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200 Jahre

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Freitag, 7. April 2017<br />

<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> Cellesche Zeitung 17<br />

Die zweite Generation<br />

Johanna Heuer<br />

geb. Schweiger<br />

Johanna Schweiger (1805–1888) wurde als<br />

Tochter von Ignaz und Christine Wilhelmine<br />

Schweiger in Celle geboren. Sie heiratete den<br />

Buchdrucker Friedrich Wilhelm Heuer aus<br />

Hannover, der die Firma Schweiger & Pick 1833<br />

übernahm. Den Titel der Zeitung änderte er<br />

1834 in „Cellesche Anzeigen“. Heuer investierte<br />

ein Vermögen in den oneubau des Hauses und<br />

die oneuausstattung der Druckerei. Doch bereits<br />

1837 starb er im 27. Lebensjahr. Das Paar hatte<br />

zwei Töchter.<br />

Die junge Witwe übernahm nun die<br />

Verantwortung für den Betrieb. Mithilfe eines<br />

Faktors (Werkmeisters), zunächst L. Anholt und<br />

dann K. E. Harder, führte sie das Geschäft über<br />

30 <strong>Jahre</strong> lang. Ernst Pfingsten schrieb dazu<br />

einst: „Sie leitete es in stiller, weiblicher Art,<br />

ohne selbst dabei hervorzutreten. Sie war in<br />

ihrem Wesen behutsam, aber doch umsichtig,<br />

sparsam, aber nicht kleinlich.“<br />

In den politisch aufregenden <strong>Jahre</strong>n 1848<br />

und 1849 öffnete Witwe Heuer das Blatt für<br />

Meinungsbeiträge und Versammlungsberichte,<br />

kehrte aber schnell wieder zur Form des<br />

„braven Intelligenzblattes“ zurück. Erst ab 1862<br />

wurden kurze lokale onachrichten gebracht.<br />

Seit April 1861 erschien der Anzeiger<br />

wöchentlich dreimal: dienstags, donnerstags<br />

und samstags. 1865 wurde eine Schnellpresse<br />

von König & Bauer aufgestellt, die zunächst<br />

aber noch von Hand betrieben wurde.<br />

Dennoch beschleunigte sie den Druckvorgang<br />

entscheidend. Ab Dezember 1866 erschien der<br />

„Cellesche Anzeiger“ auch sonntags, also<br />

viermal pro Woche.<br />

Mittlerweile war das Königreich<br />

Hannover von den Preußen<br />

annektiert und Celle nun<br />

preußische Provinzstadt.<br />

Witwe Heuer mochte es<br />

sich weder mit den neuen<br />

Machthabern noch mit den<br />

welfentreuen Einwohnern<br />

verderben. Sie holte ihren<br />

Schwiegersohn in das<br />

Familienunternehmen und<br />

zog sich zurück. Ab dem<br />

23. Juni 1868 stand Georg<br />

Heinrich Pfingsten als verantwortlicher<br />

Redakteur im<br />

Impressum.<br />

Die dritte Generation<br />

Georg Heinrich Pfingsten<br />

Georg Heinrich Pfingsten wurde am 19. Januar<br />

1813 in Ipswich/England geboren. Sein Vater<br />

Friedrich war Offizier in der „King’s German<br />

Legion“. 1819 wurde Friedrich Pfingsten in den<br />

Ruhestand versetzt und zog mit der Familie<br />

nach Celle. Sie wohnten an der Blumlage. Der<br />

damals sechsjährige Georg Heinrich soll zu<br />

dieser Zeit noch kein Wort Deutsch gesprochen<br />

haben. Mutter Anna starb bereits 1826.<br />

Georg Heinrich wollte Soldat werden, doch der<br />

Vater schickte ihn stattdessen nach Hannover<br />

in eine kaufmännische Lehre. onach fünf harten<br />

Lehrjahren ging er als Gehilfe nach Hamburg,<br />

kehrte dann aber nach Celle zurück. Dort<br />

arbeitete er bei onasemann und Schultz,<br />

bevor er in der Lachendorfer Papierfabrik<br />

anfing. Mit einer der sieben Töchter von<br />

Georg und Elisabeth Drewsen war er sogar vorübergehend<br />

verlobt.<br />

In Lachendorf lief 1846 die erste Papier maschine<br />

an und vervielfachte die Produktion. Georg Heinrich<br />

war 1848 als Handelsreisender für Drewsens<br />

in Kassel. Dann kaufte er ein Haus in Celle und<br />

eröffnete dort ein Papiergeschäft. 1855 heiratete<br />

er die damals 19-jährige Clara Heuer. Sie hatten<br />

drei Kinder: Georg Wilhelm, Hermann und Anna.<br />

Seine Schwiegermutter holte ihn 1868 als<br />

Geschäftsführer zu Schweiger & Pick. Trotz<br />

Pfingstens Hannovertreue bekam die „Cellesche“<br />

im Februar 1869, unter preußischer Regierung,<br />

den wichtigen Status des Kreisblatts. Der<br />

Leserkreis vervielfachte sich.<br />

Georg Heinrich Pfingsten erweiterte<br />

das Blatt in vielerlei Hinsicht<br />

und führte am 2. Februar<br />

1869 den Titel „Cellesche<br />

Zeitung und Anzeigen“<br />

ein. Im April 1869 erschien<br />

die Cellesche erstmals im<br />

sogenannten „Berliner<br />

Format“. Der Lokalteil<br />

wurde weiterentwickelt<br />

und die Rubriken<br />

„Politische onachrichten“<br />

und „Aus der Provinz“<br />

eingeführt. Seit oneujahr<br />

1881 erschien die Zeitung<br />

täglich, außer montags.<br />

Georg Heinrich Pfingsten starb<br />

am 15. Mai 1883.<br />

VVon<br />

Die erste Ausgabe vom Celleschen Anzeiger, erschienen am 2. April 1817. Sie hatte vier Seiten, etwa im Format DIN A5.<br />

