09 Die heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT II)
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Originalien<br />
Tab. 2 Medizinökonomische Dosierungsanalyse<br />
Argatroban<br />
Danaparoid<br />
Ampulle 2,5 ml (100 mg/ml) ➔ 250 mg Argatroban,<br />
Endkonzentration nach empfohlener<br />
Verdünnung 1 mg/ml a<br />
Herstellerabgabepreis: 175,85 € (Lauer-Taxe<br />
Stand 12.10.2015)<br />
Standarddosierung (Fachinformation)<br />
Dosierung: 2,0 μg/kg Körpergewicht × min b<br />
Tagesdosis: 10,2 mg × 24 h = 244,80 mg bzw.<br />
172,19 €, gesamt: 1468,8 mg<br />
Behandlung über 6 Tage = 1033,14 €<br />
Dosierungen gemäß klinischer Praxis, z. B. Alatri<br />
et al.<br />
Dosierung = a) 1,0 bzw. b) 0,5 μg/kg Körpergewicht<br />
× min<br />
Tagesdosis = a) 5,1 mg × 24 h = 122,40 mg<br />
bzw. 86,10 €, b) 2,55 mg × 24 h = 61,20 mg<br />
bzw. 43,04 €, gesamt: a) 734,40 mg bzw.<br />
b) 367,2 mg<br />
Behandlung über 6 Tage = 516,60 € bzw.<br />
258,30 €<br />
a im stationären Setting als Multidose über 72 h verwendbar<br />
b abweichende Dosierung bei eingeschränkter Leberfunktion erforderlich<br />
c vor Preisanpassung<br />
10 Ampullen (750 I. E.)<br />
Herstellerabgabepreis 218,85 € c (Lauer-Taxe<br />
Stand 12.10.2015)<br />
1 Ampulle 1,89 €<br />
Therapeutische Dosierung beträgt bei<br />
55–90 kg Körpergewicht gemäß Fachinformation:<br />
1. i. v. als Bolus 2250 Anti-Xa-Einheiten<br />
2. danach i. v. 400 Anti-Xa-Einheiten/h über 4 h<br />
3. danach i. v. 300 Anti-Xa-Einheiten/h über 4 h<br />
4. anschließend 150–200 Anti-Xa-Einheiten/h<br />
5. 150–200/h Anti-Xa-Einheiten über 5–7 Tage<br />
(Erhaltungsinfusion):<br />
1. 2250 Xa-Einheiten<br />
2. 1600<br />
3. 1200<br />
4. 200 × 16 h = 3200<br />
5. 200 × 24 h = 4800 × 5 Tage = 24.000<br />
Gesamt 32.250/750 I. E. = 43 ➔ 43 Ampullen<br />
Behandlung über 6 Tage = 941,47 € c<br />
(12.10.2015 gem. Lauer-Taxe)<br />
könnenund dies inderKonsequenznicht<br />
zu Komplikationen führt [73].<br />
Daher sollte im 2. Schritt eine funktionelle<br />
Labordiagnostik (HIPA [Heparininduzierter<br />
Plättchenaktivierungsassay]<br />
oder SRA [Serotonin release Assay]) [21]<br />
erfolgen [32]. Ob ein schwach positives<br />
Ergebnis des PF4-ELISA-Tests durch<br />
einen funktionellen Test weiter zu verifizieren<br />
ist, hängt von den klinischen<br />
Gegebenheiten ab (4T-Score ≥4), ggf.<br />
sollte eine Reevaluation der klinischen<br />
Wahrscheinlichkeit vorgenommen werden<br />
[21]. Bei einem hohen prädiktiven<br />
Wert des immunologischen Tests ist auf<br />
jeden Fall ein funktionaler Test durchzuführen.<br />
Ein positiver Befund lässt<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine<br />
<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> schließen [21].<br />
Aufgrund unterschiedlicher Abrechnungsmodalitäten<br />
werden in der Literatur<br />
verschiedene Preise für einen PF4-<br />
ELISA angegeben: 27,98 € gemäß der<br />
GOÄ 1,15facher Gebührensatz ([34],<br />
GOÄ-Ziffer 3950) und 23,00 € gemäß<br />
demDKG-NT[33];diese„Modellkosten“<br />
können für eine interne Kostenleistungsverrechnung<br />
eines krankenhauseigenen<br />
Labors zugrunde gelegt werden [34],<br />
sofern kein krankhauslaborindividuelles<br />
Kostenverrechnungsmodell genutzt<br />
wird. Der HIPA-Leistungsverrechnungssatz<br />
liegt bei 52,46–64,12 € ([34], GOÄ-<br />
Ziffer 3894 bzw. 3895, 1,15facher Gebührensatz<br />
nach der Gebührenordnung<br />
für Ärzte GOÄ) und bei 31,70 € gemäß<br />
DKG-NT [33].<br />
Medikamentenkosten einer <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>therapeutischen<br />
