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Der Besuch des Königs/La visita Real (al-Mutamid Ibn Abbad von Sevilla)

Einstimmung Mit der Übersetzung dieser modernen Erzählung schließt sich der Kreis meiner jahrzehntelangen Arbeit und Leidenschaft für das Thema „Al-Andalus , die Maurenzeit in Spanien und Marokko“. Sie nahm ihren Anfang mit diesem modernen Märchen des spanischen Schriftstellers Fernando Quiñones in der Zeitschrift „Ronda Iberia“ der spanischen Fluggesellschaft Iberia die ich auf einem Flug nach Sevilla zur Weltausstellung Expo 1992 auf meinem Sitz vorfand und die letztendlich zu fünf Büchern führte. Wie kein anderer steht König al-Mutamid Ibn Abbad , der Dichterkönig von Sevilla, für Glanz, Romantik und Tragik der spanischen Maurenzeit. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen des Lebens als den Studien der Staatsführung zugetan, sein Harem zählte an die 800 der schönsten Frauen ... (weiter im eMagazine)

Einstimmung
Mit der Übersetzung dieser modernen Erzählung schließt sich der Kreis meiner jahrzehntelangen Arbeit und Leidenschaft für das Thema „Al-Andalus , die Maurenzeit in Spanien und Marokko“. Sie nahm ihren Anfang mit diesem modernen Märchen des spanischen Schriftstellers Fernando Quiñones in der Zeitschrift „Ronda Iberia“ der spanischen Fluggesellschaft Iberia die ich auf einem Flug nach Sevilla zur Weltausstellung Expo 1992 auf meinem Sitz vorfand und die letztendlich zu fünf Büchern führte. Wie kein anderer steht König al-Mutamid Ibn Abbad , der Dichterkönig von Sevilla, für Glanz, Romantik und Tragik der spanischen Maurenzeit. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen des Lebens als den Studien der Staatsführung zugetan, sein Harem zählte an die 800 der schönsten Frauen ... (weiter im eMagazine)

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<strong>Der</strong> königliche <strong>Besuch</strong><br />

(<strong>La</strong> <strong>visita</strong> <strong>Re<strong>al</strong></strong>)<br />

Eine Erzählung <strong>von</strong> ©Fernando Quinones<br />

übersetzt <strong>von</strong> ©Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong>


Fernando Quiñones Chozas 1 , der Autor der nachfolgenden Erzählung<br />

die ich fast ein modernes Märchen nennen möchte, wurde 1931 in der<br />

spanischen Hafenstadt Cadiz geboren, er war ein spanischer Literat<br />

und Poet mit Leib und Seele. <strong>Der</strong> mehrfach ausgezeichnete<br />

Schriftsteller verfasste an die 80 Werke und wurde berühmt durch<br />

seine Romane “<strong>La</strong>s mil y una noches de Hortensia Romero” (Die 1.001<br />

Nächte der Hortensia Romero) und “<strong>La</strong> canción del pirata”(Das Lied<br />

<strong>des</strong> Piraten) 2 . Als Dichter tat er sich besonders hervor mit seiner Reihe<br />

“Crónicas” die im Jahr 1968 beginnt.<br />

Er begann seine <strong>La</strong>ufbahn <strong>al</strong>s Journ<strong>al</strong>ist, war mehrere Jahre<br />

Mitarbeiter <strong>des</strong> Reader’s Digest. 1957 begann er zu reisen – unter<br />

anderem nach Frankreich, Portug<strong>al</strong>, It<strong>al</strong>ien, Marokko, in den Jemen<br />

und nach Kuba. Als Fernando Quiñones 1969 in Argentinien den<br />

begehrten Literaturpreis der Tageszeitung <strong>La</strong> Nación in Buenos Aires<br />

erhielt, äußerte sich einer der Preisrichter, der internation<strong>al</strong> bekannte<br />

Schriftsteller Jorge Luis Borges 3 , so über ihn:<br />

“... Ohne ihn zu kennen, haben wir gespürt, dass sein einziges Thema<br />

der Mensch ist ... In den Erzählungen <strong>von</strong> Fernando Quiñones stand der<br />

Mensch im Mittelpunkt, sein Wesen und sein Schicks<strong>al</strong>. Wir haben uns einstimmig dafür<br />

entschieden ihm den Preis zu verleihen weil wir im Werk <strong>von</strong> Quiñones einen großen<br />

Schriftsteller der zeitgenössischen, hispanischen Literatur erkannten – man könnte auch einfach<br />

nur sagen: der Literatur im <strong>al</strong>lgemeinen ...”. Später sollte dieses Jurymitglied fast den gleichen<br />

Wortlaut in seinem Vorwort zu Fernando Quiñones‘ Antologie <strong>von</strong> Erzählungen „Crónicas del<br />

Sur 4 “ wiederholen.<br />

Für die Erlaubnis die Erzählung ins Deutsche übersetzen und veröffentlichen zu dürfen danke<br />

ich Mauro F. Quiñones Consolani, dem Sohn <strong>des</strong> Schriftstellers, der in der Stiftung Fundación<br />

Fernando Quiñones 5 das literarische Erbe seines Vaters verw<strong>al</strong>tet.<br />

Ψ<br />

Bild: die Statue <strong>des</strong> Literaten in seiner Heimatstadt Cádiz<br />

Coverbild: Stadtp<strong>al</strong>ast mit Mudejarstil in Ronda/Provinz M<strong>al</strong>aga, Ausgang zum Garten.<br />

Anmerkung: kursiv geschriebene Texte und Gedichte wurden <strong>von</strong> der Übersetzerin zum<br />

besseren Verständnis und zur Auflockerung der Erzählung hinzugefügt.<br />

1 Fernando Quiñones Chozas (Chiclana de la Frontera * 02.03.1930; † 17.11.1998 in Cadiz)<br />

2 (Die tausend Nächte der Hortensia Romero und Das Lied <strong>des</strong> Piraten)<br />

3 Jorge Luis Borges (*24. August 1899 in Buenos Aires; † 14. Juni 1986 in Genf) war ein vielfach internation<strong>al</strong> ausgezeichneter<br />

argentinischer Schriftsteller , er erhielt u. a. den englischen Most Excellent Order of the British Empire. Er<br />

verfasste eine Vielzahl phantastischer Erzählungen und Gedichte und gilt <strong>al</strong>s Mitbegründer <strong>des</strong> Magischen <strong>Re<strong>al</strong></strong>ismus“.<br />

Literarisch beeinflusst wurde Borges vor <strong>al</strong>lem <strong>von</strong> Macedonio Fernández, Rafael Cansinos Assens und<br />

englischsprachiger Literatur (W<strong>al</strong>t Whitman, Gilbert Keith Chesterton, George Bernard Shaw, Thomas De Quincey), <strong>von</strong><br />

Franz Kafka und dem Daoismus.<br />

4 Chroniken <strong>des</strong> Südens<br />

5 Anschrift der Stiftung: 11130 Chiclana de la Frontera/Cádiz, Plaza Mayor, 7 (Casa Briones)<br />

1


Einstimmung<br />

Mit der Übersetzung dieses modernen Märchens schließt sich der Kreis meiner<br />

jahrzehntelangen Arbeit und Leidenschaft für das Thema „Al-And<strong>al</strong>us 6 , die Maurenzeit in<br />

Spanien und Marokko“. Sie nahm ihren Anfang mit dieser Erzählung <strong>des</strong> spanischen<br />

Schriftstellers Fernando Quiñones in der Zeitschrift „Ronda Iberia“ der spanischen<br />

Fluggesellschaft Iberia die ich auf einem Flug nach <strong>Sevilla</strong> zur Weltausstellung Expo 1992 auf<br />

meinem Sitz vorfand und die letztendlich zu fünf Büchern führte. Wie kein anderer steht König<br />

<strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> ibn <strong>Abbad</strong> 7 , der Dichterkönig <strong>von</strong> <strong>Sevilla</strong>, für Glanz, Romantik und Tragik der<br />

spanischen Maurenzeit. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen <strong>des</strong> Lebens<br />

<strong>al</strong>s den Studien der Staatsführung zugetan. Er besaß einen Harem mit 800 der lieblichsten<br />

Frauen, doch seine Liebe gehörte nur Itimad, einer ehem<strong>al</strong>igen Sklavin die er ehelichte und in<br />

den Stand der Königin erhob. Sie war klug, kapriziös und wusste seine Liebe immer wieder aufs<br />

Neue zu entfachen. Al-<strong>Mutamid</strong> war ein begabter Poet, an seinem Hof drängten sich die<br />

berühmtesten Dichter, die er seine „Nachtig<strong>al</strong>len“ nannte. Das 11. Jahrhundert sah die erste<br />

Blütezeit der maurischen Poesie, das Dichten wurde zum Lebensinh<strong>al</strong>t, die Grenzen zwischen<br />

