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PeruIDie Lebenssituation der ar- men Bevölkerung ... - Fastenopfer

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Peru I Die <strong>Lebenssituation</strong> <strong>der</strong> <strong>ar</strong><strong>men</strong><br />

<strong>Bevölkerung</strong> verbessern


Inhalt<br />

Län<strong>der</strong>informationen ................................................................................................................3<br />

Das Landesprogramm Peru des <strong>Fastenopfer</strong>s ........................................................................4<br />

Löhne und Preise in Peru.........................................................................................................6<br />

Landesprogramm Peru.............................................................................................................7<br />

Berichte aus Peru.....................................................................................................................9<br />

Erzählungen aus Peru............................................................................................................23<br />

Lie<strong>der</strong> aus Peru ......................................................................................................................25<br />

Märchen aus Peru ..................................................................................................................26<br />

Gebete aus Peru ....................................................................................................................30<br />

Rezepte aus Peru...................................................................................................................33<br />

2


Län<strong>der</strong>informationen<br />

Landesfläche 1 285 216 km 2 CH: 41'285 km 2<br />

EinwohnerInnenzahl 27.898 Millionen CH: 7.7 Millionen<br />

Hauptstadt Lima (7'753'439 Einwohner/innen)<br />

Staatsform Präsidiale Republik<br />

Sprachen Spanisch, Ketschua, Aim<strong>ar</strong>á<br />

Religionen 92% Katholiken, 3% Protestanten; indigene<br />

Religionen<br />

Ethnische Gruppen ca. 45% Indigene <strong>Bevölkerung</strong>, 37% Mestizen,<br />

15% Weiße; Min<strong>der</strong>heiten von Schw<strong>ar</strong>zen,<br />

Mulatten, Japanern, Chinesen<br />

BNE pro Kopf 3’410 $ CH: 60’820 $<br />

Alphabetisierung 88.2% CH: 99.6%<br />

Kin<strong>der</strong>sterblichkeit 2% CH: 0.5%<br />

Lebenserw<strong>ar</strong>tung<br />

Fischer Weltalmanach 2010<br />

♀ 71.71 Jahre - ♂ 68.05 Jahre<br />

CH: ♀ 83.48 Jahre<br />

♂ 77.69 Jahre<br />

3


Das Landesprogramm Peru des <strong>Fastenopfer</strong>s<br />

Ausgangslage Peru, dessen Fläche mehr als dreissig Mal so gross ist wie<br />

diejenige <strong>der</strong> Schweiz, hat eine <strong>Bevölkerung</strong> von rund 27.9<br />

Millionen Menschen. St<strong>ar</strong>ke Landflucht hat dazu geführt, dass<br />

heute 70% <strong>der</strong> EinwohnerInnen in einer Stadt leben. Über die<br />

Hälfte <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong> lebt unter <strong>der</strong> Armutsgrenze, knapp<br />

ein Fünftel in extremer Armut, was zuneh<strong>men</strong>d zu sozialen<br />

Spannungen und Gewalt führt. Ein grosser Teil <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong><br />

findet nur im informellen Sektor Arbeit. Die Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Vorgaben von IWF und Weltbank hat nicht zu einer Reduktion<br />

<strong>der</strong> Armut geführt. Im Rah<strong>men</strong> <strong>der</strong> Demokratisierung<br />

wird <strong>der</strong> bisher zentralistische, autoritäre Staat dezentralisiert.<br />

Die Kirche ist nach wie vor diejenige Institution, die das<br />

höchste Vertrauen <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong> geniesst. Viele befreiungstheologisch<br />

engagierte Bischöfe wurden allerdings in den<br />

letzten Jahren durch konservative o<strong>der</strong> dem Opus Dei angehörige<br />

Bischöfe ersetzt, was die Arbeit an <strong>der</strong> Basis mit einer<br />

Option für die Ar<strong>men</strong> zumindest erschwert.<br />

Bisherige Tätigkeiten Das <strong>Fastenopfer</strong> engagiert sich seit 1971 in Peru. Zu Beginn<br />

wurden Projekte verschiedenster Art im ganzen Land unterstützt,<br />

ab Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre fand ein regionaler und thematischer<br />

Konzentrationsprozess statt. Mit einzelnen P<strong>ar</strong>tnerorganisationen<br />

besteht eine langjährige Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit.<br />

Inhaltlich haben sie die jeweiligen Herausfor<strong>der</strong>ungen durch<br />

Kontext und Anfor<strong>der</strong>ungen an Qualität <strong>der</strong> Arbeit angepackt<br />

und verfügen heute über reiche Erfahrung, über innovatives<br />

Wissen und sind oft eine Referenz in (und ausserhalb von)<br />

Peru.<br />

Zielsetzungen Die wichtigsten Ziele <strong>der</strong> Arbeit des <strong>Fastenopfer</strong>s in Peru sind:<br />

Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Lebenssituation</strong> <strong>der</strong> Menschen in den Projektgebieten,<br />

Demokratisierung, För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Respektierung<br />

von Menschenrechten, Religionen und Kulturen. In allen Projekten<br />

sind die Gleichberechtigung zwischen verschiedenen<br />

Kulturen und zwischen den Geschlechtern sowie die Konfliktprävention<br />

und -be<strong>ar</strong>beitung von zentraler Bedeutung.<br />

Zielgruppen Die unterstützten Projekte fokussieren auf die <strong>ar</strong><strong>men</strong> und<br />

ärmsten <strong>Bevölkerung</strong>sgruppen. Dazu zählen vor allem Frauen,<br />

Jugendliche sowie die indigene und die schw<strong>ar</strong>ze <strong>Bevölkerung</strong>.<br />

Regionen Das Engage<strong>men</strong>t konzentriert sich auf das südliche Hochland,<br />

auf die Region <strong>der</strong> Hauptstadt Lima und auf gewisse Gebiete<br />

im Regenwald.<br />

4


Kernthe<strong>men</strong> Gemeinden bilden – Glauben leben<br />

Ausbildung von Laien und kirchlichen Leitungspersonen,<br />

volksnahe Bibellesung und theologische Reflexion, Stärken<br />

<strong>der</strong> Gemeinschaft und Verknüpfen des Glaubens mit sozialem<br />

Engage<strong>men</strong>t sowie interreligiöse Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit sind Projekte<br />

<strong>der</strong> pastoralen Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit in Peru.<br />

Frieden ermöglichen – Dialog för<strong>der</strong>n<br />

Die Entwicklung von Fähigkeiten um an den Prozessen in<br />

Gesellschaft und Kirche teilzuneh<strong>men</strong> und sich einzugeben,<br />

stärkt die Demokratie und vermin<strong>der</strong>t die Korruption. Die Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Menschenrechts<strong>ar</strong>beit und <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong><br />

Wahrheits- und Versöhnungskommission för<strong>der</strong>t den Dialog<br />

und die Bemühungen um Frieden.<br />

Lebensgrundlagen sichern – Ressourcenzugang för<strong>der</strong>n<br />

Die Unterstützung von Projekten zur Sicherung <strong>der</strong> Ernährung<br />

sowie des Einkom<strong>men</strong>s sowie zur Verbesserung (Steigerung,<br />

Diversifizierung) <strong>der</strong> Produktion trägt zu einem gerechteren<br />

Zugang zu Ressourcen bei.<br />

Nachhaltigkeit Neben dem nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen<br />

und <strong>der</strong> Umwelt engagiert sich das <strong>Fastenopfer</strong> auch im Bereich<br />

<strong>der</strong> Nachhaltigkeit von Wissen und Prozessen durch<br />

lokale Verankerung und für eine politische Nachhaltigkeit<br />

durch Lobbying.<br />

Landesprogramm 2005-2010<br />

Budget pro Jahr (2010) Entwicklungszusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit Fr. 445’000.-<br />

Pastoralzusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit Fr. 155’000.-<br />

Begleitstruktur Eine permanente Begleitung vor Ort befindet sich in Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit<br />

mit <strong>der</strong> peruanischen Konsulentin Julia Alba, im<br />

Aufbau. Julia Alba hat seit vielen Jahren, jedoch immer nur<br />

punktuell, für das <strong>Fastenopfer</strong> ge<strong>ar</strong>beitet.<br />

Programmverantwortung Alicia Medina<br />

FASTENOPFER<br />

Alpenquai 4<br />

Postfach 2856, 6002 Luzern<br />

Telefon 041 227 59 59<br />

Fax 041 227 59 10<br />

mail@fastenopfer.ch<br />

www.fastenopfer.ch<br />

Postcheck 60-19191-7<br />

5


Löhne und Preise in Peru<br />

Monatslöhne<br />

Minimallohn 430 Soles im Monat<br />

Doch: die wenigsten Personen haben eine feste Arbeitsstelle, son<strong>der</strong>n haben ihren kleinen<br />

Verkaufsstand mit Lebensmitteln und/o<strong>der</strong> Artikeln des täglichen Bed<strong>ar</strong>fs, Werkzeugen, o<strong>der</strong><br />

produzieren Kunsthandwerk, <strong>ar</strong>beiten als Handwerker, Schnei<strong>der</strong>in und werden im Akkord<br />

bezahlt.<br />

Programm <strong>der</strong> Regierung zur Schaffung kurzfristiger Arbeitsplätze: 10 Soles/Tag (weniger<br />

als Minimallohn, um an<strong>der</strong>e Arbeitsplätze nicht zu gefährden).<br />

canasta básica / W<strong>ar</strong>enkorb für<br />

für 4-köpfige Familie 1500 - 2‘500 Soles<br />

(Licht, Lebensmittel etc.)<br />

Soles (1 US$ = S 3.42)<br />

Angaben aus Qu<strong>ar</strong>tier Lima wo<br />

die einfache <strong>Bevölkerung</strong> lebt<br />

� Handseife 1 – 3<br />

� Coca Cola 0.50 1 ½ l = 3<br />

� 1 Kg Reis 2.50<br />

� 1 Kg Hirse -<br />

� 1 Maiskolben -.50<br />

� 1 Kg K<strong>ar</strong>toffeln -. 80 – 1.20<br />

� 1 Brötchen -.10 – 0.30<br />

� 1 Kg Fleisch 11<br />

� Süssigkeit 0.50 (Kleingebäck mit Schoggi)<br />

-.50 – 5 (Glace)<br />

� Kugelschreiber -.50 – 8<br />

� Spielzeug<br />

� Papierblock 25 1000 Blätter<br />

� Schuluniform Ca. 130<br />

� Schulausgaben pro<br />

Jahr<br />

� Telefon. Grundgebühr 82 Soles<br />

30 – 65 Einschreibgebühr<br />

ca. 60 Kugelschreiber, Hefte,<br />

ohne Bücher<br />

6


Landesprogramm Peru<br />

Frieden statt Gewalt und Diskriminierung<br />

Die langen Jahre <strong>der</strong> Gewalt zwischen 1980 und 2000 wirken immer noch nach in Peru.<br />

D<strong>ar</strong>an hat auch das demokratisch gewählte P<strong>ar</strong>la<strong>men</strong>t kaum etwas geän<strong>der</strong>t. Ungleichheit,<br />

Diskriminierung und eine unsichere Rechtslage, sowie die mangelhafte Grundversorgung<br />

hem<strong>men</strong> die Entwicklung des Landes. Beson<strong>der</strong>s die indigenen Völker <strong>der</strong> Anden und des<br />

Amazonas sind dabei von Armut und Diskriminierung betroffen: Die Konflikte mit staatlichen<br />

Behörden o<strong>der</strong> Bergbaugesellschaften haben zugenom<strong>men</strong> und werden nicht selten gewaltsam<br />

ausgetragen. Gründe für diese Verschärfung sind <strong>der</strong> unzureichende Respekt vor<br />

Grundrechten, Umweltprobleme sowie Misswirtschaft und Korruption.<br />

In den letzten Jahren haben in <strong>der</strong> peruanischen Kirche konservative Positionen an Boden<br />

gewonnen. Als Folge davon unterstützt das <strong>Fastenopfer</strong> vor allem Organisationen, <strong>der</strong>en<br />

Pastoral befreiungstheologisch geprägt ist. Dazu gehören das Erstellen und Verbreiten von<br />

Informationsmaterialen und Radiosendungen über Geschichte und Versöhnung sowie über<br />

Menschenrechte. Diese Bildungsmassnah<strong>men</strong> richten sich an Jugendliche und Erwachsene<br />

und streben eine zukunftstaugliche Pastoral<strong>ar</strong>beit an.<br />

Friedens- und Menschenrechts<strong>ar</strong>beit bleiben wichtige Aufgaben des Landesprogramms.<br />

Konflikte ergeben sich vor allem dort, wo die <strong>Bevölkerung</strong> sich gegen die Ausbeutung von<br />

Bodenschätzen und gegen die Abholzung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> wehrt. 2009 hat die Organisation<br />

CAAP indigene Gemeinden in einem Landkonflikt mit dem Staat begleitet. Deren Lebensraum<br />

konnte vorläufig geschützt werden. Schliesslich wird Wert d<strong>ar</strong>auf gelegt, die Ernährung<br />

<strong>der</strong> <strong>ar</strong><strong>men</strong> <strong>Bevölkerung</strong> zu sichern. Der fachgerechte Anbau alter Getreide<strong>ar</strong>ten wie Quinoa<br />

spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />

7


Foto <strong>Fastenopfer</strong><br />

8


Berichte aus Peru<br />

Unser Engage<strong>men</strong>t in Peru: Frieden för<strong>der</strong>n<br />

