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Vorstadtsalat - Klaus Bädicker

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Wo der Mensch geht, da kommt die Natur, könnte<br />

einem beim Betrachten dieses Einganges so einfallen.<br />

Das ist jedoch nur ein vorübergehendes, natürliches<br />

Phänomen. In Zeiten ungeduldigen Scharrens<br />

nach dem Eigentum, denn nichts ist wichtiger<br />

als persönlicher Grundbesitz auf Mutter Erdens Kruste,<br />

da entleert sich ein Haus schnell, wenn auch nur<br />

übergangsweise. Die bisherigen Bewohner, die -allerdings<br />

immer weniger werdend - noch ausharren,<br />

verzichten hier auf eine geordnete Stadtlebensform.<br />

Sie schlagen sich halt durch im Bangen und<br />

Hoffen auf das, was auf sie zukommen wird. Dieses<br />

menschliche Verharren nimmt nun die Natur zum<br />

Anlaß, sich wieder unbemerkt auszubreiten, sie<br />

greift auf ihren ursprünglichen Lebensraum zurück.<br />

Und so schlagen sich die Nochbewohner auch noch<br />

durch schnellwüchsige Essigbäume. Hier und vieler-<br />

ortens, besonders für den nahen Alex, erstellt man<br />

bereits Pläne mit sehr, sehr hohen Häusern. Und mit<br />

viel Park? Ach, besser Parkplatz. Wissen sie denn<br />

nicht, daß Berlin eine phantastisch grüne Umgebung<br />

hat? Schließlich erklärt man das Scheunenviertel<br />

zur gehobenen Adresse, läßt es ordentlich<br />

in seinen Grenzen ausufern und fertigt goldgeränderte<br />

Visitenkarten. Die neue Anschrift heißt<br />

nun mit unverzichtbarer Unterzeile in Frakturschrift:<br />

Scheunenviertel. Der letze Immerhierwohner hat es<br />

wahrscheinlich längst verlassen. Es ist ihm eventuell<br />

zu glatt saniert, vielleicht auch künftig nicht mehr<br />

bezahlbar. Und außerdem sind die Plattenbauten<br />

am Stadtrand möglicherweise doch nicht so<br />

schlecht?! Der neue Mensch mit dem hellblauen<br />

Hemd und goldfarbenen Schlips möbliert inzwischen<br />

schon. Der Neuscheunenviertelbewohner.<br />

Großstadtdschungel<br />

Max-Beer-Straße 29<br />

Max-Beer-Straße 29<br />

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