Zum Arbeitsmaterial - Volkshochschulverband Mecklenburg ...
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Anregungen für die geschlechtergerechte Verwendung von<br />
Personenbezeichnungen<br />
Sprache widerspiegelt das Bewusstsein. Gleichbehandlung von Männern und Frauen<br />
muss sich deshalb auch in der Sprache widerspiegeln.<br />
Dazu gehört, dass Frauen und Männer in der Sprache sichtbar und hörbar sind oder<br />
gemacht werden.<br />
Wir haben im Deutschen dafür die sprachlichen Möglichkeiten, manchmal ist<br />
Kreativität gefragt und Varianten sind möglich.<br />
Personenbezeichnungen<br />
Bei den Personenbezeichnungen im Deutschen stimmen das natürliche und das<br />
grammatische Geschlecht überein. Wir können also nicht sagen, „der Frau“ oder „die<br />
Mann“. Durch die Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums, das<br />
heißt: der Pfarrer, der Patient und der Arzt, sollen andererseits aber Frauen und<br />
Männer gemeint sein. Von der grammatischen Bedeutung her wäre das möglich.<br />
Doch auf Grund der Kongruenz von grammatischem und natürlichem Geschlecht ist<br />
das hier falsch. Das grammatische Geschlecht wird durch den Nebensinn, der<br />
geschlechtsbezogen ist, überlagert.<br />
Testen Sie sich selbst:<br />
Gestern diskutierten die Außenminister über die neue Regierung im Irak.<br />
Die Architekten stellten den Entwurf für das Jüdische Museum vor.<br />
(Wen sehen Sie in Gedanken vor sich? Nur Männer oder Männer und Frauen?)<br />
Die traditionelle Grammatik dagegen sagt, dass hier keine Geschlechtszuschreibung<br />
bestünde, sondern die männlichen Formen seien geschlechtsneutral oder<br />
geschlechtsabstrahierend.<br />
Gegenbeispiele: Viele Menschen treten aus der Kirche aus und nehmen ihre<br />
Frauen und Kinder mit.<br />
(Menschen sind Männer?)<br />
Besonders bei Stellenausschreibungen ist es wichtig, sowohl Männer oder Jungen<br />
als auch Mädchen und Frauen anzusprechen.<br />
§ 611 b des BGB: „Der Arbeitgeber soll einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch<br />
innerhalb des Betriebes nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben.“<br />
Ausnahmen sind solche Berufe, wo das Geschlecht relevant ist, zum Beispiel<br />
Mannequin oder Dressman.<br />
Anregungen für die geschlechtergerechte Verwendung Personenbezeichnungen:<br />
Die folgenden Vorschläge dienen als praktische Hilfestellung, Männer und Frauen<br />
durch geschlechtergerechtes Formulieren gleichermaßen sichtbar und hörbar zu<br />
machen.<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
1
Anredeformen<br />
Frauen und Männer sollten explizit angeredet werden.<br />
Beispiele:<br />
Sehr geehrte Damen und Herren<br />
Frau und Herr Meier<br />
Die Anrede für weibliche Erwachsene ist Frau (vgl. Erlass Bundesinnenministerium<br />
1972)<br />
Beispiele:<br />
Frau Schulze nicht: Fräulein Schulze<br />
Frau/Herrn nicht: Herrn/Frau/Fräulein<br />
Paarformen<br />
Bei einigen Personenbezeichnungen ist die Bedeutung „Mann“ bzw. „Frau“ schon im<br />
Wort enthalten. Es sollte deshalb geredet werden von: Versicherungsfrau und<br />
Versicherungsmann, Kauffrau oder Kaufmann, Fachfrau oder Fachmann bzw.<br />
geschlechtsneutral Fachpersonal.<br />
Vollständige Paarform<br />
In der deutschen Sprache wird bei vielen Personenbezeichnungen die weibliche<br />
