13.12.2012 Aufrufe

Mitteilungsblatt Teil 2 öffnen - Heimkehr-Hannover.de

Mitteilungsblatt Teil 2 öffnen - Heimkehr-Hannover.de

Mitteilungsblatt Teil 2 öffnen - Heimkehr-Hannover.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die heilige Weihnachtszeit<br />

Über <strong>de</strong>r Waldlandschaft liegt eine starre,<br />

blasse Winternacht. Am Himmel<br />

steht <strong>de</strong>r Mond, aber <strong>de</strong>r Schnee auf <strong>de</strong>n<br />

Fichtenbäumen flimmert nicht, <strong>de</strong>nn<br />

<strong>de</strong>r Mond und die Sterne sind durch<br />

eine matte Wolkenschicht ver<strong>de</strong>ckt. In<br />

solcher Dämmerung sind die Höhenrücken<br />

und die Täler und Schluchten nur<br />

unbestimmt zu sehen, hier ragen die<br />

schwarzen Zacken <strong>de</strong>r Bäume schärfer<br />

auf, weiterhin verschwimmen die<br />

Umrisse <strong>de</strong>r Berge und Bäume teils in<br />

Frohlust, teils im Schleier eines sachte<br />

beginnen<strong>de</strong>n Schneiens.<br />

Durch diese Nacht zittert ein Klingen.<br />

Es kommt von allen Seiten her, es ist,<br />

als ob die Schneeflocken in <strong>de</strong>r Luft<br />

klängen. Es steigt von <strong>de</strong>n Tälern herauf,<br />

wo Dörfer und Kirchen stehen,<br />

es sind die Glocken <strong>de</strong>r heiligen Weihnacht.<br />

Welch eine wun<strong>de</strong>rbare Erscheinung<br />

an diesem Tage! Wenn eines Tages am<br />

Himmel zwei Sonnen stehen, so ist das<br />

Wun<strong>de</strong>r nicht größer, als jenes, das sich<br />

am Weihnachtsfeste vollzieht. Das ist<br />

ein Tag, an welchem von all <strong>de</strong>n eigennützigen<br />

Menschen keiner an sich, je<strong>de</strong>r<br />

an an<strong>de</strong>re <strong>de</strong>nkt. Einer <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn mit<br />

Freu<strong>de</strong>n zu überraschen, mit Gaben zu<br />

überhäufen, das ist das Ziel dieses Tages.<br />

Es ist kalter Winter, aber keinen<br />

friert, <strong>de</strong>nn die Kerzen sind warm. Es<br />

gibt heimliche Arbeit Tag und Nacht,<br />

keiner ermü<strong>de</strong>t, keinen hungert, die<br />

Liebe zum Mitmenschen stärkt und<br />

sättigt alle.<br />

Es ist, als ob die Naturgesetze an<strong>de</strong>re<br />

wären, und fast bangt man um das<br />

Gleichgewicht <strong>de</strong>r Welt, da so plötzlich<br />

alles in Freu<strong>de</strong> ist, da so plötzlich die<br />

Allgewalt <strong>de</strong>r Charitas herrscht. Wenn<br />

ich am Morgen <strong>de</strong>s Weihnachtsabends<br />

erwache und mein Auge auf <strong>de</strong>n Christbaum<br />

fällt, <strong>de</strong>r in Erwartung <strong>de</strong>r nahen<br />

Jubelstun<strong>de</strong> still auf <strong>de</strong>m weiß ge<strong>de</strong>ckten<br />

Tische steht, da wer<strong>de</strong>n mir die<br />

Augen feucht. O Weihnachtsfest, das<br />

du die Herzen <strong>de</strong>r Menschen erweckest<br />

und mit himmlischem Maienhauch die<br />

Er<strong>de</strong> zum Heiligtum wan<strong>de</strong>lst, sei gegrüßt!<br />

Sei gegrüßt, du göttliches, du unbegreifliches<br />

Weihnachtsfest.<br />

Peter Rosegger (1843-1918)<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!