<strong>Re<strong>al</strong></strong>ität und Traum verschwammen – ob einfacher Fleischer oder König, jeder versuchte sich in<br />

der Kunst mehr oder minder kluge Verse zu verfassen. Wesire mussten dichten können, Poeten<br />

wurden zu Ministern ernannt.<br />

Die Herrschaft König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong>s über die Taifa 8 <strong>Sevilla</strong> begann in der Mitte <strong>des</strong> 11.<br />

Jahrhunderts, seine Zeit wurde <strong>von</strong> heftigen Rückeroberungsversuchen der hispanischen<br />

Christenkönige auf die Kleinkönigreiche geprägt. Unfähig zur Geschlossenheit sahen sich die<br />

maurischen Könige den Überfällen ausgeliefert; sie erkauften sich einen trügerischen Frieden<br />

mit immer neuen Tributzahlungen an die Angreifer, glitten ab in ein unwürdiges Vas<strong>al</strong>lentum.<br />

Als die Bedrängnis durch den Christenkönig Alfons VI. 9 übermächtig wurde, riefen die Mauren<br />

die Almoraviden, kampferprobte Kriegermönche aus Nordafrika zu Hilfe. Die Berber fügten den<br />

Christen zwar eine vernichtende und vorerst endgültige Niederlage zu, wandten sich aber dann<br />

gegen die Taifakönige die in ihren Augen lasterhaft, leichtfertig und vom wahren Glauben<br />

abgef<strong>al</strong>len waren. König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> unterlag bei dem Sturm der Kriegermönche auf <strong>Sevilla</strong>,<br />

wurde gefangen genommen und nach Aghmat verbannt, ein kleiner Ort ungefähr 40 Kilometer<br />

südöstlich <strong>von</strong> Marrakesch, an den Ausläufern <strong>des</strong> Hohen Atlasgebirges gelegen. In <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us<br />

herrschten die Almoraviden mit unnachgiebiger Strenge, Marrakesch wurde auch die<br />

Hauptstadt <strong>von</strong> <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us. Städte, Plätze und Gassen wurden denen in der Heimat der Berber<br />

ähnlich, <strong>al</strong>le Lebensfreude und auch die Dichtkunst versiegten.<br />

<strong>Der</strong> innigste Wunsch <strong>des</strong> <strong>Königs</strong> in <strong>Sevilla</strong> sterben zu dürfen ging nicht in Erfüllung: im<br />

Jahr 1095 starb <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> in Aghmat und wurde dort begraben. In der Erzählung „<strong>Der</strong> <strong>Besuch</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Königs</strong>“ wird der Wunsch <strong>des</strong> Dichterkönigs wahr: Al-<strong>Mutamid</strong> kehrt nach <strong>Sevilla</strong> zurück –<br />

nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt: es ist ihm vergönnt seine Heimatstadt während der<br />

Weltausstellung Expo 1992 zu besuchen, die Ausstellung mit der das maurische Erbe in Spanien<br />

eine glanzvolle Wiedergeburt feierte.<br />

6 Das maurische (islamische) Spanien<br />

7 11. Jh., 1040 in Beja, im heutigen Portug<strong>al</strong>; † 1095 in Aghmat. Mehr Details unter https://de.wikipedia.org/wiki/Al-<br />

<strong>Mutamid</strong>_(<strong>Abbad</strong>iden)<br />

8 Vom arab. at-tawaif, Bezeichnung für Splitterpartei, auch Abtrünnige<br />

9 1065 bis 1109 König <strong>von</strong> León und ab 1072 auch König <strong>von</strong> Kastilien und G<strong>al</strong>izien<br />

2


In der Verbannung verzweifelte <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> an seinem Schicks<strong>al</strong>, er verfasste nur<br />

noch Klagegedichte in denen er der Sehnsucht nach seinem geliebten <strong>Sevilla</strong>,<br />

seinen herrlichen P<strong>al</strong>ästen und Gärten Ausdruck gab:<br />

„(…)Ach, wüsste ich doch ob mir noch einm<strong>al</strong> vergönnt ist<br />

eine Nacht zu erleben zwischen Gärten und Wasserbecken,<br />

in den Olivenhainen –<br />

den Erben <strong>von</strong> Größe und Herrlichkeit,<br />

wo die Tauben gurren und die Vögel trällern.(…)“<br />

„(…)Möge Gott meinen Tod in <strong>Sevilla</strong> verfügen<br />

und mögen sich dort unsere Gräber öffnen<br />

am Tag der Auferstehung!“ 10<br />

König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> in Aghmat, 11. Jh.<br />

(Auszug)<br />

Ψ<br />

10 aus: Al-Mu’tamid <strong>Ibn</strong>’<strong>Abbad</strong>, Poesías. ©Antología bilingüe por María Jesús Rubiera Mata.1982, Clásicos Hispano-<br />

Árabes Bilingues, Colección Fundada por Emilio García Gómez. Instituto Hispano-Árabe de Cultura, 1987, S. 109<br />

© deutsche Übersetzung Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

3


<strong>Der</strong> <strong>Besuch</strong> <strong>des</strong> <strong>Königs</strong><br />

Zur Erinnerung an Emilio García Gómez<br />

und an Abd-El-Aziz Bannoudi<br />

Es war nicht das erste M<strong>al</strong>. Und auch diesm<strong>al</strong> konnte er fast<br />

nicht glauben dass ihm das Privileg gewährt wurde Zeit und<br />

Raum zu überwinden.<br />

Ganz vage erinnerte er sich an seine letzte Rückkehr und an<br />

seine Verblüffung über die Gabe bei Tageslicht durch Straßen<br />

und über Plätze die <strong>von</strong> Menschen wimmelten zu spazieren<br />

ohne gesehen zu werden. Oder an sein Staunen stundenlang<br />

durch die Stadt gewandert zu sein ohne irgendetwas<br />

wiederzuerkennen (er, der sie einst besaß wie ein Liebhaber<br />

einen Körper!) bis sie sich ihm langsam zu erkennen gab mit<br />

Gärten, einigen Mauern mit Zinnen und zwei Toren <strong>des</strong><br />

P<strong>al</strong>asts. Neben dem großen Gebetshaus, dort wo einst die<br />

Große Moschee stand, hatte der Orangenhof überlebt, und<br />

immer noch erhob sich jener herrliche Turm über <strong>al</strong>le<br />

umgebenden Gebäude, mit arabischen Versen in seinen<br />

Mauern, wenn auch mit einem Glockenturm ebenso heidnisch<br />

wie die große weibliche, fahnenschwingende Skulptur aus<br />

Bronze 11 . Schon bei seiner ersten Rückkehr in seine Stadt (er konnte nicht sagen wie viele Jahre<br />

oder Jahrhunderte seither verstrichen waren), hatte er dieses herrliche Minarett lange<br />

bewundert, hatte sich in zwei oder drei Stunden und mit einem dunklen Gefühl bewegten<br />

Staunens damit abgefunden, dass <strong>al</strong>les so anders war bis auf wenige Zeitzeugen in Ixbiliah 12 – in<br />

der Stadt die er verlor, <strong>al</strong>s er die Krieger zu Hilfe rief die ihn vom Thron ins Unglück stürzen und<br />

in die Verbannung schleppen sollten.<br />

Er fragte nicht danach wie der Allmächtige ihn erneut, wenn auch nur teilweise und für<br />

kurze Zeit, noch einm<strong>al</strong> dem Tod entrissen hatte, wozu er ihn wieder in die Stadt versetzte die<br />

ihm nicht mehr gehörte, ihm vollkommen fremd war und ihm, während er dort weilte, seinen<br />

Körper in voller Manneskraft zurückgegeben hatte, einen Körper (den auch dieses M<strong>al</strong> offenbar<br />

niemand außer ihm sah) – er wusste, er würde keine Antwort bekommen. Aber er brauchte sich<br />

nur anschauen um sich ganz zu sehen und ohne sie irgendwie benennen zu können war er sich<br />

der Entfernung bewusst die er überwunden hatte <strong>von</strong> <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us über das Meer bis zu seinem<br />

Grab in Aghmat, so weit im Süden, noch weiter <strong>al</strong>s Marrakesch. Ebenso, genau wie beim<br />

vorangegangenen <strong>Besuch</strong> zeigte ihm je<strong>des</strong> seiner Gefühle, je<strong>des</strong> Erlebnis und die vollkommene<br />

Kontrolle über seinen Körper und seine Gedanken, dass er nicht träumte wie in den Nächten <strong>al</strong>s<br />

er noch lebte.<br />

Daher fühlte er sich in dem Gedanken bestätigt dass zwischen diesem <strong>Besuch</strong> und dem<br />

vorangegangenen ebenso viel Zeit vergangenen war wie zwischen seiner ersten Rückkehr und<br />

seinem Tod oder seinem Abschied <strong>von</strong> der Stadt <strong>al</strong>s er noch sehr lebendig war, <strong>al</strong>s das Volk,<br />

Frauen und Männer, dicht gedrängt am Flussufer, ihre Klagen mit denen der Edlen vereinten,<br />

sich nach dem Brauch die Haare rauften und das Gesicht zerkratzten um ihrem König und seiner<br />