Von Julia Alba de Bûhler, Peru<br />

Peru ist ein sehr vielfältiges Land mit grossen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen<br />

Unterschieden. Dies kann einerseits als Reichtum verstanden werden, ist aber gleichzeitig<br />

auch Ursache einer Vielzahl von Proble<strong>men</strong>, die ernsthaft die Existenz unserer Gesellschaft und<br />

unsere gemeinsame Zukunft gefährden. In diesem Kontext engagieren sich das <strong>Fastenopfer</strong> und<br />

seine P<strong>ar</strong>tner in ihrer Friedens<strong>ar</strong>beit.<br />

Frieden ist nicht einfach das Fehlen von Spannungen und Konflikten. Friede ist ein Synonym für<br />

Gerechtigkeit und bedeutet Respekt vor dem Leben und Respekt vor <strong>der</strong> individuellen und kollektiven<br />

Freiheit. Die katholische Kirche bekräftigt, dass „Entwicklungs<strong>ar</strong>beit“ <strong>der</strong> neue Name für<br />

Frieden sei.<br />

Und nun ein konkretes Beispiel, mit dem ich Ihnen diese Vision und unser Engage<strong>men</strong>t im täglichen<br />

Leben aufzeichnen möchte. In Peru gibt es verschiedene Wi<strong>der</strong>standsbewegungen, die <strong>der</strong><br />

Regierung ihre Probleme vor Augen führen wollen. In einem Dep<strong>ar</strong>te<strong>men</strong>t <strong>der</strong> südlichen Anden<br />

wurde eine Art Streik gegen die Regierung organisiert. Es ging um eine geplante wichtige Strassenverbindung,<br />

die C<strong>ar</strong>retera Tansoceanica. Die Organisatoren des „Streiks“ verlangten von <strong>der</strong><br />

Regierung, dass ein grosses Teilstück durch das Dep<strong>ar</strong>te<strong>men</strong>t führen soll. Das Strassenprojekt<br />

stiess nicht bei <strong>der</strong> ganzen <strong>Bevölkerung</strong> auf Zustimmung. Um die Gegner des Projektes einzuschüchtern,<br />

übersäten die Anführer nun die Strasse mit Glassplittern. Sie behin<strong>der</strong>ten zudem die<br />

Dreirad-Fahrzeuge. Dadurch verloren viele Fahrer ihre Tageseinnah<strong>men</strong> und die Kin<strong>der</strong> zuhause<br />

mussten hungern. Auch die Märkte <strong>der</strong> Bauern wurden dadurch behin<strong>der</strong>t.<br />

Ich sprach nun mit zwei Anführern <strong>der</strong> Bewegung und stellte dabei fest, dass sie über das Projekt<br />

falsch informiert w<strong>ar</strong>en und deshalb keine korrekte Situationsanalyse machen konnten. Zuerst<br />

diskutierten wir über die Frage, w<strong>ar</strong>um die Strasse unbedingt durch das Dep<strong>ar</strong>te<strong>men</strong>t führen sollte<br />

und über die Tatsache, dass nun ausgerechnet die ärmste <strong>Bevölkerung</strong>sschicht unter <strong>der</strong><br />

Strassenblockade zu leiden habe. Der Grund für die gewünschte Linienführung w<strong>ar</strong> ein Angebot<br />

des Präsidenten, das seinerseits von falschen Voraussetzungen ausging – sowohl die Regierung<br />

als auch das P<strong>ar</strong>la<strong>men</strong>t standen wegen internationalen Verflechtungen unter Zugzwang, w<strong>ar</strong>en<br />

also nicht frei –, und die nun getroffenen Massnah<strong>men</strong> erschienen den Befürwortern als einziges<br />

Mittel, selbst wenn die <strong>Bevölkerung</strong> d<strong>ar</strong>unter zu leiden hat. Das Gespräch zog sich in die Länge.<br />

Es bestätigte sich, dass bei <strong>der</strong> ganzen Geschichte vieles schief gelaufen w<strong>ar</strong> und sich die Anführer<br />

<strong>der</strong> Streikbewegung zuwenig Rechenschaft über die verheerenden Auswirkungen und die<br />

Erfolgschancen gaben und sich damit selbst diskreditierten.<br />

Aus allem geht hervor: Das beste Mittel, sich für Frieden und Freiheit einzusetzen, sind Dialog<br />

und P<strong>ar</strong>tizipation. Das ist unser Ansatz. Deshalb ist die Bildungs<strong>ar</strong>beit so wichtig. Sie muss auf<br />

Vermittlung kl<strong>ar</strong>er und wissenschaftlich erhärteter Informationen beruhen, transp<strong>ar</strong>ent und Ziel<br />

gerichtet sein und auch <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong> zugänglich gemacht werden. Sie muss versteckte Interessen<br />

aufdecken können, Kriterien für die Entscheidungsfindung er<strong>ar</strong>beiten, kl<strong>ar</strong>e Analysen<br />

möglich machen und Erfolgschancen festlegen.<br />

9


Das Vermächtnis <strong>der</strong> Inkas<br />

Vor 600 Jahren lebte im Hochland von Peru das Inkavolk. Viele Forscherinnen und Abenteurer<br />

bewun<strong>der</strong>n noch heute die Schätze und die Ruinen <strong>der</strong> prächtigen Gebäude <strong>der</strong> Inkas.<br />

Cuzco w<strong>ar</strong> die Hauptstadt des Inka-Reichs. Von dort aus verbanden die Inkas ihre Dörfer und<br />

Städte mit breiten, gepflasterten Strassen. Fahrzeuge hatten die Inkas damals, vor rund 600 Jahren,<br />

noch nicht, sie w<strong>ar</strong>en immer zu Fuss unterwegs. Damit wichtige Botschaften aber nicht erst<br />

nach Wochen eintrafen, hatten die Inkas Läuferstationen: Ein Eilbote rannte mit <strong>der</strong> Botschaft los,<br />

bis er das nächste Steinhäuschen erreichte. Dort w<strong>ar</strong>tete ein weiterer Bote, <strong>der</strong> sich die Meldung<br />

anhörte und wie bei einer Stafette sofort weiterspurtete.<br />

Keine Schrift, kein Geld<br />

Informationen und Geschichten gaben die Inkas einan<strong>der</strong> mündlich weiter, weil sie keine Buchstaben<br />

kannten. Umso wichtiger w<strong>ar</strong>en dafür die handwerklichen Künste. Viele Bil<strong>der</strong>, Figuren,<br />

Gefässe und Werkzeuge sind aus <strong>der</strong> Inkazeit noch erhalten. Die Inkas legten den Toten solche<br />

Gegenstände ins Grab. Sie glaubten, dass <strong>der</strong> Verstorbene diese Dinge im Leben nach dem Tod<br />

brauchen könnte.<br />

Auch Geld w<strong>ar</strong> für die Inkas nicht so wichtig wie für uns heute. Zw<strong>ar</strong> gab es Gold und Silber, aber<br />

die Inkas betrieben Tauschhandel. Fleisch wurde gegen K<strong>ar</strong>toffeln getauscht, Baumwolle gegen<br />

Salz, o<strong>der</strong> was die Leute gerade brauchten. Die wichtigsten Nahrungsmittel w<strong>ar</strong>en K<strong>ar</strong>toffeln und<br />

Mais. Nach dem Essen tranken die Inkas gerne eine Schale Maisbier.<br />

Feste für die Götter<br />

Die Religion spielte im täglichen Leben <strong>der</strong> Inkas eine wichtige Rolle. Sie glaubten, dass <strong>der</strong> uralte<br />

Schöpfergott Viracocha die Welt erschaffen und die Menschen aus Lehm geformt habe.<br />

Neben diesem höchsten Gott gab es in <strong>der</strong> Inka-Religion noch viele weitere Götter, die alle für<br />

etwas Bestimmtes zuständig w<strong>ar</strong>en. Jedes Jahr feierten die Inkas für die Götter etwa 150 Feste.<br />

Das wichtigste und grösste Fest fand jeweils im Juni statt und widmete sich dem Sonnengott Inti.<br />

Lebenskünstler im Gebirge<br />

An den Berghängen ist es schwierig, Getreidefel<strong>der</strong> anzupflanzen. Die Inkas lösten dieses Problem<br />

geschickt. Aus Steinmauern bauten sie Terrassen für flache Äcker und konnten so auch die<br />

steilsten Hänge für die Landwirtschaft nutzen. Das Baumaterial musste jedoch von weit her auf<br />

die Berge geschleppt werden. Als Haustiere hielten sich die Inkas Meerschweinchen und Lamas.<br />

Das Fleisch <strong>der</strong> Meerschweinchen wurde oft als Festbraten gegessen. Das Lama brauchten die<br />

Inkas als Lasttier und mit <strong>der</strong> Lamawolle stellten sie neue Klei<strong>der</strong> her.<br />

Spanische Eroberung<br />

Im Jahr 1532 eroberte <strong>der</strong> Spanier Francisco Piz<strong>ar</strong>ro das ganze Inka-Reich. Er nahm den Inka-<br />

Herrscher gefangen und for<strong>der</strong>te für die Freilassung einen mit Gold gefüllten Raum. Die Inkas<br />

trugen ihr Gold sofort zusam<strong>men</strong> und übergaben ihm alles. Dennoch hielt Piz<strong>ar</strong>ro sein Versprechen<br />

nicht und tötete den Inka-Herrscher.<br />

Machu Picchu, die geheimnisvolle Stadt<br />

Die Inkas zogen sich vor den Feinden weit in die Berge zurück. Als Versteck diente ihnen die<br />

Stadt Vilcapampa. Dort fühlten sie sich vor den spanischen Eindringlingen einigermassen sicher.<br />

Die Stadt w<strong>ar</strong> nämlich von heiligen Orten, von „Huacas“ umgeben: Im Norden und im Süden<br />

schützten Berggipfel vor Gefahr, im Tal bezeichneten die Inkas den Fluss Urubamba als heilige<br />

Grenze.<br />

Erst 400 Jahre nach dem Untergang des Inka-Reichs entdeckte <strong>der</strong> amerikanische Forscher Hiram<br />

Bingham die Ruinenstadt. Er nannte sie Machu Picchu, was auf Deutsch „alte Bergspitze“<br />

heisst.<br />

Text: Eveline Peter<br />

10


Stimme aus… Peru<br />

Leben in Peru<br />

Peru ist eines <strong>der</strong> vielleicht am stärksten ausgegrenzten Län<strong>der</strong> Amerikas und <strong>der</strong> Welt. Der<br />

vorliegende Text zeigt uns eine sehr peruanische und, wer weiss, vielleicht auch weltweite<br />

Realität.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Es hat wun<strong>der</strong>b<strong>ar</strong>e Orte, die man mit Freunden besuchen kann, und schöne Stätten, die<br />

meine Seele erfreuen. Seine köstliche Nahrung ist attraktiv und bemerkenswert, es hat überlieferte<br />

Gebräuche und Traditionen.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Trotz seiner Fehler und seiner Leiden und seiner grossen Korruption, die uns manchmal ärgert.<br />

Trotz seiner schlechten, irrtümlich gewählten Regierung, die es sich sehr leicht macht<br />

und uns selbst überlässt.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Trotz Arbeitslosen, Bettlern und Entehrten können wir überleben in dieser un<strong>men</strong>schlichen<br />

Welt. Trotz Ungerechtigkeit, Terrorismus und Ausgrenzung leben wir in <strong>der</strong> Hoffnung auf den<br />

peruanischen Triumph.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Denn es gibt auch Schönes, weil wir es uns vorstellen können, denn es gibt gute und<br />

manchmal erfreuliche Menschen. Denn trotz des Unglücks und trotz <strong>der</strong> Härte ist das Volk<br />

optimistisch und denkt nicht an Nie<strong>der</strong>lage.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Denn <strong>der</strong> Wechsel ist nah, wir hoffen auf einen neuen Weg, wir müssen die Erziehung für<br />

unsere Zukunft verbessern. Denn die Welt sieht uns, wie wir sind und wie wir sein werden,<br />

ein grosses Land, trotz seiner Armut.<br />

In Peru zu leben ist nicht schwer.<br />

Ich bin eine sehr ehrsame und sehr peruanische Bürgerin, ich werde für die Grösse eines<br />

amerikanischen Landes kämpfen. Zusam<strong>men</strong> werden wir uns durchsetzen, nicht mit Waffen,<br />

son<strong>der</strong>n mit Händen.<br />

Aber ich will erwähnen, dass <strong>der</strong> Triumph nicht nur ein Triumph Perus sein d<strong>ar</strong>f, son<strong>der</strong>n ein<br />

Triumph <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Götter und des Menschen.<br />

(Aus dem Spanischen)<br />

11


Inka-Weizen<br />

Bis zur Ankunft <strong>der</strong> spanischen Eroberer w<strong>ar</strong> krasser Hunger im Inka-Reich unbekannt. Heute<br />

sind in Peru fast 50 Prozent <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mangel- o<strong>der</strong> fehlernährt, obwohl das chronisch<br />

devisenschwache Land jährlich für 500 Millionen Doll<strong>ar</strong> Nahrungsmittel importiert, vor allem<br />

Weizen, Speiseöl und Speisefett, sowie Milch und Milchprodukte.<br />

Im Andenhochland zeigt sich die Krise <strong>der</strong> peruanischen Landwirtschaft am deutlichsten. Im<br />

