Oktober 2001
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scientia halensis 3/<strong>2001</strong><br />
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Fachbereich Erziehungswissenschaften<br />
»... MIT MÄNNLICHER GEDIEGENHEIT DER GEDANKEN GESCHRIEBEN«<br />
DISSERTATIONEN VON FRAUEN AN DER UNIVERSITÄT HALLE (1898–1933)<br />
Edith Glaser<br />
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Dorothea Christiana Erxleben wurde bereits im Jahr 1754 als erste deutsche Ärztin zur<br />
20 Doktorin der Medizin promoviert. Sie war zugleich die erste Frau, die an der Universität<br />
Halle einen Doktortitel erhielt. Über sie ist schon viel berichtet worden; seit 1994 steht –<br />
eingeweiht im Rahmen der Feierlichkeiten aus Anlass der 300-Jahr-Feier der Alma mater<br />
halensis – ihre Büste (von Marianne Traub) auf dem Freigelände des Klinikums Kröllwitz.<br />
Die zweite Frau, die an der Vereinigten<br />
Fridericiana den Doktorgrad erwarb, folgte<br />
erst 144 Jahre später. Am Ende des Wintersemesters<br />
1897/98 hatte Hildegard<br />
Ziegler ihr Studium an der Philosophischen<br />
Fakultät abgeschlossen. Auf diese Zeit zurückblickend,<br />
schrieb sie in ihren 1953 veröffentlichten<br />
Lebenserinnerungen:<br />
»Meine Doktorarbeit machte ich bei Professor<br />
Droysen, und zwar über die Chronik<br />
des Cario [...]. In Philosophie war Benno<br />
Erdmann mein Lehrer, dessen Logikkolleg<br />
ich viel verdanke [...]. Zum erstenmal stand<br />
ich in der Zeitung, und der ›Kladderadatsch‹<br />
spendete mir sogar ein Gedicht. Ich<br />
war froh, aus Halle wegzukommen.«<br />
Dorothea Erxleben und Hildegard Ziegler<br />
stellten Ausnahmen dar, denn sie waren<br />
promoviert worden (lange) bevor Frauen<br />
an deutschen Universitäten überhaupt im-<br />
matrikuliert werden durften. Erxlebens<br />
Promotion stellt ein singuläres Ereignis in<br />
der halleschen Universitätsgeschichte dar;<br />
Zieglers Doktortitel – und überhaupt ihr<br />
Studium an der Philosophischen Fakultät –<br />
war ein lokaler Zwischenerfolg auf dem<br />
langen Weg zur Zulassung von Studentinnen<br />
an preußischen Universitäten zum<br />
Wintersemester 1908/09.<br />
Dieser beiden Akademikerinnen erinnert<br />
man sich vor allem immer dann, wenn Pioniertaten<br />
öffentlich als Plaketten der Fortschrittlichkeit<br />
ans Revers geheftet werden.<br />
Über die nachfolgenden Studentinnen an<br />
der halleschen Universität, die bis zum<br />
Systemwechsel 1933 studierten, über deren<br />
Bildungsbiographie, Studium und wissenschaftliche<br />
Leistungen ist aber fast<br />
nichts bekannt. Ausgehend von Untersuchungen,<br />
die sich mit einer frühen Frauen-<br />
forschung in der Nationalökonomie und in<br />
der Soziologie beschäftigten, wurden in einem<br />
studentischen Forschungsprojekt die<br />
wissenschaftlichen Leistungen von Frauen<br />
untersucht, genauer gesagt: wie viele Frauen<br />
ihr Studium in Halle mit einer Promotion<br />
abschlossen, über welche Themen bei<br />
welchen Professoren promoviert wurde<br />
und wie diese Arbeiten beurteilt wurden.<br />
Nach den bisherigen Erhebungen schlossen<br />
bis zum Jahr 1933 insgesamt 149 Frauen<br />
ihr Studium an der Vereinigten Friedrichs-<br />
Universität Halle-Wittenberg mit einer<br />
Promotion ab. Von diesen hatten zwei<br />
Drittel ihre Doktorarbeiten in der Philosophischen<br />
Fakultät eingereicht. Das übrige<br />
Drittel verteilte sich in etwa gleichmäßig<br />
auf die Rechts- und Staatswissenschaftliche,<br />
auf die Naturwissenschaftliche und<br />
auf die Medizinische Fakultät. Die hohe<br />
Zahl der gerade in Halle an der Philosophischen<br />
Fakultät eingereichten Promotionen<br />
hängt auch damit zusammen, dass bis 1923<br />
die naturwissenschaftlichen Disziplinen<br />
noch zur Philosophischen Fakultät gehörten.