Form durch die sogenannte Motivierung gebildet, d. h. „-in“ kennzeichnet die Person<br />
als weiblich.<br />
Um deutlich zu machen, dass es sich um Männer und Frauen handelt, stehen die<br />
feminine und maskuline Wortform nebeneinander und werden mit und, oder, bzw.<br />
verbunden.<br />
Beispiele: die Teilnehmerin und der Teilnehmer<br />
die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter<br />
die Angestellte bzw. der Angestellte<br />
Verkürzte Paarform:<br />
Die nebeneinander stehenden maskulinen und femininen Wortformen werden durch<br />
Schrägstrich voneinander getrennt. Der Schrägstrich dient zur zusammenfassenden<br />
Angabe verschiedener Möglichkeiten (R 115). Artikel stehen beim entsprechenden<br />
Hauptwort (Substantiv). Diese Form eignet sich bei Schriftstücken, um bei<br />
begrenztem Platz geschlechtergerecht zu formulieren.<br />
Beispiele: der Professor/die Professorin<br />
der Bürgermeister/die Bürgermeisterin<br />
die Prüferin/der Prüfer<br />
der Beamte/die Beamtin<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
2
Beim Vorlesen dieser Variante muss der Schrägstrich allerdings wieder in eine<br />
Konjunktion (und, oder, usw.) umgewandelt werden.<br />
Eine Klammer kann den Schrägstrich nicht ersetzen. Denn diese würde hier die in<br />
Klammern stehende Form zum erklärenden Zusatz (R 61) degradieren.<br />
Die Reihenfolge bei Vollformen und verkürzten Paarformen im Sinne der<br />
sprachlichen Gleichbehandlung spielt keine Rolle. Sie kann wechseln. So wird<br />
deutlich gemacht, dass die Reihenfolge keine Wertung beinhaltet.<br />
Zusammenziehen mit Schrägstrich<br />
Unterscheiden sich die männlichen und weiblichen Formen eines Wortes nur durch<br />
ihre Endung, bietet sich ein Zusammenziehen mit Schrägstrich an.<br />
Zur Prüfung der Zusammenziehung können Sie den Schrägstrich weglassen.<br />
Danach müsste ein korrektes Wort übrig bleiben.<br />
Beispiele: der/die Mitarbeiter/-in korrekt: der Mitarbeiter die Mitarbeiterin<br />
der/die Teilnehmer/-in korrekt: der Teilnehmer die Teilnehmerin<br />
der/die Politiker/-in korrekt: der Politiker die Politikerin<br />
(Gelegentlich fällt der Ergänzungs(binde)strich weg (R 115): der/die Mitarbeiter/in)<br />
Die Verwendung von Klammern ist hier möglich, um Verkürzungen,<br />
Zusammenfassungen, Alternativen zu kennzeichnen. (R 62)<br />
Beispiele: Mitarbeiter(in) (als Kurzform für: Mitarbeiter und/oder Mitarbeiterin)<br />
Kolleg(innen)en (als Kurzform für : Kolleginnen und/oder Kollegen)<br />
Einschränkungen<br />
Wenn eine maskuline Form einer Personenbezeichnung auf -e endet, fällt diese<br />
Endung in der femininen Form weg.<br />
Beispiele: der Beamte – die Beamtin<br />
der Bote – die Botin<br />
der Kunde – die Kundin<br />
Werden diese Wörter zur Kurzform zusammengezogen, ergeben sich falsche Wörter:<br />
Beispiele: der/die Beamt(e)in; der Kund(e)in<br />
Das gilt auch für Formen, die einen Umlaut in der femininen Wortform bilden.<br />
Beispiel: der/die Arzt/in<br />
Deshalb sollte hier die Paarform verwendet werden.<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
3
Zusammenziehen mit Binnen-I oder Großbuchstaben<br />
Die Großschreibung des „I“ im Wortinnern bzw. Großbuchstaben am Wortende<br />
ermöglichen das Zusammenziehen der männlichen und weiblichen Form von<br />
Personenbezeichnungen bei jenen Wörtern, deren weibliche Form<br />