Dep<strong>ar</strong>te<strong>men</strong>to Cusco zum Beispiel hat sich die Agr<strong>ar</strong>produktion in den letzten Jahren dramatisch<br />

verringert. So ist die Anbaufläche von 84 400 Hekt<strong>ar</strong> im Jahre 1965 auf 64 100 im Jahre<br />

1985 zurückgegangen. Durch zu intensive und falsche Nutzung sind die Böden <strong>der</strong> Sierra<br />

ausgelaugt. Im gleichen Zeitraum ist dort die <strong>Bevölkerung</strong> von 650 000 auf 810 000 und damit<br />

um 25 Prozent gestiegen.<br />

Um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nicht noch grösser werden zu lassen, hat<br />

die Regierung in Lima eine Renaissance <strong>der</strong> alten indianischen Nahrungsmittel eingeleitet.<br />

Sie w<strong>ar</strong>en durch die spanischen Eroberer und die aus Europa mitgebrachten Pflanzen seit<br />

dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t verdrängt worden. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />

Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit leistete dabei die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit<br />

(GTZ) Unterstützung.<br />

In gemeinschaftlicher Zusam<strong>men</strong><strong>ar</strong>beit mit peruanischen P<strong>ar</strong>tnern sind erfahrene Agr<strong>ar</strong>ökono<strong>men</strong><br />

<strong>der</strong> GTZ seit 1985 mit Erfolg dabei, Lupinen, Kiwicha und Quinua (eine eiweisshaltige<br />

Körnerfrucht) anzubauen und als Nahrungsmittel wie<strong>der</strong> populär zu machen. Die Lupine zum<br />

Beispiel ist genügsam und gedeiht auch unter den schwierigen klimatischen Bedingungen<br />

<strong>der</strong> Anden. Dadurch, dass die Pflanze den Boden selbst nutrifiziert und gebundene Phosphate<br />

löst, erübrigt sich eine Düngung. Allerdings ist eine mühsame Entbitterung <strong>der</strong> Frucht<br />

Voraussetzung für den <strong>men</strong>schlichen Verzehr. Dann jedoch ist die Wirkung gross: Ein mit<br />

Lupinenmehl gebackenes Brot hat fast 60 Prozent mehr Proteine als die handelsüblichen<br />

Brotsorten in Peru. Die Herstellungskosten sind niedriger als bei allen an<strong>der</strong>en vergleichb<strong>ar</strong>en<br />

Produkten.<br />

Die grössten Hoffnungen ruhen allerdings auf <strong>der</strong> Kiwicha, dem nährstoffreichen Inka-<br />

Weizen mit 14 bis 15 Prozent Proteingehalt. Die spanischen Eroberer hatten die Kiwicha<br />

auszurotten versucht. In einem Bericht an den in Lima residierenden Vizekönig hatte es geheissen:<br />

„Die Unterwerfung <strong>der</strong> rebellischen Indios wird niemals vollständig sein, solange sie<br />

eine gewisse Frucht essen, die nicht grösser als ein Stecknadelkopf ist.“: das Kiwichakorn.<br />

D<strong>ar</strong>aufhin wurden ihr Anbau und Verzehr unter Androhung <strong>der</strong> Todesstrafe verboten.<br />

Ende <strong>der</strong> siebziger Jahre wurde die Kiwicha von dem peruanischen Wissenschaftler Kalinowski<br />

bei einer Untersuchung wildleben<strong>der</strong> Pflanzen wie<strong>der</strong>entdeckt. Dass das produktionstechnische<br />

Problem lösb<strong>ar</strong> ist, hat das deutsche Entwicklungsprojekt bewiesen. So ist im<br />

Testgebiet bereits in grossem Umfang hochwertiges Saatgut erzeugt worden.<br />

K<strong>ar</strong>l Zawadzky<br />

12


Bild <strong>Fastenopfer</strong><br />

Bild <strong>Fastenopfer</strong><br />

13


Lima, eine Stadt nicht nur des Nerven-, son<strong>der</strong>n auch des Gau<strong>men</strong>kitzels<br />

Noch ist es ein nationales Geheimnis, das sich allerdings dem Besucher <strong>der</strong> peruanischen Hauptstadt<br />

in den ersten Tagen erschliesst: Lima ist nicht nur eine Stadt des Nerven-, son<strong>der</strong>n auch des Gau<strong>men</strong>kitzels.<br />

Die erste Frage, mit <strong>der</strong> jede/r Auslän<strong>der</strong>/in in Lima konfrontiert wird, lautet: „Wie schmeckt dir das<br />

Essen hier?“ Die nächste Frage ist dann unweigerlich: „Welches ist dein Lieblingsgericht?“ Solange du<br />

nicht sagst: Hamburger von McDonalds o<strong>der</strong> eine Pizza von Pizza Hut, kannst du nichts falsch machen.<br />

Denn es gibt so viele schmackhafte Gerichte in Lima – ají de gallina, ceviche, c<strong>ar</strong>apulcra, papa<br />

a la huancaina und viele mehr -, dass du nur eines nennen musst, und <strong>der</strong> peruanisch-europäische<br />

Freundschaft steht nichts mehr im Wege. Und es ist nicht gelogen: Die Küche von Peru und insbeson<strong>der</strong>e<br />

die von Lima ist eine <strong>der</strong> abwechslungsreichsten in ganz Lateinamerika, vielleicht sog<strong>ar</strong><br />

weltweit, und die Leute von Peru sind zu Recht stolz d<strong>ar</strong>auf.<br />

Spanische Rezepte, afrikanische Zubereitungs<strong>ar</strong>ten und amerikanische Zutaten sind eine gelungene<br />

Synthese eingegangen. Ursprünglich sind die Gerichte von <strong>der</strong> afrikanischstämmigen Unterschicht<br />

erfunden worden. Aus <strong>der</strong> Not wurde eine Tugend und aus billigen Zutaten wie Innereien, <strong>der</strong> einheimischen<br />

K<strong>ar</strong>toffel und Fleischresten so schmackhafte Gerichte wie Cau-Cau, C<strong>ar</strong>apulcra, o<strong>der</strong> Cause<br />

limeña. Heute rümpft bei diesen Gerichten niemand mehr in Lima die Nase, wie dies vor hun<strong>der</strong>t Jahren<br />

noch <strong>der</strong> Fall w<strong>ar</strong>. Was für die Mestizen – in Peru „Cholos“ genannt – noch immer nicht selbstverständlich<br />

ist, nämlich gleichen Zugang zu Geschäft und Macht zu erhalten, hat die Küche längst geschafft:<br />

Ursprünglich „popul<strong>ar</strong>“, also für die Unterschicht gedacht, ist sie heute „popul<strong>ar</strong>“ im buchstäblichen<br />

Sinn, für alle Peruaner zutreffend.<br />

Jede Region hat ihre typischen Gerichte, und jede peruanische Hausfrau ihre gut gehüteten Rezepte.<br />

So wie ganz Peru in Lima zusam<strong>men</strong>fliesst, findet man auch in <strong>der</strong> li<strong>men</strong>ischen Küche inzwischen<br />

alles, was dem peruanischen Gau<strong>men</strong> schmeichelt. Vor allem zur Mittagszeit. Das Mittagessen ist hier<br />

fast so heilig wie <strong>der</strong> Señor de los Milagros o<strong>der</strong> die S<strong>ar</strong>ita Colonia. Zwischen ein und drei Uhr trifft<br />

man kaum jemanden in den Büros an, Verabredungen werden viel eher zum Mittagessen getroffen als<br />

zum Abendessen. Beim Mittagstisch werden Geschäfte gemacht, politische Ränke geschmiedet, z<strong>ar</strong>te<br />

Bande geknüpft o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> aufgelöst. An je<strong>der</strong> Strassenecke gibt es eines <strong>der</strong> billigen Familienrestaurants,<br />

eine chinesisch-peruanische „Chifa“, eine staatlich subventionierte Volksküche in den Aussenbezirken<br />

o<strong>der</strong> ein Strassenkin<strong>der</strong>-Restaurant (Nudeln, Reis, K<strong>ar</strong>toffeln und ein Fleischstückchen<br />

zu 50 Rappen) in berüchtigten Bezirken. Ob kleines o<strong>der</strong> grosses Portemonnaie: Der Genuss am<br />

Essen geht durch alle Schichten.<br />

Die Causa Limeña ist eine Vorspeise mit Geschichte. Der Volkslegende nach erinnert sie an die Unabhängigkeit<br />

Limas von den Spaniern. Eine Frau aus Lima habe nur ein pa<strong>ar</strong> gekochte K<strong>ar</strong>toffeln,<br />

Zitronen und Eier zur Hand gehabt, um die siegreichen Soldaten zu verköstigen. Und da sei halt die<br />

„Causa Limeña“ herausgekom<strong>men</strong>. So wie die siegreichen Soldaten nicht ganz <strong>der</strong> Wahrheit entsprechen,<br />

so verdeckt die Legende die indianische Herkunft des Gerichtes: kausay heisst in Quechua<br />

„Kraft, Nahrung, Leben“ und hat einer <strong>der</strong> originellsten und schmackhaftesten Arten, K<strong>ar</strong>toffeln zuzubereiten,<br />

seinen Na<strong>men</strong> gegeben.<br />

Hier das Rezept:<br />

1 Kg K<strong>ar</strong>toffeln 1 Zitrone (limón)<br />

2 Eier ½ Tasse Öl<br />

1 Hühnchenbrust o<strong>der</strong> 1 Dose Thunfisch Salz, Pfeffer, gelber Alí (=sch<strong>ar</strong>fe Pfeffersauce)<br />

1 Avocado Mayonnaise<br />

Oliven<br />

Die K<strong>ar</strong>toffeln, Eier und Hühnchenbrust kochen. Die gekochten K<strong>ar</strong>toffeln noch w<strong>ar</strong>m schälen, mit<br />

einer Gabel zerdrücken und mit Öl, Zitronensaft, Ají, Salz und Pfeffer abschmecken und zu einem<br />

festen Teig kneten. Ein Teil <strong>der</strong> Masse wie einen Tortendoden in eine eckige Auflaufform drücken.<br />

D<strong>ar</strong>auf das zerteilte und mit Mayonnaise angerührte Hühnchen o<strong>der</strong> den Thunfisch verteilen. D<strong>ar</strong>auf<br />

kommt wie<strong>der</strong> eine Schicht K<strong>ar</strong>toffelbrei, dann eine Schicht Avocado und h<strong>ar</strong>t gekochte Eier (evtl. mit<br />

Mayonnaise angerührt). D<strong>ar</strong>auf wie<strong>der</strong> eine K<strong>ar</strong>toffelschicht. Im Kühlschrank kalt stellen und danach<br />

die einzelnen Stücke mit einer Olive und evtl. einer Eischeibe g<strong>ar</strong>nieren.<br />

Buen provecho!<br />

Peru – Land <strong>der</strong> Gegensätze<br />

14


„Te amo, Peru“ – Ich liebe dich, Peru – prangt in weissen Lettern auf dem T-Shirt eines jungen<br />

Strassenverkäufers. Was gibt es denn an Peru so sehr zu lieben? Ist es vielleicht g<strong>ar</strong> so,<br />

dass mit den Worten das Gemeinsame – Peru – beschworen werden soll, weil es g<strong>ar</strong> nicht<br />

existiert?<br />

Von allem hat Peru etwas mehr abbekom<strong>men</strong> als die an<strong>der</strong>en südamerikanischen Län<strong>der</strong>,<br />

im Guten wie im Schlechten, landschaftlich ebenso wie kulturell. Die 2400 Kilometer lange<br />

Küste am Pazifischen Ozean ist nicht einfach nur eine Wüstenlandschaft, son<strong>der</strong>n liegt die<br />

Hälfte des Jahres auch noch unter einer dicken Nebelschicht. Ein pa<strong>ar</strong> Kilometer weiter östlich<br />

erheben sich die Anden. Nicht etwa gemächlich, son<strong>der</strong>n jäh ansteigend, innerhalb von<br />

drei Stunden hat sich <strong>der</strong> Bus von null auf 5000 Höhenmeter hochgeschlängelt. Die Anden<br />

sind ein Hochgebirge und machen den zentralen Teil Perus aus. Die Lebensbedingungen in<br />

den Anden sind h<strong>ar</strong>t: eisige Kälte nachts und im Winter, sengende Sonne tagsüber, k<strong>ar</strong>ge<br />

Böden und wenig Wasser. Auf <strong>der</strong> Ostseite <strong>der</strong> Anden fallen die Hänge in den Urwald ab, bis<br />

schliesslich <strong>der</strong> Amazonas zum Vorschein kommt, <strong>der</strong> in Peru seinen Ursprung hat und gemächlich<br />

in Richtung Brasilien fliesst.<br />

Herrscher, Ausbeuter und Diktatoren<br />

Aber nicht nur die Geografie ist voller Gegensätze. In Peru sind die Völker nicht nur durchgewan<strong>der</strong>t,<br />

son<strong>der</strong>n haben dieses Land zum Zentrum auserkoren. In <strong>der</strong> Andenstadt Cusco<br />

w<strong>ar</strong> <strong>der</strong> Herrschersitz des Inka-Reiches, das die heutigen Län<strong>der</strong> Ecuador und Bolivien mit<br />

umfasste. Die spanischen Eroberer machten Peru zum Sitz ihres Vizekönigreiches, von hier<br />

aus verwalteten die Spanier Südamerika und machten aus den indianischen Untertanen zuerst<br />

