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POLITIK<br />

JÜNGERE SEHEN MEDIZINISCHE VOLLMACHT FÜR EHE-<br />

PARTNER KRITISCH - JEDER ZWEITE MÖCHTE ZUDEM<br />

NICHT FÜR EIGENE ELTERN ENTSCHEIDEN<br />

Rund die Hälfte der Deutschen im Alter von durchschnittlich<br />

29 Jahren möchte nicht, dass ihr Partner über die<br />

med. Behandlung entscheidet, falls sie selbst bewusstlos<br />

sind.<br />

Eine noch größere Zahl fühlt sich überfordert, wenn sie für<br />

die Eltern entscheiden müsste. Aus Anlass des aktuellen<br />

Gesetzesvorhabens hat das Marktforschungsunternehmen<br />

Appinio im Auftrag von DIPAT Die Patientenverfügung über<br />

1500 Deutsche online befragt.<br />

Nach Vorstellung von Justizminister Heiko Maas (SPD) sollen<br />

Ehepartner und eingetragene Lebenspartner künftig automatisch<br />

befugt sein, in medizinischen Belangen füreinander zu<br />

entscheiden. Das Entscheidungsrecht soll Untersuchungen,<br />

Behandlungen und Operationen umfassen und gelten, wenn<br />

der Betroffene aufgrund seiner gesundheitlichen Lage<br />

nicht selbst entscheiden kann. Eine Onlineumfrage unter<br />

1504 Teilnehmern im Auftrag von DIPAT hat nun ergeben:<br />

Die Meinung junger Menschen über diese Regelung ist<br />

stark geteilt. Über 44% möchten nicht, dass ihr Ehe- oder<br />

Lebenspartner medizinische Entscheidungen an ihrer Stelle<br />

trifft. Eine noch größere Zahl der Befragten (über 47%) gibt<br />

zudem an, aus Sorge vor Fehlern selbst nicht über die Behandlung<br />

der eigenen Eltern entscheiden zu wollen.<br />

„Diese Ergebnisse zeigt das große Problem, das wir täglich<br />

auf Intensivstationen und im Rettungsdienst haben“, sagt<br />

Dr. Paul Brandenburg, Notarzt und Gründer von DIPAT.<br />

„Angehörige sind verständlicherweise schnell überfordert,<br />

wenn es um das Leben und Sterben der Familie geht. Selbst<br />

der beste Stellvertreter kann den tatsächlichen Patientenwillen<br />

nicht ersetzen. Im Ernstfall schützt nur eine wirksame<br />

Patientenverfügung.“<br />

Geplantes Gesetz geht am eigentlichen Problem vorbei<br />

Das geplante Gesetz löst aus Sicht von Brandenburg nicht<br />

das Problem: „Es ist in der Praxis schon lange so, dass<br />

Ehepartner und Angehörige den Ärztinnen und Ärzten die<br />

entscheidenden Informationen geben, wenn eine Verfügung<br />

fehlt. Das geplante Gesetz bringt also keine Besserung. Um<br />

das eigentliche Problem der Behandlungsentscheidung zu<br />

lösen, muss die Politik dafür Sorgen, dass alle Menschen<br />

in Deutschland mit wirksamen Patientenverfügungen versorgt<br />

werden. Das ist nur durch eine Onlinelösung wie<br />

DIPAT möglich. Die Krankenkassen sollten hierfür die Kosten<br />

übernehmen.“<br />

Über DIPAT<br />

DIPAT ist ein neuartiger Online-Dienst für Patientenverfügung<br />

und medizinische Notfalldaten, einschließlich Betreuungsverfügung,<br />

Vorsorgevollmacht, Organspendeangaben,<br />

Kontaktdaten von Bezugspersonen, Vorerkrankungen und<br />

Medikamenten. Es umfasst die laufende Aktualisierung aller<br />

Dokumente, ihre jederzeitige Abrufmöglichkeit für Ärzte<br />

und die Alarmierung von Kontaktpersonen im Notfall.<br />

GROSSE UNTERSCHIEDE IN DER SCHLAGANFALL-<br />

VERSORGUNG IN EUROPA<br />

Die europäische Schlaganfall Patienten-Organisation<br />

Stroke Alliance for Europe (SAFE) hat den lang erwarteten,<br />

ausführlichen Überblick über die Situation der<br />

Schlaganfall-Versorgung in Europa vorgestellt.<br />

Vor Mitgliedern des EU-Parlaments präsentierte das<br />

Präsidium von SAFE gemeinsam mit der europäischen<br />

Schlaganfall-Fachgesellschaft (ESO) die wichtigsten Forschungsergebnisse<br />

des King‘s College London aus 35<br />

europäischen Ländern.<br />

Die schlaganfall-bedingten Todesraten in Europa sind<br />

innerhalb der letzten 20 Jahre kontinuierlich gesunken.<br />

Dennoch stellt der Schlaganfall nach wie vor eine große<br />

Herausforderung dar. Patienten, die den Schlaganfall<br />

