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200 Jahre

CZ_Jubilaeumsbeilage

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4 <strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> Cellesche Zeitung Freitag, 7. April 2017<br />

VVN<br />

350.000 D-Mark<br />

für Maximilians Herz<br />

AMELIE THIEMANN<br />

Spenden für Menschen aus<br />

der Region können viel<br />

bewirken – und manchmal<br />

sogar Leben retten. Wie im<br />

Fall von Maximilian Ruddat,<br />

dessen Schicksal im Rahmen<br />

der CZ-Weihnachtsaktion 1991<br />

die Leser bewegte und eine<br />

wahre Spendenflut auslöste.<br />

Als Maximilian am 29. Oktober<br />

1990 das Licht der Welt erblickte,<br />

erhielten seine Eltern<br />

Elisabeth und Bernd die schockierende<br />

Diagnose: Ihr Sohn<br />

wurde mit einem Herzfehler<br />

geboren. Beim hypoplastischen<br />

Linksherz-Syndrom ist<br />

die linke Herzkammer nur<br />

verkümmert ausgebildet und<br />

nicht funktionsfähig. Die Ruddats<br />

wurden von einem Arzt im<br />

Bremer Krankenhaus Links der<br />

Weser vor die Wahl gestellt:<br />

Entweder sie ließen ihr Neugeborenes<br />

sterben, hofften auf<br />

eine Herztransplantation mit<br />

geringen Chancen – oder aber<br />

sie unterzogen Maximilien in<br />

den USA einer Operation nach<br />

einer neuen Methode, die dort<br />

bereits erfolgreich umgesetzt<br />

worden war.<br />

„Wir dachten uns: Wenn es<br />

diesen berühmten Herzchirurgen<br />

in Philadelphia gibt, könnte<br />

man Maximilian nicht dort<br />

hinbringen? Das war eigentlich<br />

nur eine Schnapsidee“, erinnert<br />

sich Bernd Ruddat an die<br />

dramatischen Stunden nach<br />

Maximilians Geburt. Doch mithilfe<br />

einer in Bremen arbeitenden<br />

amerikanischen Ärztin<br />

und der Deutschen Rettungsflugwacht<br />

organisierte die Familie<br />

kurzerhand den Transport<br />

nach Philadelphia zum<br />

Kardiologen William Norwood.<br />

„Ohne zu wissen, was das alles<br />

kostet“, sagt Bernd Ruddat,<br />

der damals als Polizist in Bremerhaven<br />

arbeitete und für die<br />

Kosten bürgte. „Aber es musste<br />

alles sehr schnell gehen.“<br />

Schon wenige Tage nach der<br />

Geburt wurde Maximilian zum<br />

ersten Mal erfolgreich operiert,<br />

zwei weitere Operationen<br />

sollten im mehrmonatigen Abstand<br />

folgen. In der Zwischenzeit<br />

begannen Freunde, Kollegen<br />

und Nachbarn der Ruddats<br />

in Bremerhaven, Spenden zu<br />

sammeln. Auch Bundesligist<br />

Werder Bremen veranstaltete<br />

seinerzeit ein Benefizspiel.<br />

Dann wurde Bernd Ruddat<br />

auf eigenen Wunsch nach Cel-<br />

Maximilian Ruddat erblickte mit einem schweren Herzfehler das Licht der Welt.<br />

Nur durch drei Operationen in den USA konnte sein Leben gerettet werden.<br />

Die CZ-Leser spendeten 1991 im Rahmen der Weihnachtsaktion rund 350.000 D-Mark<br />

für den Jungen, der heute im Alter von 26 <strong>Jahre</strong>n in Kiel studiert.<br />