Familie in Ketten, auf den Barken Lebewohl zu sagen.<br />

11 Die Gir<strong>al</strong>da<br />

12 Im 11. Jh. der arabische Name für <strong>Sevilla</strong><br />

4


<strong>Sevilla</strong>, am Ufer <strong>des</strong> Guad<strong>al</strong>quivir<br />

Nie werde ich jenes Morgengrauen vergessen<br />

am Guad<strong>al</strong>quivir, <strong>al</strong>s sie in den Schiffen standen<br />

wie Tote in ihren Gräbern.<br />

Dicht drängte sich die Menge am Ufer<br />

und schaute zu denen,<br />

die auf dem Leichentuch<br />

aus Schaumkronen trieben.<br />

Und <strong>al</strong>s der Augenblick <strong>des</strong> Abschieds kam:<br />

Welch‘ ein Totengeläut <strong>von</strong> guten Wünschen!<br />

Unter Schluchzen legten die Kähne ab<br />

wie eine träge Karawane,<br />

angetrieben vom Gesang ihres Hirten.<br />

O wie viele Tränen gingen<br />

mit den Wassern auf die Reise!<br />

Wie viele gebrochene Herzen<br />

in diesen grausamen G<strong>al</strong>eeren!<br />

<strong>Ibn</strong> <strong>al</strong>-<strong>La</strong>bbana, Abschiedsgruß für König<br />

<strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> und seine Familie, <strong>Sevilla</strong>, 11. Jh. 13<br />

Ψ<br />

13 aus: Al-Mu’tamid <strong>Ibn</strong>’<strong>Abbad</strong>, Poesías. ©Antología bilingüe por María Jesús Rubiera Mata.1982, Clásicos Hispano-<br />

Árabes Bilingues, Colección Fundada por Emilio García Gómez. Instituto Hispano-Árabe de Cultura, 1987, S. 60-61.<br />

© deutsche Übersetzung Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

5


Danach sollte ein Dichter schreiben dass selbst der<br />

Fluss seinen F<strong>al</strong>l zu bedauern und diesem zu<br />

widersprechen schien, denn eine schwierige<br />

Strömung und ein seltsamer Gegenwind sorgten<br />

dafür dass die Barken an diesem Nachmittag mit<br />

großer Verspätung ablegten und die Mannschaft<br />

Mühe hatte sich <strong>von</strong> den P<strong>al</strong>ästen und königlichen<br />

Gärten, Az-Zahír, Al-Mubarak und der Pradera de la<br />

Plata 14 , eine Stelle am Fluss die wie er hörte,<br />

inzwischen Triana genannt wurde, zu entfernen. Es<br />

schien <strong>al</strong>s ob die Kette der G<strong>al</strong>eeren an diesem Tag<br />

<strong>des</strong> Abschieds sich weigerte abzulegen und das Ufer<br />

hinter sich zu lassen wie eine langsame Karawane die<br />

der Kamelführer antreiben musste um sich vorwärts<br />

zu bewegen.<br />

Bei seinem letzten <strong>Besuch</strong>, <strong>al</strong>s die Stadt ein bedeuten<strong>des</strong> Ereignis feierte das er nie in<br />

Erfahrung brachte, fand er <strong>al</strong>les so anders vor in Ixbiliah, p<strong>al</strong>astähnliche Residenzen, Kreuze und<br />

sonderbare, gew<strong>al</strong>tige Schiffe und viel, viel zu viel Kommen und Gehen auf dem Uad-El-<br />

Kebir 15 <strong>von</strong> dem man vor lauter Booten kaum das Wasser sah. Einen h<strong>al</strong>ben Tag lang hielten ihn<br />

die Veränderungen die er diesm<strong>al</strong> wahrnahm da<strong>von</strong> ab sich zu vergegenwärtigen dass er<br />

tatsächlich in seinem Königreich war. Mehr <strong>al</strong>s einm<strong>al</strong> hatte er wenn er nach oben schaute<br />

diese met<strong>al</strong>lfarbigen Maschinen gesehen die am Himmel kreuzten, unbeachtet <strong>von</strong> den Massen<br />

an Leuten die so seltsam angezogen waren, und in deren Ausdrucksweise und Gesichtszügen er<br />

seine [ehem<strong>al</strong>igen] kastilischen Feinde wiedererkannte. Und diese fliegenden Objekte, so<br />

schnell und hoch, machten ein ähnlich brummen<strong>des</strong> Geräusch wie die seltsamen Artefakte die<br />

sich mit Leuten darin die Straßen herauf und herunter bewegten, so schnell -wenn sie nicht<br />

gerade standen- schneller <strong>al</strong>s das G<strong>al</strong>opp <strong>von</strong> Sadr, seinem jungen, schnellsten Jagd- und<br />

Schlachthengst. Aber die Dinge da oben am Himmel (viel größer <strong>al</strong>s die Höhe vermuten ließ)<br />

hatten Flügel an ihren Seiten. Starre und bewegungslose Flügel, aber es waren Flügel zum<br />

Fliegen.<br />

<strong>Der</strong> Mann aus längst vergangenen Zeiten nahm das <strong>al</strong>tbekannte und zugleich neue<br />

Aroma <strong>von</strong> Kaffee wahr, und in den vielen Lok<strong>al</strong>en sah er wie dieser und gut hundert andere<br />

Getränke serviert wurden und entdeckte diese seltsamen, lärmenden Kästen auf die offenbar<br />

nur Wenige achteten, mit Szenen und winzigen Leuten die sich bewegten, redeten oder sangen,<br />

und manchm<strong>al</strong> den ganzen Körper zeigten, dann wieder nur den h<strong>al</strong>ben, wenn nicht gar den<br />

Kopf ohne Körper oder sogar nur Mund, Nase und Augen. Hinter einem großen Glasfenster sah<br />

er fünfzehn oder zwanzig da<strong>von</strong> die erst <strong>von</strong> weiter weg, aber auf einm<strong>al</strong> ganz nah eine<br />

Schweineherde zeigten. Angeekelt und verärgert schaute er weg; dieses Zuschaustellen der<br />

unreinen Tiere und die Artefakte die sie zwischen blinkenden Lichtern und Musik zeigten<br />

konnten nur das Werk <strong>des</strong> Bösen sein.<br />

Dagegen war dem offenbar nicht so bei den spärlich bekleideten Frauen die öffentlich<br />

ihre schönen Beine und sogar Oberschenkel zeigten worüber sich niemand aufzuregen schien;<br />

14 Die Silberne Au. Die Pradera de la Plata war eine Insellandschaft am Fluss mit saftigen Wiesen, verstreuten Büschen<br />

und Bäumen, ganz nah an den dam<strong>al</strong>igen P<strong>al</strong>astmauern.<br />

15 arab. für den Fluss Guad<strong>al</strong>quivir<br />

6


ihre Gesichter waren unverhüllt -nicht eine<br />

trug einen Schleier- und bei einigen konnte<br />

man durch die hauchdünnen Kleider die<br />

Unterwäsche und ihre Brüste sehen.<br />

<strong>Der</strong> Zeitreisende bemerkte dass eine viele<br />

mehr oder weniger ausgeprägte arabische<br />

oder berberische Merkm<strong>al</strong>e hatten,<br />

während andere (vor <strong>al</strong>lem Frauen die<br />

hausieren gingen oder bettelten und<br />

Zigeunerinnen genannt wurden) <strong>von</strong> den<br />

Augen und ihrer Gesichtsfarbe her mehr<br />

seinen Vorfahren ähnelten. Aber wie er<br />

schon bei seinem ersten <strong>Besuch</strong> bemerkt<br />

hatte war er überzeugt dass die Christen<br />

Ixbiliah seit langer Zeit eingenommen<br />

hatten; er erkannte die Sprache wieder, die Gesichtszüge, ihre Gebetshäuser, Gebäude und die<br />

ausgef<strong>al</strong>lenen neuen Frisuren, Schuhe und Kleidungsstücke.<br />

Daher war er diesm<strong>al</strong> nicht überrascht dass die einst so gefürchtete und verhasste<br />

Machtübernahme ihn nicht traurig machte, nicht mit Schmerz erfüllte; er wusste inzwischen<br />

dass aus dem Totenreich heraus betrachtet <strong>al</strong>les anders ist, und dass es keinen Unterschied<br />

zwischen den Gottheiten gibt. Allerdings war er verwundert <strong>al</strong>s er bei dieser zweiten Reise<br />

etwas wahrnahm das er bei seiner ersten nicht gesehen hatte: dass es eindeutig Muslime in<br />

den Menschenmassen gab -zumeist Straßenhändler wie auch die Zigeuner- die Arabisch oder<br />

Maurisch 16 sprachen, obwohl sie nach kastilischer Art angezogen waren und andere, meistens<br />

Paare oder Frauen die durch die Straßen schlenderten und <strong>von</strong> Kopf bis Fuß in muslimische<br />

