indigo August 2011
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indigo August 2011
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�drucksache �kulturklub<br />
Wo der Elch begraben liegt<br />
Carin Hjulström<br />
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In Schweden schlägt die<br />
Urbanisierung um sich und<br />
ganz Småland ist von heilloser<br />
Ödnis gezeichnet... ganz<br />
Småland? Nein! Ein von<br />
unbeugsamen Alteingesessenen<br />
bevölkertes Dorf leistet<br />
erfinderischen Widerstand, als<br />
blanvalet ein Stockholmer Telefonbuchkonzern<br />
sie von der Karte<br />
streichen möchte. Hjulströms erster Roman<br />
punktet zwar nicht durch Komplexität, beeindruckt<br />
aber mit sympathischen und lebendigen<br />
Charakteren und ordentlich Schwedenflair.<br />
Bad Fucking: Kein Alpen-Krimi<br />
Kurt Palm<br />
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... aber trotzdem rätselhaft.<br />
Denn mit ein paar großstadtgezeichneten<br />
Pompomladys im<br />
bergigen Bad Fucking des<br />
Klischees noch nicht genug, hat<br />
das Ferienlager der Vienna<br />
Honeybee Cheerleaderinnen<br />
mit einigen Toten, schlechtem<br />
rororo<br />
Sex, einer Aalinvasion und<br />
Alm-Grasflecken im Trikot zu<br />
kämpfen. Dazu noch ein paar Zeilen romantisches<br />
Murmeltierraunen, haarspraygefestigte<br />
druckergeschwärzte Alpenironie und süßer das<br />
Satireecho nie widerhallt. Zum Jodeln.<br />
Crash<br />
Mark Alpert<br />
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Ein Erzbösewicht namens<br />
Cyrus bedroht die Menschheit<br />
bzw. das gesamte Gefüge der<br />
Realität. Und zwar mit einer<br />
Waffe, die auf der Einheitlichen<br />
Feldtheorie basiert, wie auch<br />
immer das klappen soll. Das ist<br />
jedenfalls ein guter Grund für<br />
Page & Turner David Swift, Chef einer Gruppe<br />
mit dem bezeichnenden<br />
Namen „Physiker für den Frieden“, ihm das<br />
Handwerk zu legen. Die Story ist nicht gerade<br />
nobelpreisverdächtig, aber wer etwas Leichtes<br />
für lange Bahnfahrten sucht, wird gut bedient.<br />
Die amerikanische Verschwörung<br />
Jesse Ventura, Dick Russel<br />
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Er war Navy Seal, Profi-Wrestler,<br />
Schauspieler (u.a. „Predator“)<br />
und Gouverneur von<br />
Minnesota. Zuletzt wütete<br />
Jesse Ventura aber mit einer in<br />
der Heimat sehr beliebten<br />
TV-Show über ur-amerikanische<br />
Verschwörungen durch die<br />
Heyne Massenkultur. Die gibt’s nun<br />
auch bei uns in Buchform:<br />
Wahlbetrug, Wall-Street-Verschwörung, die<br />
wahren Mörder von JFK und auch die<br />
schockierenden Hintergründe zum 11. September<br />
gibt’s exklusiv und nur hier. Schon klar.<br />
Literarischer Landgang<br />
Christoph Maria Herbst jenseits von Gut und Bora Bora<br />
Literatur los: Christoph Maria<br />
Herbst sorgt mit seinem<br />
ersten Buch „Ein Traum von<br />
einem Schiff: Eine Art<br />
Roman“ über die „Traum-<br />
schiff“-Dreharbeiten für jede<br />
Menge Tiefgang. Ansätze<br />
seiner Luxusliner-Phobie<br />
verarbeitet er in der Autostadt<br />
und lädt am 29. <strong>August</strong> ab<br />
20 Uhr zur Therapielesung<br />
„Ich leg dann mal ab ...“.<br />
Denn da Schwarzwaldkliniken, Landärzte<br />
und sonstige ZDF-Anker des vorabendlichen<br />
Quotenhafens offenbar auch keine<br />
seetaugliche Lösung waren, heuerte der<br />
Autor im Januar 2010 bei dem, seit dem<br />
22. November 1981 in mittlerweile<br />
28 Staffeln schippernden, Klassiker des<br />
Trias-TV in Richtung 64. Folge „Bora<br />
Bora“ an. „Werde ich genügend untalentiert<br />
spielen können, um zu überzeugen,“<br />
beschäftigte er sich bereits vorab mit den<br />
essenziellen Fragen des deutschen<br />
Medienkosmos. Und resümiert: „Ob ich so<br />
viel Alkohol an Bord trank, nur weil er<br />
mir schmeckte, vermag ich indes nicht zu<br />
sagen.“ Doch bleiben öffentlich-rechtliche<br />
Fossilien und Kreuzfahrt-Kolerik nicht<br />
die einzigen Eisberge der schiffbrüchigen<br />
Geschichte. Rund 10 000 bereits verkaufte<br />
Exemplare mussten im Februar <strong>2011</strong><br />
aufgrund einer einstweiligen Verfügung<br />
gegen wenig traumhafte Passagen<br />
zensiert werden. Ein Debüt im showbusinesserprobten<br />
Lebenslauf, dabei flackern<br />
Herbst'sche Pleiten, Pech und Provokationen<br />
bereits seit 2004 regelmäßig in vier<br />
Staffeln als Ralf Husmanns „The Office“-<br />
Adaption „Stromberg“ zur publikumsträchtigsten<br />
Sendezeit durch Pro Siebens<br />
Fernsehprogramm. Die wiederkehrende<br />
16�<strong>August</strong> <strong>2011</strong><br />
Einfach traumhaft? „Stromberg“Christoph<br />
Maria Herbst liest in der Autostadt<br />
Pointe der Doku-Soap-Parodie: Die<br />
Stereotypen Bernd Stromberg (Herbst)<br />
und Serienkollegen im Kameralicht der<br />
fiktiven Dokumentation um den Büroalltag<br />
der Capitol Versicherung AG, Abteilung<br />
Schadensregulierung M bis Z. „Ich<br />
bin quasi die perfekte Mischung aus jung,<br />
aber sehr erfahren. Gibt es so sonst ja nur<br />
auf dem Straßenstrich,“ lautet die<br />
stromberg'sche Erfolgsbilanz. Sexistisch,<br />
zynisch und bizarr bis zum Abschalten<br />
darf es natürlich ebenfalls werden –<br />
schließlich gab es immerhin einen<br />
Adolf-Grimme-Preis und fünf Exemplare<br />
des Deutsches Comedypreises, drei davon<br />
für den Hauptdarsteller, für so viel<br />
Sendungsbewusstsein. „Wenn du dir die<br />
Butter vom Brot nehmen lässt, dann hast<br />
du irgendwann nicht mal mehr das Brot,“<br />
berichtet der stellvertretende Chef und<br />
insistiert: „Mit einem Messer im Rücken<br />
gehe ich noch lange nicht ins Grab.“ So<br />
wird es wohl auch in Zukunft jede Menge<br />
makabere „Mumien-Schlepper“ à la<br />
Stromberg geben. Satire ahoi.<br />
Text: Andrea-Mareike Fenner, Foto: Christian Hartmann<br />
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