Die Übernahme der mit einem Pensionskassenvorbezug - Geissmann
Die Übernahme der mit einem Pensionskassenvorbezug - Geissmann
Die Übernahme der mit einem Pensionskassenvorbezug - Geissmann
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Die</strong> <strong>Übernahme</strong> <strong>der</strong> <strong>mit</strong> <strong>einem</strong> <strong>Pensionskassenvorbezug</strong><br />
finanzierten Liegenschaft in <strong>der</strong> Ehescheidung<br />
Immer häufiger wird <strong>der</strong> Kauf einer ehelichen Liegenschaft durch den<br />
Vorbezug von Pensionskassengel<strong>der</strong>n (WEF-Vorbezug) des einen (o<strong>der</strong><br />
bei<strong>der</strong>) Ehegatten finanziert, und ist für die Liegenschaft folglich im<br />
Grundbuch eine Veräusserungsbeschränkung angemerkt, beinhaltend die<br />
Verpflichtung zur Rückzahlung des WEF-Vorbezuges im Veräusserungs-<br />
fall. Wird die Liegenschaft im Rahmen einer Ehescheidung vom einen<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ehegatten zu Alleineigentum übernommen, so gilt es diesen<br />
WEF-Vorbezug und dessen güter- und vorsorgerechtliche Folgen zu re-<br />
geln. Was gilt es dabei – auch für die involvierten Vorsorgeeinrichtungen<br />
und Banken – zu beachten?<br />
1.<br />
Wird eine <strong>mit</strong> <strong>einem</strong> WEF-Vorbezug belastete Liegenschaft bei <strong>der</strong> Schei-<br />
dung von demjenigen Ehegatten übernommen, welcher den WEF-<br />
Vorbezug getätigt hat, so muss dieser selbstverständlich we<strong>der</strong> abgelöst<br />
noch zurückbezahlt werden. Es liegt unverän<strong>der</strong>t selbst bewohntes Eigen-<br />
tum vor. Zu beachten gilt es aber, dass ein solcher WEF-Vorbezug güter-<br />
rechtlich wie eine Drittschuld zu behandeln ist, d.h. den Nettowert <strong>der</strong><br />
Liegenschaft reduziert. Grund dafür ist die Verpflichtung, den Vorbezug im<br />
Falle einer späteren Veräusserung (vor Eintritt des Vorsorgefalles) an<br />
eine Vorsorgeeinrichtung zurückzuzahlen.<br />
Dem an<strong>der</strong>en Ehegatten steht nichts desto trotz ein Ausgleichungsan-<br />
spruch zu, welcher aber ausschliesslich vorsorgerechtlicher Natur ist. Der<br />
Vorbezug gilt nämlich als Freizügigkeitsleistung und ist daher bei <strong>der</strong> Er-<br />
<strong>mit</strong>tlung des zu teilenden Austrittsguthabens des vorbeziehenden Ehegat-<br />
ten und zukünftigen Alleineigentümers aufzurechnen und entsprechend<br />
<strong>mit</strong> dem an<strong>der</strong>en Ehegatten zu teilen.<br />
Steuerliche Fragen stellen sich bei dieser Konstellation grundsätzlich<br />
nicht: Das latente Steuerrückerstattungsguthaben im Falle einer späteren<br />
Veräusserung <strong>der</strong> Liegenschaft <strong>mit</strong> Rückzahlung des Vorbezuges muss<br />
aber gegebenenfalls als latentes Aktivum bei <strong>der</strong> güterrechtlichen Ausei-<br />
nan<strong>der</strong>setzung ausgeglichen werden.<br />
Rechtsanwälte<br />
Notariat<br />
Steuerberatung<br />
Steuerberatung<br />
Mediation Mediation<br />
Dr. iur. Hanspeter <strong>Geissmann</strong><br />
Rechtsanwalt<br />
Lic. iur. Martin Kuhn Kuhn<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt SAV Familienrecht<br />
Lic. iur. Silvia Koch<br />
Rechtsanwältin<br />
Lic. iur. Stefan Semela<br />
Rechtsanwalt LL.M.<br />
Lic. iur. Marcel Merz<br />
Rechtsanwalt und Notar<br />
Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher<br />