Gewänder gekleidet waren.<br />

Von ihnen und den Kastiliern abgesehen schien fast die Hälfte der Menge aus weit<br />

entfernten Ländern zu kommen. Sie spazierten umher, schauten <strong>al</strong>les genau an, um ihren H<strong>al</strong>s<br />

hingen schwarze Geräte mit runden Linsen die sie an die Augen führten und schienen <strong>von</strong><br />

einem Fest oder einem besonderen Ereignis angelockt worden zu sein das die Stadt am Fluss<br />

feierte, wenn auch weit entfernt <strong>von</strong> seinen ehem<strong>al</strong>igen P<strong>al</strong>ästen und noch weiter hinter den<br />

neuen Vorstadtvierteln an der Straße nach Karmona und Qorduba 17 .<br />

<strong>Der</strong> Reisende glaubte dass ihm dieser erneute <strong>Besuch</strong> in Ixbiliah gewährt wurde damit er<br />

an einem weiteren, außergewöhnlichen Geschehen in der Geschichte <strong>des</strong> ur<strong>al</strong>ten maurischen<br />

Geschlechts das unter seiner Herrschaft voll erblüht war, teilhaben könnte. Mit seiner<br />

Begeisterung für die ihm vertrauten Mauern <strong>von</strong> denen er sich nicht trennen konnte seit er hier<br />

weilte, war er dabei die knappe Zeit zu verschwenden (sein letzter <strong>Besuch</strong> hatte neun oder zehn<br />

Stunden gedauert) ohne den weitab liegenden Ort erreicht zu haben den <strong>al</strong>le früher oder später<br />

ansteuerten und <strong>des</strong>sen kurzer Name, immer gefolgt <strong>von</strong> der Zahl 92 und einer Kugel mit<br />

Schachbrettmuster, in <strong>al</strong>ler Leute Munde war. Das musste es sein was so viele Fremde nach<br />

Ixbiliah führte, nach <strong>Sevilla</strong>, diesen Namen hatte er schon das letzte M<strong>al</strong> gehört.<br />

16 in <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us entwickelte sich bei der Bevölkerung neben dem Arabischen ein eigener Di<strong>al</strong>ekt. Das Volk sprach<br />

Romanisch, ein einfaches Volkslatein, in das immer mehr Arabismen einflossen. Daraus wurde später das heutige<br />

Castellano, die spanische, die kastilische Sprache. Im 16. Jh., in der Hochzeit der spanischen Inquisition gab es <strong>von</strong><br />

kirchenpolitischer Seite aus Bestrebungen die Arabismen aus der kastilischen Sprache zu verbannen. Es erwies sich <strong>al</strong>s<br />

unmöglich.<br />

17 Carmona und Cordoba<br />

7


In Fensterscheiben und Spiegeln sah er seine Hände, seine<br />

Füße und seinen Leib immer noch eingehüllt in die Gewänder<br />

mit denen er begraben wurde, sah sein immer noch junges<br />

Gesicht und er wusste, er war hier in seiner auf immer<br />

geliebten Stadt, unter Menschen die in der Zukunft lebten.<br />

Gleichzeitig spürte er auch seinen anderen ewigen Zustand,<br />

den eines zu Staub zerf<strong>al</strong>lenen Körpers, der sich in der<br />

schweigenden Dunkelheit mit dem Sand <strong>des</strong> afrikanischen<br />

Atlas‘ vermischt hatte. Am linken Ringfinger trug er das einzige<br />

Schmuckstück das ihn gemäß seinem letzten Willen unter die<br />

Erde begleitet hatte.<br />

Es war ein großer und zugleich fein gearbeiteter,<br />

kostbarer Ring den ihm Sulayma, die Königin <strong>von</strong> Ronda, einst<br />

nach einer orgiastischen Nacht schenkte <strong>al</strong>s Zeichen ihrer<br />

Dankbarkeit für seinen stürmischen Liebesweis im<br />

Morgengrauen, daselbst auf dem Fußboden, zwischen zierlichen, umgef<strong>al</strong>lenen Gläsern und<br />

den zurückgelassenen <strong>La</strong>uten der Musiker während ihr Mann geräuschvoll schlief: Ein<br />

Dankeschön aus schönsten Rubinen, Gold und Perlen <strong>des</strong> Orients, <strong>al</strong>s ob die Lust die er mit<br />

ihrem unbeschreiblichen Körper empfunden hatte nicht genug gewesen wäre; eine Eroberung<br />

für die ihn auf dem Weg zurück nach Ixbiliah Rumaikiyya 18 , seine Favoritin, lachend mit<br />

Glückwünschen und Schmeicheleien bedachte.<br />

Waren auch er selbst und der dünne Stoff der ihn bedeckte unsichtbar bemerkte er dass<br />

dieser Ring an seinem Finger dagegen gesehen werden konnte; er beschleunigte den Schritt,<br />

schon vorher hatte er ihn an einer Ecke, an einem Platz vor den ungläubigen Blicken einiger<br />

Passanten verbergen müssen. Daher, nicht ohne darüber zu staunen dass seine Hände ihm so<br />

gut gehorchten, wickelte er das Schmuckstück langsam in einen schmutzigen, fast<br />

durchsichtigen Fetzen Papier den er zufällig auf seinem Weg fand und über den sich niemand<br />

wundern würde wenn er, getragen <strong>von</strong> der Aprilbrise, in der Luft schwebte. Allem Getöse auf<br />

den Straßen, der stickigen Luft erfüllt <strong>von</strong> Abgasen, dem Motorengeräusch und der <strong>al</strong>lgemeinen<br />

Hast zum Trotz, nahm er diese sanfte noch kühle Brise wahr, erfüllt vom zwitscherndem<br />

Umherflattern der Vögel unter einem indigoblauen Himmel; das war das Aroma seiner Zeit, der<br />

Stadt selbst, mit den ihm immer wieder zugetragenen Duftschwaden der Zitronen- und<br />

Orangenbäume die vor den hohen Gebäuden die es jetzt gab blühten.<br />

In einer noch schnelleren Folge <strong>al</strong>s auf den geheimnisvollen Schirmen wo Schweine und<br />

Teile <strong>von</strong> Menschen zu sehen waren sah er sein ganzes Leben und sogar seinen Tod mit 55<br />

Jahren an sich vorbeiziehen, seine Kindheit in der er schon das Dichten lernte bis er darin<br />

seinen Vater und sogar <strong>Ibn</strong> Ammar 19 <strong>von</strong> Xilves 20 übertraf, der mehr war <strong>al</strong>s ein geliebter<br />

Freund und den er am Ende zum Minister 21 ernannte: jemand der ihm zu Lebzeiten so nah<br />

stand, ja, ein Teil <strong>von</strong> ihm war bis er dem Freund in einem Gefängnisverlies eigenhändig das<br />

Leben nahm. Er hatte dieses Ende nie vergessen <strong>al</strong>s er <strong>Ibn</strong> Ammar losschickte um eine Revolte<br />

18 Die ehem<strong>al</strong>ige Sklavin Rumaikiyya nahm nach ihrer Hochzeit mit dem König den Namen Itimad an.<br />

19 Ein heruntergekommener Poet den <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> noch <strong>al</strong>s Prinz in Silves im heutigen Portug<strong>al</strong> kennenlernte. <strong>Ibn</strong><br />

Ammar wurde sein engster Freund und Gefährte wilder Nächte. Als <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> nach dem Tod seines Vaters König <strong>von</strong><br />

<strong>Sevilla</strong> wurde ernannte er ihn zum Minister. Fehlgeleitet <strong>von</strong> Größenwahn beging <strong>Ibn</strong> Ammar Verrat <strong>al</strong>s <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> ihn<br />

zur Schlichtung eines Konflikts in Murcia entsandte.<br />

20 Silves, heute in Portug<strong>al</strong><br />

21 Gleichbedeutend mit Großwesir<br />

8


niederzuschlagen und erfuhr dass er ihn verraten hatte;<br />

er kaufte ihn den besiegten Aufrührern ab und ließ ihn<br />

<strong>von</strong> murcianischem Boden nackt, auf Eselsrücken, <strong>von</strong><br />

oben bis unten reichlich mit Honig bestrichen zur<br />

großen Freude <strong>von</strong> Fliegen, Wespen und Bremsen,<br />

zurück nach Ixbiliah bringen, bis zu dem Tag <strong>al</strong>s er<br />

hinabstieg ins Verlies um das Los <strong>Ibn</strong> Ammars zu<br />

mildern – bis er merkte, dass dieser wieder versuchte<br />

ihn mit geschickten Worten zu täuschen, sich anschickte<br />

neue Ränke zu schmieden und er, mit einem<br />

Gastgeschenk König Alfons‘ <strong>von</strong> Kastilien -einem<br />

kunstvoll geschmiedeten Beil das er am Gürtel trugselbst<br />

den Gefangenen erschlug.<br />

Vor seinem geistigen Auge zogen in schneller Folge<br />

Bilder vorbei <strong>von</strong> Frauen, <strong>von</strong> seinen Kindern, <strong>von</strong><br />

aufreibenden Staatsgeschäften, <strong>von</strong> Kriegen und <strong>von</strong><br />

der zunehmenden Schwäche der arabischen Königreiche, auch seines eigenen – <strong>al</strong>le waren den<br />

