11. Ausgabe Oktober 2012 [PDF, 1.81 MB] - Gemeinde Beinwil am ...
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� BEZIRKSSCHULE REINACH<br />
Vorbilder<br />
Was sind Vorbilder? Auf diese Frage wird wohl jede<br />
Person anders antworten. Seien das Stars, Eltern,<br />
Freunde, vielleicht verstorbene Menschen, aber<br />
auch fiktive Personen, wie zum Beispiel Filmhelden<br />
oder Comicfiguren, womöglich sogar ein selbst erfundener<br />
Charakter. Es kommt ebenso auf die Persönlichkeit<br />
wie auf das Alter an, wen wir zum Vorbild<br />
nehmen. Bei Kindern sind es natürlich immer<br />
und an erster Stelle die Eltern, von denen sie unter<br />
anderem die Sprache und das Gehen lernen. Später,<br />
als Teenager, sind es oft Stars oder Filmhelden.<br />
Doch sie alle haben etwas gemeins<strong>am</strong>, denn wir<br />
möchten ihnen nacheifern. Wir sehen in unseren<br />
Vorbildern jemanden, mit dem wir uns identifizieren<br />
und an dem wir uns festhalten können. Manchmal<br />
merken wir nicht einmal, dass wir eine Person imitieren,<br />
denn unser Unterbewusstsein und die Gefühle<br />
spielen bei diesem Thema eine entscheidende Rolle.<br />
«Es gibt keine andere vernünftigere Erziehung, als<br />
Vorbild zu sein – wenn es nicht anders geht, ein<br />
abschreckendes.» Dieser Ausspruch von Albert<br />
Einstein erfasst genau, dass es ebenso schlechte<br />
wie gute Vorbilder gibt, und dass man auch von<br />
diesen lernen kann. Allerdings nicht, indem man<br />
ihnen nacheifert, sondern indem man sich bewusst<br />
anders verhält als sie.<br />
Dazu gehört auch, dass wir manchmal von unseren<br />
Idolen enttäuscht werden. Noch einmal mit dem<br />
oben genannten Beispiel der Eltern ausgedrückt:<br />
Jedes Kind vergöttert seine Eltern, bis es mit einem<br />
gewissen Alter erfahren muss, dass auch die Eltern<br />
nicht alles können oder richtig machen – sie sind<br />
eben auch nur Menschen. Oder ein anderes Beispiel:<br />
Ein Mädchen möchte so werden wie die<br />
Schauspielerin Kristen Stewart, die Hauptdarstellerin<br />
in den «Twilight»-Filmen. Dort erlebt sie als Bella<br />
eine traumhafte Liebe mit dem V<strong>am</strong>pir Edward,<br />
der von Robert Pattinson gespielt wird. Nach dem<br />
Dreh sind die beiden auch im realen Leben ein Paar.<br />
Immer wieder findet das Mädchen Bilder und Berichte<br />
über Kristen Stewart und Robert Pattinson.<br />
Für die beiden scheint ein Märchen wahrgeworden<br />
zu sein. Die grosse Liebe <strong>am</strong> Filmset kennen und<br />
lieben gelernt. Mädchenherzen schmelzen so<br />
schnell wie Schnee in der Sonne, Tränen werden um<br />
Robert Pattinson, den Traummann, vergossen. Eifersucht<br />
und Neid kommt auf. Schadenfreude, als<br />
eines Tages die Boulevardpresse verkündet, dass<br />
Stewart Pattinson betrogen hat und er sie daraufhin<br />
verliess. Diejenigen, die ihren Star endlich wieder<br />
zurückhaben, sind froh und erklären fachmännisch,<br />
wieso sie schon von Anfang an wussten, dass die<br />
Beziehung irgendwann in die Brüche gehen würde.<br />
Für andere bricht eine Welt zus<strong>am</strong>men, als sie sehen,<br />
dass ihr grosses Vorbild solche Schwächen hat.<br />
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Scheint es nur so oder haben vor allem Mädchen<br />
Vorbilder? Alle männlichen Stars kennen das Phänomen.<br />
Kaum werden sie in der Öffentlichkeit gesichtet,<br />
