Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 04|16
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Buchtipp<br />
Süchtig. Von Alkohol bis Glücksspiel. Abhängige erzählen<br />
von Lorenz Gallmetzer, Verlag Kremayr & Scheriau 2016, 22,- Euro<br />
Buchtipp<br />
21<br />
Der Autorenname klingt doch irgendwie vertraut.<br />
– Ja, genau! In den Jahren, als Gallmetzer<br />
noch Teil <strong>der</strong> Auslandsredaktion des ORF<br />
war, hörte man seinen Namen oft im Radio<br />
und lauschte seinen scharfsinnigen Analysen.<br />
In „Süchtig“ outet sich Gallmetzer als suchtkrank.<br />
Offen und schonungslos. Hilfe erfuhr er<br />
erst nach Jahren <strong>der</strong> inneren Verzweiflung in<br />
Wien, im Anton Proksch Institut, geleitet von<br />
Dr. Michael Musalek.<br />
Dort nutzte Gallmetzer die Zeit nicht nur, um<br />
sein Bewusstsein für die Ursachen und Wirkungen<br />
<strong>der</strong> Sucht zu schärfen und Möglichkeiten<br />
zu erkunden, ihr zu entfliehen. Er sprach<br />
auch mit Mitpatienten über ihre Lebens- und<br />
Leidensgeschichten und zeichnete die Gespräche<br />
auf. Ein Dutzend dieser Schicksale<br />
findet man nun vereint in diesem Buch.<br />
Überraschend oft sind es sehr alltäglich wirkende Charaktere mit bürgerlichen<br />
Karrieren, die berichten, wie sie über Jahre hinweg immer tiefer in ihre spezielle<br />
Sucht gerutscht sind. Wir finden keine „Schwächlinge ohne Willenskraft“,<br />
son<strong>der</strong>n durchwegs Kämpferinnen und Kämpfer – mit o<strong>der</strong> ohne „schwieriger<br />
Kindheit“.<br />
Genau das macht die 190 Seiten dieses Buchs so wertvoll und packend zu lesen:<br />
wie sehr „normale“ Menschen lernen, ihre Krankheit zu akzeptieren und<br />
damit leben. Abgerundet wird „Süchtig“ durch ein ausführliches Interview mit<br />
Dr. Musalek. Dieser geht dabei auf die Wirkung von unterschiedlichen Substanzen<br />
ein, beschreibt, ab wann von „Abhängigkeit“ gesprochen wird und spricht<br />
über die im Anton Proksch Institut angewandte Therapiemethode. Dabei geht<br />
es nicht primär darum, das (welches auch immer) Suchtmittel wegzulassen o<strong>der</strong><br />
gar medikamentös zu ersetzen, son<strong>der</strong>n sich selbst nüchtern gut zu spüren, sich<br />
lebendig und sozial verbunden zu fühlen und attraktive Lebensziele zu verfolgen.<br />
Ich finde, das ist doch auch ein sehr guter Tipp für alle, die sich als „noch-nichtsuchtkrank“<br />
einstufen.<br />
Walter Steindl<br />
Foto: Andreas Hermsdorf/pixelio.de