Angriffen und Forderungen der Christenwelt zum Opfer gef<strong>al</strong>len; gleichzeitig sah er unwichtige<br />

Episoden aus seiner Kindheit, spielerische Schwertkämpfe mit Peitschenwaffen 22 auf der<br />

Pradera de la Plata 23 , sah die entschwundenen Nächte mit Versen, Wein und Liebe und den<br />

Überf<strong>al</strong>l der Almoraviden der ihn nach Aghmat gebracht hatte, bis zum Ende seiner Tage so<br />

weit entfernt <strong>von</strong> Al-And<strong>al</strong>us.<br />

Aber dem Rückkehrer, dem König <strong>von</strong> Ixbiliah in längst vergangener Zeit, wurde erneut<br />

bewusst dass sein Erdendasein nicht umsonst gewesen war; diese Stadt die ihm erlaubt war<br />

erneut zu betreten, die sein war bis er in die Stille zurückkehrte – war <strong>von</strong> seiner Herrschaft und<br />

der muslimischen Zivilisation geprägt, weniger sichtbar aber nachh<strong>al</strong>tiger <strong>al</strong>s die paar Türme,<br />

die Werften und Festungsmauern die noch zu sehen waren. Er fühlte dass der bedeutende, der<br />

bemerkenswerteste Schachzug der Mauren auf dem Spielbrett Iberischer Erde – das wertvolle<br />

Gut maurischen Wissens und diese Vit<strong>al</strong>ität denen Ixbiliah nach so vielen Jahrhunderten<br />

Ereignisse und Feste verdankte wie das zu dem er jetzt eilte – ein fundament<strong>al</strong>er und<br />

lebendiger Bestandteil dieser Erde und anderer, entfernter und unermesslich großer Länder<br />

war. Ohne überhaupt darüber nachzudenken oder sich <strong>des</strong>sen bewusst zu sein wurden<br />

unzählige, ebenso verschiedene wie <strong>von</strong>einander entfernte Menschen <strong>von</strong> Gefühlen, Worten<br />

und Erkenntnissen bewegt die zu <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us -dem islamischen Iberien- gehörten, da<strong>von</strong> geprägt<br />

wurden und die in die Seele anderer Kulturen eingeflossen waren.<br />

Es wurde Nachmittag; etwas oder Jemand sagte dem Reisenden dass seine Zeit knapp<br />

war, und dass er dorthin gehen und das anschauen musste wofür er nach Ixbiliah gekommen<br />

war. Ein Instinkt führte ihn aus dem Herzen der Altstadt bis zu dem entlegenen Ort wo sich<br />

Menschenmassen zu Tausenden hin und her bewegten.<br />

Ein Hauch <strong>von</strong> mondäner Welt überwältigte ihn; vollkommen unbekannte Länder, einst<br />

Legenden auf den Lippen <strong>von</strong> Seeleuten die man Lügner oder Verrückte nannte waren, der<br />

weltweiten Einladung <strong>von</strong> Ixbiliah folgend, stromaufwärts auf einer Insel zusammengekommen<br />

22 Auch: Flegel. Im Mittel<strong>al</strong>ter gebräuchlich <strong>al</strong>s Wuchtwaffe: ein Stock mit Kette oder Strick an deren Ende eine<br />

Met<strong>al</strong>lkugel befestigt war.<br />

23 Die Silberne Au, s. Seite 5<br />

9


wie auf einer neuen, herrlichen Silbernen Au 24 : Eine<br />

Einladung mit vier kastilischen Buchstaben die er nicht lesen<br />

oder entziffern konnte zusammen mit der Zahl 92 und der<br />

Kugel: der erste war ein E und danach XPO. Und bei diesem<br />

Vorgeschmack auf fast unendliche Weiten spürte der<br />

Maurenkönig zugleich die Unendlichkeit der Zeit die umso<br />

verlockender war weil sie in der Zukunft lag, so weit entfernt<br />

vom Gedächtnis geschichtlicher Chroniken. Nach dem<br />

Vergnügen sich zwischen Menschen zu bewegen, mit ihnen<br />

zu gehen, schwebte er nun in einem gemütlichen<br />

Dahingleiten über die Wasser <strong>des</strong> Uad-El-Kebir, so nah dass<br />

er sie fast berührte.<br />

Er ließ den Goldenen Turm 25 und das geschäftige Ufer<br />

der Stadtmitte hinter sich, die inzwischen bevölkerten<br />

Hänge <strong>des</strong> Alxarafe 26 und die Brücken; jetzt kamen andere<br />

Brücken aus Met<strong>al</strong>l in Sicht, sie waren neu, aufwändig und wundersam gest<strong>al</strong>tet. Gesprenkelt<br />

mit weißen Anwesen schimmerte das Grau der ewigen Olivenhaine in der Ferne und einen<br />

Moment lang glaubte der Reisende sich nicht vollkommen geirrt zu haben <strong>al</strong>s er, im Exil und in<br />

Gefangenschaft, eins seiner Gedichte mit diesen schmerzerfüllten und zugleich hoffnungsvollen<br />

Zeilen beendete: „möge Gott meinen Tod in <strong>Sevilla</strong> verfügen und sich dort mein Grab öffnen am<br />

Tag der Auferstehung!“<br />

Von <strong>al</strong>l dem was er bei seiner Ankunft sah war er sich im Nachhinein nur noch der<br />

Ausmaße und der herrlichen Ausführung bewusst. Kaum angekommen wähnte er sich in einer<br />

anderen Stadt mit bisher nie gesehenen Formen und Architektur. Keines der aneinander<br />

gereihten Bauwerke ähnelte einem anderen, auch nicht denen aus anderen Zeiten in Ixbiliah;<br />

aber die Fahnen die auf jedem der eigenwilligen P<strong>al</strong>äste und Pavillons wehten gaben dem<br />

Reisenden die Erklärung für diese Vielf<strong>al</strong>t, sie stellten die Verschiedenheit der Menschen und<br />

Länder dar die über den ganzen Erdb<strong>al</strong>l verteilt lebten. Am gegenüber liegenden Flussufer an<br />

dem kleine Boote ohne Ruder oder Segel entlang fuhren, krochen riesige silberne Schlangen auf<br />

Met<strong>al</strong>lstreifen 27 dahin, verloren sich in der Ferne, und über den Köpfen der Menschenmenge<br />

bewegten sich andere, hängende Gebilde 28 vorwärts mit Leuten darin oder b<strong>al</strong>ancierten auf<br />

luftigen Pfeilern, während an einem Ende <strong>des</strong> Gelän<strong>des</strong> ratternde, met<strong>al</strong>lene Geräte mit Flügeln<br />

die sich um sich selbst drehten 29 aufstiegen oder herunterkamen.<br />

Aber es war beim Betreten <strong>von</strong> einem der größten Pavillons dass dem Reisenden klar<br />

wurde, wie wenig er doch <strong>von</strong> diesem zukünftigen Leben erfassen konnte: in einem dunklen,<br />

vollbesetzten Raum umgaben ihn riesige, bewegte Bilder, seltsame Visionen; Stimmen und<br />

dröhnende Musik die gleichzeitig unverständliche Nachrichten und Begebenheiten verbreiteten<br />

weckten in ihm, in seinem Stolz <strong>al</strong>s König und kultivierter Mann eine gekränkte Ablehnung, ein<br />

brennen<strong>des</strong> Gefühl <strong>von</strong> Unterlegenheit, das er dann aber überwand so wie er sein Dasein <strong>al</strong>s<br />

menschliches Wesen aus ur<strong>al</strong>ten Zeiten akzeptieren und Allah lobpreisen konnte ihm die Gabe<br />

24 s. S. 5<br />

25 <strong>La</strong> Torre del Oro, eins der Wahrzeichen <strong>Sevilla</strong>s, am Ufer <strong>des</strong> Guad<strong>al</strong>quivir.<br />

26 Aljarafe, ein dichtbesiegelter Hügel an der Westseite <strong>des</strong> Guad<strong>al</strong>quivir.<br />

27 Schwebebahn<br />

28 Gondeln<br />

29 Hubschrauber<br />

10


Mausoleum zu Ehren König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong>s in Aghmat/Marokko<br />

In Aghmat sah der verzweifelte König sich selbst, seine Frau und Kinder in Lumpen,<br />

in den Ketten an seinen Füßen sah er Schlangen die sich an seinem Blut labten 30 .<br />

Als seine über <strong>al</strong>les geliebte Frau Itimad starb fühlte auch er sich dem Tod nah und<br />

dichtete seinen eigenen Nachruf:<br />

(…)Mögen die Wolken mit ewigen Tränen<br />

deine weiche Erde lockern, o Grab im Exil,<br />

das du die Reste <strong>des</strong> <strong>Königs</strong> <strong>Ibn</strong> <strong>Abbad</strong> bewachst.<br />