Dosierung für<br />
Argatroban und Danaparoid<br />
Um einen medizinökonomischen Therapiekostenvergleich<br />
zwischen den beiden<br />
alternativen Antikoagulanzien Argatroban<br />
und Danaparoid abzubilden, wurden<br />
für das nachfolgende Modell (s. . Tab. 2)<br />
zwei Annahmen getroffen:<br />
1. Patientengewicht 85 kg Körpergewicht<br />
(KG),<br />
2. der Behandlungszeitraum beträgt<br />
6Tage,inAnlehnungandiemittlere<br />
Verweildauer der DRG Q60C<br />
(<strong>HIT</strong> <strong>II</strong> als Erstdiagnose). In Abhängigkeit<br />
des Therapieverlaufes kann<br />
in der Praxis selbstverständlich aber<br />
auch eine längere Medikationsdauer<br />
erforderlich sein.<br />
Bei Verdacht auf eine <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> appliziert<br />
man Argatroban in unterschiedlichen<br />
Dosierungen, entsprechend den Erfordernissen<br />
des Patienten und der zugrunde<br />
liegenden Erkrankung: zum einen die<br />
in der Fachinformation angegebene Dosierung,<br />
nach der sich auch die ACCP-<br />
Guideline richtet. <strong>Die</strong>se empfiehlt bei<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdacht oder -diagnose eine<br />
therapeutische Dosis [35].<br />
Zum anderen gibt es die DosierungsempfehlungnachAlatrietal.[36].Gemäß<br />
denErgebnissendesConsensusMeetings<br />
für die Applikation von Argatroban bei<br />
<strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Patienten, die eine antithrombotische<br />
Behandlung benötigen [36],<br />
wurden die Dosierungsschemata auf der<br />
Grundlage der über die Jahre gesammelten<br />
klinischen Erfahrungen angepasst.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet:<br />
3. bei Intensivpatienten mit Verdacht<br />
auf <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> wird eine deutlich niedrigere<br />
Argatroban-Dosierung empfohlen<br />
[37]. <strong>Die</strong> Anfangsdosis bei<br />
einer <strong>HIT</strong>-<strong>II</strong>-Verdachtsdiagnose ohne<br />
thrombotische Komplikationen<br />
liegt bei 0,5 μg/kg Körpergewicht ×<br />
min, Monitoring der aPTT alle 2 h,<br />
ggf. Adjustierung, bis Steady State<br />
erreicht.<br />
4. Bei Patienten ohne Symptome einer<br />
Leberfunktionsstörung/Perfusion<br />
liegt die Dosierung bei 1,0 μg/kg<br />
Körpergewicht × min.<br />
5. Bei lebensbedrohlichen thrombotischen<br />
Ereignissen 2,0 μg/kg<br />
Körpergewicht × min.<br />
Behandlungskosten einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong><br />
InderLiteraturfindensichunterschiedliche<br />
Angaben zu den Behandlungskosten<br />
einer <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> während eines Krankenhausaufenthaltes<br />
für amerikanische [38,<br />
40–42, 44], kanadische [43] sowiedeutsche<br />
Krankenhäuser [33, 45].<br />
Eine im Jahr 2015 veröffentlichte Publikation<br />
von Kim et al. [34] untersucht<br />
im Rahmen einer Modellberechnung ein<br />
mögliches Einsparpotenzial bei regelhafter<br />
Gabe von Argatroban als Thromboseprophylaxe<br />
(vgl. Abschnitt „Antikoagulanziendosierung<br />
bei noch nicht bestätigtem<br />
Anfangsverdacht“).<br />
Wie die veröffentlichten Daten zeigen<br />
(s. . Tab. 3), weichen die US-amerikanischen<br />
Daten zu <strong>HIT</strong> <strong>II</strong> deutlich<br />
von den deutschen Kostendaten [33,<br />
45] mit durchschnittlichen Kosten von<br />
ca. 9008–9346 € ab, was durch die unterschiedlichen<br />
stationären Kostenstrukturen<br />
in beiden Gesundheitssystemen<br />
bedingt ist.<br />
338 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 4 · 2017