Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|16
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„Je<strong>der</strong> Mensch will notwendig sein!“<br />
Thema<br />
Psychische und<br />
Verhaltensstörungen Teil 7<br />
Zur Sozialpsychiatrischen Fachtagung <strong>der</strong> <strong>Emmausgemeinschaft</strong><br />
kam mit Prof. DDr. Klaus Dörner ein Pionier <strong>der</strong> Sozialpsychiatrie<br />
nach St. Pölten.<br />
17<br />
In seinem Vortrag „Je<strong>der</strong> Mensch<br />
will notwendig sein“ sprach er über<br />
die Anfänge <strong>der</strong> Psychiatriereform<br />
in Deutschland. Tausende chronisch<br />
Kranke seien damals weggesperrt und<br />
ihrer Würde beraubt worden. „Sie waren<br />
getrennt von den an<strong>der</strong>en, damit<br />
sie niemanden stören konnten.“ Es sei<br />
wichtig, Menschen nicht in Kategorien<br />
einzuteilen und: „Es macht keinen Sinn,<br />
wenn die Tüchtigen von den weniger<br />
Leistungsfähigen getrennt werden.“<br />
Je<strong>der</strong> Mensch solle seine Fähigkeiten<br />
zum Wohl <strong>der</strong> An<strong>der</strong>en einsetzen können<br />
und daran nicht gehin<strong>der</strong>t werden.<br />
Prof. Dörner: „Die Tagesdosis an Bedeutung<br />
für sich und an<strong>der</strong>e ist für jeden<br />
enorm wichtig. Nur dadurch kann<br />
es wahre Erfüllung geben.“ Bezüglich<br />
Arbeit ist Dörner pragmatisch: „Je<strong>der</strong><br />
braucht seine ‚Firma‘ und soll sich dort<br />
für an<strong>der</strong>e ‚aufreiben‘ dürfen, im Sinne<br />
von sozialer Teilhabe.“ Je<strong>der</strong> Mensch<br />
brauche es, sich in den Dienst an<strong>der</strong>er<br />
zu stellen, selbst <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> kaum<br />
etwas zu geben habe, weil er krank<br />
und gebrechlich sei. „Wenn wir einem<br />
Menschen diese Balance von Nehmen<br />
und Geben nehmen, zerstören wir ihn.“<br />
Aus Dörners Sicht ist Arbeit mehr, als<br />
nur Geld verdienen. „Je<strong>der</strong> braucht<br />
auch einen Ort, wo er hingehen kann,<br />
wenn ihm die Decke auf den Kopf<br />
fällt.“ In Deutschland wurden dazu die<br />
Selbsthilfe- und Zuverdienstfirmen gegründet.<br />
Die Bezeichnung „Firma“ hält<br />
Prof. Klaus Dörner mit Emmaus-Fachärztin<br />
Dr. Bärbel Fichtl<br />
Foto: Böswart<br />
Dörner für bedeutsam. Gäbe es einen<br />
Firmennamen – z. B. CityFarm – könne<br />
sich <strong>der</strong> Klient besser damit identifizieren.<br />
Hieße es nur „Tagesstätte“, suggeriere<br />
das eine „mildtätige Behörde und<br />
damit institutionalisiertes Arbeiten“.<br />
Einige Firmenprojekte in Deutschland<br />
hätten sich bewährt und mit ausgefallenen<br />
Produkten profitabel zu arbeiten<br />
begonnen.<br />
Klaus Dörner: „Immer etwas um die<br />
Ohren zu haben, ist sinnstiftend und<br />
erhält jung.“<br />
Dr. Bärbel Fichtl