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Fraulich_9 17.11.2008 8:30 Uhr Seite 32 32 Buchtipp Buchtipp Buchtipp von Gaye Suse Kromer Schreiben Sie noch Briefe? Nein? Wie schade das ist, zeigt der wunderbare Bildband von Jutta Bauer. In diesem Buch stellt die Hamburger Illustratorin ihr höchst subjektives, höchst charmantes Briefe-, Postkarten- und Mailsammelsurium vor. Nicht nur privater Schriftwechsel fand Eingang ins Buch, auch bekannte Namen wie etwa Ringelnatz, der an seine Geliebte Annemarie Ruland schrieb, hat Bauer aufgenommen. Mit sechs Rubriken, unterteilt unter anderem in „Reisebriefe“, „Erfundene Briefe“ und – natürlich – „Liebesbriefe“, ist der Band übersichtlich gegliedert. Dazu gibt es von Bauer in gewohnter Weise liebevoll gestaltete Zeichnungen. Mal humorvoll, mal dramatisch, mal tröstlich: Das ganze pralle Leben findet sich in vielen Zeilen wieder – und wir dürfen den Verfassern über die Schultern schauen. Genau das ist an diesem Buch so wunderbar, der „Schlüsselloch-Reiz“, wie Jutta Bauer in ihrem Vorwort schreibt, verlockt gleich vom ersten Brief an weiterzulesen. Vielleicht bekommen Sie ja auch wieder Lust, einen Brief zu schreiben? Ich sitze hier im Abendlicht… Jutta Bauer 192 S., Hardcover, 24.90 t Gerstenberg ISBN 978-3806750287
Fraulich_9 17.11.2008 8:30 Uhr Seite 33 Die Psyche ist ein Labyrinth voller Geheimnisse, Sackgassen, Verzweigungen. Lauren Slater, promovierte Psychologin, begleitet mit leicht verständlichen Texten den Laien durchs seelische Dickicht. In zehn Kapiteln beschreibt und erklärt sie die spektakulärsten Experimente der Psychologie. Eine der bekannteren Untersuchungen war das nach dem Versuchsleiter benannt „Milgram“-Experiment im Jahr 1961, in dem es um die Erforschung von Autorität und Gehorsam ging. Durchschnittliche Menschen taten in einem fingierten Versuch anderen vermeintlich ein Leid an – einige gingen dabei bis zum Äußersten, nur weil ein Laborant sie dazu anwies. Es stellt sich die Frage: Würde ich dazugehören? Das Buch gibt persönliche Denkanstöße, lässt aber auch – in Zeiten von Guantanamo und anderen Foltergefängnissen – Gehorsamkeitsstrukturen in einem neuen Licht erscheinen. Hervorragend an dieser Lektüre: Die Klarheit der Schreibe, das wissenschaftliche Know-how und das Verständnis, das die Psychologin dem Individuum und dem psychischen Labyrinth entgegenbringt. Lauren Slater ist ein zutiefst menschliches Buch gelungen. Von Menschen und Ratten Lauren Slater 345 S., Hardcover, 22.90 t Beltz ISBN 978-3407857828 „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind“. So beginnt das Gedicht „Der Erlkönig“ von Johann Wolfgang von Goethe. Der gute Goethe ist es auch, den Autor Robert Löhr ins Zentrum seines Buches rückt und von ihm „leiht“ er sich den Titel. Inhaltlich haben Buch und Gedicht wenig miteinander gemein. Löhr inszeniert einen munteren Reigen deutscher Klassiker, die in eine haarsträubende Geschichte um Napoleon, politische Intrigen und Liebe verwickelt werden. Mit von der Partie sind außerdem Friedrich Schiller als Goethes Freund – im wahren wie im fiktiven Leben, Heinrich von Kleist, Alexander von Humboldt, Bettina Brentano sowie Achim von Arnim. Wie eine Screwball-Komödie muten die spritzigen Dialogwitze an. Löhr treibt seinen historischen Roman mit viel Verve voran und besticht mit einem fabelhaften Sprachniveau. Bei den vielen Anspielungen hilft es, über einige rudimentäre Kenntnisse in klassischer Literatur zu verfügen – „Ihren“ Goethe oder „Ihren“ Schiller müssen Sie trotzdem nicht auswendig können, um über das Schelmenstück lachen zu können. Das Erlkönig-Manöver Robert Löhr 362 S., Hardcover, 19.90 t Piper ISBN 978-3492049290 Islam, Scharia, Burka:Allzu oft werden diese Worte in einem Atemzug genannt. Sie spiegeln unser westliches „Verständnis“ oder besser (Klischee-) Bild der islamischen Welt wider. „Die Zeit“ - Autorin Charlotte Wiedemann ist ausgezogen, um neue Einblicke in eine uns manchmal rätselhafte wie unverständliche Welt zu geben. Sie bereiste muslimische Länder, unterhielt sich mit liberalen wie orthodoxen Muslimen. Im Zentrum stehen vor allem die Frauen Saudi-Arabiens, Nigerias, Syriens und anderer Länder islamischen Glaubens. Die Journalistin berichtet von den unterschiedlichen Ausprägungen des Islams, der ursprünglichen Bedeutung der Scharia und davon, warum das Kopftuch auch Freiheit bedeuten kann.Wiedemann erreicht nicht immer ihr, zugegeben hohes, Ziel, mit einem vorurteilsfreien Blick auf „die“ andere Religion, „die“ andere Kultur und ihre für uns komplizierten Verhaltenskodizes zu beschreiben. Dennoch ist die Lektüre ein mutiger Versuch, endlich den Blick auf das Dahinter des Schleiers zu richten, das Schwarz-Weiß aufzulösen, vielleicht in ein buntes Verstehen und möglicherweise auch Akzeptieren zu wandeln. Ihr wisst nichts über uns! Charlotte Wiedemann 223 S., Softcover, 14.95 t Herder ISBN 978-3451030123 Buchtipp 33
Seite 1 und 2: Fraulich_9 17.11.2008 8:26 Uhr Seit
Seite 31: Fraulich_9 17.11.2008 8:30 Uhr Seit

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