Rechtsanwältin<br />
auch zugelassen in Deutschland<br />
Lic. iur. Raphael Weiss<br />
Rechtsanwalt<br />
Lic. Rechtsanwalt iur. Raphael Weiss<br />
Rechtsanwalt<br />
Lic. iur. Kenad Melunovic<br />
Falken Lic.<br />
Rechtsanwalt<br />
iur. Judith Rhein<br />
Mellingerstrasse Rechtsanwältin 2a<br />
Postfach Falken 2078<br />
CH-5402 Mellingerstrasse Falken Baden 2a<br />
Telefon Postfach Mellingerstrasse +41 2078 (0)56 2a 203 00 11<br />
Fax CH-5402<br />
Falken<br />
Postfach +41 (0)56 2078 Baden 203 00 12<br />
mail@geissmannlegal.ch<br />
Telefon<br />
Mellingerstrasse<br />
CH-5402 +41 Baden (0)56<br />
2a<br />
203 00 11<br />
www.geissmannlegal.ch<br />
Fax<br />
Postfach<br />
Telefon +41 +41 (0)56<br />
2078<br />
(0)56 203 203 00 12 00 11<br />
mail@geissmannlegal.ch<br />
CH-5402 Fax +41 (0)56 Baden 203 00 12<br />
Eingetragen www.geissmannlegal.ch<br />
Telefon<br />
mail@geissmannlegal.ch<br />
+41 im (0)56 Anwaltsregister 203 00 11<br />
Fax<br />
www.geissmannlegal.ch<br />
+41 (0)56 203 00 12<br />
Eingetragen mail@geissmannlegal.ch im Anwaltsregister<br />
www.geissmannlegal.ch<br />
Eingetragen im Anwaltsregister<br />
Eingetragen im Anwaltsregister
2.<br />
Wesentlich komplizierter ist die Sach- und Rechtslage dann, wenn die Liegen-<br />
schaft bei <strong>der</strong> Scheidung nicht vom Ehegatten übernommen wird, <strong>der</strong> den<br />
WEF-Vorbezug getätigt hatte, son<strong>der</strong>n vom an<strong>der</strong>en Ehepartner. Das Aus-<br />
scheiden des vorbeziehenden Ehegatten hat nämlich grundsätzlich zur Folge,<br />
dass dessen WEF-Vorbezug in seine Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt wer-<br />
den muss, und diese erst dann bereit ist, die im Grundbuch angemerkte Ver-<br />
äusserungsbeschränkung zu löschen, wenn die Rückzahlung bei ihr eingegan-<br />
gen ist.<br />
Verfügen die Ehegatten (o<strong>der</strong> einer von ihnen) über ausreichende freie Mittel,<br />
um diese Rückzahlung vor o<strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Ehescheidung vorzunehmen,<br />
so ist die Sache einfach: Der WEF-Vorbezug ist dann ja zurückbezahlt und die<br />
Veräusserungsbeschränkung zu löschen. Güterrechtlich ist <strong>der</strong> gelöschte WEF-<br />
Vorbezug nicht mehr relevant, wogegen durch die Rückzahlung an die Vorsor-<br />
geeinrichtung das Guthaben des vorbeziehenden Ehegatten steigt, an welchem<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Ehegatte über den Vorsorgeausgleich zur Hälfte beteiligt ist. Zu<br />
berücksichtigen gilt es bei <strong>der</strong> güterrechtlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung einzig,<br />
dass durch die Rückzahlung des WEF-Vorbezuges beim diesen leistenden<br />
Ehegatten die Aktiven entsprechend sinken.<br />
Sehr oft fehlen beiden Ehegatten die für das hiervor Gesagte erfor<strong>der</strong>lichen<br />
freien Mittel und scheitert – an fehlen<strong>der</strong> Solvenz - auch die Zwischenfinanzie-<br />
rung über eine Bank / Versicherung, welche vorerst die Rückzahlung des Vor-<br />
bezuges finanzieren und dieses Engagement danach durch einen neuen Vor-<br />
bezug des die Liegenschaft übernehmenden Ehegatten (zu Lasten des ihm bei<br />
<strong>der</strong> Scheidung zukommenden höheren Austrittsguthabens) refinanzieren muss.<br />
Auch in solchen Fällen ist die <strong>Übernahme</strong> <strong>der</strong> Liegenschaft durch den nicht<br />
