Die Mode als Spiegel des Wertewandels der Gesellschaft - am ...
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<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>.“ 10<br />
Mit ihrer neuen, freizügigen Kleidung rebellieren die Merveilleuses nicht nur ästhetisch<br />
gegen die alte Ordnung, die Merkmale <strong>der</strong> Kleidung sind Sinnbil<strong>der</strong> für ein<br />
neu entstandenes Bewusstsein und Menschenbild. <strong>Die</strong> durchscheinenden Klei<strong>der</strong><br />
zeigen eine Offenheit, ja eine Neugier gegenüber Natur und An<strong>der</strong>sartigkeit und<br />
ein immenses Selbstbewusstsein. <strong>Die</strong> junge Generation will sich nicht mehr in die<br />
starren Zwänge <strong>des</strong> Ancien Regimes einfügen in <strong>der</strong> einzig und allein die Meinung<br />
<strong>des</strong> Herrschers zählt, falls dieser denn die Lust hätte nachzudenken. Beeindruckt<br />
von <strong>der</strong> Antike, ihrer Demokratie, nicht sosehr was das abstrakte politische Gefüge<br />
angeht, son<strong>der</strong> vielmehr, was Meinungsfreiheit und Gedankenfreiheit betrifft,<br />
übernimmt sie von ihr die Lust <strong>am</strong> philosophieren. Man stelle sich das Bild <strong>des</strong><br />
antiken Philosophen vor, <strong>der</strong> sein Leben d<strong>am</strong>it verbringt, auf öffentlichen Plätzen<br />
über die großen Fragen <strong>der</strong> Welt zu diskutieren - ich kann mir denken, dass die<br />
Vorstellung eines solchen Lebens die Menschen zu dieser Zeit sehr beeindruckt<br />
hat. Auch zeigt sich im neuen Kleidungsstil, jedenfalls theoretisch, eine Offenheit<br />
gegenüber An<strong>der</strong>sartigkeit. Nichts muss nun mehr in den Rahmen eines Korsetts<br />
gepresst werden, alles darf öffentlich gezeigt und somit auch ausgesprochen werden.<br />
Selbständige, junge Frauen unterhalten öffentliche Salons in denen über Politik, die<br />
öffentliche Meinung und das Leben diskutiert werden darf. Eine bedeutende Neuerung<br />
- die die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>der</strong> französischen Revolution auch ihrem antiken Vorbild<br />
voraus hat - ist die gleichberechtigte Rolle <strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>. We<strong>der</strong> vor<br />
noch nach <strong>der</strong> französischen Revolution im Empire waren die Frauen so frei und<br />
unabhängig und auch politisch aktiv wie zur Zeit <strong>der</strong> französischen Revolution.<br />
<strong>Die</strong> Einführung einer neuen einheitlichen <strong>Mode</strong><br />
Da die Revolutionsführer die Kleidung wie<strong>der</strong> vereinfachen wollten, um eine einheitliche<br />
<strong>Gesellschaft</strong> und eine neue Zus<strong>am</strong>mengehörigkeit zu schaffen, wurde <strong>der</strong><br />
Maler Jacques-Louis David, ein wegen seiner Begeisterung für die Antike und <strong>der</strong>en<br />
demokratisches Staatssystems aktiver Mitgestalter <strong>der</strong> Revolution, gebeten, <strong>Mode</strong>entwürfe<br />
für eine neue Bekleidung zu zeichnen. <strong>Die</strong>se wurden dann vervielfältigt<br />
und verteilt. Während sich seine Entwürfe für Männer nicht durchsetzten, waren<br />
die Frauen von seinen, von <strong>der</strong> Antike inspirierten, fließenden Gewän<strong>der</strong>n begeistert.<br />
Auch seine Darstellung antiker Themen, wie zum Beispiel die <strong>des</strong> „Schwurs<br />
<strong>der</strong> Horatier“ (Abb. 11), beeinflusste die weibliche <strong>Mode</strong>. Als vermeintliche Farbe<br />
<strong>des</strong> antiken Griechenlands besaß Weiß einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert und wurde<br />
zur bedeutendsten Farbe für die Frau. Das aus Davids Entwürfen resultierende<br />
Chemisenkleid kann man ab 1795 mit Beginn <strong>des</strong> „Directoirs“, <strong>des</strong> ersten Regierungsgremiums<br />
<strong>der</strong> französischen Revolution, <strong>als</strong> gängige <strong>Mode</strong> bezeichnen.<br />
10 Stadtmuseum München, Son<strong>der</strong>ausstellung <strong>Mode</strong> sprengt Mie<strong>der</strong> - Silhouettenwechsel , 2010<br />
Abb. 11: Jacques Louis David: „Der Schwur <strong>der</strong> Horatier“ (Ausschnitt), 1784<br />
Abb. 12: Louis Bouilly: „Das Billardspiel“<br />
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