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Heimat-Rundblick Nr. 121, Sommer 2017

Geschichte, Kultur und Natur aus der Region Wümme, Hamme, Weser.

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Die Karte!<br />

Präsentation in der Welterbestätte Bremer Rathaus<br />

Unglaublich, am Sonntag, den 4.Juni <strong>2017</strong><br />

gab es in Bremen mit mehr als 5200 Besuchern<br />

zum „13. Welterbetag“ *) der<br />

UNESCO, einen Ansturm auf das Rathaus. „In<br />

weitem Bogen windet sich die Schlange über<br />

den Grasmarkt, die Obernstraße hinunter bis<br />

hinter Karstadt. Stundenlang stehen viele an,<br />

um ein Stück Bremen zu ergattern“, schrieb<br />

der Weser-Kurier. Das Rathaus lud zum Anlass<br />

des 70. Jahrestages der Wiedergründung<br />

Bremens nach dem Zweiten Weltkrieg zu<br />

einem Tag der offenen Tür. Es gab nicht nur<br />

Führungen durch den Ratskeller und das Rathaus,<br />

mit Blick in Güldenkammer und Kaminsaal,<br />

sondern auch ein kleines Stück Kupferblech<br />

von der alten Dachbedeckung des Bremer<br />

Rathauses und die Präsentation der Karte<br />

„Bremen und sein Landgebiet von 1748“.<br />

Diese Karte ist die einzige von einst vier<br />

Exemplaren und konnte Anfang des Jahres<br />

vom Leiter des Bremer Staatsarchivs Konrad<br />

Elmshäuser erworben und somit für Bremen<br />

dauerhaft gesichert werden. Die Karte zeigt<br />

Bremen mit seiner Kernstadt und seine ländlichen<br />

Gebiete. Diese zeichnete und kolorierte<br />

Johann Daniel Heinbach vor 270 Jahren<br />

in den Maßen 106,5 x 75,5 Zentimeter. Im<br />

Rathaus gab es von der historischen Karte<br />

hochwertige Nachdrucke, einmal in einer<br />

kleinen Variante und einmal annähernd in<br />

Originalgröße.<br />

Grundriss der Kaysserlichen Freyen Reichs- und<br />

Ansee Stadt Bremen an der Weser, sambt deren<br />

District oder denen sogenannten vier Gohen,<br />

als dem Ober-Viehland, Nieder-Viehland, Hollerland<br />

und Werderland, wie auch dem Gericht<br />

Borchfeld.<br />

So dann der Weser Strohm, worinnen alle<br />

Schlachten, Ufern, Insulen, Fluvia, Sandbänke<br />

und gleichen klärlich angedeutet werden von<br />

Hemelingen bis zu der Stadt Haven Vegesack.<br />

Im gleichem die Gräntz Pfähle, und benachbarte<br />

angräntzente Dörfer.<br />

Auch in einer jeden Gohgrafschafft liegende<br />

Herrn Vorwerker.<br />

In Abriss gebracht von Johann Daniel Heinbach,<br />

Feurwercker<br />

Die Karte: Bremen und sein Landgebiet<br />

(1748)<br />

Die Karte zeigt die Stadt Bremen und ihr<br />

Landgebiet nach der mit dem 2. Stader Vergleich<br />

von 1741 erreichten endgültigen<br />

Unabhängigkeit. Für Bremen war damit ein<br />

seit dem Mittelalter geführter Kampf, zuerst<br />

gegen die Erzbischöfe, dann gegen Schweden<br />

und Hannover, um seine staatliche<br />

Unabhängigkeit beendet. „Das 1741<br />

bestätigte und () von Heinbach kartierte Bremer<br />

Territorium sollte danach weitgehend<br />

ungeschmälert bis ins 20.Jahrhundert ()<br />

erhalten bleiben.“ Somit ist die Karte von<br />

1748 „ein bedeutendes Zeugnis zur Entwicklung<br />

des Staatsgebietes der Freien Hansestadt<br />

Bremen“ (Elmshäuser).<br />

Die Karte ist nach Südwesten und nicht<br />

nach Norden ausgerichtet. Das war damals<br />

noch nicht üblich und setzte sich erst nach<br />

Einführung der Trigonometrierung ab 1760<br />

durch. 1790 erfolgte die erste trigonometrische<br />

Vermessung des bremischen Landgebietes<br />

durch den Bürgermeister Christian<br />

Abraham Heineken (1752-1818) und Senator<br />

Johann Gildemeister (1753-1837).<br />

Die Karte ist eine aufwendige Kartierung<br />

des Bremer Territoriums. „Heinbachs Plan<br />

der Stadt mit der Darstellung der vier Gohe<br />

und der angrenzenden Dörfer ist farbig und<br />

