ein Allensteiner Kind - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen.de
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Ein glücklich verunglücktes Krippenspiel<br />
In diesem Jahr war die sechste Klasse<br />
dran, sie durfte das weihnachtliche<br />
Krippenspiel aufführen. Die Vorbereitungen<br />
liefen. Die jungen Schauspieler<br />
hatten ihre Rollen gut gelernt. Die<br />
freundlichen Regieanweisungen von<br />
Oberlehrer Pfeiffer halfen ihnen sehr,<br />
und mit großem Eifer bewegten sie<br />
sich auf <strong>de</strong>n Brettern, die ihnen für<br />
kurze Zeit die Welt be<strong>de</strong>uteten.<br />
Dann aber erkrankte, zwei Tage vor<br />
<strong>de</strong>r Aufführung, <strong>ein</strong>en Tag vor <strong>de</strong>r<br />
Generalprobe, Magnus, <strong>de</strong>r für die<br />
Darstellung <strong>de</strong>s unfreundlichen Herbergswirtes<br />
<strong>ein</strong>geteilt war. Was tun?<br />
Günther, <strong>de</strong>r zusammen mit Andrea<br />
das heilige Paar spielen sollte, wusste<br />
Rettung in <strong>de</strong>r Not. S<strong>ein</strong> jüngerer<br />
Bru<strong>de</strong>r Nicolas aus <strong>de</strong>r zweiten Klasse<br />
wür<strong>de</strong> die Rolle bestimmt so kurzfristig<br />
übernehmen können. Es war ja<br />
auch k<strong>ein</strong> Problem. Er hatte Maria<br />
und Josef ja nur auf Anfrage mitzuteilen,<br />
dass k<strong>ein</strong> Platz mehr in <strong>de</strong>r Herberge<br />
sei. So begann <strong>de</strong>nn am<br />
nächsten Tag die Generalprobe. Alles<br />
lief wie von Oberlehrer Pfeiffer vorbereitet<br />
und gewissenhaft <strong>ein</strong>studiert.<br />
Aber dann passierte etwas Unerwartetes.<br />
Als Günther alias Josef die berühmte<br />
Frage nach <strong>ein</strong>em Platz in <strong>de</strong>r<br />
Herberge stellte, war Nicolas von<br />
<strong>de</strong>m Mitleid heischen<strong>de</strong>n Anblick,<br />
<strong>de</strong>n das jetzt perfekt kostümierte<br />
Paar bot, so überwältigt, dass er die<br />
<strong>ein</strong>studierte abweisen<strong>de</strong> Antwort<br />
nicht übers Herz und über die Lippen<br />
brachte und die bei<strong>de</strong>n statt <strong>de</strong>ssen<br />
freundlich zum Verweilen <strong>ein</strong>lud. Das<br />
brachte natürlich <strong>de</strong>n heiligen Josef<br />
völlig aus <strong>de</strong>m Konzept, und er blickte<br />
sich Hilfe suchend zum Regisseur<br />
um. Herr Pfeiffer erholte sich schnell<br />
von s<strong>ein</strong>er Verblüffung. Er re<strong>de</strong>te Nicolas<br />
<strong>ein</strong>dringlich ins Gewissen, und<br />
<strong>de</strong>r versprach hoch und heilig, morgen<br />
bei <strong>de</strong>r Aufführung <strong>de</strong>n vorgeschriebenen<br />
Text zu sprechen.<br />
Voll Erwartung saßen Eltern und Geschwister,<br />
Omas und Opas, Onkel<br />
und Tanten am nächsten Abend in<br />
<strong>de</strong>r für diese Aufführung ausgeräumten<br />
und schön geschmückten Turnhalle.<br />
Das Spiel nahm s<strong>ein</strong>en Lauf<br />
und die kritische Stelle nahte. Der<br />
heilige Josef wollte <strong>ein</strong>e erneute irritieren<strong>de</strong><br />
Eigenmächtigkeit s<strong>ein</strong>es<br />
kl<strong>ein</strong>en Bru<strong>de</strong>rs nicht riskieren. Er<br />
näherte sich mit Maria <strong>de</strong>r Herberge<br />
und, um je<strong>de</strong> Abweichmöglichkeit zu<br />
blockieren, sagte er: „Sie haben bestimmt<br />
k<strong>ein</strong>en Platz mehr in ihrer<br />
Herberge.“ Es half alles nichts. Nicolas<br />
antwortete mit <strong>ein</strong>em trotzigen<br />
und bis in die hinterste Reihe <strong>de</strong>utlich<br />
hörbaren: „Doch!“<br />
Später wusste k<strong>ein</strong>er mehr so genau,<br />
wie das schöne Krippenspiel zu En<strong>de</strong><br />
gegangen war, doch sprach man<br />
noch lange über diese <strong>ein</strong>malige Version.<br />
Eines war aber allen klar: Nicolas<br />
wür<strong>de</strong> niemals mehr mit s<strong>ein</strong>em<br />
weichen Herzen <strong>ein</strong>e hartherzige Rolle<br />
spielen dürfen.<br />
Autor unbekannt.<br />
Aufgeschrieben nach <strong>ein</strong>er Erzählung<br />
bei <strong>ein</strong>er Weihnachtsfeier.<br />
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