Intelligenzblatt<br />

unter Zensur<br />

FloriAon Friedrich<br />

Georg Ernst Friedrich<br />

Schulze versuchte, vermutlich<br />

im Jahr 1814,<br />

das alte Privileg gegen Schweiger<br />

und Pick einzuklagen, hatte<br />

aber versäumt, es zwischenzeitlich<br />

verlängern zu lassen<br />

und wurde abgewiesen. In den<br />

folgenden <strong>Jahre</strong>n wurden vor<br />

allem lokale und juristische<br />

Schriften bei Schweiger & Pick<br />

gedruckt.<br />

Das herausragende Produkt<br />

des Verlages erschien erstmalig<br />

am Mittwoch, den 2. April<br />

1817: Die Erstausgabe der heutigen<br />

Celleschen Zeitung trug<br />

den Namen „Zellescher Anzeiger“<br />

und wies mit etwa 22 mal<br />

17 Zentimetern noch kein heute<br />

übliches Zeitungsformat auf.<br />

Auch der Umfang des Anzeigers<br />

war mit vier Seiten überschaubar.<br />

Den Inhalt bildeten<br />

Inserate, die in verschiedene<br />

Rubriken untergliedert waren.<br />

61091501_17040700300030316<br />

Aktuelle oder gar politische Berichte<br />

fehlten völlig. Allerdings<br />

bekamen die Abonnenten eine<br />

Beilage mitgeliefert mit dem<br />

Titel „Zellesche Beyträge zur<br />

heiteren und würdigen Unterhaltung“,<br />

die schöngeistige<br />

Texte und Abhandlungen enthielt<br />

und zur Bildung und geistigen<br />

Erbauung dienen sollte.<br />

Die Beilage hatte mit acht Seiten<br />

den doppelten Umfang des<br />

Anzeigers.<br />

Der „Zellesche Anzeiger“<br />

war ein sogenanntes Intelligenzblatt.<br />

Die Obrigkeit<br />

fürchtete die Verbreitung von<br />

umstürzlerischen, sprich: demokratischen<br />

Gedanken. Gedruckte<br />

Publikationen unterlagen<br />

darum strenger Zensur.<br />

Laut Konzession hatte sich der<br />

Herausgeber „darauf zu beschränken,<br />

bloße Privat-Anzeigen,<br />

keineswegs aber gerichtliche<br />

oder sonstige obrigkeitliche<br />

Bekanntmachungen und eben<br />

so wenig politische Nachrichten<br />

aufzunehmen“. Darüber<br />

wachte in Celle Oberappellationsrat<br />

Strohmeyer.<br />

Kurhannover verfolgte weiterhin<br />

ein restriktives Pressekonzept<br />

und lehnte die meisten<br />

Gesuche auf Zeitungskonzessionen<br />

ab. Der „Zellesche Anzeiger“<br />

war eine der wenigen<br />

Ausnahmen.<br />

Dass überhaupt so früh eine<br />

Genehmigung erteilt wurde,<br />

war Pastor Georg Beneken zu<br />

verdanken. Ihm traute die Regierung<br />

in Hannover offenbar<br />

und gestattete die Herausgabe<br />

eines „Celleschen Wochenblattes“.<br />

Er sollte garantieren,<br />

dass ausschließlich unverfänglich<br />

Schöngeistiges veröffentlicht<br />

wurde.<br />

Beneken gab die Konzession<br />

am 12. März 1818 an Schweiger<br />

und Pick weiter, schrieb<br />

aber weiterhin Unterhaltungsbeiträge.<br />

Seit dem 1. April 1818<br />

erschien das nun „Zellescher<br />

Anzeiger nebst Beiträgen“ genannte<br />

Blatt zweimal pro Woche:<br />

mittwochs und samstags.<br />

Die Beilage wurde eingestellt<br />

und die Unterhaltungsbeiträge<br />

stattdessen in den Anzeiger<br />

aufgenommen, der weiterhin<br />

mit vier Seiten auskam.<br />

Von April 1826 bis Juni<br />

1827 druckten und verlegten<br />

Schweiger und Pick das von<br />

Professor Schütz aus Hamburg<br />

herausgegebene „Mittagsblatt<br />

für gebildete Leser<br />

aus allen Ständen“. Es war<br />

als Unterhaltungsblatt für das<br />

Königreich Hannover konzipiert<br />

und brachte auch überregionale<br />

Nachrichten. Wegen<br />

mangelnder Nachfrage wurde<br />

es wieder eingestellt. Die Leser<br />

waren offensichtlich noch nicht<br />

so weit.<br />

Mit dem „Zelleschen Anzeiger“<br />

setzte die Firma ihre<br />

Erfolgsgeschichte jedoch fort<br />

und etablierte eine der langlebigsten<br />

Zeitungen in Niedersachsen.<br />

AschauTeiche<br />

<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> CZ – das steht für Ansporn und Verpflichtung,<br />

sorgfältige Recherche und Qualität.<br />

Wir gratulieren und wünschen alles Gute für die Zukunft!

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