vorbeziehenden Ehegatten aber möglich, wobei die entsprechende Lösung<br />
sehr oft we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Anwaltschaft noch den involvierten Banken und Vorsorge-<br />
einrichtungen - teilweise auch den Gerichten – nicht o<strong>der</strong> zu wenig bekannt ist.<br />
<strong>Die</strong> Lösung basiert darauf, dass im Rahmen <strong>der</strong> Ehescheidung <strong>der</strong> WEF-<br />
Vorbezug des einen Ehegatten, statt diesen zurückzuzahlen, auf den die Lie-<br />
genschaft übernehmenden an<strong>der</strong>en Ehegatten übertragen werden kann. <strong>Die</strong>s<br />
<strong>mit</strong> <strong>der</strong> Folge, dass ohne Rückzahlung o<strong>der</strong> Zwischenfinanzierung <strong>der</strong> WEF-<br />
Vorbezug vom vorbeziehenden Ehegatten und dessen Vorsorgeeinrichtung auf<br />
den das Eigentum übernehmenden an<strong>der</strong>en Ehegatten und eine von ihm be-<br />
stimmte Vorsorgeeinrichtung (in <strong>der</strong> Regel die Freizügigkeitsstiftung <strong>der</strong> finan-<br />
2
zierenden Bank) übergeht und die Anmerkung <strong>der</strong> Veräusserungsbeschrän-<br />
kung im Grundbuch entsprechend abgeän<strong>der</strong>t wird.<br />
Güterrechtlich gilt auch diesfalls das eingangs unter Ziff. 1. Gesagte: Der WEF-<br />
Vorbezug, <strong>der</strong> ja nicht gelöscht son<strong>der</strong>n auf den an<strong>der</strong>en Ehegatten übertragen<br />
wird, belastet die Liegenschaft weiterhin wie eine Drittschuld. Vorsorgerechtlich<br />
ist <strong>der</strong> Vorbezug als Freizügigkeitsguthaben vorerst beim vorbeziehenden Ehe-<br />
gatten aufzurechnen und bei <strong>der</strong> Er<strong>mit</strong>tlung des Ausgleichungsanspruchs rech-<br />
nerisch <strong>mit</strong>zuberücksichtigen, in <strong>der</strong> Folge aber <strong>der</strong> übertragene Vorbezug<br />
beim übernehmenden Ehegatten in voller Höhe als Ausgleichszahlung anzu-<br />
rechnen.<br />
<strong>Die</strong>se „Übertragung ohne Finanzierung“ benachteiligt keinen <strong>der</strong> Ehegatten und<br />
auch nicht die involvierte Vorsorgeeinrichtung, aus welcher dannzumal <strong>der</strong> Vor-<br />
bezug erfolgte: Das Austrittsguthaben ihres Versicherungsnehmers nach Voll-<br />
zug <strong>der</strong> Scheidung und <strong>der</strong> Vorsorgeausgleichung bleibt genau gleich, weil<br />
vom bei ihr effektiv noch vorhandenen Austrittsguthaben entsprechend weniger<br />
an den übernehmenden Ehegatten ausbezahlt werden muss.<br />
Geregelt werden muss in diesen Fällen allerdings zusätzlich, was <strong>mit</strong> dem la-<br />
tenten Steuerrückerstattungsguthaben im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem seinerzeiti-<br />
gen Vorbezug geschehen soll. Dabei gilt es vorerst zu klären, ob die Übertra-<br />
gung des WEF-Vorbezuges vom einen auf den an<strong>der</strong>en Ehegatten ein „Steuer-<br />
fall“ ist, d.h. überhaupt den Rückerstattungsanspruch auslöst. Nach einer mir<br />
vorliegenden Beurteilung des kantonalen Steueramtes Aargau, die mir richtig<br />
erscheint, ist dies nicht <strong>der</strong> Fall, weil ja das vorbezogene Geld bei <strong>der</strong> reinen<br />
Übertragung nicht an eine Vorsorgeeinrichtung zurückfliesst. <strong>Die</strong>ser Rückfluss<br />
würde erst später erfolgen, wenn <strong>der</strong> den WEF-Vorbezug übernehmende Ehe-<br />
gatte <strong>der</strong>einst die Liegenschaft (vor Eintritt eines Vorsorgefalles) veräussert und<br />