Katholiken und dann Sklaven. In <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Republik – 1821 erklärte Peru seine Unabhängigkeit<br />

von Spanien – etablierten sich die Nachfahren <strong>der</strong> Spanier als neue Herren des<br />

Landes. Sie wohnten in den Küstenstädten und lebten von <strong>der</strong> Rendite, die ihre Güter, Exportunterneh<strong>men</strong><br />

und Bergwerke abw<strong>ar</strong>fen – dank <strong>der</strong> kostenlosen Arbeitskraft <strong>der</strong> einheimischen,<br />

indianischen <strong>Bevölkerung</strong>. Erst eine linke Militärdiktatur unter General Velasco führte<br />

Anfang <strong>der</strong> 1970er Jahre eine Agr<strong>ar</strong>reform durch und enteignete die alten Feudalherren.<br />

Lima als Spiegel Perus<br />

Das alles zusam<strong>men</strong>zubringen, und auch noch so, dass je<strong>der</strong> Teil zu seinem Recht kommt,<br />

ist schwierig, und gelingt in Peru meistens nicht. Wenn sich in den letzten Jahren jedoch so<br />

etwas wie ein Schmelztiegel all dieser Kulturen gebildet hat, dann ist es Lima. Bis vor fünfzig<br />

Jahren gab sich die Hauptstadt noch als weiss, ganz auf Europa ausgerichtet, eine Art<br />

Möchte-Gern-Buenos-Aires an <strong>der</strong> Pazifikküste. Die Mehrheit <strong>der</strong> Peruaner, die indianischer<br />

Abstammung ist, lebte in <strong>der</strong> Sierra, den Anden, zum Teil noch unter halb-feudaler Sklavenschaft.<br />

Die Migration vom Land in die Stadt, die in den Fünfzigerjahren begann, hat die<br />

Hauptstadt und ganz Peru grundlegend verän<strong>der</strong>t. Heute spiegelt sich in den Gesichtern<br />

Limas ganz Peru wie<strong>der</strong>, und nicht nur eine kleine weisse Oberschicht. Viele <strong>der</strong> aus illegalen<br />

Landbesetzungen entstandenen Siedlungen sind heute respektabel geworden. Im „Cono<br />

Norte“, einem ehemaligen Ar<strong>men</strong>viertel, boomt seit kurzem das grösste Shoppingcenter Limas,<br />

ein Indikator dafür, dass aus den <strong>ar</strong><strong>men</strong> Leuten umworbene Kunden geworden sind.<br />

Erfolgsgeschichte mit Mängeln<br />

Die Integration <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten von den Anden in Lima ist zweifellos eine<br />

Erfolgsgeschichte. Lei<strong>der</strong> hat sie bisher keine Fortsetzung gefunden. Obwohl die zweite und<br />

dritte Generation <strong>der</strong> Migranten in <strong>der</strong> Regel eine bessere Schul- o<strong>der</strong> Universitätsausbildung<br />

hat als ihre Eltern, obwohl man in den ehemaligen Ar<strong>men</strong>vierteln immer wie<strong>der</strong> aufstrebende<br />

und kreative Unternehmer findet: Die Integration in den Arbeitsm<strong>ar</strong>kt ist insgesamt<br />

nicht gelungen. Zw<strong>ar</strong> ist die wirtschaftliche Entwicklung <strong>der</strong> letzten zwölf Jahre recht stabil,<br />

und im letzten Jahr wurde nach langer Zeit wie<strong>der</strong> ein Wirtschaftswachstum vermeldet. Aber<br />

das Wachstum gründet st<strong>ar</strong>k auf ausländischen Investitionen im Bereich Bergbau, und diese<br />

15


hoch technisierten Projekte schaffen nur wenige Arbeitsplätze. Peru exportiert auch heute –<br />

wie bereits vor 500 Jahren – vor allem Gold, Silber und Kupfer. Und nicht selten handeln die<br />

internationalen Grossunterneh<strong>men</strong> Son<strong>der</strong>bedingungen aus, zum Beispiel steuerlicher Art,<br />

sodass <strong>der</strong> lokalen <strong>Bevölkerung</strong> keine Einnah<strong>men</strong> und nur eine verschandelte Umwelt bleiben.<br />

Um eine ländliche Entwicklung in den Anden anzukurbeln – wo die Landwirtschaft per<br />

se nie mit <strong>der</strong> Agr<strong>ar</strong>industrie wird konkurrieren können – dazu fehlen politischer Wille und<br />

finanzielle Mittel.<br />

Inzwischen greifen immer mehr junge Leute zur Selbsthilfe: Sie wan<strong>der</strong>n aus, sei es legal<br />

o<strong>der</strong> illegal. USA, Spanien, Italien, Japan, Schweiz, Deutschland sind begehrte Reiseziele<br />

zum Geldverdienen. Rund 10% <strong>der</strong> peruanischen <strong>Bevölkerung</strong> lebt heute im Ausland, und es<br />

sieht nicht danach aus, als ob die Zahl bald abneh<strong>men</strong> würde. Die jugendlichen Auswan<strong>der</strong>er<br />

fliehen vor <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit, den mangelnden Aufstiegschancen, aber auch vor den<br />

gesellschaftlichen B<strong>ar</strong>rieren – Hautf<strong>ar</strong>be, Abstammung, Familienname –, die in Peru noch<br />

vielerorts Gültigkeit haben.<br />

Hoffnungsträger Toledo mit schwinden<strong>der</strong> Beliebtheit<br />

Die Wirren <strong>der</strong> jüngsten politischen Geschichte und die Zerbrechlichkeit <strong>der</strong> Demokratie in<br />

Peru spiegelt <strong>der</strong> Abschlussbericht <strong>der</strong> Wahrheitskommission wi<strong>der</strong>. Die Menschenrechtsverletzungen<br />

<strong>der</strong> letzten zwanzig Jahre wurden alle unter demokratisch gewählten Regierungen<br />

begangen. Die letzten zehn Jahre w<strong>ar</strong>en geprägt von <strong>der</strong> „Demokratur“ des japanisch-stämmigen<br />

Präsidenten Alberto Fujimori. Als Ende 2000 Fujimori und sein Geheimdienstchef<br />

Montesinos aus Peru flohen, stand das Land vor dem moralischen Bankrott. Alejandro<br />

Toledo, ein indianisch-stämmiger Peruaner ärmlicher Herkunft, <strong>der</strong> es in den USA<br />

zum Doktor <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften gebracht hatte, stieg zum wichtigsten politischen<br />

Herausfor<strong>der</strong>er Fujimoris auf und wurde im Jahr 2001 in freien Wahlen zum Präsidenten<br />

gewählt. Für viele w<strong>ar</strong> Alejandro Toledo <strong>der</strong> Hoffnungsträger für eine moralische Erneuerung<br />

des m<strong>ar</strong>oden Regierungsapp<strong>ar</strong>ates. Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt schwankt die Beliebtheit<br />

des Regierungschefs zwischen 12 und 18%. Wie konnte das geschehen? Der Präsident<br />

verspricht viel und kann wenig davon halten. Die wirtschaftlichen Rah<strong>men</strong>bedingungen<br />

sind eng. Nach aussen gibt Toledo ein Bild des Wankelmuts und <strong>der</strong> Verschwendungssucht<br />

ab, in einem Land, in dem über 50% <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong> unter <strong>der</strong> Armutsgrenze lebt.<br />

Hildeg<strong>ar</strong>d Willer, Lima<br />

Seit 2006 ist Alan G<strong>ar</strong>cía Pérez erneut Perus Staatspräsident.<br />

16


Quechua – Sprache <strong>der</strong> Indios<br />

(=Ketschua)<br />

Bis zum Ende des Ink<strong>ar</strong>eiches w<strong>ar</strong> Quechua die wichtigste Sprache des Hochlandes – aber nicht die<br />

einzige. Nur Quechua wird als „Zivilisationssprache“ anerkannt, das heisst, dass sie als Vehikel für<br />

neues, fortschrittliches Ideengut diente und folglich die Sprachen kleiner, unbedeuten<strong>der</strong> Stämme<br />

mühelos überlagern konnte. Einmalig bleibt, mit welcher Macht und vor allem wie schnell sich diese<br />

Sprache ausgebreitet hat. D<strong>ar</strong>aus wie<strong>der</strong>um kann man schliessen, dass die Inkas nicht gerade zimperlich<br />

w<strong>ar</strong>en, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen ging. Bis gegen Mitte des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

wurde das Runa Simi, „Menschenworte“, wie die Inkas ihre Sprache nannten, lediglich in einem<br />

kleinen Gebiet am Oberlauf des Apurimac gesprochen. Dann jedoch kam Inca Pachacutec an die<br />

Macht. Vor allem er, aber auch seine Nachfolger, liessen einen so steifen zivilisatorischen Wind über<br />

das Andenhochland fegen, dass man sich nur achtzig Jahre später, bei <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> Spanier, in<br />

einem Gebiet viermal so gross wie Deutschland bestens mit Quechua verständigen konnte.<br />

Erstaunlich ist dabei, dass Quechua g<strong>ar</strong> nicht die eigentliche Sprache <strong>der</strong> Inkas w<strong>ar</strong>! Als sie, damals<br />

noch ein unbedeuten<strong>der</strong> Stamm, aus dem Amazonastiefland in die Anden vorgestossen w<strong>ar</strong>en, hatten<br />

sie als erstes die Sprache ihrer neuen, grösseren Nachb<strong>ar</strong>n übernom<strong>men</strong> und ihre eigene vernachlässigt.<br />

Als sie dann zum mächtigsten Volk <strong>der</strong> Anden avanciert w<strong>ar</strong>en, überlagerte das Quechua alle<br />

örtlichen Sprachen, ohne sie jedoch ganz verdrängen zu können. Nur das Aym<strong>ar</strong>a konnte die Inkasprache<br />

nicht überlagern. Noch heute wird es in Bolivien gesprochen und gilt – neben dem Quechua –<br />

als anerkannte Verkehrssprache. Bei <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> Spanier hatte sich das Quechua so fest eingebürgert,<br />

dass es nunmehr vom Spanischen we<strong>der</strong> verdrängt noch überlagert werden konnte, obwohl<br />

sich die Eroberer alle erdenkliche Mühe gaben. Spanisch galt fortan als offizielle Landessprache und<br />

wurde an allen Schulen gelehrt. Da aber die Indios ihre Kin<strong>der</strong> seit jeher höchst selten zur Schule<br />

schicken, weil sie auf den Fel<strong>der</strong>n dringen<strong>der</strong> gebraucht werden, blieb auch diese Massnahme wirkungslos.<br />

Von den Mestizen jahrhun<strong>der</strong>te lang als nie<strong>der</strong>er Volksdialekt belächelt, kommt das Quechua<br />

neuerdings zu unerw<strong>ar</strong>teten Ehren. Seit <strong>der</strong> Machtübernahme <strong>der</strong> Militärregierung im Jahr 1968<br />

besinnt sich Peru allmählich auf die Bedeutung <strong>der</strong> Inkas für die Kulturgeschichte Perus. So wird denn<br />

Quechua offiziell geför<strong>der</strong>t: Es wird an den Schulen, auch an <strong>der</strong> Küste, als Wahlfach angeboten; an<br />

den Abendhochschulen steht es im Studienprogramm; an den Universitäten werden Lehrstühle für<br />

diese eigenwillige Sprache eingerichtet. Ein erstaunlicher Gesinnungswandel!<br />

Doch nun zu unserem kleinen Gloss<strong>ar</strong>. Das Quechua hat eine Fülle von Lauten, die jedem europäischen<br />

Gau<strong>men</strong> fremd sind. Der Einfachheit halber haben wir auf eine phonetisch präzise Schreibweise<br />

verzichtet und statt dessen die in Peru übliche Schreibweise benutzt, die Sie auch auf den Landk<strong>ar</strong>ten<br />

und Strassenschil<strong>der</strong>n finden werden. Wenn Sie trotzdem die Worte auch aussprechen wollen,<br />

brauchen Sie lediglich d<strong>ar</strong>an zu denken, dass „ch“ wie das tsch in Kutsche ausgesprochen wird, „j“<br />

wie das ch in kochen. – Viel Spass beim Rätseln!<br />

Guten Tag! Allayllaychu (aiaiaitschu)<br />

Mir geht es gut sumacha taqui (sumatscha taggi)<br />

Ja <strong>ar</strong>i<br />

Nein manan<br />

Danke punchai t<strong>ar</strong>i<br />

Auf Wie<strong>der</strong>sehen pach<strong>ar</strong>im cama<br />

Mensch runa<br />

Fest raimi<br />

Wir machen ein Fest Jngi raimi janapa tusimi!<br />

Lachen assiqui<br />

Kalt chiri<br />

Singen taki<br />

Sippengemeinschaft Ayllu<br />

Essen miccully (miggui)<br />

Feuer nina<br />

Brot tanta<br />

Sonne inti<br />

Lernspiel: Schreibe obige Wörter auf je ein Kärtchen (1 Seite deutsch/1 Seite Quechua). So könnt Ihr<br />

