Der Pferde-Zirkel 56 2016
Pferdesport, Zucht & Haltung in Nord-Niedersachsen
Pferdesport, Zucht & Haltung in Nord-Niedersachsen
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Info Haltung<br />
Robustpferde in der modernen <strong>Pferde</strong>haltung<br />
Wieviel Weidegang braucht ein Robustpferd ?<br />
Weidegang entspricht der naturnahen Haltung aller<br />
<strong>Pferde</strong> am ehesten. Permanente Raufutteraufnahme,<br />
wichtige Sozialkontakte, Witterungseinflüsse und freie<br />
Bewegung sind unverzichtbar für ein zufriedenes und gesundes<br />
<strong>Pferde</strong>leben.<br />
Wenn da nicht das eine große und berechtigte Problem<br />
wäre. Selbst wenn ich mich hier zum 3. Mal wiederhole:<br />
<strong>Pferde</strong> sind in ihrem Ursprung bis heute Steppentiere. Sie<br />
brauchen artenreiches, karges, rohfaseriges und energiearmes<br />
Grasland. Die Weidesaaten, die auf den meisten<br />
Flächen in unserer Region angebaut werden, entsprechen<br />
bei Weitem nicht dieser Anforderung. Es handelt sich in<br />
vielen Fällen um artenarme, zum Teil für <strong>Pferde</strong> ungeeignete<br />
und hoch energiereiche weiche Grassorten, die für<br />
die Versorgung von Hochleistungsmilchkühen oder für<br />
die Masthaltung vorgesehen sind.<br />
Jungpferde, tragende oder laktierende Stuten kommen<br />
mit dem Energieangebot dieser fetten Weiden meist sehr<br />
gut zurecht, wenn sie nicht gerade zu den leichtfuttrigen<br />
<strong>Pferde</strong>rassen zählen. - Bei Robustpferden oder leichtfuttrigen<br />
<strong>Pferde</strong>n und Ponys sieht das jedoch ganz anders aus.<br />
Das Überangebot an Energie, Zucker und Stärke verwandelt<br />
ein gesundes Pferd oder Pony sehr schnell in einen<br />
Weidemoppel. Das sieht nicht nur unschön aus, es ist vor<br />
allem für die Gesundheit eine nicht zu unterschätzende<br />
Gefahr. Bestehen erst einmal gesundheitliche Probleme<br />
mit dem Energiestoffwechsel, so wird eine Weidehaltung<br />
immer risikoreicher.<br />
Die beste Lösung besteht darin, sein Robustpferd nur auf<br />
einer vor allem energiearmen und strukturreichen <strong>Pferde</strong>weide<br />
laufen zu lassen. Ist dies nicht möglich sollte ein Robustpferd<br />
nur für sehr kurze Zeit auf die Weide. Dabei muss<br />
indiviuell entschieden werden, wieviel Weidegang möglich<br />
ist. Denn auch Robustpferde sind in ihrer Verwertung<br />
von Energie unterschiedlich. Dazu zählen auch Faktoren<br />
wie Alter, Bewegungsanreize, sportliche Nutzung, etc.<br />
Wichtig ist weiterhin, dass bei Weidegang immer genügend<br />
Heu zur Verfügung steht. Niemals sollten <strong>Pferde</strong><br />
ohne vorige Heufütterung nach langer Fresspause (z.B.<br />
nachts) auf Weide gelassen werden - egal ob artenreiche<br />
<strong>Pferde</strong>weide oder fette Wirtschaftsweide -. Die Kolikgefahr<br />
ist nicht zu unterschätzen. - Die ergänzende Versorgung<br />
mit Mineralien- und Spurenelementen haben wir ja<br />
bereits auf der Vorseite besprochen.<br />
Das Thema Fruktan im Weidegras werden wir hier nicht<br />
detailliert besprechen. Fruktan zählt zu den leicht verdaulichen<br />
Kohlehydraten und ist Energielieferant Nummer 1.<br />
Jedoch zählt nicht nur der Fruktangehalt im Detail sondern<br />
die absolut aufgenommene Menge an Gras mit allgemein<br />
hohem Energiegehalt zu den Risikofaktoren. Das<br />
ist in der Auswirkung ähnlich, wie wenn ein Pferd unkontrolliert<br />
die Haferkiste plündert!<br />
geringen Anteil enthalten sein. Eine Ansaatmischung, die sich gemäß Landwirtschaftskammer<br />
Niedersachsen gut für fruktanarme <strong>Pferde</strong>weiden eignet, ist die Standardmischung<br />
G I mit Anteilen von 10 % Deutschem Weidelgras, 47 % Wiesenschwingel, 17 %<br />
Wiesenlieschgras, 10 % Wisenrispe, 10 % Rotschwingel und 6 % Weißklee. Diese wiesenschwingelbetonte<br />
Ansaatmischung zeichnet sich tendenziell durch geringe Fruktankonzentrationen<br />
aus und eignet sich für Weide- und Schnittnutzung. Die aufgeführte Tabelle<br />
zeigt Grassorten mit abnehmendem Zuckergehalt auf.<br />
Die Reihe der Gräserarten mit abnehmenden<br />
Zuckergehalten lautet:<br />
• Welsches Weidelgras<br />
• Deutsches Weidelgras<br />
• Wiesenrispe<br />
• Wiesenschwingel<br />
• Knaulgras<br />
• Rotschwingel<br />
• Wiesenlieschgras<br />
• Wiesenfuchsschwanz<br />
Quelle LWK Niedersachsen<br />
Fazit: Robustpferde haben es nicht einfach in unserer modernen <strong>Pferde</strong>haltung. Wer seine<br />
<strong>Pferde</strong> / Ponys nicht in Eigenregie halten kann, ist auf einen kompetenten Pensionsstall<br />
angewiesen. - Hier lohnt es sich schon im Vorfeld genau hinzuschauen und ruhig<br />
andere Einsteller nach ihren Erfahrungswerten zu fragen. Es genügt nicht, nur das energiereiche<br />
Grundfutter auf ein Minimun zu reduzieren. Ausreichende Futterzeiten, ein<br />
Maximum an freier Bewegungsmöglichkeit unter Artgenossen und auch mal individuelle<br />
Entscheidungsfreiheit gehören für mich zu den wichtigen Kriterien einer Robustpferdehaltung.<br />
Auch das Miteinander und die Toleranz der zweibeinigen Stallgemeinschaft ist<br />
nicht zu unterschätzen. Schnell entsteht eine vermeidbare Zweiklassengesellschaft, deren<br />
Lager sich in Sport- und Freizeithalter trennt.<br />
Um gezielt Grünlandaufwüchse – und damit Weide wie<br />
auch Winterfutter - mit niedrigen Fruktangehalten zu erzeugen,<br />
sollten in der Ansaatmischung die Gräserarten,<br />
die hohe Zuckergehalte aufweisen, in einem möglichst<br />
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