detailreich ausgeführt. Außerhalb des Bremer<br />

Gebietes skizziert die Karte hingegen nur<br />

grob die „angräntzente Dörffer“ und den<br />

Verlauf von Straßen und Gewässern.“ Der<br />

Plan ist detailfreudig, anschaulich, Häuser<br />

und Vorwerke sind schematisch wiedergegeben,<br />

die Kirchen im Landgebiet nach der realen<br />

Gestalt ihrer Türme. Zu entdecken sind<br />

Brücken, Schanzanlagen, Befestigungen,<br />

Landwehren, in Burg die „Bremer Burg“, die<br />

Zolltürme „Zum Kattenthurm“ und „Zum<br />

Wartthurm“, ebenso die frühen Gewerbebetriebe<br />

vor der Staephanivorstadt mit Reeperbahn,<br />

Tran- und Ziegelbrennereien, die Kuhhirtenhäuser<br />

in der Pauliner Marsch und auf<br />

dem Werder, Landmarken im Umland wie<br />

die „Munte“, Dammsiel, Kuhsiel, der<br />

„Hodenberg“.<br />

„Historisch bemerkenswert () sind in dem<br />

Plan von 1748 () vor allem die 76(!) eingezeichneten<br />

Landgüter (Vorwerke), die Bremer<br />

Bürgern gehörten, () mit genauer<br />

namentlichen Nennung der Eigentümer. () In<br />

Johann Daniel Heinbach<br />

(1694-1764)<br />

Heinbachs Familie stammt aus dem<br />

hessischen Dorf Heimbach, er selbst<br />

wurde 1694 in Marburg an der Lahn<br />

geboren. Er erlernte den Beruf des Gärtners<br />

und war danach in den Parks und<br />

Gärten in Kassel tätig. In den 1720er Jahren<br />

kam Heinbach nach Bremen und trat<br />

1727 als Artillerist in den bremischen<br />

Militärdienst ein. Infolge seiner Kunstfertigkeit<br />

Karten und Ansichten zu zeichnen,<br />

weniger seine militärischen Fähigkeiten,<br />

brachten ihn in den Rang eines Bombardiers<br />

und 1734 in den des Feuerwerkers.<br />

Nach seinem Diensteintritt begann Heinbach<br />

mit der Zeichnung von Abrissen<br />

(topographische Pläne) und erstellte eine<br />

Kartierung der Bremer Militärbezirke, die<br />

Darstellung von Abschnitten der Bremer<br />

Befestigungswälle mit den zugehörigen<br />

Revieren der Bürgerkompanien. 1731<br />

übergab er dem Rat der Stadt Bremen<br />

zwei „Abrisse, worin die Notice der Compagnien<br />

dieser Stadt sambt allen Häusern<br />

und Gebäuden, accurat befindlich ist“.<br />

Die Karten zu den „Bürgerkompagnien“,<br />

die er von 1730 bis 1733 erstellte, sind<br />

sein umfangreichstes Kartenwerk zum<br />

Bremer Stadtgebiet. 1734 lieferte Heinbach<br />

dem Rat einen „Abriss der ganzen<br />

Stadt“, einen großformatigen Stadtgrundriss<br />

von Bremen. Danach begann er<br />

mit der Kartierung der vier Gohe im Bremer<br />

Landgebiet und stellte die Arbeiten<br />

bis 1747 fertig. Diese Karte ist ein Höhepunkt<br />

des zeichnerischen Gesamtwerks<br />

von Heinbach, das Karten, Stadtansichten<br />

und Gebäudeskizzen umfasst und „das<br />

uns Bremen im 18.Jahrhundert lebendig<br />

und detailfreudig vor Augen führt.“ Zwischen<br />

1743 und 1764 zeichnete Heinbach<br />

viele „Prospecte“, Ansichten von<br />

öffentlichen Gebäuden, Kirchen, Toren,<br />

Brücken und Brunnen. Hervorzuheben als<br />

besonders originell und aussagekräftig ist<br />

als kolorierte Federzeichnung ein Stadtplan<br />

von 1751, in dem die Vorstädte einbezogen<br />

sind.<br />

„Die Arbeiten Heinbachs () beschränken<br />

sich stets auf die Stadt Bremen und ihr<br />

Landgebiet. () Sie besitzen beachtlichen<br />

kulturgeschichtlichen und topographisch-historischen<br />

Wert, da Heinbach<br />

bemüht ist, alles Wichtige gegenständlich<br />

aufzunehmen“ (Elmshäuser). Heinbachs<br />

Zeichnungen sind eine zuverlässige und<br />

unersetzliche Bildquelle und wichtige<br />

Zeugnisse der Zeitgeschichte.<br />

Johann Daniel Heinbach starb im September<br />

1764 in Bremen.<br />

18 RUNDBLICK <strong>Sommer</strong> <strong>2017</strong>

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