überleben, müssen mit teilweise schweren Beeinträchtigungen<br />

und Behinderungen umgehen.<br />

Die standardisierten Berechnungen des Reports zeigen<br />

auf, dass die Schlaganfall-Zahlen innerhalb der nächsten<br />

Jahre dramatisch ansteigen werden, hauptsächlich aufgrund<br />

der zunehmenden Alterung der europäischen Bevölkerung.<br />

Die von Statistikern erstellten Projektionen des „Burden<br />

of Stroke Reports“ zeigen auf, dass zwischen 2015 und<br />

2035 die Gesamtzahl der Schlaganfallereignisse in der<br />

EU um 34% ansteigen wird. Europaweite standardisierte<br />

Vergleiche sind von zentraler Bedeutung, um eine bessere<br />

Versorgung und Unterstützung für alle Schlaganfall-<br />

Betroffenen zu erzielen. Sie werden im Report durch gute<br />

Praxisbeispiele in einzelnen Ländern ergänzt.<br />

SAFE fordert jedes EU-Land auf, ein strukturiertes System<br />

der Datenerhebung zu etablieren, an der Schlaganfall-<br />

Versorgung beteiligte Einrichtungen regelmäßig im Rahmen<br />

von Audits zu überprüfen und sich dabei europaweit abzustimmen,<br />

um von guten Beispielen zu lernen. „Ein solches<br />

Vorgehen erleichtert die Einordnung und Verbesserung<br />

der Leistungsfähigkeit und beschleunigt den Prozess der<br />

Qualitätsverbesserung der Schlaganfall-Versorgung in<br />

Europa“, sagt Dr. Markus Wagner.<br />

Der Experte der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist<br />

gleichzeitig Vizepräsident von SAFE und stellte den Bericht<br />

im EU-Parlament vor. Viele Millionen Menschen reisten innerhalb<br />

Europas von Land zu Land. Es sei eine erschreckende<br />

Vorstellung, eine exzellente Versorgung in einem<br />

Land oder einer bestimmten Region zu erhalten und in<br />

einem anderen Land deutlich schlechtere Strukturen<br />

POLITIK<br />

vorzufinden, mit möglicherweise katastrophale Folgen bei<br />

einem Schlaganfall.<br />

Die Gesamtkosten des Schlaganfalls in Europa im Jahr<br />

2015 betrugen rund 45 Milliarden Euro. Der Report<br />

prognostiziert einen deutlichen Anstieg der direkten<br />

Gesundheitskosten als auch der indirekten Kosten. Die<br />

Hochrechnungen zeigen weiterhin, dass auch die Zahl der<br />

Menschen, die mit dem Schlaganfall als chronische Erkrankungen<br />

leben müssen, bis zum Jahr 2035 um ca. 25<br />

Prozent ansteigen wird. Auf diese Welle in einer Größenordnung<br />

von rund 1 Million zusätzlicher, mit der Erkrankung<br />

lebender Patienten im Jahr 2035 müssten sich die<br />

Gesundheitssysteme in Europa möglichst bald einstellen.<br />

Ein Schlaganfall-Aktions-Plan sei notwendig, damit der<br />

erwartete Anstieg die nationalen Gesundheitssysteme<br />

nicht vollkommen überfordere.<br />

Nach Meinung von SAFE braucht jedes einzelne EU-<br />

Mitgliedsland eine nationale Schlaganfall-Strategie, die<br />

durch die jeweilige Regierung unterstützt und getragen<br />

wird. Diese Strategie muss den gesamten Versorgungspfad<br />

abbilden: von der Bevölkerungsaufklärung und Prävention<br />

über die Diagnose und Behandlung in einer spezialisierten<br />

Schlaganfall-Station sowie der systematischen Überleitung<br />

in eine spezialisierte Rehabilitation bis in die strukturierte,<br />

ambulante Nachsorge. „Der Report zeigt auf, dass in der<br />

Akutversorgung des Schlaganfalls in den letzten Jahren<br />

viel in Europa getan worden ist und Deutschland im<br />

Vergleich eine sehr gute Versorgungsstruktur besitzt“,<br />

resümiert Markus Wagner. „Es wird aber auch sehr deutlich,<br />

dass die Strukturen der Langzeitversorgung und Unterstützung<br />

der Patienten z.B. in Bezug auf die soziale Integration<br />

in praktisch allen europäischen Ländern deutlich<br />

vernachlässigt worden sind und eine konzertierte Entwicklung<br />

von patientennahen Modellen und Strategien<br />

notwendig ist“.<br />

Den Burden of Stroke Report finden Sie hier:<br />

www.strokeeurope.eu / www.safestroke.eu<br />

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