le versetzt, um näher bei Eltern<br />

und Schwiegereltern zu wohnen.<br />

Die Familie zog im Juni<br />

1991 mit Maximilian und dessen<br />

älterem Bruder Julian nach<br />

Endeholz. Bernd Ruddats neue<br />

Celler Polizeikollegen wandten<br />

sich damals an die Cellesche<br />

Zeitung und gaben den<br />

Anstoß dafür, dass Maximilians<br />

Schicksal im Rahmen der CZ-<br />

Weihnachtsaktion bekannt<br />

wurde.<br />

Die Resonanz war überwältigend:<br />

Bei jedem Anlass wurde<br />

gesammelt, am Ende waren es<br />

rund 350.000 D-Mark, die für<br />

die dritte Herz-OP von Maximilian<br />

gespendet wurden<br />

– so viel wie bei keiner anderen<br />

Weihnachtsaktion der CZ<br />

überhaupt. Im Februar 1992<br />

wurde Maximilian erfolgreich<br />

operiert. Insgesamt kamen<br />

in Celle sowie durch weitere<br />

Spendenaktionen mehr als<br />

eine Million D-Mark für ihn<br />

zusammen. „Wir konnten am<br />

Anfang gar nicht damit umgehen“,<br />

erinnert sich Bernd<br />

Ruddat, der noch immer voller<br />

Dankbarkeit von den zahlreichen<br />

Spendern spricht.<br />

Die Verwaltung der Beiträge<br />

übernahm die Hilfsorganisation<br />

„Herzkind“ in Braunschweig.<br />

„Wir wollten, dass<br />

das Geld in guten Händen ist“,<br />

sagt der 58-Jährige. Nachdem<br />

die Kosten für Maximilians Behandlung<br />

dank der Spenden<br />

beglichen waren, kam das Geld<br />

anderen herzkranken Kindern<br />

zugute. Außerdem wurde der<br />

Maximilian-Forschungsförderpreis<br />

für wissenschaftliche Projekte<br />

vergeben.<br />

Nach den OP-Strapazen war<br />

Maximilian „quietschvergnügt<br />

und fast gesund“. Er wuchs<br />

normal auf, fuhr leidenschaftlich<br />

gern Ski und machte mit<br />

19 <strong>Jahre</strong>n sein Fachabitur.<br />

„Dann hat das Herz den Löffel<br />

abgeben“, fasst Bernd Ruddat<br />

zusammen. Nach einer Routineuntersuchung<br />

hatte Maximilian<br />

einen leichten Herzinfarkt<br />

und litt anschließend an<br />

einer Lungenentzündung. „Da<br />

wurde das erste Mal von einer<br />

Herztransplantation gesprochen“,<br />

so Ruddat.<br />

Maximilian erholte sich zunächst<br />

ein wenig. Während<br />

er auf ein Spenderherz wartete,<br />

begann er in Kiel Soziale<br />

Arbeit zu studieren. Im Mai<br />

vergangenen <strong>Jahre</strong>s bekam<br />

der Student dann endlich sein<br />

neues Herz transplantiert. Nun<br />

kann der 26-Jährige sein Leben<br />

wieder in vollen Zügen<br />

genießen. „Es geht ihm super<br />

gut“, freut sich Bernd Ruddat.<br />

Der Beginn<br />

Wer gab den Anstoß dazu, die Leser in der<br />

Vorweihnachtszeit zu Spenden aufzurufen? Und<br />

warum überhaupt engagiert sich eine Zeitung in<br />

diesem Bereich?<br />

Im Dezember 1985 hatte sich die Arbeiterwohlfahrt<br />

an die Cellesche Zeitung mit der Bitte<br />

gewandt, eine Aktion für Menschen ins Leben zu<br />

rufen, die unverschuldet in Not geraten sind. Da<br />

sich die CZ von jeher auch in einer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung für die Region sieht, in der<br />