Euch spielerisch die Wörter einprägen. Wer bringt es auf 10 Wörter?<br />

17


Von Inkas und K<strong>ar</strong>toffeln<br />

Peru – ein Land mit vielen Wurzeln<br />

Frühe Kulturen in Peru<br />

In ganz Peru gab es eine Vielzahl bedeuten<strong>der</strong> Kulturen. Alle entwickelten im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />

wichtige Techniken o<strong>der</strong> machten beson<strong>der</strong>e Erfindungen: zum Beispiel in <strong>der</strong> Ver<strong>ar</strong>beitung<br />

von Gold und an<strong>der</strong>en Metallen o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Keramik- und Webkunst.<br />

Gleichzeitig entstanden verschiedene religiöse Vorstellungen. Manche verehrten den Mond,<br />

an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong> die Sonne als Gottheit. Ein ganz beson<strong>der</strong>es Volk lebte in <strong>der</strong> heutigen Wüste<br />

Nasca. Noch heute kann man vom Flugzeug aus riesige Linien und Tierd<strong>ar</strong>stellungen sehen,<br />

die sie in den Wüstenboden geritzt haben.<br />

Die Kultur <strong>der</strong> Inka w<strong>ar</strong> die bedeutendste Kultur von allen.<br />

Zwischen 1200 und 1532 n. Chr. entstand ein riesiges Reich, das Teile <strong>der</strong> heutigen Län<strong>der</strong><br />

Peru, Kolumbien, Ecuador, Bolivien, Chile und Argentinien umfasste. „Tränen <strong>der</strong> Sonne“<br />

nannten die Inka das Gold. Auch <strong>der</strong> heutige Landesname Peru bedeutet Gold.<br />

Schon damals w<strong>ar</strong> das Gold den Herrschenden vorbehalten. Es wurde zu den herrlichsten<br />

Kult- und Schmuckstücken ver<strong>ar</strong>beitet.<br />

Die Inka sprachen Quechua (sprich: ketschua), so wie ihre Nachfahren in den Anden noch<br />

heute. Sie verwendeten die Knotenschrift Quipú (d.h. „Knoten“) zum Rechnen.<br />

Die K<strong>ar</strong>toffel<br />

Wer denkt, die K<strong>ar</strong>toffel sei ursprünglich ein einheimisches Gewächs, <strong>der</strong> irrt. Die K<strong>ar</strong>toffel<br />

stammt aus den südamerikanischen Anden. Für die Bewohner <strong>der</strong> Andenregion w<strong>ar</strong> und ist<br />

sie das Hauptnahrungsmittel.<br />

Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t lernten die spanischen Eroberer von den Inkas die neue Frucht Patata<br />

kennen. Das englische Wort „potato“ erinnert noch heute d<strong>ar</strong>an. Sie brachten die K<strong>ar</strong>toffel<br />

aus den Anden über den Atlantik nach Europa.<br />

Zunächst schätzte man jedoch nicht die essb<strong>ar</strong>e Knolle, son<strong>der</strong>n die hübsche Blüte <strong>der</strong> K<strong>ar</strong>toffelpflanze.<br />

Schliesslich wurde die Knolle als Grundnahrungsmittel akzeptiert und auch auf<br />

Reisen mitgenom<strong>men</strong>. Die K<strong>ar</strong>toffel wird heute weltweit angebaut.<br />

18


Bild <strong>Fastenopfer</strong><br />

Bild <strong>Fastenopfer</strong><br />

19


Der Bettler auf <strong>der</strong> goldenen Bank<br />

Von Thomas Wunram<br />

Über Jahrtausenden lösten sich in Peru die Hochkulturen ab – bis die Spanier ka<strong>men</strong>. Heute<br />

ist <strong>der</strong> Andenstaat immer noch eines <strong>der</strong> reichsten Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde und trotzdem bettel<strong>ar</strong>m.<br />

Das hat seine Gründe.<br />

Peru hat alles, sagen die Peruaner stolz. Sie haben Recht. Das drittgrösste Land Lateinamerikas<br />

mit <strong>der</strong> vierfachen Fläche Deutschlands gehört, was die Zink-, Blei- und Silbervorkom<strong>men</strong><br />

betrifft, zu den grössten För<strong>der</strong>län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt. Das Amazonasbecken birgt noch weitgehend<br />

unerschlossene Reserven van Gas und Erdöl. Gold, Eisen- und Kupfererz finden<br />

sich in den Minen <strong>der</strong> Zentralanden. Molybdän, Wolfram, Quecksilber und Uran werden abgebaut.<br />

Nur das Volk hat nichts von diesem Reichtum. Er fliesst in die USA, nach Japan und<br />

Europa.<br />

Peru, die Heimat <strong>der</strong> K<strong>ar</strong>toffel, bietet eine Vielzahl von Pflanzen- und Tier<strong>ar</strong>ten. Der Regenwald,<br />

<strong>der</strong> etwa 60 Prozent <strong>der</strong> Landesfläche einnimmt, bietet einen unerschöpflichen Reichtum<br />

an Früchten. Doch ein Fünftel <strong>der</strong> 27 Millionen Peruaner lebt von weniger als einem US-<br />

Doll<strong>ar</strong> am Tag. Vor mehr als 100 Jahren nannte Antonio Raymondi Peru einen „Bettler auf<br />

<strong>der</strong> goldenen Bank“. Seine Beschreibung ist heute treffen<strong>der</strong> denn je.<br />

Peru ist ein junges Land. Rund 35 Prozent seiner Einwohner sind unter 15 Jahre alt. Trotz<br />

Schulpflicht geht ein Viertel aller Kin<strong>der</strong> nicht zur Schule, weil schlichtweg keine Schulen<br />

vorhanden sind o<strong>der</strong> weil sie <strong>ar</strong>beiten müssen, um das Familien-Einkom<strong>men</strong> aufzubessern.<br />

1000 Jahre vor Christus haben sich in Peru die ersten Hochkulturen Südamerikas entwickelt.<br />

Doch heute verhin<strong>der</strong>n 30 Milli<strong>ar</strong>den US-Doll<strong>ar</strong> Auslandsschulden die wirtschaftliche Entwicklung.<br />

Die Unterbeschäftigung liegt bei mindestens 50 Prozent.<br />

Piz<strong>ar</strong>ro und die Neuzeit<br />

Das w<strong>ar</strong> an<strong>der</strong>s, bevor 1531 <strong>der</strong> Spanier Francisco Piz<strong>ar</strong>ro mit 180 Mann an <strong>der</strong> Pazifikküste<br />

landete und in einem blutigen Handstrich das Riesenreich <strong>der</strong> Inka vernichtet hatte. Mit diesem<br />

Datum begann für Peru die Neuzeit, gekennzeichnet von wirtschaftlicher Ausbeutung<br />

und Unterdrückung <strong>der</strong> indigenen <strong>Bevölkerung</strong>. 1542 gründeten die Spanier das Vizekönigreich<br />

Peru, das ab 1780 – mit dem Aufstand von Tupac Am<strong>ar</strong>u – seinem Ende entgegensah.<br />

Am 28. Juli 1821 wurde die Unabhängigkeit erklärt. Peru bekam eine Verfassung, die zunächst<br />

einigermassen stabile politische Verhältnisse brachte. Im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t hingegen<br />

verhin<strong>der</strong>te eine Folge von Regierungskrisen und Militärputschen jede geordnete Entwicklung.<br />

Diese politische Instabilität führte das peruanische Volk von 1980 bis 2000 in die blutigste<br />

Phase seiner neueren Geschichte: den Terror <strong>der</strong> maoistischen Gruppe „Sen<strong>der</strong>o Luminoso“<br />

und den staatlichen Gegenterror unter Präsident Alberto Fujimori. Dafür hatte er 1992 Teile<br />

<strong>der</strong> Verfassung ausser Kraft gesetzt. Nach seinem Rücktritt setzte eine Übergangsregierung<br />

im Jahr 2001 die „Kommission für Wahrheit und Versöhnung“ ein, um eine Auf<strong>ar</strong>beitung <strong>der</strong><br />

begangenen Verbrechen zu ermöglichen. In zweijähriger Arbeit wurden 17 000 Zeugen vernom<strong>men</strong>.<br />

Seit August 2003 liegt <strong>der</strong> Abschlussbericht <strong>der</strong> Kommission vor. Das Ergebnis<br />

übertrifft die schlimmsten Erw<strong>ar</strong>tungen: 70 000 Menschen wurden in den Terrorjahren ermordet,<br />

Hun<strong>der</strong>ttausende wurden vertrieben o<strong>der</strong> flüchteten. Betroffen w<strong>ar</strong> vor allem die<br />

ländliche indigene <strong>Bevölkerung</strong>. Fast die Hälfte <strong>der</strong> Gewalttaten wurde von Polizei, Militär<br />

und p<strong>ar</strong>amilitärischen Gruppen verübt. Und noch heute bekleiden Mittäter politische Ämter<br />

o<strong>der</strong> sitzen an einflussreichen Stellen in Justiz und Militär. Hier verhin<strong>der</strong>n sie eine Umsetzung<br />

<strong>der</strong> im Abschlussbericht enthaltenen For<strong>der</strong>ungen.<br />

Angst vor <strong>der</strong> Wahrheit<br />

20


Die Regierung unter Präsident Alejandro Toledo Manrique weigert sich, die Verhörprotokolle<br />

<strong>der</strong> Wahrheitskommission einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Militär<br />

sperrt sich gegen die Anklage von Tätern aus den eigenen Reihen, und versprochene Entschädigungszahlungen<br />

für die Opfer sind bislang weitgehend Lippenbekenntnisse.<br />

Ein dauerhaftes Hin<strong>der</strong>nis für wirtschaftliche und soziale Entwicklung ist die Korruption, die<br />

alle Bereiche <strong>der</strong> Verwaltung durchzieht. Das peruanische Volk hat jedes Vertrauen in die<br />

politische Klasse verloren. Präsident Toledo verfolgte auf Drängen <strong>der</strong> USA und <strong>der</strong> Weltbank<br />

eine liberale Wirtschafts- und Finanzpolitik, was die Inflationsrate zw<strong>ar</strong> auf weniger als<br />

zwei Prozent gesenkt und die Landeswährung, den Nuevo Sol, stabilisiert hat, die Arbeitslosigkeit<br />

und die Armut im Land aber sprunghaft in die Höhe steigen liess. Das durchschnittliche<br />

Pro-Kopf-Einkom<strong>men</strong> von etwa 2000 US-Doll<strong>ar</strong> pro Jahr liegt um 40 Prozent unter dem<br />

Durchschnitt Lateinamerikas. Der Mindestlohn von 430 Soles reicht für eine einseitige Ernährung<br />

<strong>der</strong> Familie, nicht aber für Arztbesuche, Ausbildung und Altersvorsorge.<br />

Ein an<strong>der</strong>es Problem, mit dem das Land zu kämpfen hat, ist <strong>der</strong> Kokaanbau. Neben Kolumbien<br />

und Bolivien ist Peru einer <strong>der</strong> weltgrössten Kokaproduzenten. Für viele Bauern ist dies<br />

traditionell die einzige Erwerbsmöglichkeit. Unter dem Druck <strong>der</strong> USA versucht die Regierung,<br />

den Kokaanbau einzugrenzen, ohne jedoch für die betroffenen Campesinos Einkom<strong>men</strong>salternativen<br />

anzubieten. Aufgewiegelt durch die peruanische Drogenmafia kommt es zu<br />

Gewaltaktionen aufgebrachter Bauern.<br />

Ein katholisches Land<br />

Peru ist ein zutiefst katholisches Land. 95 Prozent <strong>der</strong> <strong>Bevölkerung</strong> gehören <strong>der</strong> Kirche an.<br />

Der Gedenktag <strong>der</strong> heiligen Rosa von Lima ist <strong>ar</strong>beitsfrei, und die Feierlichkeiten zu Ehren<br />

des „Señor de los Milagros“ zählen zu den grössten Prozessionen <strong>der</strong> Welt. Pf<strong>ar</strong>reien, Ordensgemeinschaften<br />

und Laiengruppen betreiben Schulen und Sozialprojekte, engagieren<br />

sich in <strong>der</strong> Verteidigung <strong>der</strong> Menschenrechte und tragen im Wesentlichen das kulturelle Leben.<br />

Es gibt kirchliche Rundfunk- und Fernsehsen<strong>der</strong>. Der religiöse Bildungsstand <strong>der</strong> Laien<br />

ist – gemessen an Europa – überdurchschnittlich hoch. Doch wie in an<strong>der</strong>en Staaten Südamerikas<br />

werden auch in Peru Stim<strong>men</strong> laut, die vor einer Abwan<strong>der</strong>ung von Katholiken in<br />

ch<strong>ar</strong>ismatisch-evangelikale Kirchen und Sekten w<strong>ar</strong>nen und ein Umdenken anmahnen.<br />

