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Oktober 2001

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Dieser Ausgangspunkt lässt sich genau datieren:<br />

das Jahr 1769, als auf königliche<br />

Ordre die Einrichtung einer Erziehungsanstalt<br />

an der halleschen Friedrichs-Universität<br />

verfügt wurde, die der Übung im Unterrichten<br />

dienen sollte. Als eigenes Fach<br />

wurde Pädagogik an einer deutschen Universität<br />

erstmals in Halle gelehrt. 1779<br />

wurde hier die erste Professur für Pädagogik<br />

(und Philosophie) eingerichtet und mit<br />

dem philanthropischen Pädagogen Ernst<br />

Christian Trapp (1745–1818), der sich<br />

durch seine Tätigkeit am Dessauer Philanthropin<br />

empfahl, besetzt.<br />

Dass dieses Novum begründet werden<br />

musste, geht aus Trapps Antrittsvorlesung<br />

hervor. Er sprach ȟber die Notwendigkeit,<br />

das Erziehen und Unterrichten als eine eigene<br />

Kunst zu studieren«. Auch wenn seine<br />

Lehrtätigkeit in einzelnen Autobiographien<br />

positiv erwähnt wurde, waren<br />

Trapps Collegia und Vorlesungen letztlich<br />

derart wenig besucht, dass er sie einstellte.<br />

Diese Entscheidung erlaubte ihm, zügiger<br />

an seinem »Versuch einer Pädagogik« zu<br />

schreiben, der bereits 1780 erschien.<br />

Ende einer Episode<br />

Aber obwohl sie geradezu prädestiniert<br />

war für das pädagogische Jahrhundert, das<br />

sich ja eine Verbesserung gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse vordringlich von Erziehung erwartete,<br />

blieb die universitäre Pädagogik<br />

als eigenständiges Fach eine Episode.<br />

Trapp wurde auf eigenes Ersuchen 1783<br />

entlassen. Sein Nachfolger, der Altphilologe<br />

Friedrich August Wolf (1759–1824),<br />

setzte auf fachwissenschaftliche, nicht auf<br />

pädagogische Kenntnisse und ließ sich deshalb<br />

bereits 1788 von der pädagogischen<br />

Professur entbinden. Die Pädagogikvorlesungen<br />

übernahm der Theologe August<br />

Hermann Niemeyer (1754–1829), ein Urenkel<br />

Franckes, später Direktor der Franckeschen<br />

Stiftungen und Kanzler der Universität,<br />

einer der führenden Bildungspolitiker<br />

und -theoretiker seiner Zeit. Seine<br />

erstmals 1796 erschienenen »Grundsätze<br />

der Erziehung und des Unterrichts, für Eltern,<br />

Hauslehrer und Erzieher« stellten das<br />

..............................................................................<br />

scientia halensis 3/<strong>2001</strong><br />

Fachbeereich Erziehungswissenschaften<br />

»... ERZIEHEN UND UNTERRICHTEN ALS EINE EIGENE KUNST ...«<br />

ZUR GESCHICHTE DER PÄDAGOGIK AN DER UNIVERSITÄT HALLE<br />

Berthold Ebert, Jessika Piechocki und Pia Schmid<br />

Wenn von Pädagogik die Rede ist, stellt sich als erste Assoziation in aller Regel »Lehrerausbildung«<br />

ein. Die heutige universitäre Pädagogik beinhaltet allerdings neben Lehramtsauch<br />

Diplom- und Magisterstudiengänge, in denen allgemeine Pädagogik, Sozialpädagogik,<br />

Erwachsenenbildung und Rehabilitationspädagogik gelehrt werden sowie Soziologie und<br />

Psychologie im Nebenfach. Sie hat sich ausdifferenziert – doch in der Tat nahm die universitäre<br />

Pädagogik in der Ausbildung von Lehrern ihren Anfang.<br />

maßgebliche pädagogische Handbuch der<br />

Zeit um 1800 dar.<br />

Mit August Hermann Niemeyer gewann<br />

auch die praktische pädagogische Ausbildung<br />

künftiger Gymnasiallehrer an Bedeutung,<br />

wie sie in August Hermann Franckes<br />

»Seminarium praeceptorum« praktiziert<br />

worden war. Im Theologisch-Pädagogischen,<br />

ab 1826 nur Pädagogischen Seminar<br />

fand unter der Leitung verschiedener Professoren,<br />

meist Direktoren der Franckeschen<br />

Stiftungen, eine die Vorlesungen ergänzende<br />

praktische pädagogische Ausbildung<br />

statt.<br />

Zweites »Seminarium praeceptorum«<br />

Die Wiedergründung des »Seminarium<br />

praeceptorum« der Franckeschen Stiftungen<br />

1881 durch Otto Frick bedeutete für<br />

das universitäre Pädagogische Seminar<br />

Konkurrenz – was dazu führte, dass zwischen<br />

1884 und 1912 kein universitäres<br />

Seminar existierte, obwohl Pädagogik innerhalb<br />

der Philosophischen Fakultät weiter<br />

gelehrt wurde.<br />

Die Pädagogik in Halle war bis 1933 vorwiegend<br />

philosophisch bzw. geisteswissenschaftlich<br />

orientiert. Aufgrund des erstarkten<br />

Interesses an der Erziehungslehre<br />

und der Beispielwirkung anderer deutscher<br />

Universitäten sah sich die preußische Regierung<br />

gezwungen, Ostern 1912 das Pädagogische<br />

Seminar wieder einzurichten.<br />

Mit dessen Leitung wurde Wilhelm Fries<br />

(1845–1928), Direktor der Franckeschen<br />

Stiftungen und seit dem Sommersemester<br />

1889 Honorarprofessor für Pädagogik,<br />

...............................................................................<br />

5<br />

Abhandlung über die pädagogische Ausbildung in Halle<br />

Ende des 18. Jahrhunderts Foto: Archiv<br />

beauftragt. Nach Fries´ Rücktritt leiteten<br />

die Philosophen Max Frischeisen-Köhler<br />

(1878–1923) und Paul Menzer (1873–<br />

1960) sowie der Psychologe und Philosoph<br />

Theodor Ziehen (1862–1959) gemeinsam<br />

das Seminar, das mit Blick auf die alte<br />

hallesche Tradition einen Mittelpunkt für<br />

pädagogische Studien bilden und in Anlehnung<br />

an die Praxis ein breites Gebiet pädagogischer<br />

Themen behandeln sollte.

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