sie erscheint, war die Entscheidung nicht schwer.<br />

Sechs Tage vor Heiligabend erschien unter<br />

dem Motto „CZ-Weihnachtshilfe“ erstmals ein<br />

Spendenaufruf. Ihm folgten beispielhaft<br />

Schilderungen von Einzelschicksalen, die die<br />

Leser bewegt haben müssen: Trotz der Kürze der<br />

Zeit kam eine fünfstellige D-Mark-Summe zusammen.<br />

Zudem konnte einem arbeitslosen Familienvater<br />

eine Arbeitsstelle vermittelt werden.<br />

Es geht weiter<br />

Wie ging es nach diesem etwas hektischen<br />

Beginn weiter?<br />

Es wurde ein Kuratorium mit Vertretern der<br />

Kirchen und Sozialverbände, von Stadt und Landkreis<br />

sowie der CZ gegründet, das die Verteilung<br />

der Gelder koordinierte. 1990 gingen bereits<br />

Spenden in Höhe von 17.000 Euro ein.<br />

Im Jahr 1991 wurde die „CZ-Weihnachtshilfe“<br />

dann aus aktuellem Anlass abgewandelt.<br />

Eine vom Schicksal besonders hart getroffene<br />

Familie aus dem Landkreis bedurfte dringender<br />

Unterstützung.<br />

Der gemeinsame Aufruf von CZ und dem gemeinnützigen<br />

Verein „Herzkind“, dem einjährigen<br />

Maximilian – er musste wegen eines schweren<br />

Herzfehlers in den USA operiert werden – zu<br />

helfen, fand ein überwältigendes Echo. Über<br />

Wochen gab es kaum eine Veranstaltung im<br />

Landkreis, bei der nicht für Maximilian gesammelt<br />

wurde. (siehe Artikel links).<br />

In den folgenden drei <strong>Jahre</strong>n kam der Erlös der<br />

Weihnachtsaktionen der Kinderklinik des Allgemeinen<br />

Krankenhauses, den Not leidenden Menschen<br />

in Celles ukrainischer Partnerstadt Sumy<br />

sowie der Krebsberatungsstelle zugute. 1995<br />

wurde dann die Aktion „Mitmenschen in Not“ ins<br />

Leben gerufen. Anlass war die steigende Zahl von<br />

Sozialhilfeempfängern. In Stadt und Landkreis<br />

Celle umfasste diese Bevölkerungsgruppe fast<br />

zehn Prozent aller Bewohner.<br />

Wie haben die Leser auf diese Aktion reagiert?<br />

Großartig. Waren es im ersten Jahr rund<br />

19.500 Euro, so kletterte die Spendensumme<br />

zwölf Monate später schon auf rund 34.750 Euro.<br />

Schulklassen sammelten, Firmen verzichteten<br />

auf Weihnachtsgeschenke für ihre<br />

Kunden und beschenkten stattdessen<br />

„Mitmenschen in Not“. Dazu kamen aus<br />

Leserkreisen Sachspenden.<br />

Eine Idee<br />

Und dann kam der Gedanke zu einer Tombola<br />

Die CZ-Mitarbeiter hatten sich über <strong>Jahre</strong> als<br />

Würstchenverkäufer für den guten Zweck<br />

engagiert. Letztlich aber musste die CZ zur<br />

Kenntnis nehmen, dass die Möglichkeiten, auf diesem<br />

Weg Spenden zu sammeln, beschränkt sind.<br />

Als dann 1997 die Idee aufkam, die hiesige<br />

Wirtschaft um Spenden für eine Tombola zu<br />

bitten, konnte niemand ahnen, was sich hieraus<br />

einmal entwickeln würde. Bereits bei der<br />

Premiere im gleichen Jahr auf dem<br />

Weihnachtsmarkt in Wienhausen wurden<br />

<strong>200</strong>0, durchweg gespendete, Preise ausgelobt.<br />

Nach zwei Tagen waren 10.915 Euro in der Kasse.<br />

Der Gesamtspendenerlös kletterte auf mehr als<br />

55.730 Euro.<br />

Tradition verbindet ...<br />

Die Harke von 1871 sendet von der Weser an die Aller herzliche<br />

Glückwünsche zum <strong>200</strong>. Geburtstag.<br />

Ihr Medienpartner<br />

im<br />

Landkreis Nienburg<br />

DIE HARKE<br />

Nienburger Zeitung von 1871<br />

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