur Förderung von<br />

Wissenschaft und Bildung mbH, Mainz, sowie der<br />

Rechtkommission des Verbandes der Diözesen<br />

Deutschlands. 2004 wurde Ling Päpstlicher Ritter<br />

des Ordens vom Hl. Grab zu Jerusalem, seit<br />

1.10.2005 ist er Ltd. Komtur der Komturei Mainz-<br />

Wiesbaden. Am 01.01.2005 erfolgte die Ernennung<br />

zum Stiftungsbeauftragten des Bistums<br />

Mainz, seit September 2005 ist Ling zugleich<br />

Richter des Kirchlichen Arbeitsgerichts I. Instanz<br />

für die Bistümer Mainz, Limburg, Speyer und Trier.<br />

■<br />

[JOGU] 194/2005


Kurz & Bündig<br />

Universität im Rathaus „Sucht in der<br />

Arbeitswelt“<br />

Einstein begegnen!<br />

100 Jahre Relativitätstheorie <strong>–</strong> Einsteinjahr 2005<br />

Seine Theorien halten nicht nur die Wissenschaft bis heute in Atem, sie beherrschen<br />

auch die Technologien unseres Alltags.Albert Einstein lebt <strong>–</strong> in den<br />

Labors und in unserem täglichen Leben. Ohne Einsteins Formeln gäbe es<br />

keine digitalen Kameras, Navigationsgeräte oder Licht-Schranken, keine<br />

Sonnenkollektoren, Rauchmelder oder DVD-Player. Wenn Mediziner die<br />

Strahlendosis berechnen oder Ingenieure die richtige Mischung für den Straßenbelag<br />

bestimmen, greifen sie auf seine Ideen zurück.<br />

Albert Einstein hat wie kein anderer Wissenschaftler das Bild von der Welt<br />

neu gezeichnet. Mehr noch, das Nachrichtenmagazin „Time“ wählte ihn zur<br />

herausragenden Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts als „Genie, politischer<br />

Flüchtling, Menschenfreund und Entschlüsseler der Geheimnisses des Atoms<br />

und des Universums.“<br />

Zum Einsteinjahr öffnet die Reihe „Universität im Rathaus“ daher das Tor zu<br />

den faszinierenden Welten von Raum und Zeit, Energie, Licht und Materie,<br />

aber auch von Kreativität und der Freiheit menschlichen Willens. Immer<br />

an einem Dienstag erklären Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität<br />

im Mainzer Rathaus die Gedankenwelt Albert Einsteins <strong>–</strong> insbesondere<br />

auch in Zusammenhang <strong>mit</strong> ihren aktuellen Forschungsprojekten.<br />

Die Vorträge deuten die Spuren, die Einstein in der Wissenschaft hinterlassen<br />

hat, aber auch die Fragen und Rätsel, die er seinen „Erben“ <strong>mit</strong> auf den<br />

Weg gab. ■<br />

6. Dezember 2005<br />

Experimentieren <strong>mit</strong> den kältesten Objekten des Universums <strong>–</strong><br />

Von Einsteins Traum zur Realität<br />

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Immanuel Bloch<br />

Leibniz-Preisträger 2005<br />

Institut für Physik (Quanten-, Atom- und Neutronenphysik)<br />

10. Januar 2005<br />

Die Quantennatur des Lichtes und der Photoelektrische Effekt<br />

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Schönhense<br />

Institut für Physik (Physik der Kondensierten Materie)<br />

17. Januar 2006<br />

Einsteins deterministisches Weltbild und die<br />

Leugnung der Willensfreiheit<br />

Dr. phil. Bettina Walde, Philosophisches Seminar<br />

7. Februar 2006<br />

Chemie <strong>mit</strong> dem Computer:<br />

Moderne Anwendung der Quantenphysik in der Chemie<br />

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Gauß<br />

Leibniz-Preisträger 2005<br />

Institut für Physikalische Chemie<br />

Veranstaltungsort: Rathaus, Ratssaal, jeweils 20 Uhr<br />

[JOGU] 194/2005<br />

Veranstaltungstipp<br />

Im September tagte der Arbeitskreis „Sucht in der Arbeitswelt“ <strong>mit</strong> Vertretern<br />

der Betrieblichen Suchtkrankenhilfe von großen Unternehmen, Verwaltungen<br />

und Behörden des Rhein-Main-Gebietes auf dem Campus.<br />

Inhaltlich beschäftigt sich der Arbeitskreis insbesondere <strong>mit</strong> den Bedingungen<br />

der Betrieblichen Suchtkrankenhilfe und deren Weiterentwicklung.<br />

So erörterten die Teilnehmer auch bei dieser Tagung unter anderem den<br />

„Umgang <strong>mit</strong> betrieblichen Kooperationspartnern“ und die zunehmende<br />

„Drogenproblematik in den Ausbildungsbereichen“. Abschließend sprach<br />

sich der Arbeitskreis dafür aus, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />

die Bedingungen und Handlungskonzepte im Umgang <strong>mit</strong> suchtkranken<br />

Mitarbeitern nicht verändert werden. ■<br />

Impressum<br />

Herausgeber: Der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,<br />

Univ.-Prof. Dr. Jörg Michaelis<br />

Verantwortlich: Petra Giegerich, Leiterin Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />

Redaktion: Annette Spohn-Hofmann (Leitung)<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Ulrike Brandenburg, Dr. Frank Erdnüß, Sabine Kieslich,<br />

Peter Thomas, Peter Pulkowski (Fotos)<br />

Redaktionsassistenz: Kathrin Voigt, Birgitt Maurus<br />

Kontakt:<br />

Telefon: (0 61 31) 39-2 23 69, 39-2 05 93<br />

Telefax: (0 61 31) 39-2 41 39<br />

E-Mail: Annette.Spohn@verwaltung.uni-mainz.de<br />

Auflage: 10.000 Exemplare, die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr<br />

Redaktionsschluss der JOGU 195, Ausgabe Februar 2006,<br />

ist der 9. Dezember 2005<br />

Titelbild: Peter Thomas<br />

Gestaltung: Thomas & Thomas Design, Heidesheim<br />

Vertrieb: Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />

Anzeigenverwaltung und Druck:<br />

Grafisches Zentrum Bödige und Partner GmbH, Dekan-Laist-Str. 38, 55129 Hechtsheim,<br />

Telefon: (0 61 31) 58 04-0, Telefax: (0 61 31) 58 04-15, E-Mail: email@gzm-mainz.de<br />

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />

wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Bildmaterial wird keine Gewähr<br />

geleistet. Nachdruck nur <strong>mit</strong> Quellenangabe gestattet.<br />

JOGU wird kostenlos an die Studierenden und an die Angehörigen der Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz sowie an die Mitglieder der Vereinigung „Freunde der Universität<br />

Mainz e. V.“ verteilt.<br />

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