Kampf um Gerechtigkeit<br />

In <strong>der</strong> Zeit des Schmutzigen Krieges von 1980 bis 2000 stand fast die gesamte Kirche geschlossen<br />

an <strong>der</strong> Seite des bedrängten Volkes. Unzählige Katechisten, engagierte Laien,<br />

christliche Gewerkschaftler und Ordensleute bezahlten diese Option für Frieden und Gerechtigkeit<br />

mit ihrem Leben.<br />

Eine prominente Ausnahme in diesem Einsatz für die Menschenrechte ist <strong>der</strong> heutige Erzbischof<br />

von Lima, K<strong>ar</strong>dinal Juan Luis Cipriani Thorne. Das Opus Dei-Mitglied hat als Bischof<br />

von Ayacucho in den 90er Jahren die Arbeit christlicher Menschenrechtsgruppen diskreditiert<br />

und zweifelhafte Polizeiaktionen gerechtfertigt. Heute noch steht er unter dem Verdacht, Aktivisten<br />

an die Polizei verraten zu haben.<br />

21


Lima: Arbeitsort Strasse<br />

Wer die M<strong>ar</strong>ktlücke findet, macht das Geschäft<br />

70% <strong>der</strong> Menschen in Peru <strong>ar</strong>beiten informell. Dass heisst, sie sind nirgendwo fest angestellt,<br />

aber jeden Tag neu auf Arbeitsuche, um die pa<strong>ar</strong> Soles irgendwie zusam<strong>men</strong>zubekom<strong>men</strong>,<br />

die ein Mensch zum Überleben braucht. Und dazu sind sie erfin<strong>der</strong>isch.<br />

Bereits unterwegs vom Flughafen zum Hotel in Lima machen Reisende Bekanntschaft mit<br />

dem, was die meisten Peruanerinnen und Peruaner für ihren Lebensunterhalt tun: irgendetwas<br />

verkaufen. Vom Klei<strong>der</strong>bügel zu Süssigkeiten aller Art, von Seife bis WC-Papier – alles<br />

kann man am Autofenster erwerben, wenn <strong>der</strong> Verkehr sich an einer Ampel staut. Dann gibt<br />

es jene Verkäuferinnen und Verkäufer, die sich an einem Strassenrand nie<strong>der</strong>lassen, und<br />

auf einem Tuch, einem improvisierten M<strong>ar</strong>ktstand o<strong>der</strong> auf einem Wagen ihre W<strong>ar</strong>e feilbieten.<br />

Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Wer die M<strong>ar</strong>ktlücke findet, macht das Geschäft.<br />

Hier verkauft <strong>der</strong> eine grammweise alte, nicht mehr gültige Geldstücke, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e bietet<br />

junge Hunde o<strong>der</strong> Leguane an, ein Nächster handelt mit Sprüchen, abgeschrieben von<br />

Wandsprayereien. Dort haben die entlassenen Angestellten eines geschlossenen Hotels vor<br />

dessen Eingang einen Pisco-Verkaufsstand eingerichtet.<br />

Unzählige Menschen, vor allem Frauen und Kin<strong>der</strong>, sind auf den Handel mit Nahrungsmitteln<br />

spezialisiert. Frauen kochen und grillieren am Strassenrand ganze Menüs. Kin<strong>der</strong> bieten<br />

eher Süssigkeiten an, oft einzelne Bonbons. Zu Letzterem kann man die bedruckten Einwickelpapiere<br />

kaufen. Diese werden dann in Heim<strong>ar</strong>beit mit zum Teil undefinierb<strong>ar</strong>en Inhalten<br />

gefüllt. Überhaupt ist Essen am Strassenrand etwas, das zw<strong>ar</strong> sehr billig, aber nur Personen<br />

mit sehr stabilem Magen zu empfehlen ist.<br />

Jeglicher fliegen<strong>der</strong> Handel ist eigentlich illegal. Strassenverkäuferinnen und -verkäufer sind<br />

nicht registriert und bezahlen keine Steuern. Das Sicherheitspersonal des jeweiligen Viertels<br />

macht immer wie<strong>der</strong> Razzien, um die Handelnden zu vertreiben. Dabei wird diesen oft das<br />

Verkaufsgut weggenom<strong>men</strong>. Was das für ein Schuhe putzendes Kind heisst, wenn es am<br />

Abend ohne Geld und ohne Schuhputzkiste nach Hause kommt, lässt sich nur erahnen. Diese<br />

ständige Bedrohung macht den Alltag für diejenigen, <strong>der</strong>en Arbeitsort die Strasse ist, sehr<br />

stressbeladen.<br />

Es gibt in Lima aber auch Orte, wo <strong>der</strong> illegale Handel institutionalisiert, das heisst geduldet<br />

ist. An einer Strasse reihen sich Läden, die kopierte Bücher zu Spottpreisen anbieten. An<br />

einem an<strong>der</strong>n Ort gibt es Un<strong>men</strong>gen von CD-Raubkopien, die nur wenige Franken kosten.<br />

Ein pa<strong>ar</strong> Häuserblocks weiter öffnet sich eine Gasse, in welcher den Passanten kopierte<br />

Computerprogramme direkt aufgenötigt werden. Aber das heisseste Pflaster ist jene Strasse,<br />

in <strong>der</strong> sämtliche Ausweispapiere dieser Welt erhältlich sind. Passport? Das ist die Frage, die<br />

einem dutzendweise zugeraunt wird. Und in den Hinterzimmern findet dann die Produktion<br />

dieser Fälschungen statt, die einen hohen Stand<strong>ar</strong>d aufweisen sollen.<br />

Ruth Eberle<br />

22


Erzählungen aus Peru<br />

Gott malte meine Seele weiss und rot*.<br />

Und um nichts in <strong>der</strong> Welt gehe ich hier weg.<br />

Aber wenn du in ein an<strong>der</strong>es Land gehst, erzähle<br />

ihnen dort,<br />

was hier in Wahrheit geschieht:<br />

Erzähl ihnen, dass <strong>der</strong> Hass und das Elend<br />

uns nicht klein bekom<strong>men</strong> haben.<br />

Erzähl von all den guten Menschen hier,<br />

die ihr Leben für den Frieden gegeben haben.<br />

Und dass die, die bleiben,<br />

sich vereinen, um hier weiterzumachen.<br />

Meine weiss-rote Seele tanzt,<br />

tanzt mit ihren Sorgen,<br />

tanzt mit ihren Freuden, tanzt ihren Weg.<br />

Sie tanzt,<br />

weil unser Gott des Lebens<br />

sie befreien wird.<br />

*wie die F<strong>ar</strong>ben <strong>der</strong> Nationalfahne Perus<br />

Aus dem perunaischen Volkslied „danza a mi pais“, von Luis Enrique Ascoy<br />

23


Bild Ciric<br />

24


Lie<strong>der</strong> aus Peru<br />

25


Märchen aus Peru<br />

Der fünfte König<br />

Wahrscheinlich kennt Ihr die Geschichte vom vierten König, <strong>der</strong> mit grosser Verspätung zur Krippe<br />

gelangt ist. Es hätte aber noch einen fünften gegeben, wenn nicht…<br />

Unsere Vorfahren wussten schon immer Bescheid über den Lauf <strong>der</strong> Sterne. Sie konnten am Himmel<br />

ablesen, wann die Mutter Erde bebt, ob die Meeresungeheuer die Flut hochtreiben o<strong>der</strong> die Salaman<strong>der</strong><br />

aus den Bergen Feuer speien würden. Alles dies wussten sie.<br />

So hatten sie schon lange Zeit voraus berechnet, dass in Richtung Sonnenuntergang ein heller Komet<br />

geboren würde. Das bedeutete für sie: Ein grosser König wird dort Hof halten.<br />

Natürlich wollte sich unser Herrscher beeilen, um dem neuen, mächtigen König seine Aufw<strong>ar</strong>tung zu<br />

machen. Er beriet sich mit seinen Generälen, was er wohl mitzuneh<strong>men</strong> hätte und wie er sich fortbewegen<br />

sollte. Die Geschenke w<strong>ar</strong>en einfach auszuwählen. Es w<strong>ar</strong>en drei <strong>der</strong> heiligen Speisen: Chuño,<br />

gefriergetrocknete K<strong>ar</strong>toffeln, welche die lange Reise überdauern konnten; Quinua, ein Getreide,<br />

das Kraft und Stärke verleiht und Kokablätter, die heilige Pflanze, die Hunger und Durst, Hitze und<br />

Kälte vergessen macht.<br />

Die Reise w<strong>ar</strong> schon schwieriger zu organisieren. An <strong>der</strong> Küste standen zw<strong>ar</strong> die Schiffe bereit, um<br />

übers Meer zu fahren. Aber danach, wie sollte unser Herrscher reisen? Die Lamas sind zw<strong>ar</strong> gute<br />

Lasttiere. Aber das Gewicht eines Mannes ertragen sie sicher nicht lange. Die Alpacas mit ihrem dichten<br />

Fell würden die Hitze nicht überstehen. Und die zierlichen Vicuñas würden g<strong>ar</strong>antiert seekrank<br />

werden. Unserem vorneh<strong>men</strong> Herrscher sollte nichts an<strong>der</strong>es übrig bleiben, als zu Fuss zu gehen.<br />

Die Reise w<strong>ar</strong> lang, beschwerlich und gefährlich. Siebenundsiebzig Tage und sechsundsiebzig Nächte<br />

w<strong>ar</strong>en <strong>der</strong> Herrscher und sein Gefolge auf dem Schiff. Am Tag gab die Sonne die Richtung an, in<br />

<strong>der</strong> Nacht die Sterne. Nach <strong>der</strong> siebenundsiebzigsten Nacht gelangten sie an Land. Es w<strong>ar</strong> bevölkert<br />

von dunkelhäutigen Menschen in langen Gewän<strong>der</strong>n. Wisst ihr, wie es hiess? „Indien“, so nennt man<br />

dieses riesige Land heute noch. Benom<strong>men</strong> von <strong>der</strong> langen Fahrt, aber froh, endlich festen Boden<br />

unter den Füssen zu spüren, stiegen die Reisenden aus.<br />

Doch die Probleme begannen erst. Es regnete und regnete. Tag und Nacht w<strong>ar</strong> <strong>der</strong> Himmel bedeckt<br />

und dunkel. Sie sahen we<strong>der</strong> die Position <strong>der</strong> Sterne noch den Kometen, <strong>der</strong> sie geführt hatte. Hilflos<br />

w<strong>ar</strong>teten sie. Es regnete und regnete. Die Flüsse stiegen und stiegen. Die <strong>Bevölkerung</strong> litt unter <strong>der</strong><br />

Überschwemmung und schrie um Hilfe: „Fremde, helft uns doch! Alle unsere Äcker sind überflutet, es<br />

gibt keine Ernte, und unsere Haustiere sind ertrunken und haben das Wasser verseucht. Was sollen<br />

wir essen? Was werden wir trinken?“<br />

Unser Herrscher w<strong>ar</strong> auf sein Schiff geflohen. Da er ein guter Herrscher w<strong>ar</strong>, taten ihm die Leute Leid.<br />

Er gab ihnen Chuños zur Stärkung, Quinua, um wie<strong>der</strong> zu Kräften zu kom<strong>men</strong> und Kokablätter, damit<br />

sie keine Erschöpfung mehr spüren würden.<br />

Nach fünfundfünfzig Tagen und fünfundfünfzig Nächten liessen die Regenfälle nach. Die Sonne begann<br />

zu leuchten am Tag und die Sterne am Nachthimmel. Aber <strong>der</strong> Komet w<strong>ar</strong> verschwunden. Gross<br />

w<strong>ar</strong> die Enttäuschung des Herrschers. Es blieben ihm gerade noch so viele Kokavorräte, um die lange,<br />

beschwerliche Heimreise zu überleben.<br />

Siebenundsiebzig Tage und sechsundsiebzig Nächte w<strong>ar</strong> er unterwegs. In <strong>der</strong> siebenundsiebzigsten<br />

Nacht jedoch, kurz vor dem Morgengrauen, tauchte am Himmel ein neues Sternbild auf, das sie vorher<br />

nie gesehen hatten: Fünf Sterne formten ein Kreuz, das bis heute an <strong>der</strong>selben Stelle die Seefahrer<br />

leitet und das sie jetzt „Kreuz des Südens“ nennen.<br />

Also ist es eigentlich egal, wenn <strong>der</strong> Dummkopf Christoph Columbus meinte, sich geirrt zu haben.<br />

Unsere Vorfahren w<strong>ar</strong>en vor ihm in Indien. Es ist also nicht so schlimm, wenn man zu uns bis heute<br />

„Indios“ sagt.<br />

Nur ist traurig, dass zuerst das Kreuz zu uns gekom<strong>men</strong> ist und erst später Weihnachten. Und wenn<br />

unsere Geschenke zur Krippe gelangt wären, dann hätten sie einige Hungersnöte lin<strong>der</strong>n können.<br />

Und die Koka, die würden sie heute vielleicht mehr respektieren, wenn sie wüssten, dass sie heilig<br />

ist… Erzählt von Ambrosio, einem Hirten aus Calapuja<br />

26


Der Tunchi<br />

Im Amazonasgebiet gibt es siebzig Gruppen von Ureinwohnern. Alle diese haben für alles<br />

eine o<strong>der</strong> sog<strong>ar</strong> mehrere Götter. Erde, Bäume und Tiere, alle haben einen Gott. Es gibt auch<br />

einen Gott für den Wald. Dieses Mystische vermischen die Menschen mit dem täglichen Leben.<br />

Und d<strong>ar</strong>aus entstehen Geschichten wie die, die ich euch erzählen will. Sie existieren in<br />

Bolivien, Brasilien, Peru. Eine <strong>der</strong> meist erzählten ist die vom Tunchi, dem Geist des Urwaldes.<br />

Der Tunchi liebt es, die Touristinnen und Touristen zu erschrecken. Die Leute mögen<br />

es, die Geschichten vom Tunchi zu hören, doch gleichzeitig machen sie ihnen auch Angst.<br />