marschieren nicht nur scharenweise Paparazzi<br />
auf. Vor allem sind da die Fans, die ihr Vorbild<br />
sehen wollen. Autogr<strong>am</strong>me und kreischende<br />
Frauen, das zehrt an den Nerven. Wahrscheinlich<br />
tröstet sich Justin Bieber d<strong>am</strong>it, dass er nicht der<br />
Einzige ist, der eine ganze Konzerthalle mit kreischenden<br />
Fans füllen kann. Aber als Zugabe stehen<br />
den ganzen Tag Menschen vor deinem Hotel. Jeder<br />
Schritt wird dokumentiert und an andere weitergeleitet.<br />
Die ganze Welt weiss Bescheid, wenn JB Probleme<br />
hat. Privatsphäre auf Nimmerwiedersehen…<br />
Vorbilder haben eine Funktion und eine Verantwortung.<br />
Aber Teenie-Stars wie Justin Bieber, Kristen<br />
Stewart und so weiter müssen ihr Leben und ihre<br />
Freiheiten zuerst selber erkunden, bevor sie verantwortungsvoll<br />
die Rolle eines Idols übernehmen können.<br />
Trotzdem sind und bleiben sie Vorbilder. Aber<br />
wäre ein Vorbild noch ein Vorbild, wenn es sich nicht<br />
etwas Mystisches, um nicht zu sagen Übermenschliches<br />
bewahren könnte? Ist das nicht einer der<br />
zentralen Punkte, die sie ausmacht? Wenn wir ehrlich<br />
sind, wissen wir genau, dass Idole oft idealisiert<br />
werden. Was ist sonst der Grund, dass beispielsweise<br />
Comichelden ohne Fehl und Tadel bewundert<br />
und vergöttert werden? Kein Mensch ist fehlerlos,<br />
nur wollen wir uns das nicht vor Augen führen.<br />
Durch Schlagzeilen wie diese über Kristen Stewart<br />
und Robert Pattinson werden jeden Tag Träume<br />
zerstört. Die Fans leiden mit ihren Idolen mit. Weil<br />
sie sich mit ihnen identifizieren, glauben sie diese<br />
Menschen genau zu kennen. In Wirklichkeit kennen<br />
sie aber nur die Person, die zum Beispiel von dem<br />
Schauspieler dargestellt wird. Niemals aber den<br />
Menschen, der wirklich dahinter steht.<br />
Die Stars wissen um diese Missverständnisse.<br />
Doch sie müssen d<strong>am</strong>it leben. Die Fans verehren<br />
einen Menschen, den sie nicht kennen und wahrscheinlich<br />
nie bis ins letzte Detail sehen werden.<br />
Geschichten werden vertuscht oder das Ansehen<br />
von Schauspielern und Sängern in den Schmutz<br />
gezogen. Die Klatschpresse sieht nur das, was sie<br />
sehen will und <strong>am</strong> liebsten alles, was die Massen<br />
interessieren könnte. Skandale sind <strong>am</strong> beliebtesten,<br />
vielleicht auch, weil dann die «normalen» Bürger<br />
bemerken, dass Stars und Sternchen ebenso<br />
wie sie versagen können und dies nicht selten tun.<br />
Wir alle sind fehlbar, ALLE, Vorbilder und Idole<br />
ebenso wie nicht weltberühmte Personen aus dem<br />
Alltag.<br />
Und doch, Vorbilder und Personen, an denen wir<br />
uns festhalten können, sind extrem wichtig für unsere<br />
Entwicklung. Ein Mädchen, das für Justin Bieber<br />
schwärmt, entdeckt vielleicht in zwanzig Jahren<br />
im Keller eine Kiste mit alten Postern. Sie denkt:<br />
Ach, hätte ich mir nicht einen Hübscheren als Idol<br />
aussuchen können? Und doch liegt bei der alten<br />
Erinnerung ein Lächeln auf ihrem Gesicht, das<br />
zeigt, wie sie jene Zeit genossen hat, auch wenn sie<br />
ihr inzwischen längst entwachsen ist. Ob Teil unserer<br />
Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, Vorbilder<br />
prägen uns fürs Leben.<br />
Ursina Eichenberger, Ann-Kathrin Amstutz