auf „-in“ endet. Beide Formen der Großschreibung entsprechen nicht den geltenden<br />
Regeln der neuen Rechtschreibung, finden aber durchaus Verwendung in diversen<br />
Gesetzestexten, Verordnungen und Vorschriften und sind sprachökonomisch.<br />
Beispiele: der/die BürgerIn<br />
der/die DozentIn<br />
einE LeiterIn<br />
Im Mündlichen sollten beide Formen gesprochen (also: der Bürger und die Bürgerin)<br />
oder eine Pause vor dem „I“ eingefügt werden.<br />
Geschlechtsneutrale Formulierungen für Personen<br />
Mitunter entstehen beim konsequenten Gebrauch von Paarformen und<br />
Zusammenziehungen sehr schwerfällige, wenig nachvollziehbare und komplizierte<br />
Konstrukte:<br />
Beispiel: Der/die Antragsteller/in legt sein/ihr ausgefülltes Formular dem zuständigen<br />
Sachbearbeiter oder der zuständigen Sachbearbeiterin vor ...<br />
Hier kann Abhilfe durch geschlechtsneutrale Bezeichnungen geschaffen werden.<br />
Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen<br />
Weder in der Einzahl (Singular) noch in der Mehrzahl (Plural) ist erkennbar, ob es<br />
sich um eine männliche oder eine weibliche Person handelt.<br />
Beispiele: die Person – die Personen<br />
das Mitglied – die Mitglieder<br />
der Mensch – die Menschen<br />
das Individuum – die Individuen<br />
das Opfer – die Opfer<br />
Geschlechtsneutrale Pluralbildung<br />
Pluralformen von substantivierten Adjektiven und Partizipien eignen sich in<br />
besonderem Maße für die geschlechtsneutrale Bezeichnung von Personen.<br />
Denn bei Pluralbildung dieser Worte ist das Geschlecht nicht mehr erkennbar.<br />
Beispiel: die Jugendlichen aber: der/die Jugendliche<br />
die Studierenden der/die Studierende<br />
die Lehrenden der/die Lehrende<br />
die Beschäftigten der/die Beschäftigte<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
4
Einschränkung: Nicht zu allen geschlechtsspezifischen Personenbezeichnungen gibt<br />
es geschlechtsneutrale Bezeichnungen im Plural. Oft lassen sich diese aber leicht<br />
durch Zusammensetzung mit Elementen wie –kraft, -leute, -hilfe bilden.<br />
Beispiel: Fachmann/Fachfrau zu Fachkraft – Fachleute – Fachperson<br />
Umschreibungen von Personenbezeichnungen<br />
Bezeichnung der Funktion, des Amtes oder einer Gruppe<br />
An Stelle der konkreten Bezeichnung der Personen wird deren Institution, Funktion,<br />
Amt oder Gruppenzugehörigkeit benannt.<br />
Beispiel: das Rektorat<br />
die Schule<br />
die Leitung<br />
das Projektteam<br />
die Professur<br />
Umwandlung von Aktiv- in Passivformen<br />
Beispiel: Der Teilnehmende erhält nach Bestehen der Prüfung das Zertifikat.<br />
(Aktiv)<br />
besser: Nach Bestehen der Prüfung wird das Zertifikat verliehen.<br />
(Passiv)<br />
Die direkte Anrede<br />
Beispiele: Der Raum steht den Teilnehmenden in der Zeit von ... bis ... zur<br />
Verfügung.<br />
Der Raum steht Ihnen in der Zeit von ... bis ... zur Verfügung.<br />
Sie können über den Raum in der Zeit von ... bis ... verfügen.<br />
Umschreibung mit Adjektiven<br />
Beispiele: Rat eines Anwalts einholen besser: juristischen Rat einholen<br />
die Sicht des Arztes besser: aus ärztlicher Sicht<br />
Vermeidung von „man“<br />
Die Verwendung von „man“ wird heute oft nicht mehr als geschlechtsneutral<br />
verstanden. Das belegen die Bemühungen, feminine Entsprechungen wie „frau“ und<br />
„jedefrau“ zu „jedermann“ zu etablieren. Im allgemeinen Sprachgebrauch haben sie<br />