Du hütest damit drei erlauchte Tugenden:<br />

Weisheit, Güte, Großmut, <strong>al</strong>les in einem(...)<br />

(…)Was willst du mehr, o Grab?<br />

Zeige Mitleid mit so viel Ehre, die dir anvertraut(…).<br />

(…)Möge der Segen <strong>des</strong> Herrn herabkommen,<br />

unbegrenzt und immerfort<br />

auf den, der an deiner warmen Brust verfault(…)<br />

König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong>, Aghmat, 11. Jh. 31<br />

(Auszug aus seinem Nachruf)<br />

Ψ<br />

30 Den mittel<strong>al</strong>terlichen Gepflogenheiten folgend wurden königliche Gefangene stan<strong>des</strong>gemäß, wenn auch ohne<br />

jeglichen Luxus untergebracht. Ganz gewiss war seine <strong>La</strong>ge nicht so verzweifelt wie er sie in Gedichten beschrieb, doch<br />

er empfand sie <strong>al</strong>s solche.<br />

31 . Al-Mu’tamid <strong>Ibn</strong>’<strong>Abbad</strong>, Poesías. ©Antología bilingüe por María Jesús Rubiera Mata 1982. Clásicos Hispano-Árabes<br />

Bilingues, Colección Fundada por Emilio García Gómez. Instituto Hispano-Árabe de Cultura, 1987, S. S. 63<br />

© deutsche Übersetzung Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

11


verliehen zu haben <strong>al</strong>l diesen Veränderungen in Ixbiliah und in der Welt in einer nicht<br />

definierten Zukunft beiwohnen zu dürfen; diese ganze Offenbarung <strong>von</strong> Wunderwerken die<br />

selbst den Urgroß-Enkeln seiner Urgroß-Enkel verschlossen geblieben und nicht einm<strong>al</strong> in den<br />

Märchen, den Träumen und wilden Phantastereien zu erahnen waren die er <strong>al</strong>s Kind und auch<br />

noch <strong>al</strong>s junger Mann <strong>von</strong> Ridda erzählt bekam, seiner Amme aus Qádiz 32 , der ur<strong>al</strong>ten<br />

Hafenstadt weiter südlich. Ein Wunsch überkam ihn, fast ein glühen<strong>des</strong> Verlangen, ein Drang:<br />

„Irgendwie möchte ich hier bleiben“ -sagte er sich- „möchte etwas <strong>von</strong> mir hier zurücklassen<br />

<strong>von</strong> mir und <strong>al</strong>len meinen Nachkommen in dieser Welt die kommen wird, wenn es auch nur<br />

eine winzige Spur <strong>von</strong> mir ist.“<br />

Paraden, Erlebnisbereiche, neuartige Gerätschaften begeisterten und verwirrten ihn, er<br />

sah <strong>La</strong>ndschaften mit immer anderem Pflanzenwuchs, weiter weg einen tempelartigen Bau mit<br />

spitz zulaufenden Zinnen und einer Fassade an der ständig eine Wasserkaskade herunterlief 33 .<br />

Oder diese unerwartete Reise, am helllichten Tag, in ein dunkles Sternenfirmament …<br />

Er war fasziniert <strong>von</strong> den dynamischen und bunten Zeichnungen <strong>von</strong> Hunden, Kindern,<br />

Kamelen, <strong>von</strong> noch nie gesehenen Eiswürfeln in Gläsern, <strong>von</strong> der Begeisterung und dem<br />

Staunen der Menschen. Und es überraschte ihn dass es neben <strong>al</strong>l diesem Glanz und Überfluss<br />

noch Bettler gab wie er in den Straßen <strong>von</strong> Ixbiliah gesehen hatte.<br />

Als er über einen See, die Ufer gesäumt <strong>von</strong> Gebäuden schwebte, merkte er wie Aghmat<br />

an ihm zog, spürte die <strong>La</strong>st, das Gefühl und die Wärme <strong>des</strong> San<strong>des</strong> unter dem er begraben lag;<br />

der Zeitpunkt seiner Rückkehr musste nah sein. Er hatte noch Zeit neue Straßen, Schienen,<br />

Bauwerke zu sehen; eins da<strong>von</strong>, mit arabischem Schriftzug und wohlbekannter Ornamentik lud<br />

ihn zum Betreten ein. In einem entfernten Raum gingen die Lichter aus und eine sitzende<br />

Menge starrte auf ein hohes, weißes Rechteck das sofort <strong>von</strong> großen arabischen<br />

Goldbuchstaben gefüllt wurde: er sah sie ganz deutlich, dennoch hatte er Mühe dort seinen<br />

eigenen Namen zu entziffern: Al-Motamid. Ohrenbetäubend schien der Klang <strong>von</strong> Hunderten<br />

<strong>von</strong> Sch<strong>al</strong>meien und Schellentrommeln direkt aus den Wänden zu kommen.<br />

Aber die ihm wohl bekannte Macht der Finsternis und der sandigen Weite die seit<br />

Beginn seiner Reise in ihm und zugleich fern <strong>von</strong> ihm zu sein schienen, lastete mehr und mehr<br />

auf dem unbemerkten Zuschauer der jetzt in seiner Sprache, mit riesigen Bildern und<br />

kastilischen Untertiteln eine Geschichte über sein Leben und seine Herrscherzeit hörte, die<br />

ebenso wahr wie f<strong>al</strong>sch war. Anfangs sah er in dem jungen Mann der ihn dort oben darstellte<br />

einen Gecken und die unzutreffende Wiedergabe was seine Besitztümer, Ereignisse und Orte<br />

anbetraf störten ihn weniger <strong>al</strong>s die f<strong>al</strong>sche Darstellung <strong>von</strong> Persönlichkeiten wie sein Vater <strong>al</strong>-<br />

Mutadid, Djaddyya, das Singmädchen, selbst <strong>Ibn</strong> Ammar oder der Soldat mit -auf den ersten<br />

Blick- beeindruckend großen Händen, Rumpf und Gest<strong>al</strong>t; dieser Kämpe El Cid 34 , der im Namen<br />

<strong>von</strong> Kastilien die Tributzahlungen einforderte. Doch am Ende, bei den zwar f<strong>al</strong>schen, aber<br />

ehrenvollen Szenen seines To<strong>des</strong> verstand er dass diese Visionen, die Musik und die Worte<br />

<strong>al</strong>len Ungereimtheiten zum Trotz wie ein Leuchten waren, ein Licht das seinem Gedenken<br />

gewidmet war, entzündet <strong>von</strong> Männern und Frauen die unermesslich weit entfernt waren: ob<br />

diese viereckige Bilderflut nun Teufelswerk war oder <strong>von</strong> einer göttlichen Hand herrührte – es<br />

war eine sublime Ehrung die nicht <strong>von</strong> dem brillantesten Lobredner seines Hofes übertroffen<br />

werden konnte.<br />

32 Cadiz<br />

33 <strong>Der</strong> britische Pavillon<br />

34 <strong>Der</strong> Ritter El Cid Campeador, der Kämpe El Cid (11. Jh.). Mehr unter: https://de.wikipedia.org/wiki/El_Cid<br />

12


Durch ein paar Luken in der Decke sah er das letzte karminrote Glühen der Abenddämmerung<br />

und wie die ersten Schatten vom Himmelszelt Besitz ergriffen. Seine Kräfte verließen ihn schon.<br />

Er konnte noch die Hände bewegen und noch einm<strong>al</strong> aus tiefstem Herzen seinem dringendsten<br />

Wunsch Ausdruck geben: „Ich möchte dass jetzt, in diesem Moment, etwas <strong>von</strong> mir hier bleibt.<br />

Etwas, und wenn es auch noch so klein wäre…“<br />

…<br />

Um neun Uhr am Morgen, <strong>al</strong>s Tageslicht durch die geöffneten Seitentüren kam schien der<br />

Vorführraum <strong>des</strong> Pavillons kleiner zu werden und ein Glitzern am Boden stach zum<br />

wiederholten M<strong>al</strong> der jungen Putzfrau <strong>La</strong>li ins Auge. „Kind, das ist ganz sicher wertvoll und <strong>al</strong>t“<br />

sagte ihr später Frau Justa; sie hatte das Mädchen für diese Arbeit empfohlen und machte mit<br />

ihm den Pavillon sauber; sie war herbeigerannt um den Fund zu begutachten. „Dass Du ja nichts<br />

dem Chef da<strong>von</strong> erzählst! Und niemandem, hörst Du? Wir haben ihn gefunden und uns gehört<br />

er, hast Du verstanden?“ schärfte sie ihm eindringlich ein.<br />

Aber <strong>La</strong>li verstand in diesem Moment herzlich wenig oder gar nichts. Sie mussten noch den<br />

h<strong>al</strong>ben Raum sauber machen, in einer Stunde war sie mit einem Freund verabredet und dachte<br />

nur daran nicht zu spät zu kommen während sie ihre Hand hochhielt an der der Ring <strong>des</strong><br />

königlichen <strong>Besuch</strong>ers in der Sonne glänzte und funkelte.<br />

© Fernándo Quiñones, 1992<br />

Alle Rechte der spanischen Version bei der Stiftung<br />

Fundación Fernando Quiñones<br />

Sr. Mauro F. Quiñones Consolani<br />

Plaza Mayor, 7 (Casa Briones)<br />

11130 Chiclana de la Frontera/Cádiz<br />

SPANIEN<br />

©Gedichte und deutsche Übersetzung der Erzählung: ©Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