Vor einigen Monaten w<strong>ar</strong>en hier (auf einer Touristenlodge, von Iquitos aus vier Stunden<br />

amazonasaufwärts) sehr wenige Touristen. Zwei davon w<strong>ar</strong>en Frauen. Die eine w<strong>ar</strong> allein im<br />

Zimmer und am Duschen. Sie hat nur einen Schatten gesehen. Im gleichen Mo<strong>men</strong>t hat dieser<br />

Schatten ihr einen Schlag auf den Rücken gegeben. Dies passiert häufig in den Touristenunterkünften<br />

in <strong>der</strong> Selva, dass <strong>der</strong> Tunchi einen Schlag auf den Rücken gibt.<br />

Später nach dem Nachtessen ging die an<strong>der</strong>e mit einer brennenden Lampe ins Zimmer,<br />

stellte diese auf den Tisch. Plötzlich merkte sie, dass die Lampe halb erlöscht w<strong>ar</strong>. Zweimal<br />

drehte sie das Licht wie<strong>der</strong> auf, und zweimal ging das Licht zurück. Zum Schluss hat <strong>der</strong><br />

Geist die Lampe vollständig ausgelöscht. Die Frau sagte sich: „Was soll’s, dann gehe ich ins<br />

Bett.“ Sie zog die Schuhe aus. Dann hörte sie, dass jemand die Dusche aufdrehte. Die Frau<br />

hatte grosse Angst, noch mehr als in dem Mo<strong>men</strong>t, als die Lampe auslöschte. Sie ging hin<br />

und machte die Dusche aus und legte sich ins Bett, mit dem Gesicht zur Wand. Dann merkte<br />

sie, dass jemand ins Bett kam und sich an ihre Seite legte. Sie sprang auf und schrie, hatte<br />

keine Ruhe mehr und blieb die ganze Nacht im Esszimmer.<br />

Wenn die Touristen hierherkom<strong>men</strong>, können wir ihnen nie sagen, in welchem Zimmer <strong>der</strong><br />

Tunchi in <strong>der</strong> Nacht sein wird. Aber in einem Zimmer wird er gewiss die Nacht verbringen.<br />

Das ist die Legende. Die Leute w<strong>ar</strong>ten jeweils d<strong>ar</strong>auf, dass etwas geschieht. Und je<strong>der</strong> w<strong>ar</strong>tet,<br />

dass <strong>der</strong> o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e zuerst ins Bett geht.<br />

Erzählt von Ric<strong>ar</strong>do Arbildo, Touristenführer in <strong>der</strong> Selva.<br />

27


Moro, H<strong>ar</strong>pa und das Rebhuhn<br />

In <strong>der</strong> Nähe von Pichigua im Andenhochland gibt es zwei Hügel: Moro und H<strong>ar</strong>pa. Moro ist<br />

grösser als H<strong>ar</strong>pa. Es gab auf dem Hügel Moro ein Rebhuhn. Jemand na<strong>men</strong>s Pablo hatte<br />

eine Falle aufgebaut, um dieses Rebhuhn zu fangen. Das Rebhuhn ist in diese Falle hineingeraten.<br />

Es hatte ein kleines Glöcklein umgehängt.<br />

In <strong>der</strong> Nacht d<strong>ar</strong>auf sprachen die Apus (Berggötter) <strong>der</strong> beiden Hügel miteinan<strong>der</strong>. Moro sagte<br />

zu H<strong>ar</strong>pa: „Er hat unser Huhn eingefangen.“ Ch<strong>ar</strong>pa sagte: „Was machen wir jetzt? Wir<br />

werden das Herz von Pablo einfangen.“ Pablo, <strong>der</strong> im Bett lag, hörte dies alles im Traum.<br />

D<strong>ar</strong>auf überlegte er sich, was er tun könnte. Er ging ins Gehege <strong>der</strong> Schafe und holte eines<br />

heraus. Dann tötete er dieses Schaf und machte einen „pago a la tierra“. Dabei opferte er<br />

auch das Herz des Schafes. Dadurch w<strong>ar</strong>en Moro und H<strong>ar</strong>pa besänftigt und Pablo durfte<br />

weiter am Leben bleiben.<br />

Dieses Rebhuhn w<strong>ar</strong> nämlich nicht irgendeines gewesen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Führer <strong>der</strong> Rebhühner.<br />

Diese Geschichte zeigt, welche Macht die beiden Berge haben. D<strong>ar</strong>um opfern ihnen die<br />

Menschen auch regelmässig.<br />

Erzählt von Angel Ccahana Cle<strong>men</strong>te, Pichigua<br />

Alles wegen <strong>der</strong> Taube<br />

Auf dem Kirchturm von Pichigua sass Tag und Nacht eine Taube. Auf dem Berg Huesally<br />

gibt es eine Quelle. In <strong>der</strong> Nacht sah man über dieser Quelle immer ganz hell leuchtende<br />

Sterne. Einer davon ist jeweils über den Kirchturm gezogen und hat den Kirchturm und die<br />

Taube erleuchtet. Jeden Tag hat man die Taube auch um den Kirchturm fliegen sehen.<br />

Es gab ein pa<strong>ar</strong> Familien – Bustamante, Flores, Gonzales –, die wollten diese Taube gerne<br />

einfangen. Sie verfolgten die Taube und wollten sie mit einer Steinschleu<strong>der</strong> töten. Sie hatten<br />

noch nie eine Taube gesehen, die immer wie<strong>der</strong> an den gleichen Ort zurückkam und sie<br />

wollten diese gerne essen. Weil die Taube es leid w<strong>ar</strong>, immer verfolgt zu werden, flog sie<br />

nach Arequipa.<br />

Bis heute gibt es in Arequipa einen Stadtteil, <strong>der</strong> heisst Yanahu<strong>ar</strong>a-Pichigua. Dieser Stadtteil<br />

ist sehr fortschrittlich. Dort leben eher reichere Leute. Hier in Pichigua sind die Familien, die<br />

<strong>der</strong> Taube nach dem Leben trachteten, und <strong>der</strong>en Häuser zerstört worden. Es gibt keinen<br />

Wohlstand hier. Das alles ist wegen <strong>der</strong> Taube.<br />

Erzählt von Angel Ccahana Cle<strong>men</strong>te<br />

Eine von hier<br />

In Arequipa-Yanahu<strong>ar</strong>a lebte eine Frau. Diese sagte, dass sie ursprünglich aus Pichigua<br />

komme. Sie bat d<strong>ar</strong>um, dass jemand sie nach Pichigua, dem Dorf bei Yauri, bringe, weil sie<br />

wie<strong>der</strong> dorthin zurück möchte. Wenn sie dann wie<strong>der</strong> in Pichigua sei, solle man ihr zwölf<br />

verschiedene Gerichte servieren.<br />

Niemand hat sie gekannt, und niemand hat sie nach Pichigua zurückgebracht. So ist sie nie<br />

nach Pichigua zurückgekom<strong>men</strong>, und so hat ihr auch niemand die zwölf verschiedenen Gerichte<br />

serviert.<br />

Hätte man das alles getan, so hätte die Frau sich in einen Diamanten verwandelt. Und dann<br />

wäre das Dorf Pichigua wohlhabend gewesen. Man kann hier die Leute fragen, es erinnert<br />

sich niemand im Dorf an diese Frau. Man kann fragen, wen man will, auch den Bürgermeister…<br />

Erzählt von Angel Ccahana Cle<strong>men</strong>te<br />

28


Sonne und Mond<br />

Es gab eine Zeit, da w<strong>ar</strong>en Sonne und Mond noch nicht am Himmel. Am Himmel standen nur die<br />

Sterne, sie w<strong>ar</strong>en hell und gross, und es w<strong>ar</strong> immer Tag auf Erden. Die Menschen aber w<strong>ar</strong>en<br />

Geschwister. Sie liebten einan<strong>der</strong> und teilten alles, was sie besassen. So lebten sie viele tausend<br />

Jahre glücklich und zufrieden.<br />

Dann aber begannen die Menschen, habsüchtig zu werden. Wer reich w<strong>ar</strong>, behielt seinen Reichtum<br />

für sich. Wer einen G<strong>ar</strong>ten besass, baute eine Mauer rundherum. Wer ein Haus hatte, <strong>der</strong><br />

schloss es ab. Da wurden die Sterne traurig und begannen, sich von <strong>der</strong> Erde zurückzuziehen.<br />

Es wurde dunkler und dunkler. Die Herzen <strong>der</strong> Menschen w<strong>ar</strong>en voll Furcht. Die Pflanzen wollten<br />

nicht mehr wachsen, und die gezähmten Tiere wollten keine Jungen mehr bekom<strong>men</strong>. Die wilden<br />

Tiere verkrochen sich, sodass die Jäger keine Beute mehr fanden. Überall herrschte grosse Not.<br />

Zu dieser Zeit fragten die Menschen eine alte Frau, die sehr weise w<strong>ar</strong>, um Rat. „Was sollen wir<br />

tun, damit es wie<strong>der</strong> hell wird und damit wir genug zu essen haben?“ Die Frau sagte: „Es muss<br />

einer unter euch sein, <strong>der</strong> so viel Liebe im Herzen hat, dass er bereit ist, sein Leben für an<strong>der</strong>e<br />

hinzugeben. Wenn ihr diesen Menschen gefunden habt, dann schickt ihn zu mir.“ Da wurden die<br />

Menschen noch trauriger und beka<strong>men</strong> noch mehr Angst. Sie hielten sich für verloren, denn sie<br />

wussten nicht einmal, was Liebe ist. Wie sollten sie da einen finden können, <strong>der</strong> viel Liebe hat.<br />

In einer einsa<strong>men</strong> Hütte am Meer aber lebten ein Fischer und sein Frau. Sie w<strong>ar</strong>en glücklich,<br />

denn sie liebten einan<strong>der</strong> sehr. Als <strong>der</strong> Fischer von <strong>der</strong> grossen Not in <strong>der</strong> Welt und von <strong>der</strong> Ratlosigkeit<br />

<strong>der</strong> Menschen hört, sagte er zu seiner Frau: „Wir müssen den Menschen helfen. Vielleicht<br />

sind wir die Einzigen, die das tun können, weil wir wissen, was Liebe ist.“ Er ging also zu<br />

<strong>der</strong> alten Frau und sagte: „Ich will alles tun, was du sagst!“<br />

Die alte Frau setzte sich ans Feuer, und er setzte sich zu ihr. Sie reichte ihm einen gewaltigen<br />

Schild und sagte: „Du musst bis ans Ende <strong>der</strong> Welt gehen und von dort aus zu jenem Stern<br />

springen, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde am nächsten ist. Von diesem Stern musst du zum nächsten springen und<br />

immer so weiter bis zum letzten. Und auf jedem Stern musst du dich bücken und den ersten<br />

Stein, den du siehst, an deinem Schild befestigen. Wenn <strong>der</strong> Schild ganz bedeckt ist, musst du<br />

ihn hochhalten. Er wird den Menschen Licht spenden.“<br />

Der Fischer ging bis ans Ende <strong>der</strong> Welt. Doch dort wurde er ganz mutlos, denn selbst <strong>der</strong> allernächste<br />

Stern w<strong>ar</strong> so weit weg, dass er ihn unmöglich erreichen konnte. Da dachte er an seine<br />

Frau, die er liebte, und er spürte, wie er hinweggetragen wurde. So flog er von Stern zu Stern<br />

und befestigte überall einen Stein an seinem Schild.<br />

Als dieser ganz von Steinen bedeckt w<strong>ar</strong>, hob er ihn empor. Augenblicklich begann <strong>der</strong> Schild zu<br />

leuchten. So wurde die Sonne an den Himmel gesetzt. Der Fischer wurde nicht müde, den Schild<br />

hochzuhalten. Er freute sich sehr d<strong>ar</strong>über, dass die Menschen wie<strong>der</strong> glücklich w<strong>ar</strong>en.<br />

Eines Tages aber stand er gerade hoch über seinem Haus und sah, dass seine Frau traurig w<strong>ar</strong>.<br />

Da nahm er sein Herz und w<strong>ar</strong>f es ihr zu. Das Herz begann ebenfalls zu leuchten. So entstand<br />

<strong>der</strong> Mond.<br />

Die Frau sah den Mond und verstand das Zeichen. Sie weinte vor Freude und weinte so sehr,<br />

dass sie sich in einem Fluss verwandelte, <strong>der</strong> zum Meer floss. Der Fischer aber senkte seinen<br />

Schild für einige Zeit, sodass <strong>der</strong> Mond allein am dunklen Himmel stand und sich im Wasser<br />

spiegeln konnte. Seither gibt es Tag und Nacht.<br />

Wenn <strong>der</strong> Mond sich im Meer spiegelt und das Wasser des Flusses das Spiegelbild erreicht,<br />

dann sind <strong>der</strong> Fischer und seine Frau für kurze Zeit wie<strong>der</strong> miteinan<strong>der</strong> vereint.<br />