sich (bisher) nicht durchgesetzt und auch (noch) keinen Eingang in die deutsche<br />
Grammatik gefunden.<br />
„Man“ kann durch Umformulierung (Passivsatz) und die Verwendung von Pronomen<br />
(z. B.: wir, ich) vermieden werden.<br />
Beispiele: (1) Man kann darüber streiten, dass ...<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
5
Versuchen Sie es selbst!<br />
Finden Sie die kritischen Stellen und formulieren Sie diese geschlechtergerecht um.<br />
1. Leserfreundlich<br />
2. Holen Sie ggf. den Rat eines Arztes ein.<br />
3. Teilnehmerliste<br />
4. Wen man vorher alles fragen muss ...<br />
5. Sie ist Fachmann auf dem Gebiet der Gynäkologie.<br />
6. Sie ist von Beruf Lehrer für Mathematik und Religion.<br />
7. Die Kursleiter werden gebeten, ihre Teilnehmer über Ablauf und Bedingungen<br />
der Prüfung zu informieren.<br />
8. Die Fortbildungsangebote sind für jedermann offen.<br />
9. Zeichnen und Malen für Anfänger und Fortgeschrittene<br />
Dieser Kurs ist ein Angebot für Interessenten, die die Grundlagen<br />
zeichnerischer Bildgestaltung vertiefen wollen. Die Arbeit umfasst u. a.<br />
Naturstudien und farbanalytische Übungen. Der Kurs ist insbesondere für<br />
Schüler, Studenten und Auszubildende geeignet.<br />
Formulierungsbeispiele zu der Übung finden Sie auf der nächsten Seite<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
7
1. leserfreundlich<br />
lesefreundlich<br />
2. Holen Sie ggf. den Rat eines Arztes ein.<br />
Holen Sie ggf. ärztlichen Rat ein.<br />
3. Teilnehmerliste<br />
Liste für Teilnehmende<br />
4. Wen man alles fragen muss ...<br />
Wer vorher alles gefragt werden muss ...<br />
5. Sie ist Fachmann auf dem Gebiet der Gynäkologie.<br />
Sie ist Fachfrau auf dem Gebiet der Gynäkologie.<br />
6. Sie ist von Beruf Lehrer für Mathematik und Religion.<br />
Sie ist von Beruf Lehrerin für Mathematik und Religion.<br />
7. Die Kursleiter werden gebeten, ihre Teilnehmer über Ablauf und Bedingungen<br />
der Prüfung zu informieren.<br />
Die Kursleiter und Kursleiterinnen werden gebeten, ihre Kurse über Ablauf<br />
und Bedingungen der Prüfung zu informieren.<br />
oder: Lehrkräfte werden gebeten, ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer .....<br />
oder: Die Kursleitenden werden gebeten, ihre Teilnehmenden ...<br />
8. Die Fortbildungsangebote sind für jedermann offen.<br />
Die Fortbildungsangebote sind für alle offen.<br />
9. Zeichnen und Malen für Anfänger und Fortgeschrittene<br />
Dieser Kurs ist ein Angebot für Interessenten, die die Grundlagen<br />
zeichnerischer Bildgestaltung vertiefen wollen. Die Arbeit umfasst u. a.<br />
Naturstudien und farbanalytische Übungen. Der Kurs ist insbesondere für<br />
Schüler, Studenten und Auszubildende geeignet.<br />
Zeichnen und Malen für Anfängerinnen und Anfänger sowie Fortgeschrittene<br />
Dieser Kurs ist ein Angebot für Interessierte, die die Grundlagen<br />
zeichnerischer Bildgestaltung vertiefen wollen. Die Arbeit umfasst u. a.<br />
Naturstudien und farbanalytische Übungen. Der Kurs ist insbesondere<br />
für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende<br />
geeignet.<br />
Erstellt von Dr. Marion Buhl. und Dr. Birgit Gabler 2004,<br />
Gender-Projekt des <strong>Volkshochschulverband</strong>es <strong>Mecklenburg</strong>-Vorpommern e. V.<br />
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