Ψ<br />

Ψ<br />

13


In dem Mausoleum in Aghmat liegt der Dichterkönig <strong>von</strong> <strong>Sevilla</strong> neben seiner Frau<br />

und einem seiner Söhne, schlichte Steinplatten mit arabischen Inschriften bedecken<br />

die Gräber. Auf dem staubigen Vorplatz, schon im Gehen begriffen, war mir <strong>al</strong>s<br />

hörte ich wie einen Nachh<strong>al</strong>l die Stimme <strong>des</strong> <strong>Königs</strong> und eine seiner<br />

leidenschaftlichen Liebeserklärungen an seine Königin Itimad, und ich erinnerte<br />

mich an die Worte eines Dichters über <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong>: “seine Gedichte und sein<br />

Schicks<strong>al</strong> berührten die Herzen der Menschen, nie werden sie ihn vergessen ...”:<br />

Im Traum bot mir dein Bild Wange und Brust;<br />

ich pflückte die Rose und biss in den Apfel;<br />

es bot mir die roten Lippen und<br />

ich sog seinen Atem ein;<br />

mir schien, <strong>al</strong>s dufte er nach Sandelholz.<br />

Ach, würde es mich nur besuchen, wenn ich wache!<br />

Doch zwischen uns hängt der Schleier der Trennung.<br />

Warum weicht nicht die Trauer <strong>von</strong> uns,<br />

warum nicht das Unglück?<br />

Möge Gott die Herrin meines Hauses<br />

mit feinem Regen erfrischen,<br />

wie sie es tat mit meinem Herzen!<br />

Ihr H<strong>al</strong>s ist der einer Antilope,<br />

ihre Augen sind gazellengleich,<br />

sie duftet wie ein Blumengarten<br />

und biegsam ist ihre Taille,<br />

wie eine Weidenrute.<br />

König <strong>al</strong>-<strong>Mutamid</strong> an seine Gattin Itimad,<br />

bei einem Feldzug aus einem Zeltlager 35<br />

35 aus: Al-Mu’tamid <strong>Ibn</strong>’<strong>Abbad</strong>, Poesías. ©Antología bilingüe por María Jesús Rubiera Mata.1982, Clásicos Hispano-<br />

Árabes Bilingues, Colección Fundada por Emilio García Gómez. Instituto Hispano-Árabe de Cultura, 1987, S. 68<br />

© deutsche Übersetzung Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

14


Bücher <strong>von</strong> Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

GESCHICHTE, GESCHICHTEN und GEDICHTE<br />

aus der<br />

SPANISCHEN MAURENZEIT<br />

Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong> geht die Geschichte <strong>von</strong><br />

<strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us -dem maurischen Spanien- nicht<br />

wissenschaftlich an, sie ist eine leidenschaftliche<br />

Erzählerin und folgt dem Schreibstil<br />

arabischer Chronisten aus der Zeit der<br />

klassischen islamischen Literatur: Geschichtliche<br />

Ereignisse und Entwicklungen wurden mit<br />

Gedichten, amüsanten Anekdoten, P<strong>al</strong>astgeflüster<br />

und romantischen oder tragischen<br />

Geschichten aus dem Leben <strong>von</strong> K<strong>al</strong>ifen und<br />

Königen, <strong>von</strong> Wesiren, Poeten, heiligen<br />

Männern oder berühmten Frauen ihrer Zeit<br />

angereichert, ausgeschmückt.<br />

Damit waren die arabischen Chronisten nicht<br />

nur Geschichtsschreiber, ihre Jahrhunderte<br />

<strong>al</strong>ten Werke liefern uns ein gesellschaftliches<br />

Spiegelbild, sie geben den Zeitgeist der<br />

jeweiligen Epoche wieder.<br />

In den fast neun Jahrhunderten arabischer<br />

Herrschaft in Spanien hatte es Blütezeiten der<br />

Wissenschaften gegeben, die auch das Abendland<br />

befruchteten, Zeiten <strong>des</strong> friedlichen<br />

Zusammenlebens der drei Religionen, aber<br />

auch Epochen <strong>von</strong> Intoleranz und ausufernder Dekadenz.<br />

Es war eine ganz besondere Ehre dass Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel das<br />

Vorwort zu Isabel Blancos erstem Buch „GESCHICHTEN aus AL-ANDALUS“, schrieb. Die<br />

stimmungsvollen Lesungen und lebendigen Vorträge <strong>von</strong> Isabel Blanco sind beliebt, besonders<br />

ihre Ausführungen zur Toleranz im Reich der drei Religionen.<br />

Auf www.rosenoire.de gibt es Leseproben und/oder Inh<strong>al</strong>tsverzeichnisse der verschiedenen Bücher<br />

und Rezensionen und Information über die neueste Reiseserie <strong>von</strong> Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong> „Auf der<br />

Suche nach <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us“.<br />

Oder Sie besuchen direkt die Plattform: www.yumpu.com/user/rosenoiregf<br />

Und stöbern und lesen gratis in den <strong>al</strong>len veröffentlichten eMagazinen:<br />

Bei Fragen ist Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong> für Sie da, gern beantwortet sie weiterführende Fragen per<br />

Email.<br />

Herausgeber <strong>al</strong>ler Bücher:<br />

RoseNoire Gisela Fischer, 81827 München, Tel. 089/439 53 21, Fax 089/439 75 89<br />

Email: rosenoiregf@gmail.com / facebook: https://www.facebook.com/isabel.blancodelpin<strong>al</strong><br />

15


GESCHICHTEN AUS AL-ANDALUS (3. Auflage)<br />

Die Königreiche Taifas, ein and<strong>al</strong>usischer Traum<br />

Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

Vorwort <strong>von</strong> Frau Dr. Dr. h.c. mult. Annemarie Schimmel<br />

Geschichten, Geschichte und Gedichte: Die Autorin schreibt lebendig und<br />

abwechslungsreich über Glanz und Untergang der maurischen Kultur in<br />

Spanien. Viele Jahrhunderte lang pflegten arabische Literaten und Chronisten<br />

die Tradition der, jede auch noch so winzige Kleinigkeit erfassenden,<br />

Überlieferungen. Sie verknüpften historische Fakten mit dramatischen<br />

Geschichten, mit Lyrik und Prosa jener Zeiten, mit amüsanten oder<br />

tragischen Anekdoten aus dem Leben <strong>von</strong> Königen, Dichtern, Wesiren,<br />

Philosophen oder Prinzessinnen. Ihre Chroniken bieten eine Überfülle an<br />

Informationen und enth<strong>al</strong>ten auch P<strong>al</strong>astgeflüster, bösartige Intrigen,<br />

bewegende Liebes-geschichten oder Eifersuchtsdramen – zuweilen lesen sich<br />

diese Schriften wie orient<strong>al</strong>ische Märchen.<br />

Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong> hat diesen Schreibstil übernommen und lässt nicht nur die Blütezeit der maurischen<br />

Hochkultur noch einm<strong>al</strong> aufleben, die auch die abendländische Philosophie, Wissenschaft und Religion<br />

inspiriert und bereichert hat. Sie erzählt auch <strong>von</strong> dem dramatischen Untergang der spanischen Araber. Die<br />

Geschichten aus <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us sind ursprünglich in drei Bänden erschienen. Bei der ersten überarbeiteten und<br />

erweiterten Neuauflage wurden sie in einem Sammelband zusammengefasst. Die liebevoll gest<strong>al</strong>tete<br />

hochwertige Veröffentlichung erschien <strong>al</strong>s Hardcover.<br />

64 Bilder in nost<strong>al</strong>gisch-braunem Duplex-Druck, 224 S. – 16x21cm, ISBN 978-3-933653-07-9<br />

Inh<strong>al</strong>tsverzeichnis und Leseprobe finden Sie auf unserer Website www.rosenoire.de.<br />

Ψ<br />

LAND AM SONNENUNTERGANG – MAROKKO<br />

Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

Bereits im 4. Jahrhundert n.Chr. verließen die <strong>al</strong>ten Araber ihre H<strong>al</strong>binsel,<br />

um die angrenzenden Kontinente zu erkunden. Im äußersten Westen gebot<br />

ein Furcht einflößen<strong>des</strong> und legendenumwobenes Meer ihrem<br />

Entdeckungsdrang Einh<strong>al</strong>t. „(...) Dort im Okzident beginnt das westliche<br />