Märchen aus dem alten Peru, erzählt von Hannelore Bürstmayr<br />

29


Gebete aus Peru<br />

Gloria – Ehre sei dem Vater<br />

Ehre sei dem Vater,<br />

<strong>der</strong> die ganze Welt aus Liebe geschaffen hat.<br />

Ehre sei dem Sohn,<br />

<strong>der</strong> geboren wurde, um uns vom Schmerz zu befreien.<br />

Ehre sei dem Geist <strong>der</strong> Liebe.<br />

Wir singen dem Herrn.<br />

Wenn du spürst,<br />

dass dein Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> deine Schwester Hilfe brauchen,<br />

verschliesse we<strong>der</strong> dein Innerstes,<br />

noch versage ihnen die Wärme deines Herzens,<br />

son<strong>der</strong>n erinnere dich an die Worte des Herrn:<br />

„Mein Gesetz ist die Liebe“<br />

Aus dem peruanischen Amazonasgebiet<br />

Arm sind wir nicht<br />

Arm sind wir nicht –<br />

Wir haben Augen,<br />

Kopf und Hände.<br />

Arm sind jene,<br />

die we<strong>der</strong> Augen<br />

noch Hände haben.<br />

Wir haben den Auftrag,<br />

Blinde sehend,<br />

Lame gehend,<br />

Kranke gesund zu machen.<br />

So tat auch Christus,<br />

unser Herr.<br />

ER wird dort geboren,<br />

wo <strong>der</strong> neue Mensch<br />

sich aus dem alten Menschen<br />

aufmacht<br />

und auf jene zugeht,<br />

die ihn suchen.<br />

Herr,<br />

<strong>ar</strong>m sind wir nicht,<br />

reich sind wir nicht.<br />

Wir sind <strong>ar</strong>m – ohne deine<br />

Gnade,<br />

wir sind reich –<br />

wenn du uns Liebe schenkst.<br />

Ob <strong>ar</strong>m<br />

o<strong>der</strong> reich –<br />

wir gehören dir!<br />

Aus Peru A.L. Balling, Unseren täglichen Reis gib uns heute. Gebete aus <strong>der</strong> Dritten Welt, Hor<strong>der</strong><br />

Verlag, Freiburg<br />

30


Auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Ar<strong>men</strong><br />

Magnificat aus Peru<br />

Voll Freude sing ich dem Herrn, meinem Retter.<br />

Er schaut auf sein <strong>ar</strong>mes Bauernmädchen, das ausgenutzt wird und leidet.<br />

Jetzt werden all die vielen zu mir sagen:<br />

„Gott hat dir geholfen.“<br />

Er ist gut und er steht immer auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Ar<strong>men</strong>.<br />

Wir wissen jetzt: ER ist gross, den groben Angeber hat er verjagt.<br />

Die Unterdrückten richtet er auf, und den Herren bringt er zu Fall.<br />

Er gibt denen Brot, die Hunger haben, und die Reichen tritt er mit Füssen.<br />

Wie er’s gesagt hat.<br />

Immer kämpft Gott an <strong>der</strong> Seite des Volkes.<br />

Wir wollen weiterkämpfen und den Sieg unseres Gottes besingen.<br />

Alle Ar<strong>men</strong> stehen zusam<strong>men</strong>.<br />

Nie werden wir besiegt.<br />

Peru<br />

31


Bild <strong>Fastenopfer</strong><br />

32


Rezepte aus Peru<br />

Schmackhafte Gerichte aus Quinua, dem Weizen <strong>der</strong> Inkas<br />

Quinuacrèmesuppe<br />

(6 Portionen)<br />

¾ Tasse Perlquinua 2 Knoblauchzehen, gehackt<br />

2 K<strong>ar</strong>otten 2 EL Butter<br />

¾ Tasse Kreuzkümmel 1 EL Mehl<br />

1 Mittlere K<strong>ar</strong>toffel Salz, Petersilie<br />

Quinua in 2 L Wasser o<strong>der</strong> Bouillon kochen. Gemüse beifügen und salzen. Im Mixer pürieren.<br />

Knoblauch in <strong>der</strong> Butter anbraten, mit Mehl stauben und etwas rösten. Suppe hinzufügen<br />

und vom Feuer neh<strong>men</strong>. Mit gehackter Petersilie servieren.<br />

Quinuaflockensuppe mit Huhn<br />

(6 Portionen)<br />

1 Tasse Quinuaflocken 2 würfelig geschnittene K<strong>ar</strong>toffeln<br />

1½ l Hühnerbouillon ¼ Tasse grüne Bohnen, klein geschnitten<br />

1 mittlere Hühnerbrust Öl, Salz und Oregano<br />

2 grosse geriebene K<strong>ar</strong>otten<br />

Hühnerbrust kochen. K<strong>ar</strong>otten in Öl anschwitzen und mit Bouillon aufgiessen. K<strong>ar</strong>toffeln und<br />

Bohnen hinzufügen und würzen, kochen lassen. Hühnerfleisch in kleine Stücke schneiden<br />

und hinzufügen. Sobald das Gemüse weichgekocht ist, Quinuaflocken einrühren und mitkochen,<br />

mit Oregano abschmecken.<br />

Quinuasuppe mit Gemüse<br />

(6 Portionen)<br />

¾ Tasse Perlquinua 1 Ei<br />

¾ Tasse klein geschnittene Bohnen 2 kleine Tomate, klein geschnitten<br />

¾ Tasse fein geschnittener Kürbis 2 Knoblauchzehen<br />

3 mittlere K<strong>ar</strong>toffeln, klein geschnitten 1 mittlere K<strong>ar</strong>otte Öl, Salz und Kreuzkümmel<br />

¾ Tasse Mangold, klein geschnitten<br />

Quinua in zwei Liter Wasser ohne Salz kochen. Öl, Zwiebeln, Knoblauch und Tomate mischen<br />

und zur Quinua hinzufügen. Gemüse dazu, würzen und köcheln lassen. Ei aufschlagen<br />

und unter ständigen Rühren dazumischen.<br />

33


K<strong>ar</strong>toffel „à la Huancaina“<br />

(6 Portionen)<br />

¾ Tasse gekochte Quinua<br />

1 kl. Stück Frischkäse<br />

2 EL gelber Paprika, gehackt<br />

1 mittlere Zwiebel<br />

Milch<br />

6 grosse gekochte K<strong>ar</strong>toffeln<br />

2 h<strong>ar</strong>tgekochte Eier<br />

6 Blatt Salat<br />

1 Tomate, in Scheiben<br />

Oliven<br />

Zwiebel rösten und mit Käse, Quinua, zerdrücktem Knoblauch und Milch mixen, bis die Masse<br />

cremig wird. In Fett schwim<strong>men</strong>d herausbraten und würzen. Crème zu den K<strong>ar</strong>toffeln servieren<br />

und mit Salat, Tomaten, Eiern und Oliven g<strong>ar</strong>nieren.<br />

„Torrejas“ aus Quinua<br />

2 Tassen gekochte Quinua<br />

1 geriebene K<strong>ar</strong>otte<br />

1 kleine Zwiebel, fein gehackt<br />

1 Knoblauchzehe<br />

½ Tasse Mehl<br />

1 Ei<br />

¼ Tasse geriebener Käse<br />

Gehackte Petersilie<br />

Salz und Gewürze<br />

Alle Zutaten gut vermischen und in kleinen Portionen in heissem Fett herausbraten. Mit rotem<br />

Rübensalat, Tomaten und Reis servieren.<br />

Quinuakuchen mit Mangold<br />

(9 Portionen)<br />

1 Tasse Quinua<br />

6 EL Quinuamehl<br />

3 Eier<br />

1 Büschel Mangold<br />

1 grosse Zwiebel<br />

2 mittlere Tomaten<br />

6 EL Weizenmehl<br />

1 Scheibe Käse<br />

4 EL M<strong>ar</strong>g<strong>ar</strong>ine<br />

Salz<br />

Quinua kochen. Quinuamehl und Weizenmehl anrösten, zur gekochten Quinua hinzufügen<br />

und Käse, 2 aufgeschlagene Eier und Salz hinzufügen. Zwiebel und Tomaten anrösten, das<br />

in Stücke geschnittene Mangold hinzufügen und 15 Minuten köcheln.<br />

Einen Teil <strong>der</strong> Quinuamasse in eine gefettete Form geben, Mangoldmasse d<strong>ar</strong>aufstreichen<br />

und mit <strong>der</strong> restlichen Quinuamasse bedecken. Bei 180° C ca. eine halbe Stunde backen.<br />

34


Quinuakuchen mit Käse<br />

(6 Portionen)<br />

5 Tassen Quinua<br />

2 Eier, verquirlt<br />

½ kg faschiertes Fleisch<br />

1 Zwiebel<br />

1 Tomate<br />

250 g geriebener Käse<br />

2 EL Butter<br />

Béchamelsauce<br />

Tomatensauce<br />

Feingehackte Zwiebel und Tomate mit dem Faschierten mischen und würzen. Quinua mit<br />

dem Ei vermischen und cremig rühren. Ofenfeste Form einfetten, Hälfte <strong>der</strong> Quinuamasse<br />

einfüllen. Fleischmasse d<strong>ar</strong>auf verteilen und mit restlicher Quinua bedecken. Tomatensauce<br />

d<strong>ar</strong>über verteilen, danach Béchamelsauce und Käse. Bei 180° C etwa 20 min ins Rohr.<br />

Béchamelsauce:<br />

2 EL M<strong>ar</strong>g<strong>ar</strong>ine o<strong>der</strong> Butter mit 2 EL Mehl unter ständigem Rühren anrösten und mit ein wenig<br />

Milch ablöschen. Mit Salz und Muskat würzen. Sauce muss nicht sehr dickflüssig sein.<br />

Tomatensauce:<br />

4 geschälte und entkernte Tomaten mixen, Salz, Pfeffer und Lorbeerblatt beifügen und einige<br />

Minuten kochen. Zum Schluss mit Oregano würzen.<br />

Quinua „nach Gärtnerinnen<strong>ar</strong>t“<br />

2 Tassen Quinua<br />

2 mittlere K<strong>ar</strong>toffeln<br />

2 mittlere K<strong>ar</strong>otten<br />

1 Tasse grüne Bohnen<br />

1 Tasse Erbsen<br />

Knoblauch<br />

Öl, Salz<br />

Quinua kochen. Öl, Knoblauch, Salz und klein geschnittenes Gemüse beifügen und mit zwei<br />

Tassen Wasser weich kochen.<br />

Quinuakroketten<br />

(9 Portionen)<br />

1 Tasse Quinua<br />

3 Eier<br />

2 EL Mehl<br />

2 EL geriebener Käse<br />

1 EL gehackter Zwiebel<br />

Gehackte Petersilie<br />

1 Tasse Öl<br />

Salz, Pfeffer<br />

Quinua kochen und auskühlen lassen. Eier, Käse, Zwiebel, Mehl, Salz, Pfeffer und Petersilie<br />

unterrühren. Kroketten for<strong>men</strong> und goldbraun braten. Mit Salat und Reis servieren.<br />

35


„Tamales“ aus Quinua<br />

(9 Portionen)<br />

4 Tassen Quinua<br />

Öl<br />

¼ kg Zwiebeln<br />

¼ kg Schweinefleisch (Bauchfleisch od. Rippen)<br />

2 grosse Tomaten<br />

4 grüne Paprika<br />

Oliven<br />

3 Eier<br />

Knoblauch und Salz<br />

Schweinefleisch kochen. Quinua fein mahlen und mit Wasser zu einem glatten Teig verkneten.<br />

Teig mit Butter, Knoblauch, Chili (fein gehackt o<strong>der</strong> zerdrückt) und Salz in ein wenig<br />

Fleischsuppe langsam unter Rühren kochen, bis eine Masse entsteht. Auskühlen lassen.<br />

Füllung:<br />

Zwiebeln in grosse Streifen schneiden, in Öl anbraten, Tomaten, Knoblauch und Schweinefleisch<br />

hinzufügen. In ein Maisblatt ein wenig Quinuamasse und ein wenig Füllung geben.<br />

Dazu eine Olive und eine Eischeibe. Gut in das Blatt einwickeln und zubinden. Tamales im<br />

Bain M<strong>ar</strong>ie (Wasserbad) kochen.<br />

Quinuapüree mit Spinat<br />

(6 Portionen)<br />

½ kg Perlquinua<br />

2 EL Butter<br />

½ Tasse Frischkäse, gerieben<br />

1 Tasse Milch<br />

Quinua weich kochen, bis die Körner sich öffnen. Mit einem Kochlöffel Salz, Butter und Käse<br />

unterrühren, bis die Masse cremig wird. Mit beliebiger Sauce, zu Fleisch o<strong>der</strong> Huhn servieren.<br />

Quinuacrème mit Rohzucker<br />

1 l Milch<br />

¾ l Wasser<br />

1 Tasse Rohzucker<br />

½ Tasse Kristallzucker<br />

Ev. ½ Tasse Pecan-Nüsse (o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Nüsse)<br />

1 Tasse Quinuamehl<br />

Zimt- und Nelkenpulver<br />

Ev. 1 Glas Dessertwein<br />

Zucker mit Zimt und Nelken aufstellen. Mehl und Milch kochen, bis Masse eindickt und den<br />

Zucker hinzufügen. Unter ständigem Rühren eindicken. Nüsse und Wein kurz mitkochen und<br />

mit geriebenem Zimt bestreut servieren.<br />

36


Quinuacrème mit Schokolade<br />

1 Tasse Quinua<br />

2 Tassen Milch<br />

½ Tasse geriebene Schokolade<br />

½ Tasse Zucker<br />

1 TL Vanillezucker<br />

Quinua weich kochen, Milch und Zucker hinzufügen. Schokolade im Wasserbad erweichen,<br />

mit <strong>der</strong> Vanille <strong>der</strong> Masse hinzufügen und kochen, bis die Masse dick wird. Auskühlen lassen<br />

und so lange rühren, bis es cremig wird.<br />

37

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