Konzerte 2011 | 2012 - Deutsches Symphonie Orchester Berlin
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Grenzwege<br />
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Kunst ist nicht dazu da, Grenzen zu errichten. Sie soll sie<br />
überschreiten, sprengen, niederreißen. Dabei spielt es keine<br />
Rolle, was die Schlagbäume innerer oder äußerer Ordnung<br />
voneinander trennen: das Vertraute vom Fremden, die schöne<br />
Utopie vom fiesen Leben, Tabuisiertes von der ängstlichbraven<br />
Moral, die liebe Gewohnheit vom aufwühlend Neuen,<br />
Natur von der Kultur oder den Tod vom Leben. Die Stärke<br />
der Kunst ist der freie Blick ins Offene und Finstere, der Sinn<br />
fürs Unbekannte und Unerhörte. Mit diesem Pathos trat<br />
vor hundert Jahren die Moderne an. Sie wusste die Großen<br />
der europäischen Geistesgeschichte hinter sich.<br />
Die Grenzwege der Musik verlaufen in verschiedene Richtungen.<br />
Einige nehmen direkten Kurs auf unbekanntes Gebiet,<br />
andere umkreisen es, wieder andere begehen und übertreten<br />
die Grenzlinien im eigenen Metier. Anders als in den vergangenen<br />
Spielzeiten erstreckt sich das Leitthema der Saison<br />
durch alle Epochen, vom Barock über die Klassik, Romantik<br />
und Moderne bis in die Gegenwart. Jean-Philippe Rameau in-<br />
→ S. 42 | Do 23. Februar<br />
szenierte in seinen ›Indes galantes‹ eine musikalische Weltreise;<br />
in den Wechseln ihres Tonfalls mischte sich die Kenntnis<br />
mit der Fantasie über fremde Länder und Menschen. Sein<br />
Zeitgenosse Jean-Féry Rebel nahm Chaos und Ordnung der<br />
Elemente zum Anlass, geradezu wild-moderne Klänge zu<br />
kreieren. Beethoven überschritt Grenzen nicht erst mit seiner<br />
→ S. 47 | Di 12. Juni<br />
›Eroica‹, mit der er das Menschheitsdrama des Prometheus<br />
in ein symphonisches Konzept verwandelte. Schon seine Zweite<br />
spielte mit der Welt des Theaters. Den Geist der Romantik,<br />
für die der Wunsch nach Entgrenzung zum Credo gehörte, traf<br />
→ S. 37 | So 25. September<br />
Schubert mit seinem ›Lazarus‹-Fragment. Es handelt vom<br />
doppelten Weg: in den Tod und zurück. Findet man so das<br />
neue Leben? Oder zeichnet Messiaen mit seiner Entrückungsmusik<br />
die bessere Alternative? Oder Puccinis Gnadenlicht<br />
→ S. 45 | So 22. April<br />
am Ende von ›Suor Angelica‹? Schafft die Ekstase das universelle<br />
Glück, das über alle Zeitgrenzen hinwegträgt? ›Sancta<br />
Susanna‹ sucht sie in religiös-erotischer Verzückung, Skrjabin<br />
baute ihr einen Hochaltar der Klänge. Und wieviel Grauen<br />
→ S. 44 | Sa 7. April<br />
braucht der Mensch, wieviel »Blaubart« steckt in uns? Tröstet<br />
der Blick zurück, den Strauss in seinen ›Metamorphosen‹<br />
auskomponierte? Oder erträgt man das Weltgezerre mit seinem<br />
Blendwerk und seiner Katastrophensucht besser, wenn<br />
man als Grenzspringer zwischen Tragödie und Komödie und<br />
tausend musikalischen Stilen changiert und selbst beim<br />
allmächtigen Tod offen lässt, ob er nicht ein Gaukler ist? Der<br />
→ S. 39 | So 11. Dezember<br />
›Große Makabre‹ als Springinsfeld in ein Leben ohne Grenzen<br />
– eine krasse Vorstellung. Aber irgendwie auch attraktiv.<br />
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