Meer, das man auch das Meer der Dunkelheit nennt. Weiter darüber hinaus<br />

weiß niemand, was dort existiert (...)“ schrieb der Geograph <strong>al</strong>-Idrisi im 12.<br />

Jahrhundert. Dort, am Ende <strong>des</strong> afrikanischen Erdteils, lag ein <strong>La</strong>nd, das die<br />

Araber <strong>al</strong>-Maghrib <strong>al</strong>-aqsa nannten, „den äußersten Westen“ - ein <strong>La</strong>nd am<br />

Rande <strong>des</strong> Sonnenuntergangs.<br />

Isabel Blanco schöpft wieder aus der reichen Fülle der überlieferten<br />

Literatur und verleiht der bewegten Geschichte <strong>des</strong> Königreichs Marokko<br />

menschliche Züge: Im <strong>La</strong>nd der Berber erwachen Sultane und Poeten zu<br />

neuem Leben, heilige Männer und Geistwesen sind der Ursprung für faszinierende Legenden. Daneben lässt<br />

die Autorin auch eigene Reiseeindrücke einfließen. Große Bedeutung kommt der Epoche vom 11. bis zum 14.<br />

Jahrhundert zu in der die Schicks<strong>al</strong>e <strong>von</strong> <strong>al</strong>-Maghrib und <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us, dem arabischen Spanien, besonders eng<br />

miteinander verbunden waren. Dicht an dicht sind die and<strong>al</strong>usischen Ornamente in den farbenprächtigen<br />

Teppich der marokkanischen Geschichte eingewoben.<br />

Es ist ein lebendig geschriebenes Portrait eines <strong>La</strong>n<strong>des</strong> in dem historische Zusammenhänge aufgedeckt<br />

werden und sich Vergangenheit, Traditionen und Gegenwart zu einem schillernden Mosaik zusammenfügen.<br />

Hardcover, 304 S. – 38, ganzseitige Bilder (S/W), 17x21cm<br />

ISBN 378-3-933653-06-2 – Inh<strong>al</strong>tsverzeichnis auf www.rosenoire.de<br />

16


ROSEN DER WÜSTE – Die Architektur in der arabischen Literatur<br />

<strong>von</strong> María Jesús Rubiera<br />

Übersetzung aus dem Spanischen <strong>von</strong> Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

ROSEN DER WÜSTE – ein poetisches Symbol für die prunkvollen,<br />

märchenhaften Bauwerke der arabischen Architektur. Ihre P<strong>al</strong>äste und<br />

Gartenanlagen wurden aus der Wüste geboren. In der Fantasie der Beduinen<br />

verwandelten sich Hitze flimmernde Trugbilder in Türme und Kuppeln, die vor<br />

Gold und Edelsteinen glitzern, und dem erlösenden Wohlgefühl bei der<br />

Ankunft in schattigen, grünen Oasen sind üppig blühende Gärten mit leise<br />

plätschernden Wasserläufen nachempfunden. Die arabische Architektur<br />

inszenierte ein dynamisches Schauspiel, erfüllt <strong>von</strong> Licht, Farben, Klängen und<br />

Düften. Sie erschuf Bauwerke <strong>al</strong>s Lustobjekte und Orte der Lust zugleich.<br />

Die Autorin gibt in diesem Band mittel<strong>al</strong>terliche Texte <strong>von</strong> arabischen<br />

Chronisten, Hofpoeten und Reisenden wieder. Sie beschreiben bis ins kleinste<br />

Detail die ehem<strong>al</strong>ige Pracht <strong>von</strong> Städten, P<strong>al</strong>ästen, Moscheen, Bädern und Gärten im <strong>al</strong>ten Arabien und im<br />

islamischen Spanien. María Jesús Rubiera interpretiert Fakten und Legenden, jedoch ist dies keine<br />

Abhandlung über Kunst oder Archäologie. Es ist eine lange Reise durch die arabische Architektur - mit weit<br />

geöffneten und verträumten Augen – ein Buch verführerischer ferner und fremder Visionen.<br />

Paperback, 256 Seiten, 20 x15cm, ISBN 978-3-93365305-5 – UVP 5,00 €.<br />

Inh<strong>al</strong>tsverzeichnis und Leseprobe auf www.rosenoire.de<br />

Ψ<br />

MAURENLAND, CHRISTENLAND<br />

Ein Ritter, ein König und ein Poet: Drei Jahrhunderte spanische Reconquista<br />

Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

Nach den „Geschichten aus <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us“, in denen Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong><br />

die Geschichte Spaniens <strong>von</strong> der arabischen Eroberung der Iberischen<br />

H<strong>al</strong>binsel im Jahre 711 bis zum Untergang der maurischen Kultur im<br />

Abendland mit der Stimme und aus der Sicht der spanischen Mauren<br />

erzählte, widmet sie in diesem Band ihre Aufmerksamkeit der Gegenseite,<br />

der spanischen Christenwelt. Drei berühmte Persönlichkeiten führen durch<br />

die drei wichtigsten Jahrhunderte zähen Ringens um die Reconquista, die<br />

christliche Rückeroberung <strong>des</strong> muslimischen Spaniens: der Ritter Rodrigo<br />

Díaz aus Vivar (11. Jh.) kurz "der Cid" genannt, König Alfons X. <strong>von</strong> Kastilien<br />

und Leon (13. Jh.), dem die Nachwelt den Beinamen „der Gelehrte“ verlieh<br />

und Miguel de Cervantes Saavedra (16./17. Jh.), der Autor <strong>des</strong> Don Quijote<br />

<strong>von</strong> der Mancha.<br />

Alle drei waren sie Grenzgänger zwischen den Religionen und Kulturen, ihr Leben und ihr Vermächtnis<br />

führen anschaulich vor Augen, wie facettenreich das Verhältnis <strong>von</strong> Christen und Mauren im dam<strong>al</strong>igen<br />

Spanien bis über das Mittel<strong>al</strong>ter hinaus war. Sie zeigen uns Welten politischer Grauzonen und innerer<br />

Zerrissenheit, und es wird in jedem F<strong>al</strong>l offenbar, dass nichts so war, wie es auf den ersten Blick scheint. So<br />

unterschiedlich sie <strong>von</strong> ihrem Stand her waren, haben sie doch etwas gemeinsam: Mit Leidenschaft lebten<br />

sie ihre Visionen, sie verfolgten unbeirrt ihre Ziele und vollbrachten Außergewöhnliches. Und wenn auch das<br />

Leben je<strong>des</strong> Einzelnen, <strong>al</strong>ler Berühmtheit zum Trotz, nicht einer gewissen Tragik entbehrt, haben ihre Werke<br />

und Taten sie doch unsterblich gemacht.<br />

Hardcover, 21x16cm, 100 Bilder in Farbe, 440 S., ISBN 978-3-933653-09-3<br />

Inh<strong>al</strong>tsverzeichnis auf www.rosenoire.de<br />

17


Die letzte Rezension (14. Juni 2014) für den Titel:<br />

Verkauf:<br />

Panorama Verlag GmbH<br />

Großantiquariat und Verlag<br />

Möhringstraße 6 a, 65187 Wiesbaden<br />

Tel. +49(0)611 84 40 21/22 – Fax 80 79 84<br />

e-Mail: info(at)panorama-verlag.de<br />

MAURENLAND, CHRISTENLAND<br />

Ein Ritter, ein König und ein Poet,<br />

drei Jahrhunderte spanische Reconquista<br />

Herausgeber <strong>al</strong>ler Bücher:<br />

RoseNoire Gisela Fischer, Gündero<strong>des</strong>traße 20, 81827 München<br />

Tel. +49 (0)89 439 53 21 – Fax +49 (0)89 439 75 89<br />

e-Mail: rosenoiregf@gmail.com<br />

finden Sie unter:<br />

http://afarab.blogspot.de/2014/06/maurenland-christenlandrezension.html?spref=fb<br />

oder:<br />

http://afarab.blogspot.de/2014/06/maurenland-christenlandrezension.html<br />

Frau Birgit Agada ist eine bekannte Reisejourn<strong>al</strong>istin, Reiseunternehmerin<br />

und selbst auch Autorin <strong>von</strong> Reiseliteratur.<br />

Sie ist spezi<strong>al</strong>isiert auf arabische und nordafrikanische Länder und<br />

Kulturen.<br />

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Mehr über Isabel Blanco del Piñ<strong>al</strong> und ihre neue Reiseserie „Die Suche nach <strong>al</strong>-And<strong>al</strong>us“ gibt es unter<br />

der webseite: www.rosenoire.de oder bei facebook: https://www.facebook.com/isabel.blancodelpin<strong>al</strong><br />

Oder Sie besuchen direkt die Plattform: www.yumpu.com/user/rosenoiregf dort finden Sie <strong>al</strong>le<br />

eMagazine zum Gratisstöbern und -lesen<br />

Sollten Sie Fragen über die Themen And<strong>al</strong>usien, Marokko oder über die Maurenzeit in Spanien haben,<br />

kontaktieren Sie Isabel unter der o.a. Email-Adresse, sie hilft gern weiter<br />

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