den Vorbezug an seine eigene Vorsorgeeinrichtung zurückzahlt. Sinnvollerwei-<br />
se wird in <strong>der</strong> Scheidungskonvention dennoch festgehalten, dass die Übertra-<br />
gung des WEF-Vorbezuges inkl. latentes Steuerrückerstattungsguthaben er-<br />
folgt. Gegebenenfalls ist dieses latente Aktivum auf Seiten des übernehmenden<br />
Ehegatten in <strong>der</strong> güterrechtlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung auszugleichen.<br />
Stimmen die involvierten Vorsorgeeinrichtungen dieser in <strong>der</strong> Scheidungskon-<br />
vention entsprechend klar zu regelnden Lösung zu, was nach entsprechen<strong>der</strong><br />
Aufklärung in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Fall ist, so steht <strong>der</strong> Durchführbarkeit und dem Voll-<br />
zug auf entsprechende richterliche Anweisung im Scheidungsurteil hin nichts<br />
3
entgegen. Dabei kann <strong>mit</strong> <strong>der</strong> vom Scheidungsrichter nach Rechtskraft des<br />
Scheidungsurteils vorzunehmenden Anweisung ans Grundbuchamt, die Lie-<br />
genschaft ins Alleineigentum des einen Ehegatten zu übertragen, auch gleich<br />
die Anweisung verbunden werden, die Veräusserungsbeschränkung entspre-<br />
chend abzuän<strong>der</strong>n, d.h. auf den übernehmenden Ehegatten und dessen von<br />
ihm bestimmte Vorsorgeeinrichtung (Freizügigkeitsstiftung) zu übertragen.<br />
3.<br />
Der Vollständigkeit halber gilt es festzuhalten, dass das hiervor Gesagte unein-<br />
geschränkt dort gilt, wo <strong>der</strong> ursprüngliche WEF-Vorbezug aus während <strong>der</strong> Ehe<br />
angesparten Vorsorge<strong>mit</strong>teln stammt und <strong>der</strong> Liegenschaftswert im Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Scheidung nicht nur das Fremdkapital (Hypotheken) son<strong>der</strong>n auch den<br />
Vorbezug voll abdeckt. Ist das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e nicht <strong>der</strong> Fall, so än<strong>der</strong>t dies<br />
zwar nichts an den hiervor aufgezeigten Möglichkeiten: Bei <strong>der</strong> konkreten Be-<br />
rechnung <strong>der</strong> vorsorgerechtlichen Ausgleichungsansprüche wäre aber zu be-<br />
rücksichtigen, dass ein Teil des WEF-Vorbezuges als vorehelicher nicht aus-<br />
zugleichen ist bzw. <strong>der</strong> wegen gesunkenem Liegenschaftswert allenfalls ganz<br />
o<strong>der</strong> teilweise „verlustige“ Vorbezug bei <strong>der</strong> Er<strong>mit</strong>tlung <strong>der</strong> auszugleichenden<br />
Guthaben (nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung) in Abzug zu bringen ist.<br />
4.<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass auch in Fällen, wo die Lie-<br />
genschaft bzw. das beim Kauf investierte Eigenkapital über einen WEF-<br />
Vorbezug finanziert wurde, die <strong>Übernahme</strong> <strong>der</strong> Liegenschaft durch den einen<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Ehegatten als Alleineigentümer ohne zusätzliche Investitionen<br />
o<strong>der</strong> Mittel möglich ist. Zudem vorausgesetzt ist natürlich in allen Fällen die<br />
zukünftige Alleinfinanzierung <strong>der</strong> aufhaftenden Grundpfandschulden (Hypothe-<br />
ken) und <strong>der</strong>en Tragbarkeit auf Seiten des übernehmenden Ehegatten.<br />
14.02.2011<br />
lic. iur. Martin Kuhn,<br />
Rechtsanwalt und Fachanwalt SAV Familienrecht<br />
4